Gastbeiträge

  • Schulsport und Pisa-Schock: Eine Zeitbombe im Bildungssystem

    Motorische Defizite der Kindheit sind im Erwachsenenalter kaum zu kompensieren, meint unser Autor – und weist auf die Reformbedürftigkeit des Schulsports hin.

    Dr. Lothar Nieber

    Mathematik, Deutsch und naturwissenschaftliche Fächer zählen zu Recht zum Kern schulischer Bildung und Erziehung. Dennoch gibt es Fächer, wie beispielsweise den Sportunterricht, die einen unersetzlichen und vor allem im Erwachsenenalter kaum noch zu kompensierenden Teil kindlicher Bildung und Erziehung abdecken. Wenn der Sportunterricht auch nicht zu den „harten“ Bildungsfächern gehört, leistet er doch einen von keinem anderen Fach zu ersetzenden Teil ganzheitlicher Persönlichkeitsentwicklung.

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  • Turnschuhdiplomatischer Steckbrief eines vergessenen “Auswärtsspiels”: Zum Afrika-Engagement des DDR-Sports

    Daniel Lange

    Vorbemerkung
    In Kürze besteht der im April 1964 an der damaligen Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig gestartete und heute an der dortigen Universität gestaltete Internationale Trainerkurs (ITK) seit 60 Jahren. Der Kurs für Trainer und Sportlehrer aus aller Welt stellte eine markante internationale Säule des DDR-Sports dar, dessen Auslandsarbeit bisher kaum bekannt ist. Zumindest für Afrika liegt nun die Kontinentalstudie “Turnschuhdiplomatie” vor, die auf Basis von staatlichen, parteilichen, sportbezogenen oder sicherheitspolitischen (oft bisher unentdeckter) Akten eine Vielzahl von sportspezifischen Aspekten im Rahmen der Afrikapolitik der DDR rekonstruiert und auswertet.[1] Angesichts steter Debatten um den heutigen sportpolitischen Auftritt Deutschlands in der Welt erscheint eine retrospektive Vergegenwärtigung dieses vergessenen “Auswärtsspiels” der deutschen Sportgeschichte lohnenswert, da sich so ein umfassendes Panorama verschiedener Verknüpfungspunkte zwischen kultureller Auslandsarbeit, Außenpolitik, internationaler Verbandsarbeit, Sportbildung, Leistungssport oder Außenhandel auf unterschiedlichsten Ebenen offenlegen lässt. Nicht nur die aktive Rolle des Sports im Kontext der DDR-Afrikapolitik wird dabei deutlich, sondern auch die Perspektiven involvierter afrikanischer Staaten. Nur im Spiegel auch ihrer Interessen und damaliger deutsch-deutscher Rivalitäten mit der Bundesrepublik wird das Afrika-Engagement des DDR-Sports verstehbar. Nicht alles dazu kann hier erörtert werden. Dennoch sollen die folgenden Stichpunkte dazu anregen, die Einsatzchancen des internationalen Sports stärker zu beachten und weitere (nicht nur) sporthistoriographische Forschungen zur Auslandsarbeit des DDR-Sports zu initiieren.

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  • Kindersport als Kinderarbeit?

    Gastbeitrag
    Hartmut Gabler

    Im Schwäbischen Tagblatt wurde am 9. Januar 2024 darüber berichtet, dass nach der Turn – Gala des Schwäbischen und Badischen Turnerbunds, die am 8. Januar 2024 in der Porsche Arena in Stuttgart stattfand, Beamte des städtischen Gewerbeamts erschienen. Sie prüften, ob es sich beim Einsatz der Kinder zwischen fünf bis neun Jahren um „Kinderarbeit“ handelte.

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  • Joachim Deckarm- Ein ehemaliger Ausnahmesportler wird 70

    von Reinhard Peters

    Joachim Deckarm wurde am 19. Januar 1954 in Saarbrücken geboren. Schon mit sechs Jahren wurde er Mitglied des TV Malstatt und machte – wie in diesen Jahren üblich – seine ersten sportlichen „Schritte“ im Turnen und in der Leichtathletik. Schon bald erkannte aber sein Vater Rudolf, der seit Jahrzehnten Kampfrichter des Saarländischen Leichtathletik Bundes war, das besondere Talent seines Sohnes für die leichtathletischen Disziplinen. Sein Wechsel im Alter von 15 Jahren zur Leichtathletikabteilung des

    SV Saar 05 Saarbrücken war daher naheliegend und konsequent und wurde natürlich auch von Vater Rudolf besonders gefördert. Unter dem engagierten und fachlich hochqualifizierten Trainer Karl John, entwickelte sich Joachim – „eingebettet“ in eine größere Gruppe weiterer talentierter Nachwuchsathleten – zu einem der besten Jugend-Leichtathleten des Saarlandes. Parallel dazu widmete sich Joachim aber auch seiner anderen „Liebe“, dem Handballspiel: 1970 schloss er sich schließlich dem 1. FC Saarbrücken an und war auch in dieser Sportart schnell erfolgreich.

    Eine große sportliche Karriere in zwei Sportarten nahm ihren Lauf …

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  • Vom definierten „Dopinggeschädigten“ zum systemischen „Manipulationsopfer“

    von Albrecht Hummel

    Opferentschädigungen für alle manipulierten DDR-Bürger oder die Vergabe eines Karl-Eduard von Schnitzler-Preises 2023 an die Sport-Historiker Jutta Braun und Rene Wiese. Auf diese nicht ganz ernst gemeinte Idee könnte man kommen, wenn man die letzten Interviews (FAZ vom 04.10.2023) zu Berichterstattungen aus dem angeblichen „Maschinenraum der DDR-Diktatur“ etwas gründlicher liest und kritisch hinterfragt. (mehr …)

  • Frau Zupke und Herr Ullrich oder „Zum Verhältnis der SED- Opferbeauftragten zum Vorsitzenden des Sportausschusses des Deutschen Bundestages“

    von Gerd Machalett

    Der folgende Gastbeitrag wirft einmal mehr Fragen in Bezug auf die Aufgaben der SED- Opferbeauftragten des Deutschen Bundestages auf wie sie bereits mehrfach in „sport- nachgedacht.de“ gestellt wurden. Bezogen auf die Person von Herrn Ullrich muss angemerkt werden, dass dieser selbst seit seiner Wahl zum Abgeordneten des Deutschen Bundestages einen tragfähigen und nachvollziehbaren eigenen Beitrag zur Aufklärung der Vorwürfe, die gegenüber ihm erhoben wurden, bis heute nicht erbracht hat. Hilflos und in diesem Zusammenhang auch völlig unangebracht war dabei die Vorgehensweise des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, seinen eigenen Vorsitzenden aufzufordern, mit einer von ihm in Auftrag zugebenden gutachterlichen Stellungnahme die Vorwürfe auszuräumen. Diesen Vorgang als peinlich zu bezeichnen, kann zu Recht als ein Euphemismus betrachtet werden. H.D.

    Was geht Frank Ullrich (SPD), Bundestagsabgeordneter mit Direktmandat und gewählter Vorsitzender des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, die SED-Opferbeauftragte, Frau Zupke, an? War Frank Ullrich etwa ein Opfer der SED-Diktatur? Oder war er ein Täter, dessen Handlungen Opfer zur Folge hatten?

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  • Das „Breckenheimer Modell“: ein geniales „Konstrukt“ feiert sein 50-jähriges Jubiläum

    Vorbemerkung:

    Die Notwendigkeit einer Reform des Schulsports wird in diesen Tagen intensiv diskutiert. Dabei wäre es nicht nur wünschenswert, dass eine tägliche Sportstunde ermöglicht würde oder zumindest die durch Verordnungen vorgeschriebenen drei Pflichtstunden auch wirklich realisiert werden. Notwendig werden auch neue Ideen sein, die zu einer Verbesserung der Qualität des Schulsports beitragen. Das „Breckenheimer Modell“ könnte ohne weiteres nahezu von jeder Schule in Deutschland nachgeahmt werden. („Kopieren ist erlaubt“). Es bedarf lediglich einer verantwortungsvollen Schulleitung, engagierter Sportlehrer und kooperationsbereiter Sportfunktionäre. Der Gastbeitrag von Klaus Paul könnte auch Anregung für weitere innovative Projekte sein. „sport-nachgedacht.de“ möchte hierzu gerne einladen.

    H.D.

    Klaus Paul

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  • Wie sieht die Zukunft in unseren Handballvereinen aus? – Ängste und Sorgen eines Abteilungsleiters

    von Hans Joachim Müller

    Im Handball Magazin des Saarlandes wurde dieses Thema bereits aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet, zuletzt im Heft 3/2021 und Heft 5/2021.
    Zwischenzeitlich hat der DHB-Bundesrat seine Zielvorstellungen für die Weiterentwicklung des Dachverbandes mehr oder weniger durchgedrückt. Eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge wurde beschlossen, der Fokus wurde auf neue Leistungssportzentren ausgerichtet, die Professionalisierung des Frauenhandballs angekündigt, und das „Jahrzehnt des Handballs“ ausgerufen, gespickt mit Junioren-WM 2023, Männer-EM 2024, Frauen-WM 2025, Männer-WM 2027. Dies alles fordert den Verband bis an die Schmerzgrenze. Nach einer fehlgeleiteten Mitglieder-Gewinnungs-Strategie soll verlorenes Terrain wieder zurückgewonnen werden. Das sind gewiss sehr ambitionierte Ziele mit hehren Absichten. Aber auf welchem Rücken werden sie ausgetragen?
    In einem Interview in der Deutschen Handwoche gab Präsident Michelmann zum Besten, dass die Mitgliedszahlen wieder am Steigen sind. Herr Michelmann, wo gibt es dafür einen Beweis?

