Die nationalen und internationalen Sportsysteme befinden sich schon seit längerer Zeit in einer Krise, die sich in erster Linie als eine ethisch-moralische Krise darstellt. Der Sport mit seinen Athletinnen und Athleten, mit seinen Trainern und Trainerinnen, mit seinen Wettkämpfen und Meisterschaften und mit seiner ehrenamtlichen und hauptamtlichen Führung wird dabei immer intensiver bedroht. Die Bedrohung des Sportsystems kommt dabei ebenso von innen wie von außen. Fragwürdige Eigeninteressen wie Geltungssucht, Egoismus, Macht und Geldgier im System des Sports selbst und nicht weniger fragwürdige Fremdinteressen von Politik, Wirtschaft, Massenmedien und weiteren Institutionen zeigen sich uns in einer äußerst gefährlichen Symbiose. Weiterlesen
Schlagwort: Ethik
Funktionärswelt Sport – Geschlossene Gesellschaft
Wollen Familien überleben, so sind sie auf Erneuerung angewiesen. Gleiches gilt für Sportorganisationen. Die Lehre von der Evolution biologischer Systeme gibt uns dabei eine ganze Reihe von Maximen, die für Erneuerungsprozesse beachtenswert sind. Sie zeigt uns auch, was dabei möglichst zu verhindern ist und warum es sich lohnt, dass man sich daran hält. Sind Inzestprozesse zu beobachten, so sind biologische Systeme meist nicht überlebensfähig. Sensorien zur Beobachtung der eigenen Umwelt, reger Austausch mit Beobachtern, die einen von außen sehen, und das Hereinholen von Außenpotenzialen haben sich hingegen über Jahrhunderte bewährt. Weiterlesen
Halbzeitbilanz – Thomas Bachs IOC Präsidentschaft
Am 16.9.2013 wurde Thomas Bach als erster Deutscher zum Präsident des Internationalen Olympischen Komitees gewählt. Acht Jahre dauert seine erste Amtszeit. Um vier Jahre kann sie verlängert werden. Nach den ersten sechs Jahren seiner Präsidentschaft kann somit eine Halbzeitbilanz versucht werden.
Thomas Bachs Wahl erfolgte inmitten der größten Krise, die das IOC in seiner mehr als 100-jährigen Geschichte zu bewältigen hatte. Mehrere korrupte Mitglieder und fragwürdige Vergabeentscheidungen hatten das Komitee in Verruf gebracht. Das Dopingproblem hatte ein Ausmaß erreicht, wie es noch vor wenigen Jahrzehnten nicht vorstellbar gewesen war. Die Olympischen Spiele befanden sich in einem ungezügelten Wachstum, was das IOC mehr und mehr in einen gefährlichen Prozess der Selbstzerstörung geführt hatte. Weiterlesen
Die Weltreligionen und der Olympische Sport
Bei den Olympischen Spielen begegnen sich nicht nur Athleten aus allen fünf Kontinenten, aus mehr als 200 Nationen und aus den unterschiedlichsten Gesellschaften, Kulturen und politischen Systemen. Die Olympischen Spiele sind auch eine Begegnung der Weltreligionen. Spielt die christliche Glaubenslehre schon bei der Begründung der modernen Olympischen Spiele durch Pierre de Coubertin mit ihrer ethischen Konzeption und ihren christlichen Werten eine wichtige Rolle und bilden zunächst christliche Athleten die dominante Mehrheit bei den modernen Olympischen Spielen, so sind heutzutage längst Athleten aus allen übrigen Weltreligionen Teilnehmer der Spiele und wurden dabei auch als erfolgreiche Olympiasieger mit den begehrten Medaillen geehrt. Weiterlesen