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  • Kritische Anmerkungen eines „Ruheständlers“ zur Reform der Bundesjugendspiele (BJS) in der Grundschule

    von

    Klaus Paul

    Zur historischen Einordnung der BJS

    1920 fanden erstmals die von Carl Diem initiierten „Reichsjugendwettkämpfe“ statt, die Vorläufer der heutigen Bundesjugendspiele.[1] Diese Idee wurde in der Bundesrepublik Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg 1950 wieder aufgegriffen:

    Auf der 78. Sitzung des Deutschen Bundestages am 21. Juli 1950 in Bonn fordert der „Abgeordnete Mende und Genossen (FDP)“ von der Bundesregierung „die Vorlage eines Jugendprogramms, eines Programms für die wirtschaftliche, staatspolitische und kulturpolitische Betreuung der deutschen Jugend.“
    Danach, so Mende, „sollen zunächst im Rahmen dieses Jugendprogramms Veranstaltungen auf gesamtdeutscher Basis, und zwar auf kultureller und sportlicher Ebene, durchgeführt und einmal im Jahr ein „Tag der deutschen Jugend“ veranstaltet werden. Wir wollen in der Bundesrepublik durch gesamtdeutsche Veranstaltungen in einer ehrlichen Form das Bekenntnis der Jugend zu unserem Staat zum Ausdruck bringen.“
    Dieses geforderte Programm ist auch als eine Art Gegenentwurf zu dem „Gesetz über die Teilnahme der Jugend am Aufbau der Demokratischen Republik und die Förderung der Jugend in Schule und Beruf, bei Sport und Erholung“ der ehemaligen DDR vom 08. Februar 1950 zu sehen.

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  • Olympische Erziehung

    von Sven Güldenpfennig

    Anregungen für eine neue Strategie des IOC

    Das IOC arbeitet an einer weltweiten Strategie für die „Olympische Erziehung“. So wie in anderen olympischen Fragen, sollte es auch hier auf Zurücknahme von Ansprüchen und Verheißungen auf das Begründbare ankommen. Dabei spricht vieles dafür, dass „Olympische Erziehung“ nicht gleichbedeutend mit allgemeinmenschlicher Erziehung ist. Die Letztere muss im gesamten Lebenskontext geleistet werden, während die Erstere auf das olympische Feld beschränkt bleibt. Deshalb ist auch der Meinung nicht zuzustimmen, dass das Weltethos des Theologen Hans Küng für den Olympischen Sport leitend sein soll. Denn in diesem Weltethos findet sich das Spezifische, das den Sport und nur ihn ausmacht, nicht angemessen abgebildet. (mehr …)

  • Ein Nachruf auf eine besondere Persönlichkeit des deutschen Sports

    Unser Freund, Sportwissenschaftler, Trainer, Spitzenathlet und sorgender Ehemann Henner Misersky ist tot. Er hatte sein Leben dem Sport gewidmet, dem Fair Play, der Würde des Sports und den von ihm trainierten Sportlern. Er war ein außergewöhnlicher Mensch: engagiert für den Sport, seinen Sportschülern, der Gesellschaft und seiner Arbeit in der TH Ilmenau zugewandt. Er war immer bescheiden, aufmerksam seinen Mitmenschen gegenüber, ehrlich und geradlinig im Handeln. Er wuchs in Jena auf, in einer sportbegeisterten Stadt mit großem Ruf und großen Namen in der internationalen Welt des Sports. Hier lief Henner seine ersten Runden auf den Aschenbahnen im „Paradies“ oder auf dem „Forst“.
    In seiner glanzvollen Laufbahn in der Leichtathletik wurde er 1965 Vizemeister und 1966 und 1971 Dritter der DDR- Meisterschaften auf der 3000 m Hindernis-Strecke.
    Der Sport kann die wichtigsten Eigenschaften eines Menschen formen: Wille, Ausdauer und Beharrlichkeit, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. (mehr …)

  • Die letzte Reform der Bundesjugendspiele: Wiederbelebung oder Sterbehilfe?

    Gastbeitrag
    Albrecht Hummel

    Die Reformierung der Bundesjugendspiele (BJS) erfordert letztlich die unmögliche Quadratur des Kreises. Dennoch hat sich der Ausschuss für die BJS an ein Reformvorhaben herangewagt und mit Beschluss der Kommission Sport der Kultusministerkonferenz (KMK) vom März 2021 wurden die BJS neu „formatiert“ und sollen dadurch künftig – ab 2023 – eine höhere Bedeutung erhalten, so die Pressemitteilung des DOSB vom 13.07.2023. Im Kern der Reform, die nicht als Umstrukturierung verstanden werden will, steht ein neues „Wording“. Es wird eine (rational nicht nachvollziehbare) semantische Differenz zwischen einem als traditionell markierten „leistungsorientierten Wettkampf“ und einem als modern verstandenen „bewegungsorientierten Wettbewerb“ konstruiert und in Anspruch genommen. Das Verhältnis von Wettbewerb und Wettkampf wird hierarchisch interpretiert. Aus den Übungen des Wettbewerbs sollen schrittweise, schwierigere Übungen des Wettkampfes werden. Spaß und Motivation am Sporttreiben gilt es zu erhöhen und der mehrperspektivisch ausgerichtete sowie prozessorientiert angelegte Sportunterricht sollen sich ebenfalls in den neuen Formaten niederschlagen. Die Reformierer der BJS sind davon überzeugt: „Der Wettbewerb stellt ein besonders kind- und entwicklungsgemäßes Angebot dar, das vor allem in der Grundschule umgesetzt werden soll und eine große motorische Vielfalt abbildet.“ Das ist sicherlich gut gemeint aber deshalb noch lange nicht auch gut gemacht.
    Zugleich sollen sich die Bundesjugend-Spiele laut Pressemitteilung des DOSB nicht zu einem „rein spielerischen Angebot“ entwickeln. Das Erkennen der eigenen Leistung und der eigenen Leistungsfähigkeit gehören ebenso dazu wie der Umgang mit Niederlagen. Die Leistungen aller Teilnehmer in den unterschiedlichen Formaten sollen mit drei unterschiedlichen Urkunden gewürdigt werden: „Diese sind unterteilt in Ehren-, Sieger-und Teilnahmeurkunden, wobei die Ehrenurkunde mit der Unterschrift des amtierenden Bundespräsidenten versehen ist“.
    Die mediale Aufregung in der regionalen und überregionalen Presselandschaft über diese Reformbemühungen ist bezüglich der emotionalen Aufladung von Wortmeldungen bemerkenswert und hat zwischenzeitlich zu grotesk-kuriosen Lagerbildungen geführt: Auf den ersten Blick und etwas holzschnittartig vereinfach, zeichnen sich drei Lager ab: Das Lager der radikalen „Abschaffer“ die auf Petitionen und Verweigerung setzen, die Gruppierung der pseudopädagogisch besorgten „Weichspüler“, die vor allem auf „Spaß“ und „Soft-Skills“ Wert legen  und das Lager der konsequenten leistungsorientierten „Wett – Kämpfer“. Darin spiegeln sich die Zustände der bundesdeutschen Gesellschaft, das funktionale Verständnis von Schule und ausgeprägte Tendenzen der Sportentwicklung in der „bunten Republik Deutschland“.
    Die zu Beginn der 50er Jahre von „oben“ (top down) verordneten und später von der KMK 1979 als verbindlich erklärten Bundesjugendspiele waren nie ein Lieblingskind des (west-)deutschen Schulsports und der Sportlehrkräfte. Der organisatorische Aufwand, die funktionale Unklarheit, die Verwechslung mit anderen Wettbewerbsformaten, die ahistorischen Ausblendungen, der falsche Vergleich mit ostdeutschen Sportwettbewerben und die „linke Sportkritik“ der 70er Jahre, im sogenannten „roten Jahrzehnt“ der BRD, haben dazu beigetragen. Frühere Etikettierungen als „Bundes-Wartespiele“ oder als „Bundes- Demütigungsspiele“ waren bereits vor vielen Jahren die Folge. Die Heerscharen der ständig besorgten Sport-Pädagogen der neueren Zeit sehen vor allem in der ausgeprägten und ach so schlimmen „körperlichen Exponiertheit“ beim sportlichen Wettbewerb/Wettkampf die Gefahr der „Stigmatisierung“, der „Beschämung“, der „Ausgrenzung durch Niederlagen“, der „Missachtung beliebiger Identitäten“ sowie die Verursachung „traumatischer Spätschäden“. 
    Die Degradierung und Zerstörung der Fachlichkeit des Sportunterrichtes ist diesen ideologisch verblendeten Sporterziehern bereits weitestgehend gelungen. Den Status als drittgrößtes Unterrichtsfach (in allen Bildungsgängen) hat dieses Fach weitestgehend verloren, es gilt in der Kultusbürokratie und in wissenschaftlichen Beratungsgremien der KMK zunehmend als verzichtbar und wabert als inhaltlich beliebig aufladbares Erziehungsfach mit besonderer Verantwortung für Soft-Skills, Teamfähigkeit, Integration und Inklusion so vor sich hin. Das besondere, fachgebundene erzieherische Potential gerade des Kämpfens im regelgeleiteten und leistungsorientierten sportlichen Wettbewerb wird strukturell übersehen und in erster Linie als Gefährdung oder sogar als Bedrohung empfunden und bewertet. 

    Um es vorwegzunehmen: Noch nie waren die Bundesjugendspiele als ein gut organisierter, pädagogisch-methodisch durchdachter regelbasierter und leistungsorientierter Schulsport-Wettkampf so nötig wie heute! „Reförmchen“ reichen dafür nicht aus. 

    Historische Wurzeln, Pfade und Stationen:  

    Sedanfeiern (1871-1918) – Reichsjugendwettkämpfe (1920-1933) – Reichssportwettkämpfe der HJ (1933-1945) -Wettkämpfe um die Urkunde des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR (1961-1990) – Bundesjugendspiele (seit 1951) 

    Die Geschichte der Bundesjugendspiele (BJS) begann nicht mit ihrer Einführung in der jungen Bundesrepublik im Jahre 1951. Sie wurden damals auch nicht erfunden. Die Vorgeschichte der BJS ist lang, bemerkenswert, aufschlussreich und ausgesprochen hilfreich für das Verstehen aktueller Diskurse und Missverständnisse. Der Beginn des historischen Entwicklungspfades der BJS ist aufs engste mit dem sogenannten „Sedantag“ (auch Tag von Sedan oder Sedanstag) verbunden. Im Deutschen Kaiserreich (1871 – 1918) war das ein Gedenktag, der jährlich um den 2.September gefeiert wurde. Ursprünglicher Anlass war die Kapitulation der französischen Armee im September 1870 nach der Schlacht bei Sedan. Dieser Gedenktag avancierte schrittweise zum nationalen Feiertag im Kaiserreich. Diese Entwicklung verstärkte sich nach 1890 insofern, dass die innere Einigung des Reiches, die Einheit der deutschen Nation in den Vordergrund gestellt wurde. Die Herausbildung einer gesamtdeutschen Identität spielt in jener Zeit eine immer größere Rolle. Das betraf auch die Überwindung einer Preußen-Lastigkeit des Gedenkens Es fanden in vielen Regionen, Städten und Gemeinden sogenannte Sedanspiele statt, in denen Darbietungen der Turnerschaften aus den Vereinen und Vorführungen von Turngruppen der Schulen ein fester Bestandteil waren. 
    Belegt ist allerdings auch der nichtrealisierte Vorschlag des Zentralausschusses für Volks- und Jugendspiele aus dem Jahre 1894 anlässlich des Sedantages ein Nationales Olympia zu veranstalten. Nach dem 1. Weltkrieg nahmen die Widerstände gegen die Sedanfeiern erheblich zu, jedoch wurden die turnerischen und sportlichen Elemente in den 1920 eingeführten Reichsjugendwettkämpfen inhaltlich einbezogen und im neuen Format fortgeführt. Für herausragende, nachgewiesene Leistungen im Dreikampf wurden vom Reichsausschuss für Leibesübungen Ehrenurkunden mit Unterschrift des Reichspräsidenten als Auszeichnung verliehen. In der NS-Zeit (1933-1945) wurden die Reichsjugendwettkämpfe unter der Bezeichnung „Reichssportwettkampf der Hitler-Jugend“ mit einer neuen ideologischen Ausrichtung fortgeführt. In den damaligen Arbeitsrichtlinien (Handbuch) der Hitlerjugend zur Durchführung der Reichssportwettkämpfe (1942) werden die Ziele im Kontext einer politischen Leibeserziehung deutlich markiert. Begonnen wird mit einem Hitler-Zitat: 

     „Es ist mein Wille, dass die gesamte deutsche Jugend sich einmal im Jahr einer großen sportlichen Leistungsprüfung unterzieht und mit dieser vor der ganzen Nation Zeugnis ablegt von der Kraft und Unbesiegbarkeit des Volkstums„.  

     Für die weitere Umsetzung gelten folgende Positionen: 

    Nach dem Willen des Führers ist jeder deutsche Junge und jedes deutsche Mädel verpflichtet, sich einmal im Jahre einer sportlichen Leistungsprüfung zu unterziehen. Diese gewaltige Kundgebung auf dem Gebiet der Leibesübungen der gesamten Jugend unseres Volkes ist der Reichssportwettkampf, der im Frühjahr eines jeden Jahres einheitlich im ganzen Reich zur Durchführung gelangt. Millionen von Pimpfen und Hitlerjungen, Jungmädel und Mädel legen vor der ganzen Nation ein Zeugnis ihrer Kraft und Leistungsfähigkeit ab. Dieses Bekenntnis zur körperlichen Leistung und Gesunderhaltung ist zu einem der wichtigsten Bestandteile im Leben der Hitler-Jugend geworden, und jede einzelne, der in der Jugenderziehung mitarbeitet, muss sich der großen Bedeutung des Reichssportwettkampfes bewusst sein.“
    Die politische Wertschätzung der Leibesübungen, die rassenideologische Ausrichtung, der militante Wettkampfgedanke und der durchgreifende Verpflichtungsdruck erwiesen sich für modifizierte Fortsetzungen dieser Wettkampfformate im geteilten Nachkriegsdeutschland als immanente aber in aller Regel nichtthematisierte, unausgesprochene Belastung. Obwohl die Vorläuferformate fest im Gedächtnis der Bevölkerung, insbesondere der Lehrerschaft und der Sportfunktionäre verankert waren, wurden die Reichssportwettkämpfe beschwiegen und restauriert. Ohne kritische Reflexion, aber auch ohne angemessene inhaltliche Würdigung der Vorläuferformate wurde bereits 1951 in der Bundesrepublik Deutschland das Wettkampfformat der Bundesjugendspiele eingeführt. Völlig zu Recht gelten die Bundesjugendspiele als ein „Fossil“ des bundesdeutschen Schulsports. Es geriet zeitweilig in Vergessenheit und mehrfach fanden Wiederbelebungsversuche statt Am 26. Oktober 1979 wurde die jährliche Durchführung der Bundesjugendspiele durch Beschluss der KMK für alle Schüler an den allgemeinbildenden Schulen bis Jahrgangsstufe 10 für verbindlich erklärt. Diese Verbindlichkeit wurde in den Ländern nicht sonderlich ernst genommen. Die wenigen vorliegenden empirischen Untersuchungen zur praktischen Durchführung der BJS belegen das eindeutig. 
    Gewandelt haben sich in den letzten Jahrzehnten auch die inhaltlich verantwortlichen Trägerschaften für diesen Schulsportwettbewerb. Gegenwärtig ist dafür ein Ausschuss für die Bundesjugendspiele zuständig, der sich aus drei Vertretern der KMK, einer Vertretung des BMFSFJ, einer Vertretung des DOSB und vier Vertretungen aus den Spitzenverbänden DBS, DLV, DSV und DTB zusammensetzt. Verlässt man die übliche, scheinbar selbstverständlich normsetzende bundesdeutsche Perspektive auf den Entwicklungspfad der BJS und wendet sich einer gesamtdeutschen Perspektive zu, entsteht die Frage nach adäquaten Schulsportwettbewerben in der DDR. In aller Regel und vielfach nachlesbar wird diesbezüglich der sachlich unzutreffende Bezug zu den Kinder-und Jugendspartakiaden der DDR hergestellt, wie sie auf Kreis-, Bezirks- und zentraler Ebene durchgeführt wurden. Das hochentwickelte Spartakiade-System hatte als Vorbild bestenfalls eine Entsprechung in der bundesdeutschen Nachahmung des Spartakiade-Modells durch das Format „Jugend trainiert für Olympia“. Der Verweis auf eine funktionale Entsprechung des Spartakiade-Modells mit den Bundesjugendspielen ist nicht gerechtfertigt. Eine funktionale Entsprechung findet man jedoch in einem anderen Schulsportwettbewerb in der DDR. Seit 1961 fanden an den allgemeinbildenden Schulen, den Berufsschulen und den Sonderschulen Wettkämpfe um die Urkunde des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR statt. Der Inhalt dieses sportlichen Wettkampfes war ein leistungsorientierter leichtathletischer Mehrkampf (Laufen, Werfen, Springen). Die erreichten Punktzahlen in den Schulen wurden auf Kreis-und Bezirksebene miteinander verglichen. Vergebene Urkunden an die besten Schulen im Kreis, galten als höchste Auszeichnung im (allgemeinbildenden) Schulsport. Das Amt des Vorsitzenden des Staatsrats wurde 1960 anstelle des Amtes eines Präsidenten geschaffen (letzter Präsident: W. Pieck). Bis 1990 gab es vier Amtsinhaber (W.Ulbricht, E. Honecker, E. Krenz, M.Gerlach).
    Eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung der historischen Entwicklung und eine vergleichende Betrachtung dieser hier nur skizzierten schulbezogenen Wettbewerbsformate stehen noch aus. Bislang dominieren einseitige geschichtspolitische Instrumentalisierungen und Dämonisierungen. Ostdeutsche Erfahrungen bei der Durchführung schulsportlicher Wettbewerbe fanden nach 1990 keine Beachtung. Sie galten als historische Abweichung von der Norm. 

    Kontexte und Überlegungen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Bundesjugendspiele 