Doping als Verbandsproblem
Beobachtungszeiraum 1988 – 1995
Vorbemerkung
Das Dopingproblem ist Ausdruck einer moralischen Krise in unserer Gesellschaft, von der viele Bereiche betroffen sind. Das Sportsystem, und hierbei vor allem der Spitzensport, bilden dabei wohl jenes Teilsystem in unserer Gesellschaft, das von dieser moralischen Krise am intensivsten erfasst ist. Dabei ist die Legitimation des Spitzensports in mehrfacher Hinsicht in Frage gestellt. Unter ethisch-moralischen Gesichtspunkten stehen Doping und Gewalt im Sport, ungerechte Belohnungssysteme und eine zunehmende Aufkündigung traditioneller sozialer Strukturen in Widerspruch zum selbst erhobenen Anspruch, ein System des Fair Play zu repräsentieren. Unter ökonomischen Gesichtspunkten stellt sich die Frage nach der Finanzierbarkeit des Spitzensports, nachdem sich der Sport in eine indirekte Abhängigkeit zur Wirtschaft, zu den Medien und zum Staat begeben hat. Unter organisatorischen Gesichtspunkten stellt sich die Frage nach der Einheit des Sports. Es wird somit gefragt, inwieweit eine auf Breitensport ausgelegte Basis organisatorisch mit dem Spitzensport verknüpft bleiben kann. Die Diskussion über diese Krise wird zumeist über deren massenmediale Repräsentation geprägt. Weiterlesen
Zur Vergabe von Fußball-Weltmeisterschaften
Ein Spiel der Mächtigen
Die Entscheidungen über die Vergabe einer Fußball-Weltmeisterschaft basieren auf demokratisch vereinbarten Regeln. Die Entscheidung über die Ausrichtung dieses Ereignisses findet gemäß den Statuten der FIFA über eine geheime Abstimmung statt. Es ist dabei geregelt, dass für den Sieg eines Bewerbers die einfache Mehrheit ausreicht und bei Stimmengleichheit das Machtwort des Präsidenten zu entscheiden hat. In der FIFA ist man auch bemüht demokratischen Prinzipien zu folgen, wenn es um die Ausschreibung der Fußball-WM geht. Genaue Bewerbungsfristen sind definiert, Kriterienkataloge zur Bewertung von Bewerbungen werden allen Bewerbern zugänglich gemacht. Evaluierungskommissionen werden eingesetzt und das Verfahren der Präsentation der Bewerber ist am Gleichheitsprinzip orientiert. Wie der sportliche Wettkampf so soll auch der Bewerber-Wettkampf ein fairer Wettbewerb sein. Fair Play ist nicht nur das Prinzip, das die Sportler zu beachten haben. Es soll auch für die Entscheidung der Funktionäre und für die Bewerber und deren Organisationen gelten. Weiterlesen
Zur Zukunft des IOC
Der moderne Olympismus hat ohne Zweifel eine abwechslungsreiche Geschichte aufzuweisen. Von Erfolgen und Misserfolgen, von politischer Inanspruchnahme, von gut und schlecht organisierten Spielen, von guten und fragwürdigen Entscheidungen, von Fair Play und Betrug, und nicht zuletzt von großartigen sportlichen Leistungen ist dabei zu berichten.Vor allem aber ist auch von der Gefahr der Selbstzerstörung zu reden. Boykotte waren es, die die Olympischen Spiele in Frage gestellt haben, denn 1980 lagen sie nahezu am Boden. Es gab kaum noch ausreichende Bewerberstätte und von einer erfolgreichen Vermarktung der Spiele konnte nicht die Rede sein. Weiterlesen
Der Fall Caster Semenya oder wie wichtig und wertvoll ist Chancengleichheit im Sport?