    Die im Sommerloch 2023 medial inszenierte und über Gebühr aufgeregte Diskussion zu den Bundesjugendspielen veranlasst Vertreter des DOSB zu Klarstellungen und Rechtfertigungen: 
    Seit vielen Jahren wird dieses schulische Sportereignis kontrovers diskutiert. Doch wieso war bei den diesjährigen Berichterstattungen über die Bundesjugendspiele vermehrt davon zu lesen, dass es bei den Bundesjugendspielen ab dem kommenden Schuljahr zu einer „Umstrukturierung“ kommen werde oder gar die „Abschaffung der Bundesjugendspiele“ bevorstünde? Nichts dergleichen ist vorgesehen. Die Bundesjugendspiele werden nicht abgeschafft! Vielmehr wird zukünftig lediglich durch eine im März 2021 getroffene Entscheidung des Ausschusses für die Bundesjugendspiele und der Kommission Sport der Kultusministerkonferenz dem Wettbewerb der Bundesjugendspiele, den es bereits seit 20 Jahren gibt, künftig eine höhere Bedeutung zukommen. Denn ab dem Schuljahr 2023/2024 ist nicht nur (wie bereits seit 2001) für die 1. und 2. Klassenstufen, sondern nun auch die 3. und 4. Klassenstufen in den Grundsportarten Leichtathletik und Schwimmen nur noch die Wettbewerbsform anzubieten und durchzuführen. In der Grundsportart (Gerät-)Turnen können in den Klassenstufen 1-4 weiterhin die Wettkampf- und die Wettbewerbsform angeboten und umgesetzt werden.“ (DOSB 19.07.2023)
    Die konstruierte Differenz zwischen (altersgerechtem, kindgemäßem, motorisch vielseitigem, entwicklungsorientierten, bewegungsorientierten, motivierenden, spaßbetonten) Wettbewerb und einem sportlichen Wettkampf, dem anscheinend diese kompetitiven Attribute so nicht zugeschrieben werden, wird weiter bedient. Die semantische Veränderung wird mit der Zuschreibung eines erhofften pädagogischen Bedeutungsgewinns verknüpft. Warum daraus eine erhöhte Bedeutung der Bundesjugendspiele entstehen soll erschließt sich dem Leser nicht. Woher wissen die reformierenden „Bedeutungserhöher“ überhaupt so genau was „kindgemäß“, „altersgerecht“, „entwicklungsförderlich“, „motivierend“ und „spaßmachend“ ist? Welche empirischen Untersuchungen und verallgemeinerte Erfahrungen liegen dazu vor? 
    Wann haben die Ausrichtung und Anpassung eines verbindlichen, staatlichen, schulischen Wettbewerbsformates an die vielfältigen und zeitgeistigen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ihre Grenzen? Eine „Pädagogik vom Kinde aus“ klingt immer human und gut, beinhaltet aber auch stets funktionale Einseitigkeiten und Verkürzungen. Welche gesellschaftspolitischen und staatlichen Interessen (gesundheitspolitische, bildungspolitische, sozialpolitische) und Anforderungen werden mit dem Schulsportwettbewerb „Bundesjugendspiele“ in Verbindung gebracht? Ginge es ausschließlich nach den Wünschen und Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen gäbe es vermutlich keinen verpflichtenden Schulbesuch mit Zensuren und Prüfungen. Schulen, schulische Wettbewerbe und auch die Bundesjugendspiele sind in erster Linie gesellschaftliche Konstruktionen und Orte bzw. Veranstaltungen zur Durchsetzung gemeinwohlorientierter staatlicher Interessen.
    Aus der Sicht des DOSB wird die Zukunftssicherung der BJS primär jedoch wie folgt gesehen: Um die Bundesjugendspiele im Sinne aller Kinder und Jugendlichen stetig weiterentwickeln zu können, sind auch zukünftig weitere neue interessante und motivierende Übungsideen zu entwickeln. Auf jeden Fall sollte darauf hingewirkt werden, dass die Bundesjugendspiele sich in Zukunft noch attraktiver und stärker an den Bedürfnissen von jungen Menschen orientieren.“ (DOSB, 19.07.2023)
    „Neue Übungsideen“ und eine noch stärkere „Ausrichtung an den Bedürfnissen der Jugendlichen“ ist das die richtige Spur? Ist nicht eher eine Widerbesinnung auf die Wurzeln, auf die grundlegende Funktion und auf die Kernziele eines verbindlichen Schul-Sport-Wettkampfes angezeigt?
    Trotz aller semantischen Kosmetik in der vermeintlichen Reform bleiben die Bundesjugendspiele ein überfrachtetes organisatorisches „Monster“ mit unklarer Profilierung und diffuser Zielsetzung. 

    Schulsport – Sportunterricht – Bundesjugendspiele als Schulsportwettbewerb 

    Die Bundesjugendspiele sind als „Schulsportwettbewerb“ ein Element des Schulsports, dessen Kernbereich durch den obligatorischen, lehrplanbasierten Sportunterricht verkörpert wird. Das lenkt den Blick auf die konstituierenden, vielschichtigen Zusammenhänge zwischen Sportunterricht und Bundesjugendspiele. So lassen sich die Bundesjugendspiele durchaus auch als Ausdruck und Nachweis der Wirksamkeit, als Spiegelung der Qualität des Sportunterrichts verstehen. Dieser Zusammenhang verweist aber auch auf den Umstand, dass die zahlreichen Probleme, vielfach beschriebenen Defizite und konzeptionellen Fehlentwicklungen im Sportunterricht der 16 Bundesländer ihre Entsprechung im Umgang mit den Bundesjugendspielen finden. Das betrifft sowohl die generelle Akzeptanz als auch die konzeptionelle, funktionale Passung.
    Diese Zusammenhänge gilt es genauer zu beachten. Denn letztlich können die Bundesjugendspiele auf Dauer nicht grundsätzlich „besser“ und auch nicht „schlechter“ sein, nicht grundsätzlich anders sein als der regelmäßige Sportunterricht. Ein in der aktuellen Debatte beklagter, zunehmend degradierter Sportunterricht führt letztlich auch zur Degradierung der Bundesjugendspiele und hinter den „Abschaffern“ der Bundesjugendspiele verbergen sich ohnehin auch jene Personen, die offen oder verdeckt für eine Abschaffung des körperlich exponierten und leistungsorientierten Sportunterrichts plädieren. 
    Das Verhältnis von Sportunterricht und den Bundesjugendspielen ist auf pädagogisch-konzeptioneller und auf programmatischer Ebene gegenwärtig zutiefst gestört. Sportunterricht und Bundesjugendspiele haben sich auf programmatischer Ebene voneinander entfernt und laufen gewissermaßen parallel nebeneinander her.
    Ein Schulsportwettbewerb wie die (verbindlichen) Bundesjugendspiele bedarf jedoch der langfristig angelegten, systematischen Vorbereitung durch den Sportunterricht. Geschieht dies nicht, dann sind die vielfach beschriebenen, zumeist überhöht dargestellten Demütigungs-, Beschämungs- und Stigmatisierungserfahrungen durch die körperliche Exponiertheit des sportlichen Wettkampfes geradezu programmiert. 
    Diese negativen Erfahrungen einiger Kinder und Jugendlicher sind jedoch durch pädagogische, didaktische und methodische Vorbereitungen auf leistungsbezogene Vergleiche im Sportunterricht – wenn auch nicht grundsätzlich vermeidbar – so jedoch relativierbar und verstehbar zu machen.  Das souveräne Aushalten und das relativierende Verarbeiten derartiger Erfahrungen, die in unterschiedlichen Kontexten in irgendeiner Weise alle Schüler machen, gehört zur außerordentlich bedeutsamen Erziehung zu Resilienz und individueller Widerständigkeit in der Schule. Eine Schulzeit ohne jegliche „Beschämung“ und „Demütigung“ gibt es nicht, und das ist auch gut so. 
    Die von einigen Sportpädagogen beklagte, besondere körperliche Exponiertheit im Schulsport ist mit Gewissheit keine grundsätzliche pädagogische Gefährdung, sondern sie ist ein außerordentlich wertvolles pädagogisches Potential für die Erziehung und Bildung souveräner Kinder und Jugendlicher im und durch Sport. Gut ausgebildete Sportlehrkräfte verfügen sehr wohl über das Wissen und das pädagogisch-methodische Können entwicklungsförderlich mit dieser Herausforderung umzugehen. 
    Körper, Bewegung und Sport konstituieren und prägen die pädagogische und didaktische Fachlichkeit des Sportunterrichts. Dieser einzigartige, triadisch-fachliche Zusammenhang konstituiert das Fach und rechtfertigt den Platz des Faches Sport im Ensemble der Unterrichtsfächer steuergeldfinanzierter, staatlicher Pflichtschulen. Die individuell bestmögliche Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und die Steigerung des individuellen Bewegungskönnens in definierten Bewegungsfeldern verweisen auf die unumgehbaren Kernziele dieses fachgebundenen Unterrichts. Die Nutzung regelgeleiteter wettbewerblicher Situationen und das kämpfende Anstrengen im Selbst- und Fremdvergleich sind wertvolle Mittel der Zielrealisierung. 
    Der Sportunterricht ist keine fachenthobene, sozialerzieherische „Soft-Skill-Veranstaltung“ und die Sportlehrkräfte als hochqualifizierte und im internationalen Vergleich auch sehr gut bezahlte Fach-Lehrer, sind nicht in erster Linie Experten zur „Schülerbespaßung“ in Soft-Skill-Veranstaltungen. Diese Tendenzen verletzen den Erziehungscode von Schule und degradieren den Sportunterricht zur erweiterten Hofpause. Guter Fachunterricht macht gewiss nicht immer Spaß, aber er ermöglicht durchaus das Entstehen dauerhafter Freude an der Verbesserung des eigenen Könnens und der eigenen Leistung, auch in Schulsportwettbewerben. Das nennt man schlicht und einfach Erziehung und Befähigung zum Sporttreiben und wenn alles gut geht, hat das eine lebenslange Auswirkung auf den individuellen Lebensstil zur Folge. Die Erziehung zur Freiheit beim Zwange (I.Kant) hat viele Gesichter.
    Die Störungslinien im Verhältnis von Sportunterricht und dem Schulsportwettbewerb „Bundesjugendspiele“ im Detail zu identifizieren ist nicht einfach aber in Ansätzen durchaus möglich. 
    So haben die pseudopädagogischen Diskurse der letzten Jahrzehnte in den universitären „Blasen“ und „Echokammern“ der deutschen Sportpädagogik erheblich zur Ent-Fachlichung und Ent-Methodisierung des Sportunterrichts in den Ländern beigetragen. Diese Entwicklung ging mit einer sozial-und individualerzieherischen Überfrachtung des Sportunterrichts einher. Viele der westdeutsch geprägten Sportpädagogen sind in den letzten Jahrzehnten einen Sonderweg gegangen, der zwangsläufig in einer Sackgasse münden musste. Die schrittweise Degradierung des Sportunterrichts und der spürbare Verlust an nationaler und internationaler Anschlussfähigkeit sind die Folge.
    Im Vergleich dazu blieben die Bundesjugendspiele geradezu traditionell und erfreulich fachgebunden. Die Fachlichkeit des Schulsportwettbewerbs war anscheinend bei allen organisatorischen Schwächen der Bundesjugendspiele stärker ausgeprägt als die Fachlichkeit des Sportunterrichts. Ginge es nach den Experten aus den zeitgeistigen sportpädagogischen „Echokammern“, dann müsste eine Reform der Bundesjugendspiele vor allem Wettbewerbe im diskriminierungsfreien Reflektieren und im stigmatisierungsfreien, identitätsgerechten Bewerten beobachteter Sportpraktiken aufweisen. Mit einer Ironie könnte man ergänzend darauf hinweisen, dass selbst die Forderung nach einer Vergabe von Ehrenurkunden des Bundespräsidenten für wissensbasierte Kompetenzvergleiche in gendergerechter Sprache dann vorstellbar wäre. 

    Fazit und möglicher Ausblick 

    Nationen in denen das regelgeleitete und wertebasierte Kämpfen keine Wertschätzung erfährt, haben in mehrfacher Hinsicht keine Zukunft. Wer das „Kämpfen“ zuerst als pädagogische Gefährdung sieht und durch sprachliche Regelungen vermeiden will, hat den Ernst der gesellschaftlichen Lage und die komplexen Zusammenhänge nicht verstanden. Stabile Demokratien und die Bewahrung von Zivilcourage sind ohne „Kämpfe“ und engagierte „Kämpfer“ ebenso wenig zu haben wie gerechte Löhne ohne Arbeitskampf. Die semantische Konstruktion kampffreier Wettbewerbe bringt nichts außer logischen Widersprüchen, lebensfremden Schonräumen und Missverständnisse. 
    Pädagogische Prozesse jeglicher Art und Form sind in der Lage biopsychsoziale Differenzen zwischen den Akteuren systematisch abzubauen und diese zugleich zu verstärken. Diese immer wieder neu entstehende „gerechte Ungleichheit“ hat letztlich ihre Ursache in der unaufhebbaren „biopsychsozialen Einzigartigkeit der Menschen“. Eine gelingende Erziehung und Bildung souveräner und resilienter Kinder und Jugendlicher nutzt bewusst diese Unterschiedlichkeit und diese „gerechte Ungleichheit“. 
    Sportunterricht und Schulsportwettbewerben sind durch ihre körperliche Exponiertheit, durch ihre offenkundigen Leistungsvollzuge in unterschiedlichen normativen Bezügen und durch das transparente Regelwerk hervorragende Domänen für die Erziehung und Bildung souveräner Menschen. 
    Für eine nachhaltige Wiederbelebung und Zukunftssicherung der Bundesjugendspiele lassen sich thesenartig nachfolgende Positionen zur Orientierung und für weitere Diskurse formulieren. Die inhaltlichen Zuspitzungen und ein gewisser Pathos in den Formulierungen sind gewollt: 

    1. Die Bundesjugendspiele sind konsequent als ein für alle Kinder und Jugendlichen der Klassenstufen 1 bis 10 verbindlicher, obligatorischer Schulsportwettbewerb in den staatlichen Regelschulen durchzuführen.
    2. Der Schulsportwettbewerb „Bundesjugendspiele“ wird durch den regelmäßigen Sportunterricht mittelbar und unmittelbar vorbereitet und ausgewertet. Die Bundesjugendspiele sind ein objektiver Nachweis der Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit des Sportunterrichts in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland.
    3. Der Schulsportwettbewerb „Bundesjugendspiele“ wird als ein regelbasierter Wettkampf in einem definierten „Zeitfenster“ in den 16 Ländern durchgeführt. Im Handbuch der Bundesjugendspiele wird das Regelwerk beschrieben. Die entwicklungsgerechte Einstufung der Kinder und Jugendlichen in Wettkampfgruppen ist darin zu beachten.
    4. Der Bezug der „Bundesjugendspiele“ auf den obligatorischen Sportunterricht zeigt sich in der konsequenten Ausrichtung auf die staatlich zu garantierende Grundbildung („Literacy“) im Fach Sport. Der Bezug zur Grundbildung impliziert eine Konzentration auf das fachlich Wesentliche und auf die fachlichen Kernziele des Sportunterrichts.
    5. Die Körperliche Grundbildung („Physical Literacy“) ist die domänenspezifische Ausprägung der Grundbildung im Fach Sport. Körperliche Grundbildung beachtet den triadischen fachlichen Zusammenhang von Körper, Bewegung und Sport und ist als grundlegende körperliche Bildung, als grundlegende Bewegungsbildung und als grundlegende sportliche Bildung zu verstehen.
    6. Die Basisfähigkeiten der körperlichen Leistungsfähigkeit („Physical Competence“) und das grundlegende Bewegungskönnen in den definierten Bewegungsfeldern des Sportunterrichts sind die fachlichen Kernziele des Sportunterrichts. Der Nachweis zur Realisierung dieser fachunterrichtlichen Ziele muss sich im Programm des Schulsportwettbewerbs „Bundesjugendspiele“ niederschlagen. Wahlobligatorische Programminhalte in diesen Zielbereichen sind geboten.
    7. Das schulsportliche und schulpädagogische Ereignis „Bundesjugendspiele“ kann und sollte in eine Festveranstaltung der Schulen integriert werden, wenn dadurch der Status und die Bedeutung der Bundejugendspiele gewahrt und erhöht werden. Gut durchgeführte Bundesjugendspiele sind ein „Fest der inneren Einheit“ Deutschlands und sie leisten einen Beitrag zur Festigung der gesamtdeutschen Identität. 

    Letzte Bearbeitung: 11. 8. 2023 

  • Anmerkungen zur Positionsbestimmung des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) zum „Blood-Flow-Restriction-Training“

    Peter Stehle 

    Das Bundesinstitut für Sportwissenschaft hat mit Stand Mai 2023 ein „Positionspapier“ zum „Blood-Flow-Restriction- Training“ (BFR) herausgegeben.
    Das Blood- Flow- Restriction- Training oder Okklusionstraining stellt eine Trainingsmethode dar, bei der der Blutfluss in den Extremitäten durch Bänder oder Manschetten teilverschlossen wird.
    Valentin Herrling schreibt auf der Internetseite des Men`s Health Magazins am 07. 07. 2023 unter dem TitelOkklusionstraining:  Mit weniger Gewicht mehr Muskeln aufbauen“ zum  BFR Training folgendes: „Aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung lassen aufhorchen: Mit Blood-Flow-Restriction-Training soll es möglich sein, seinen Körper mit deutlich geringeren Gewichten als bisher angenommen, in Bestform zu bringen. Klingt unspektakulär, ist aber eine echte Revolution. Denn: Das American College of Sports Medicine rät Fitness- und Gesundheitssportlern, keine Lasten unterhalb von 70 % ihres persönlichen 1-Wiederholung-Maximums beim Krafttraining zu stemmen. Unterschreitet man diesen kritischen Wert, so die Befürchtung, bliebe ein kontinuierliches Muskelwachstum aus. Das belegen die Ergebnisse einer Studie. Okklusionstraining krempelt die alten Fitnessdogmen nun um – Sportler können maximale Resultate auch dann erzielen, wenn sie mit weniger Gewicht hantieren“. Er postuliert: „Ganz klar: beachtliche Muskelzuwächse. Dabei ist der Effekt an den Beinen größer als an den Armen – vermutlich aufgrund der dort befindlichen üppigeren Muskelmasse. Ebenfalls erstaunlich ist der Effekt beim Aktivieren der Muskelfasern“.  Er stellt heraus, dass das Blood-Flow-Restriction-Training für folgende Personengruppen geeignet sei: 

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  • Wird die Breite an der Spitze dichter? Über Entwicklungen des Vereinssports in Deutschland

    Horst Schubert 

     

    Die Breite an der Spitze…

    Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 der Männer in Katar ist Geschichte. In Deutschland sind die Wunden geleckt, der sportliche Misserfolg hat ein personelles Opfer gefordert und Arbeitsgruppen zur Erarbeitung von Konzepten, Lösungsstrategien und personeller Neu-Organisation sind im Deutschen Fußball-Bund (DFB) gebildet. Also alles „auf gutem Wege“, damit die Fußball-Nationalmannschaft der Männer bei der Europameisterschaft 2024 im eigenen Land erfolgreicher abschneidet als bei der Weltmeisterschaft in Katar? Während die Frauen-Nationalmannschaft als frisch gekürter Vize-Europameister in der FIFA-Weltrangliste einen hervorragenden 2. Rang belegt, ist die Männer-National-Elf nach dem Katar-Desaster auf Rang 14 abgerutscht. Hat der deutsche Männer-Fußball überhaupt noch das Potential, um mit den besten Nationalmannschaften der Welt mitzuhalten? (mehr …)

  • Sport und Frieden

    Karl-Friedrich Wessel

    Wenn zu einer Sternfahrt bzw. zu einem Sternlauf für den Frieden aufgerufen wird, wenn sich dieser Aufruf an Sportorganisationen und die Kirchen wendet, gemeinsam für den Frieden aktiv zu werden – nicht nur hinsichtlich des Krieges zwischen Russland und der Ukraine –, dann ist es erforderlich, sich zu beteiligen, wenn der Lauf auch in etwas anderer Form – mit dem Stift übers Papier – stattfindet.

    Den Sport in den Mittelpunkt zu stellen, macht viel Sinn und fordert die Sportler und die Sportwissenschaftler in besonderer Weise heraus. Sport ist nun einmal öffentlichkeitswirksam wie kaum ein anderes gesellschaftliches System. Entsprechend groß ist auch die Verantwortlichkeit für jedermann, der zu diesem System gehört.

    Der Sport, damit meine ich das ganze stark verzweigte System, lebt vom Frieden, es ist vom Krieg in besonderer Weise bedroht. Das bedeutet sehr viel, denn der Sport ist für die Existenz der Gesellschaft, für die Entwicklung aller Individuen in ihrer gesamten Ontogenese, von der Konzeption bis zum Tode, existentiell wichtig. (mehr …)

  • „Fernsehsport“- ärgerliche Anlässe?