Berlin im August des Jahres 2009. Es finden die Leichtathletik-Weltmeisterschaften im Olympiastadion statt. Wie so oft zuvor gibt es auch bei dieser Weltmeisterschaft eine Gerüchteküche. Eine ganz besondere Rolle spielen dabei die Vorläufe der 800-Meter-Wettbewerbe der Frauen. Unmittelbar vor deren Finale wird durch den Generalsekretär und die Medienabteilung der IAAF bekannt gegeben, dass der Weltverband einen Geschlechtstest bei der südafrikanischen Läuferin Caster Semenya angeordnet hat. Von Konkurrentinnen wurden Zweifel an ihrem Geschlecht vorgetragen, insbesondere wegen ihres männlichen Erscheinungsbildes und ihrer außergewöhnlichen Leistungen. Semenya gewinnt in Berlin das WM-Finale in einer Zeit von 1:55,45 Minuten. Zum Vergleich: Der Weltmeister im männlichen Wettbewerb lief diese Stecke in 1:45,30 Minuten. Weiterlesen
Wie der Sport sich selbst und andere betrügt
Der Sport, insbesondere der Hochleistungssport, so wie er sich uns heute darstellt, ist vor allem ein Kommunikationsanlass, in dem über Probleme nahezu folgenlos kommuniziert wird. Sport wird dabei Kommunikation um ihrer selbst willen. Es wird sehr wohl mit dem Sport viel Geld verdient, und machtvolle Interessen können dabei eingebracht werden. Es gibt auch eine ganze Menge Profiteure. Die Zeche hat dabei allerdings immer der Steuerzahler zu bezahlen. In jüngster Zeit hatte das folgenlose Kommunikationsspiel einmal mehr Hochsaison. Allgemeine Empörung über den umfassenden Dopingbetrug in einigen Wintersportdisziplinen stand auf der Tagesordnung. Weiterlesen
Intersexualität und Hochleistungssport
Für Politiker und Funktionäre des Sports ist die Aussage, dass der Sport ein Spiegel der Gesellschaft sei, längst zum geflügelten Wort geworden. Ohne Zweifel trifft es zu, dass sich in der Welt des Sports manches Problem unserer Gesellschaft widerspiegelt und umgekehrt der Sport mit seinen Problemen auf die Gesellschaft einwirkt. Mit mancher Veränderung in unserer Gesellschaft scheint sich jedoch der Sport auch schwer zu tun. Er kann dann gar nicht oder erst in zeitlicher Verzögerung darauf reagieren, oft weiß er auch gar nicht, wie er mit solchen Veränderungen umgehen soll. Die Geschlechterfrage scheint ein derartiges Problem zu sein. Weiterlesen
Die Olympische Bewegung und ihre Menschenrechtsverantwortung
Die Olympische Bewegung im Spiegel der Menschenrechte
Folgt man der Charta des Internationalen Olympischen Komitees, so ist der Olympismus eine Sicht des Lebens, die in ausgewogener Ganzheit körperliche, willensmäßige und geistige Fähigkeiten miteinander vereint. Indem er den Sport mit Kultur und Erziehung verbindet, ist der Olympismus darauf gerichtet, eine Lebensweise herbeizuführen, die auf die Freude am körperlichen Einsatz, auf den erzieherischen Wert des guten Beispiels und auf die Achtung fundamentaler und universell gültiger ethischer Prinzipien gegründet ist. Ziel des Olympismus ist es, den Sport überall in der Welt zugunsten einer harmonischen Entwicklung des Menschen dienstbar zu machen, um so der Schaffung einer friedliebenden Gesellschaft förderlich zu sein, die sich der Bewahrung der Menschenwürde verpflichtet fühlt. Weiterlesen
Vorbild Ehrenamt und der DOH
Ein Gastbeitrag von Rüdiger Nickel.
Unsere Gesellschaft, unser Sport lebt vom Ehrenamt. Ehrenamt ist Vorbild. Zeig mir, wie Dein Ehrenamt ausgebildet ist, und ich sage Dir, wie sozial, wie humanitär Deine Gesellschaft ist. Der Sport ist dabei wichtiges Betätigungsfeld für Ehrenamtlichkeit, ohne sie ist der Sport nicht denkbar.
Ehrenamtlichkeit hat Vorbildcharakter. Ehrenamt ist zu hegen und pflegen. Ehrenamt ist auch zu würdigen. Ehrenamtler werden auch oft als die „Helden im Verborgenen“ bezeichnet. Und das zu recht. Sie sind die Klammer, der Kitt gesellschaftlichen, sozialen, aber auch sportlichen Engagements. Weiterlesen
„Staatlich anerkanntes Dopingopfer!“ – Zweifel sind angebracht
Nachtrag
Die folgenden Ausführungen hat uns in diesen Tagen Rüdiger Nickel mit der Bitte übermittelt, sie seinen drei Gastbeiträgen (Doping-Opfer-Hilfe ; Das Täter-Opfer-Syndrom; Himmel und Hölle) noch hinzuzufügen. Angesichts der Aktualität des Themas, der öffentlichen Diskussionen über diese Thematik und angesichts der Brisanz seiner Ausführungen kommen wir dieser Bitte gerne nach.