    Von Andreas Müller

    Der als freier Journalist arbeitende Andreas Müller hat sich schon seit längerer Zeit mit Fragen zur Entwicklung des eigenen Berufsstandes auseinandergesetzt. Dabei sind auch die folgenden drei Kommentare zur Entwicklung des „Fernsehsports“ entstanden. Ihr Erst-Abdruck erfolgte in der „Jungen Welt“. Die in diesen Kommentaren vorgetragene Kritik erscheint mir diskussionswürdig zu sein und sie soll deshalb den Lesern von „sport-nachgedacht.de“ nicht vorenthalten werden.H.D.

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  • Subsidiäre Partnerschaft zwischen Staat und Sport

    Am 6.12.1975 feierte der Deutsche Sportbund sein 25-jähriges Jubiläum in der Frankfurter Paulskirche. Aus diesem Anlass sprach der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt in seiner Laudatio, die der subsidiären Partnerschaft zwischen Staat und Sport gewidmet war, über die wichtigsten Herausforderungen des Sports und einer verantwortungsvollen Sportpolitik, wie sie sich in den achtziger Jahren gestellt hatten. Meines Erachtens sind seine Ausführungen auch heute noch von höchster Relevanz und sie sollen deshalb im Sinne eines sporthistorischen Dokuments als Gastbeitrag für „sport-nachgedacht.de“ aktualisiert werden. Es ist beabsichtigt, auch weitere nach wie vor wichtige sporthistorische Dokumente in dieser Form erneut zu veröffentlichen.

    H.D.

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  • Laute Klagen und stille Siege: Beobachtungen in einem zerrissenen („Sport-) Deutschland“

    Albrecht  Hummel

    Im Jahre drei der Coronapandemie, auf dem Höhepunkt der vierten Welle, kurz nach der Neuwahl des Präsidiums des DOSB und vor der Wahl des neuen Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland am 08.12.2021 liefern unterschiedliche Nachrichten ein zerrissenes Bild vom angeblich vereinten „Sport-Deutschland“ und seiner großen „Sportfamilie“. Auf die emphatischen Überhöhungen im unglaubwürdigen Gerede von den Sportfamilien in Sportdeutschland wies der Vorsitzende der Ethik-Kommission des DOSB bereits zu Beginn der Weimarer Mitgliederversammlung zu Recht hin. (mehr …)

  • Liegt unser Sport an der goldenen Kette des Staates?

    Für die Beurteilung aktueller Entwicklungen des Sports und für die notwendigen Entscheidungen über dessen Zukunft können historische Befunde eine wichtige Hilfe sein. Deshalb ist „sport- nachgedacht.de“ immer wieder bemüht, relevante sporthistorische Dokumente zu publizieren. Am 16. Juni 1972 erschien im ZEITmagazin der nachfolgende Beitrag von Willy Weyer, dem wortgewaltigen und streitfähigen damaligen DSB- Präsidenten und Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen. Manche seiner Gedanken sind heute aktueller denn je. (mehr …)

  • Gastbeitrag

    Die Olympischen Sommerspiele 1972, die damals in München stattgefunden haben, sind aus Anlass ihres 50-jährigen Jubiläums, Thema zahlloser massenmedialer Rückblicke. Diese Spiele waren ohne Zweifel ein außergewöhnliches olympisches Ereignis, das in seiner Ästhetik und interkulturellen Qualität wohl bis heute nicht mehr übertroffen wurde. Gleichzeitig ist es jedoch auch das Ereignis, auf das wir alle mit Schrecken zurückblicken müssen. Die Ermordung von elf israelischen Athleten und Trainern durch Terroristen und der Tod eines deutschen Polizisten haben gezeigt, wie verletzlich der Olympismus sein kann. Seitdem sind politische Konflikte und Krisen immer auch Krisen des Olympismus.
    Wenn wir uns in diesen Tagen an diese besonderen Olympischen Spiele erinnern, so ist es auch wichtig, dass wir Athletinnen und Athleten zu Wort kommen lassen, die an diesen Spielen teilgenommen haben. Im folgenden Gastbeitrag erinnert sich ein für mich sehr vorbildlicher Olympionike an seinen Olympiasieg in München 1972. Ich würde mich freuen, wenn diesen Erinnerungen weitere Erinnerungen von Beteiligten dieser Spiele folgen würden. Die Einladung zu einem Gastbeitrag sei hiermit ausgesprochen.

    H. D.

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  • Interview Henner Misersky – Die Dopingaufarbeitung für die DDR macht keinen Sinn mehr

     

    In „sport-nachgedacht.de“ war bereits in den vergangenen fünf Jahren die Aufarbeitung der Entwicklung des deutschen Sports insbesondere in mehreren Gastbeiträgen ein wichtiges Thema. Ein etwas genauerer Blick wurde dabei auch auf das Problem der so genannten „Dopingopfer“ geworfen, dem nach der Wiedervereinigung die verschiedenen Bundesregierungen mit einem eigenen Gesetz gerecht werden wollten. Besonders kompetent haben sich mit der Frage nach den Dopingopfern der ehemaligen DDR Werner Franke, Gerhard Treutlein, Rüdiger Nickel vor allem auch Henner Misersky auseinandergesetzt. Ein bemerkenswertes Interview, das er dem „Nordkurier“ in diesen Tagen gegeben hat, macht einmal mehr deutlich, wie dringend notwendig eine sachgerechte und faire Aufarbeitung der Entwicklung des Sports in den beiden deutschen Staaten wäre. Von einem Ende der Aufarbeitung darf deshalb noch lange nicht gesprochen werden. Der besondere Auftrag, der gegenüber kompetenten  Historikern besteht, stellt sich deshalb nach wie vor.
    Das Zitat aus dem Interview, das der „Nordkurier“ als Überschrift für die Antworten von Henner Misersky gewählt hat, ist in vieler Hinsicht irreführend, denn die Inhalte des Interviews widersprechen der Überschrift in jeder Hinsicht. Sie deckt sich auch ganz gewiss nicht mit der Aufklärungsarbeit und mit den Interessen von Henner Misersky.
    Für die FAZ ist diese misslungene Überschrift jedoch willkommener Anlass in einem Kommentar von „Miserskys Fehlschluss“ zu sprechen und ihm eine „eindeutige Blindheit“ zu unterstellen, ohne auch nur einen der von Misersky dargelegten Befunde, die mit den Antworten von Misersky in dem Interview offengelegt werden, in Frage zu stellen oder gar zu widerlegen. Schon gar nicht werden die Fakten erwähnt, die sich auf die ehemalige Vorsitzende des Doping-Opferhilfe- Vereins beziehen und die einen Widerspruch zu den Darstellungen derselben Person in der FAZ bedeuten. Angesichts eines solchen Kommentars scheint für einen Kommentator einer FAZ-Sportredaktion das Eingeständnis von Recherchefehlern und die Entschuldigung für eine fehlerhafte Berichterstattung wohl in utopische Ferne gerückt zu sein. (H.D.)

    Nachfolgend das Interview, das Henner Misersky dem Nordkurier gegeben hat.

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  • Eine Medaille für Millionen

    In diesen Tagen zeigte mir ein Mitglied meiner Montagsturner vom TSV Marquartstein eine besondere Urkunde. Peter W. ist in diesen Tagen 95 Jahre alt geworden. Er fährt noch regelmäßig Alpin-Ski in den Chiemgauer Alpen und fehlt nur ganz selten, wenn wir uns montagabends zu einer Turnstunde treffen, bei der wir uns mit leichten Lauf – und Gehübungen aufwärmen, um uns dann mit einer für unsere Altersgruppe angepassten Bodengymnastik zu bemühen, unsere „alten Knochen und Gelenke“ beweglich zu halten. Peters Urkunde dokumentiert eine außergewöhnliche sportliche Leistung. Er hat bereits dreißigmal das „Deutsche Sportabzeichen in Gold“ erworben. Er ist somit ohne Zweifel ein außergewöhnliches Vorbild für eine gesunde und sportliche Lebensführung.
    Als ihm der Präsident des Bayerischen Landessportbundes zu dieser besonderen Leistung gratulierte, war dessen Wunsch naheliegend. Er schlug vor, dass Peter vor den Schülern des Marquartsteiner Gymnasiums über seinen besonderen sportlichen Lebenslauf berichten und erzählen solle. Peter kam diesem Wunsch nach. Doch er musste feststellen, dass selbst die Sportlehrer von heute und schon gar nicht deren Schüler und Schülerinnen ein ausreichendes Wissen über das Deutsche Sportabzeichen, über die Leistungen, die man zu erbringen hat, und über die gesundheitspolitische Bedeutung, die dieses Sportabzeichen besitzt, Bescheid wussten. Dieses Ereignis veranlasste mich Steffen Haffner um Erlaubnis zu bitten, einen Beitrag erneut zu veröffentlichen, den er aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums des Deutschen Sportabzeichens vor nahezu zehn Jahren für das „Olympische Feuer“ (2/2013), der Zeitschrift der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG), geschrieben hat. Vielen Dank.

    H.D. (mehr …)

  • Interview mit Helmar Gröbel zur Situation des deutschen Eissschnellaufs

    „Das einzig Gemeinsame war die deutsche Sprache“

    Helmar Gröbel hat den Trainerschein aus zwei Systemen und bedauert den Niedergang des deutschen Eisschnelllaufs. Dabei gibt es genügend Hallen.

    Eisschnelllaufen war für Deutsche ein olympischer Medaillen-Garant. Helmar Gröbel erlebte diese Zeit als Verbands- und Bundestrainer in der DDR sowie im vereinten Land. Von Podestplätzen waren Athleten der deutschen Eisschnelllauf- und Shortrack-Gemeinschaft bei den Winterspielen in Peking weit entfernt. Im Interview mit der Sächsischen Zeitung erzählt der 70-Jährige, der Trainerdiplome im Ost- und West-System erwarb, wie es dazu kommen konnte, was ihn nach der Wende wunderte und warum ein DDR-Rennanzug auf den Kili soll. (mehr …)

  • Zur Erinnerung an Ommo Grupe, einem bekennenden Olympier

    Ommo Grupe

    Schiller – ein bekennender „Olympier“?