Ein Gastbeitrag von Rüdiger Nickel
Staatlich anerkanntes Dopingopfer: Ein neuer Status, ein neuer Titel? Aufmerksam habe ich in der Auseinandersetzung um die Unterscheidung zwischen Dopingtätern und Dopingopfern den Begriff des „staatlich anerkannten Dopingopfers“ ausfindig gemacht. So wirbt der Dopingopfer-Hilfe Verein mit seiner bisherigen Vorsitzenden Prof. Ines Geipel mit ihrer staatlichen Anerkennung als Dopingopfer. Weiterlesen
Das Täter-Opfer-Syndrom beim Dopingbetrug
Ein Gastbeitrag von Rüdiger Nickel
Das Trauerspiel um die Ernennung des höchsten us-amerikanischen Richters, Brett Kavanaugh, rückt ein allseits bekanntes Phänomen wieder ins Bewusstsein. Das Phänomen des Täter-Opfer-Wechselspiels, das Spiel zwischen „good guy“, dem Opfer, und „bad guy“ (in diesem Falle „bad girls“), dem Bösen, dem Täter.
Es ist jedoch nicht das bekannte Aufeinanderprallen diametraler Darstellungen – „er hat versucht, mich zu vergewaltigen“ und „ich doch nicht!“ Das ist normal. Immer wieder gibt es diejenigen, die Vorwürfe erheben, seien es Vorwürfe sexueller Gewalt oder des Missbrauchs Schutzbefohlener, und diejenigen, die diese Vorwürfe vehement bestreiten. Energisches Bestreiten ist tätertypisches Verhalten und das Recht eines jeden Beschuldigten. Aber Jemanden zu Unrecht zu beschuldigen, kommt leider oft genug auch vor, und ist genauso zu verurteilen wie der Missbrauch anderer, sei es körperlich, sei es sexuell, sei es psychisch. Wer bei diesem Wechselspiel der Gute, wer der Böse ist, lässt sich, wenn überhaupt, immer nur feststellen wenn die Vorwürfe abschließend aufgeklärt sind, zumal grundsätzlich bis zum Täternachweis die Unschuldsvermutung gilt. Weiterlesen
Das Dopingproblem und die Verantwortung der Wissenschaften
Doping- und Medikamentenmissbrauch hängen eng zusammen und beide haben eine lange Geschichte. Doping findet in den regelgeleiteten Sportarten des Hochleistungssports statt und ist als ein Verstoß gegen die in den jeweiligen Sportarten weltweit geltenden und kodifizierten Regeln zu definieren. Medikamentenmissbrauch zeichnet sich dadurch aus, dass Medikamente nicht zu dem vorgesehenen Zweck, nämlich zur Heilung von Krankheiten benutzt werden. Weiterlesen
Doping und Dummheit
Im öffentlichen Diskurs über das weltweit zu beobachtende Dopingproblem des internationalen Hochleistungssports ist es längst üblich geworden, ein Bild vom armen verführten Athleten zu zeichnen, der aus sich selbst heraus keinen Ausweg aus der Dopingfalle findet, in die ihn bösartige Funktionäre hineingetrieben haben. Die Funktionäre, die internationalen Sportfachverbände, allen voran das IOC, manchmal auch noch die WADA, werden dabei als die eigentlich Bösen beschrieben, die den umfassenden Dopingbetrug zu verantworten haben. Auch das unmittelbare Umfeld der Athleten steht am Pranger – ihre Manager, Ärzte, Trainer und pharmazeutischen Experten. Der Athlet selbst wird hingegen, obgleich er ohne Zweifel der eigentliche Täter beim Dopingbetrug ist, als armes Opfer beschrieben, für den man eigentlich Verständnis haben sollte. Weiterlesen
Sport als Medium des politischen Protests
Dass die Politik den Sport für verschiedenste Zwecke benutzt ist längst zu einer Selbstverständlichkeit geworden. In Diktaturen wird der Sport wie selbstverständlich für die autoritären Interessen der Mächtigen eingesetzt. In jungen Nationen ist es beliebt den Sport als Medium der nationalen Repräsentation zu nutzen. Zur Zeit des Kalten Krieges sollten ganze Gesellschaftssysteme in ihrer Leistungsfähigkeit mittels sportlicher Erfolge dargestellt werden und betrachtet man die Agenda westlicher Parlamente und Regierungen, so kann man erkennen, dass der Sport mittlerweile als multifunktionale Waffe für nahezu jedes gesellschaftliche Problem eingesetzt wird. Weniger selbstverständlich ist es, wenn der Sport selbst zu einem Vehikel politischer Interessen wird und Athleten sich des Mediums Hochleistungssport bedienen, um politische Verhältnisse und Entwicklungen in Frage zu stellen. Der Sport erweist sich dabei als eine geeignete öffentliche Bühne, die politisch und massenmedial zur Kenntnis genommen wird und auf der deshalb Botschaften in einer Reichweite artikuliert werden können, wie dies sonst selten der Fall ist. Weiterlesen
Wie über die Vergabe internationaler Sportevents entschieden wird
Demokratische Vergaben und reale Machtverhältnisse
Die Entscheidungen über die Vergabe von internationalen Sportereignissen basieren auf demokratisch vereinbarten Regeln. Ganz gleich, ob Olympische Spiele zu vergeben sind, eine Weltmeisterschaft im Fußball zur Entscheidung ansteht oder über eine zukünftige Leichtathletik-Weltmeisterschaft zu befinden ist, die Entscheidung über die Ausrichtung dieser Ereignisse findet gemäß der jeweiligen Konstitution der internationalen Sportorganisationen über eine geheime Abstimmung statt. Es ist dabei geregelt, ob für den Sieg einer Bewerberstadt die einfache Mehrheit ausreicht, ob eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, was bei Stimmengleichheit zu entscheiden hat, ob es das Machtwort des Präsidenten ist oder ob das Los entscheiden soll. In allen internationalen Sportorganisationen ist man auch bemüht, demokratischen Prinzipien zu folgen, wenn es um die Ausschreibung von internationalen Sportereignissen geht. Weiterlesen
Zur Verrechtlichung des Sports am Beispiel des Dopings
Einleitung
„Längst ist der Sport auf die Juristen gekommen“: mit diesem Satz beginnt ein ansonsten sehr bemerkenswerter und sachkundiger Beitrag in der FAZ zum Doping aus verfassungsrechtlicher Sicht. Autor ist Professor Steiner, Ordinarius für öffentliches Recht und Richter am Bundesverfassungsgericht. Dieser Einschätzung von Herrn Steiner möchte ich widersprechen: Nicht der Sport ist auf die Juristen gekommen, sondern die Juristen auf den Sport. Sie sind schon seit längerer Zeit dabei, das System des Sports schleichend zu vereinnahmen. Das Recht und damit dessen institutionelle und personelle Vertretungen weisen quasi-imperialistische Züge auf. Das Recht ist dabei jenes gesellschaftliche Teilsystem, das immer entschiedener die anderen gesellschaftlichen Subsysteme dominiert. Auf einen Nenner gebracht heißt dies: Es findet in unserer Gesellschaft ein Verrechtlichungsprozess statt, der weder planvoll gesteuert noch von rational nachvollziehbaren Intentionen geleitet wird. Weiterlesen
Wenn Ethik als Alibi missbraucht wird
Mit den Begriffen „Ethic Code“, „Corporate Governance Codex“ und „Compliance“ werden Themen benannt, die in jüngster Zeit auf der Tagesordnung fast jeder internationalen Sportorganisation zu finden sind. Nach mehreren Korruptionsskandalen, an denen vor allem Mitglieder des IOC und der FIFA, aber auch weitere Präsidenten und Mitglieder verschiedener internationaler olympischer Sportverbände beteiligt gewesen sind, mussten die Verantwortlichen in den Organisationen des Sports nicht zuletzt aufgrund eines massenmedialen Drucks und einer kritischen Öffentlichkeit zumindest den Anschein erwecken, dass sie bereit sind aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und Maßnahmen zu ergreifen, mit denen zukünftige Verfehlungen vermieden werden können. Anstelle einer Politik des passiven Tolerierens, des Vertagens von Problemen und der Vertuschung von Sachverhalten soll nun proaktives Handeln, Aufklärung, Transparenz und Glaubwürdigkeit treten. Die wohlfeilen Ziele sind bisher in keiner internationalen Sportorganisation erreicht und es stellt sich die Frage, ob die geplanten und teilweise bereits eingesetzten ethischen Maßnahmen zur Selbstreinigung überhaupt sinn- und wirkungsvoll sein können. Weiterlesen
Fair Play und Gerechtigkeit – das IOC stellt sich schützend vor seine wichtigsten Prinzipien
Nie zuvor in der Geschichte der Olympischen Bewegung hat sich ein Executive Board des IOC in einer Eindeutigkeit schützend vor seine wichtigsten Prinzipien, die Prinzipien des Fair Play und der Gerechtigkeit gestellt, wie dies bei dem Beschluss der Fall ist, das Russische Olympische Komitee (ROC) von den Olympischen Spielen in Pyeongchang auszuschließen. Nach der Publikation des McLaren-Berichts über die skandalösen russischen Dopingmanipulationen aus Anlass der Olympischen Spiele von Sotschi war es immer wieder zu effekthaschenden Forderungen einzelner Funktionäre gekommen, Russland von den Olympischen Spielen in Rio und von allen weiteren Spielen auszuschließen. Weiterlesen
Zwei Jahre Anti-Doping-Gesetz für Deutschland – wurde es umgesetzt?