    2005 war das Jahr der Erinnerung an den 200. Todestag Friedrich von Schillers. Bücher erschienen dazu, es gab kaum eine Zeitschrift oder Zeitung, die sich nicht mit diesem Ereignis beschäftigte, kein Fernsehsender, der nicht darauf einging. Von Vielen war dabei die Rede, oft auch von seiner Griechenbegeisterung, die er mit Hölderlin teilte, nur nicht davon, dass es Gründe gibt, Schiller in gewissem Sinne einen „Olympier“ zu nennen, der die antiken Olympischen Spiele in seine Liebe zur klassischen griechischen Kultur einschloss. (mehr …)

  • Auf den Tod eines Fußballspielers

    Friedrich Torberg, Willi Daume, Walter Jens

    Er war ein Kind aus Favoriten
    und hieß Matthias Sindelar.
    Er stand auf grünem Plan inmitten,
    weil er ein Mittelstürmer war.

    Er spielte Fußball, und er wusste
    vom Leben außerdem nicht viel.
    Er lebte, weil er leben musste,
    vom Fußballspiel fürs Fußballspiel.

    Er spielte Fußball wie kein Zweiter
    und stak voll Witz und Fantasie.
    Er spielte lässig, leicht und heiter.
    Er spielte stets. Er kämpfte nie.  (mehr …)

  • Zur Situation des Trainerberufs in Deutschland

    „Ich bin da inzwischen abgehärtet““
    Der dienstälteste deutsche Bundestrainer Detlef Uibel zur prekären Lage eines ganzen Berufsstandes.
    Für Bundestrainer Detlef Uibel schloss sich Ende Oktober im französischen Roubaix mit vier WM-Titeln für die deutschen Bahnrad-Sprinterinnen ein Kreis. Vor 40 Jahren selbst WM-Dritter im Sprint auf dem Bahn-Oval, absolvierte der heute 62-Jährige nach dem Karriere-Ende ein Studium an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig und baute danach in seiner ersten Station als Trainer just eine Frauen-Gruppe in Cottbus auf. Nach der Wende avancierte der gebürtige Gubener zum Junioren-Bundestrainer, seit Oktober 1996 verantwortet Uibel beim BDR als Cheftrainer den gesamten Bereich Kurzzeit und ist aktuell der dienstälteste Bundestrainer im bundesdeutschen Spitzensport. (mehr …)

  • Hilferuf eines Sportlehrers – mit Sport gemeinsam Corona trotzen

    Ein Gastbeitrag von Jörn Meyer

    Liebe politisch Verantwortlichen,

    die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Gesundheit als einen Zustand des völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens, und nicht nur als das Freisein von Krankheit. Bekanntlich besitzt Sport einen hohen gesundheitlichen Wert. Laufen, Radfahren, Schwimmen und andere körperliche Aktivitäten wirken sich positiv auf den Organismus und die Psyche aus. Sport senkt das Risiko von Krebs- und Herzkreislauferkrankungen, stärkt das Immunsystem und besitzt eine antidepressive Wirkung. (mehr …)

  • Ohne Olympische Spiele könnten viele Sportarten nicht existieren

    Andreas Müller im Gespräch mit Volker Kluge

    Vom 6. bis 15. April 1896 fanden die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit statt und schlugen allein mit ihrem Austragungsort Athen die historische Brücke zu den antiken Spielen, die in Olympia erstmals im Jahr 776 vor unserer Zeitrechnung ausgetragen und dort bis ins Jahr 393 fortgeführt worden sein sollen. Wie kam Baron Pierre de Coubertin auf die Idee, nach über 1.500 Jahren Pause die Olympischen Spiele der Antike wiederzubeleben?

    Sein Schlüsselerlebnis war der englische Roman »Tom Brown’s School Day« von Thomas Hughes, der 1875 in französischer Sprache erschien. Er handelt von einem Direktor namens Thomas Arnold, der Sport und Gemeinschaftsspiele in der Erziehung junger Männer zu »christlichen Gentlemen« in sein Konzept einbezog. Zwischen 1883 und 1886 reiste Coubertin mehrfach nach England, wo er dann die Praxis kennenlernte. Danach publizierte er seine Studienerkenntnisse mit der Absicht, das französische Erziehungssystem nach angelsächsischem Vorbild umzubauen. Seine Ideen stießen auf Widerhall. Vorerst wurde ein Komitee mit Coubertin als Sekretär gegründet, von dem diese Ziele propagiert werden sollten. (mehr …)

  • Fragen an die Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages

    Ein Gastbeitrag von Rainer Hipp

    Die Deutsche Presse- Agentur (dpa) hat mit der Vorsitzenden des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Dagmar Freitag (SPD), ein Interview zu der Amtszeit von Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) geführt. Dieses Interview wurde am 9. März in zahlreichen deutschen Printmedien veröffentlicht. Der Schreiber dieser Zeilen hat die Ausführungen von Dagmar Freitag mit großer Aufmerksamkeit gelesen. Die Mischung aus Verwunderung und Irritation hat bei ihm Fragen aufgeworfen, die er der Bundestagsabgeordneten öffentlich stellen möchte. Zum besseren Verständnis werden seine Fragen auf die jeweiligen Aussagen im Interview der Sportausschuss-Vorsitzenden ausgerichtet. (mehr …)

  • Olympia unterm Hakenkreuz

    Ein Gastbeitrag von Ewald Walker

    Berlin im Sommer 1936: eine Mordserie im Olympischen Dorf in Elstal droht Risse in die Fassade der Nazi-Spiele zu bringen – Ein Roman

    „Einige von uns sind nach Berlin gefahren im falschen Glauben, an einer Sportveranstaltung teilzunehmen; stattdessen wurden wir zu einem Stück  politischer Propaganda benutzt“. Ernüchterung beim britischen Olympiasieger Godfrey Brown nach den Olympischen Spielen 1936 in Berlin. Die Internationalität, die völkerverbindende Idee, die mediale Wirkung sind die Werte, die den Olympischen Spielen ihre große Anziehungskraft verleihen. Die Spiele in politischen Diktaturen, mit Boykotten und Attentaten aber auch Dopingskandalen sind die Schattenseiten. München 1972, Montreal 1976, Moskau 1980, Los Angeles 1984, Seoul 1988 sind olympische Kehrseiten.   (mehr …)

  • 100 Jahre Göttinger Beschlüsse zum Hochschulsport

    eine wichtige Wegmarke für die Entwicklung des Sports an Universitäten und Hochschulen

    Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Wolfgang Buss

    Schon Ludwig Mester, ein Hermann Nohl Schüler, hat in seiner 1931 erschienenen Göttinger Dissertation „Die Körpererziehung an den Universitäten“ (Mester 1931) deutlich gemacht, dass Formen einer zeitgenössischen Bewegungskultur – ob sie nun als „Ritterliche Exerzitien“, „Turnen“, “Körperliche Erziehung“, „Leibesübungen“, „Körperkultur“ oder „Sport“  denominiert waren –  beginnend nach der Reformation, spätestens aber seit der Zeit der Aufklärung stets ein Teil des sozialen Lebens an den deutschen Hochschulen waren. Dabei war ihre dortige Existenz nie ganz unumstritten und ihre Förderung durch die Hochschulen sowie die staatlichen Behörden zu unterschiedlichen Zeiten seit dem 17. Jahrhundert auch dementsprechend sehr schwankend – ganz abgesehen von dem schwierigen Prozess der Anerkennung als akademisches Forschungs- und Ausbildungsfach. (mehr …)

  • Kommunikationsdefizite im Wissenschaftlichen Verbundsystem Leistungssport

    Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Manfred Muckenhaupt


    Vorbemerkung

    Die Studie, von der im folgenden Beitrag die Rede ist, wurde von Prof. Dr. Manfred Muckenhaupt und seinem Forschungsteam bereits vor zehn Jahren durchgeführt. Der Wissensaustausch im deutschen Hochleistungssport hatte sich dabei vor allem auch im Vergleich mit anderen Ländern als besonders verbesserungswürdig herausgestellt. Die Studie mündete in zahlreichen Verbesserungsvorschlägen. Betrachten wir etwas mehr als zehn Jahre danach die Situation der Wissenskommunikation im deutschen Hochleistungssport, so müssen wir erkennen, dass sich nur wenig verändert hat und die Forderungen von damals die Forderungen von heute sein müssen. Die Lektüre des Beitrags kann deshalb allen Verantwortlichen, ob ehrenamtlich oder hauptamtlich im System des Hochleistungssports tätig, dringend empfohlen werden.

    Helmut Digel


    Abstract

    Verschläft der deutsche Hochleistungssport den Anschluss an das internationale Wissensmanagement? Diese Frage provozieren die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Wissensmanagement im Wissenschaftlichen Verbundsystem Leistungssport“. Das Projekt ist Teil einer Reihe von Forschungsvorhaben zur Umsetzung des langfristigen strategischen Forschungsprogramms für das Wissenschaftliche Verbundsystem (Forschungsprogramm WVL) und wurde von 2009 bis 2011 durchgeführt. (mehr …)

  • Der Sport nach Corona

    Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke

    Zukunftsforschung nach Corona hat Konjunktur, Szenarien reichen von neuen Lebensperspektiven bis zu wirtschaftlichen Abbrüchen. Sport taucht kaum auf. Die Einschränkungen der Pandemie hat die Sportwelt komplett getroffen: Großveranstaltungen, Profisport, Vereins- und Schulsport, Bewegungskindergärten, Fitnessstudios, individuelles Sporttreiben. Formen und Strukturen des Sports sind stillgelegt. Olympia, das größte Fest der Welt, wird dieses Jahr nicht gefeiert. Noch nie seit Beginn der bürgerlichen Sportbewegung vor 200 Jahren ist die gesellschaftlich organisierte sportliche Aktivität derart komplett unterbrochen worden – das trotz zweier Weltkriege und tiefgreifender politischer, technologischer und gesellschaftlicher Umbrüche. Wert und Weiterentwicklung des Sports sind neu zu bestimmen. (mehr …)

  • Ein Plädoyer für IOC-Präsident Thomas Bach

    Das Essay „IOC Präsident Dr. Bach-Buhmann der Nation“ ist auf großes Interesse gestoßen und hat viele Rückmeldungen hervorgerufen. Beachtenswert waren dabei unter anderem der nachfolgende Beitrag von Rainer Hipp, ehemals Geschäftsführer des Landesportverbandes Baden-Württemberg. Wir glauben, dass sein Gastbeitrag für die Leser unseres Magazins „sport-nachgedacht.de“ von Interesse sein kann.