Anti-Doping-Gesetze sind die naheliegende Konsequenz angesichts der noch immer weltweit wachsenden Zahl der Dopingdelikte. Entsprechende Gesetze wurden in den vergangenen Jahrzehnten in fast allen Staaten verabschiedet, in denen das Sportsystem in eine offene Demokratie eingebunden ist. USA, Australien, Frankreich, Italien, Großbritannien, Österreich und Norwegen sind beispielhaft zu erwähnen. In Deutschland gab es in der Vergangenheit eine ganze Reihe weltweit beachteter Dopingskandale. Zu sprechen ist vom Tod von Birgit Dressel, dem Medikamentenmissbrauch von Kathrin Krabbe und Grit Breuer und von dem bis heute noch nicht völlig aufgeklärten Dopingskandal der mit dem Namen Dieter Baumann verbunden ist. Ulrich, Zabel, Dietz, Henn, Bölts, Aldag, Jaksche, Sinkewitz und Schumacher stehen für die Sportart Radsport, die sich nahezu vollständig dem Prinzip der Dopingmanipulation unterworfen hat. Johann Mühlegg und der Fall Evi Sachenbacher-Stehle stehen stellvertretend für die Dopingmanipulationen im Biathlon und weiteren Wintersportarten. Weiterlesen
Sportethischer Etikettenschwindel
Ethik-Code, Compliance, Unabhängigkeit und Transparenz – glücklicherweise ist der allgemeine ethische Diskurs in unserer Gesellschaft mittlerweile auch im System des Sports angelangt. Dabei fällt auf, dass jene, die sich an diesem Diskurs beteiligen, sich oft über die Bedeutung des Begriffs „Ethik“ nicht bewusst sind, die Inhalte, die eine Sportethik prägen könnten, nicht kennen und die Reichweite dieses Diskurses nicht beurteilen können. Der aktuelle Diskurs ist vor allem durch Schlagwörter geprägt. Transparenz, Compliance, Unabhängigkeit sind beispielhafte Etiketten dieses Diskurses. Es soll dabei um mehr Demokratie, um eine bessere Gesellschaft und um einen besseren Sport gehen. Beobachtet man allerdings die ethischen Debatten über einen längeren Zeitraum, so kann man sehr schnell erkennen, dass das aktuelle Niveau der sportethischen Diskussionen weder hilfreich noch weiterführend ist. Weiterlesen
Inklusion und fairer Wettbewerb
Die Themen Inklusion und Fair Play im Sport nehmen im ethischen Diskurs moderner Gesellschaften zu Recht einen besonderen Platz ein. Für das Fair Play-Gebot gilt dies vor allem deshalb, weil massenhafte Betrugsversuche mittels medikamentöser Manipulation die ethische Grundlage des Sports zunehmend in Frage gestellt haben. Die Herstellung einer inklusiven Gesellschaft ist für jede moderne Gesellschaft eine besondere Herausforderung, und sie geht weit über den Schul- und Bildungsbereich hinaus. Heute sind vor allem die Inklusionsfelder der sexuellen Identität und der Behinderung gefragt. Die Inklusion Behinderter wurde zu einem politischen Megathema, ohne dass sich die Politik dabei bewusst ist, dass es auch einen positiven Begriff von Ungleichheit gibt. Viele Inklusionsbemühungen erweisen sich deshalb sehr schnell als wenig hilfreich und in Bezug auf das zu fördernde Leistungsvermögen der Individuen stellt sich immer wieder heraus, dass nicht jeder das kann, was andere können. Christian Geyer hat deshalb zu Recht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung darauf hingewiesen, dass nicht jeder Unterschied als Ungleichheit zu deuten, und nicht jede Ungleichheit eine Ungerechtigkeit ist. Weiterlesen
Intersexualität im Sport – zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Das Frauenfinale im 800m-Lauf bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin hatte in einer äußerst bedauerlichen Weise weltweite Aufmerksamkeit erreichen können. Die außergewöhnliche Leistung der jungen Siegerin wurde durch ihre Gegnerinnen mit dem Verdacht in Frage gestellt, dass die Siegerin nicht dem weiblichen Geschlecht angehöre. Die IAAF hatte auf diesen Verdacht in hilfloser Weise reagiert, mit dem Ergebnis, dass eine junge Athletin öffentlich bloßgestellt wurde. Der dabei entstandene Schaden war irreparabel und konnte auch nicht durch Entschuldigungen aus der Welt geschaffen werden. Eine Frage, deren Diskussion und Beantwortung strikter Vertraulichkeit bedarf, wurde auf ärgerliche Weise als massenmedialer Eklat inszeniert und die Betroffene selbst war dabei nicht nur ein Opfer des Vertrauensbruchs sondern sie wurde auch politisch auf fragwürdige Weise in Anspruch genommen, ohne dass damit dem Menschen, die von der offengelegten Geschlechterfrage betroffen sind, geholfen würde. Das Ganze gipfelte in unsäglichen Rassismusvorwürfen, für die man allenfalls aus deutscher Sicht Verständnis haben konnte, die jedoch in der Sache nicht haltbar waren und bezogen auf das zu lösende Problem sich als irreführend erwiesen. Weiterlesen
IOC-Präsident Bach auf dem Prüfstand
Am 10.09.2013 wurde Thomas Bach als Nachfolger von Jacques Rogge zum neuen IOC-Präsidenten gewählt. Die 125. IOC Session von Buenos Aires war für ihn das wohl wichtigste Ereignis, das er über Jahrzehnte vor Augen hatte und mit großem strategischem Geschick und mit einer außergewöhnlichen Professionalität vorbereiten konnte. Thomas Bach wurde für acht Jahre gewählt. Auf die ersten vier Jahre seiner Amtszeit kann er nun zurückblicken. Die IOC Session von Lima, die am 15.09.2017 zu Ende ging, war hierzu geeigneter Anlass. Mit seiner Wahl zum IOC-Präsidenten hat Bach ein Amt übernommen, dessen Ausübung schon immer schwierig gewesen ist, das aber noch nie mit so vielen Problemen überlastet war, wie dies seit Buenos Aires der Fall ist. Von seinem Vorgänger musste er Probleme übernehmen, die sich bis heute als schwer lösbar erwiesen. Bach hat Altlasten abzuarbeiten, die er ohne Zweifel persönlich nicht zu verantworten hat, deren Beseitigung aber zwingend ist. Weiterlesen
Verpasste Chancen – IAAF London 2017
Die Weltleichtathletik befindet sich nicht erst seit dem russischen Dopingskandal in einer gefährlichen Krise. Unter Führung des unter Korruptionsverdacht stehenden afrikanischen Präsidenten Lamine Diack war die Entwicklung der Leichtathletik über mehr als ein Jahrzehnt von Stagnation, Reformunfähigkeit und Innovationsfeindlichkeit geprägt. Mit der Wahl eines neuen Präsidenten wurden Hoffnungen wachgerufen, der Wunsch und der Wille zu einer umfassenden Reform sind dabei kaum zu übersehen. Deshalb richteten sich die Erwartungen einer leichtathletikinteressierten Öffentlichkeit auf den ersten IAAF-Kongress unter Leitung von Sebastian Coe, der am 02./03.08.2017 in London stattfand. Der IAAF bat sich bei diesem Kongress eine einmalige und große Chance, die, so muss man es allerdings bereits wenige Wochen danach feststellen, vollständig verspielt wurde. Weiterlesen
Pfeife und pfeifen im Sport
Wenn wir über Sport schreiben oder über den Sport sprechen, so geht es in erster Linie um jene Menschen die den Sport betreiben – um Sportler und Athleten der verschiedensten Sportarten. Die Ausübung von Sportarten ist regelgebunden und hat in gewissem Sinne immer auch einen institutionellen Charakter. Für das Handballspiel benötigt man eine andere Ausrüstung und ein anderes Spielfeld als für das Basketballspiel. Weiterlesen
Über den Wandel der Werte in Gesellschaft, Freizeit und Sport
Unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren tiefgreifend gewandelt, und vieles deutet darauf hin, dass sie sich derzeit in Bezug auf ihre weitere Entwicklung in einer Krise befindet. Als „nachindustrielle Gesellschaft“ (Bell) ist ihre weitere Entwicklung ebenso in Frage gestellt, wie sie sich gemäß jener Prognosen in Schwierigkeiten befindet, die den derzeitigen Umbruch als „zweite industrielle Revolution“ beschreiben (so z.B. Schaff). Soviel scheint in diesem Zusammenhang auch für Zweifler einsichtig zu sein: Die Knappheit bzw. die begrenzte Verfügbarkeit über einige lebensnotwendige Ressourcen, das konfliktträchtige Nord-Süd-Gefälle, Mikroelektronik, Biochemie (einschließlich der neuen Gen-Technologie) und die zivile und militärische Nutzung der Nukleartechnik, vor allem die noch immer weltweit anwachsenden Militärpotentiale sowie der noch immer nicht unterbundene Raubbau des Menschen an der Natur, haben die Menschheit in eine einmalige Situation gebracht. Weiterlesen
Hall of Fame – Ein sportpolitisches Desaster
In diesen Tagen wird einmal mehr die sogenannte Hall of Fame, die Ruhmeshalle des deutschen Sports in Frage gestellt. Wie in der Sprache des deutschen Sports mittlerweile üblich bedient man sich dabei eines Anglizismus, um jenen Ort zu benennen, an dem nachfolgende Generationen sich des Ruhmes herausragender Sportler und Sportfunktionäre erinnern sollen. Weiterlesen
Fair Play und Gerechtigkeit – Ein Plädoyer zugunsten der Individualstrafe
Der russische Dopingskandal hat bereits vor den Olympischen Spielen in Rio weltweite Empörung ausgelöst. Das IOC und die internationalen Sportorganisationen werden dabei zu Recht in ihrer Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Es wird ein transparenter Anti-Doping-Kampf gefordert, bei dem die sauberen Athleten geschützt sind und die Täter weltweit unabhängig ihres Ansehens und unabhängig ihrer Macht in den internationalen Sportorganisationen einer gerechten und konsequenten Strafe zugeführt werden. Weiterlesen
Weltleichtathletik in der Krise
Die modernen Olympischen Spiele sind ohne die Leichtathletik nicht denkbar. Seit 1896 prägen die Wettkämpfe der Leichtathletik, die Würfe, die Läufe, die Sprünge, das Bild der olympischen Sportarten und die Leichtathletik hat sich dabei selbst als die Königin der Olympischen Spiele definiert. Weiterlesen
Sind die Grundwerte des Sports in Gefahr?
„36 Verletzte beim Oberligaspiel Zwickau gegen Aue“, „Briefumschläge voller Bargeld“, „Schiedsrichter manipuliert den Ausgang von NBA-Spielen“, „Polizei kassiert Prügel“, „Gewalt unter Fans im Fußball“, „Israelische Vereine finden sich in den Fängen der Unterwelt wieder“, „Zuschauergewalt richtet sich gegen Zuschauer“, „Match-fixing ist auf der Tagesordnung fast aller Profisportarten“ und „Der weltweite noch immer zunehmende Dopingbetrug“ lässt sich von keiner Schlagzeile in seiner Reichweite kennzeichnen. Weiterlesen