    Die Redaktion

    Ein Gastbeitrag von Rainer Hipp

    Vorbemerkung:

    Wenn sich alle für oder gegen einen verschwören, regt sich bei dem Schreiber der nachfolgenden Zeilen Widerspruch. Genetisch bedingt oder durch Sozialisation, bisher nicht nachweisbar.

    So bei Thomas Bach, dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).In deutschen Medien, von deutschen aktiven und ehemaligen Athleten und Funktionären wurde und wird Bach während und nach der Entscheidungsphase über die Olympischen Spiele 2020 in Tokio aufs Heftigste angegriffen, ja beschimpft. Eine der stärksten Anklagen kam vom Ehrenpräsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) und Leitenden Oberstaatsanwalt Clemens Prokop aus Regensburg. Aber dazu später mehr. (mehr …)

  • Jugend und Sport – Rückblick, Einblick und Ausblick

    Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Wolf-Dietrich Brettschneider

    1 Einleitung

     Vor allem der Sport der Jugendlichen besticht durch seine Vielfalt. Diese bunte  jugendliche Sportkultur in ihrer Entwicklung während der letzten drei Jahrzehnte darzustellen, ist das Ziel des vorliegenden Beitrags.  Dabei sollen zunächst die zentralen Ergebnisse der deutschsprachigen Jugendsportforschung zu den drei Säulen des Jugendsports – dem vereinsorganisierten Sport in seiner breiten- und leistungssportlichen Ausprägung, dem informell betriebenen Sport und dem kommerziellen Sportangebot – vorgestellt werden, bevor Überlegungen zur möglichen zukünftigen Entwicklungsrichtung des Jugendsports den Beitrag abschließen. (mehr …)

  • Das Dilemma „leichter läuft schneller“

    Ein Gastbeitrag von Ewald Walker

    Man spricht nicht drüber, höchstens hinter vorgehaltener Hand. Magersucht im Leistungssport ist ein Tabuthema. Doch längst hat es auf den Laufbahnen, Turnmatten, Eisflächen oder Ski-Schanzen Einzug gehalten. Das Thema ist im Sport präsenter als gedacht und gerade auch hinter prominenten Sportlern verstecken sich Probleme und Einzelschicksale im Kampf um Köpergewicht und Leistung mit teilweise fatalen Folgen. Ihre Körper sind dünn, die Arme gertenschlank, „sie haben keinen Busen mehr“, hat die 63fache Deutsche Meisterin Brigitte Kraus (Köln) im Vergleich mit früher feststellt, „wir waren auch schlank, aber anders.“ Doch nicht automatisch heißt dünner Körperbau auch, dass eine Athletin magersüchtig ist, entscheidend ist das Essverhalten, wie die Sportmedizinerin Christine Kopp (Tübingen) betont, „Spekulationen sind also fehl am Platz“. (mehr …)

  • Deutschland lernt (wieder) Schwimmen

    Ein Gastbeitrag von Prof. em. Dr. Albrecht Hummel

    Einleitung

    Die einem antiken Poeten zugeschriebene Formulierung, „er konnte weder lesen noch schwimmen“ war zu jener Zeit die metaphorische Umschreibung für einen in jeglicher Hinsicht ungebildeten Menschen oder einen emanzipierten Bildungsverweigerer. Große Wertschätzung des Schwimmen-Könnens findet sich noch im berühmten mittelalterlichen „Ritterspiegel“ des Johannes Rothe (ca. 1410), wo es darum geht, dass der angehende Ritter schwimmen und tauchen „und sich vom Bauch auf den Rücken wenden und krümmen kann“. In den berühmten „Sieben freien Künsten“, den „septem artes liberalis“ findet das Schwimmen dann schon keine Erwähnung mehr, wie auch in vielen späteren neuhumanistischen Kanonisierungen von Bildung. (mehr …)

  • Erfolgsfaktoren der Leichtathletik-EM 2018

    Ein Gastbeitrag von Frank Kowalski

    „Ich gestehe: Meine längst erkaltete Liebe zur Leichtathletik ist neu entflammt.“ So stand es – fettgedruckt – in der BILD-Zeitung. Und so wie dem leitenden Sportredakteur Walter Straten ist es vielen gegangen. Zu Recht wird Berlin 2018 als „Mustermesse“ (Michael Gernandt, der langjährige SZ-Sportchef) für Sportevents der Zukunft gesehen – und verdientermaßen werden diese Titelkämpfe mit Auszeichnungen gewürdigt, wie dem Preis für Fairness und Olympische Werte der Deutschen Olympischen Gesellschaft, die dies wie folgend begründete: „Diese EM erreichte durch viele Dinge eine ganz besondere Ausstrahlung. Dahinter stand ein hochengagiertes Team, das in jeder Phase die Athleten/innen in den Mittelpunkt ihres Handelns stellte.“ (mehr …)

  • Neue Körperliche Grundbildung: Können und Verstehen

    Ein Gastbeitrag von Prof. em. Dr. Albrecht Hummel

    Einführung
    Einige deutsche Sportpädagogen sind gegenwärtig bemüht, die Fachkultur des Sportunterrichts grundsätzlich neu zu bestimmen. Sie grübeln und theoretisieren darüber, ob nach erfolgtem Aufstand des Denkens und vollzogener reflexiver Wende das neuerdachte Kognitions- und Reflexionsfach -bislang schlicht mit „Sport“ bezeichnet-, nun ausgerichtet am Leitbegriff „Sportliteralität“ (Schierz & Miethling, 2017, S.60), eher als „Sport-Studies“ oder als „Sportwissenschaft“ zu bezeichnen wäre. Diese Vorschläge passen nicht in das übliche Geschehen, dass nach dem medialen Aufploppen einer gesellschaftlichen Problemlage zeitnah ein Schulfach (Wirtschaft, Programmieren, Gesunde Ernährung, Umweltschutz u.a.m.) gefordert wird, um diese gesellschaftlichen Probleme mittels der Institution Schule in den Griff zu bekommen. Bei „Sport-Studies“ geht es eher um die tiefgreifende Veränderung eines etablierten und durchaus akzeptierten Unterrichtsfaches. Damit sollen drei Krisen auf einen Schlag bewältigt werden: Eine angebliche Anerkennungskrise des Sportunterrichts, die allgemeine Misere des Sportlehrerberufs und die akademische Profillosigkeit der Sportpädagogik/Sportdidaktik. (mehr …)

  • Arbeitszeitflexibilisierung und kein Aufschrei bei den Sportorganisationen

    Ein Gastbeitrag von Rainer Hipp

    Die Novellierung des Arbeitszeitgesetzes sollte die Sportorganisationen nicht nur aufhorchen lassen sondern in Schrecken versetzen. Aber weder von der Dachorganisation Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) noch von den Mitgliedsorganisationen vernimmt man einen Ton zu diesem existenziellen Thema.

    Die Wirtschaftsministerin des Landes Baden-Württemberg, Nicole Hoffmeister-Kraut, beispielsweise ist gerade auf Werbetour für flexiblere Arbeitszeiten. Ihre Vorschläge für ein neues Arbeitszeitgesetz im Bund zielen auf eine tägliche Höchstarbeitszeit von maximal zwölf Stunden pro Tag (netto ohne Pausen). Bislang sind es zehn Stunden. Mancherorts in Deutschland ist der klassische Achtstundentag, montags bis freitags, schon zum Auslaufmodell geworden. Obwohl die sogenannte Digitalisierung der Arbeit erst ihren Anfang nimmt, sind immer mehr Menschen abends und am Wochenende beruflich aktiv. (mehr …)

  • Der Deutsche Fußball-Bund und die Journalisten

    Ein Gastbeitrag von Rainer Hipp

    Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und sein zurückgetretener Präsident Reinhard Grindel werden in den Medien derzeit hart kritisiert und mit Häme überschüttet. Bei aufmerksamer Beobachtung der elektronischen- und Printmedien fällt auf, die journalistische Solidarität bröckelt. Denn Reinhard Grindel und sein Vorgänger Wolfgang Niersbach kommen aus demselben Genre: dem Journalismus. Das führt zu der Erkenntnis- jetzt kommt ein Pauschalurteil – Journalisten können ein solches Amt nicht ausüben. Das ist nicht verwunderlich. Die Berufsbezeichnung Journalist ist in Deutschland rechtlich nicht geschützt. Es bedarf also keinerlei Qualifikation, sich Journalist zu nennen. Das gilt auch für Wahlämter im politischen wie ehrenamtlichen Bereich. Gewählt werden kann jeder, der kandidiert, unabhängig von seiner Ausbildung oder Tätigkeit. (mehr …)

  • Demografischer Wandel in Deutschland und dessen Bedeutung für die Spitzenverbände des deutschen Sports

    Ein Gastbeitrag von Jonas Bischoff

    1. Einführende Bemerkungen

    Olympia 2060. Die deutsche Delegation kehrt mit nur einer Goldmedaille – in der Disziplin E-Sports – in die Heimat zurück. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gerät in Erklärungsnot, wirkt ratlos und beklagt den Nachwuchsmangel im deutschen Leistungssport: „Uns fehlen einfach die jungen Leute!“. Der Aufschrei in der deutschen Bevölkerung bleibt verhalten. Die Menschen unterhalten sich lieber über das neue, bahnbrechende Gesundheitsprogramm Uber-Sports des Fitnessstudio-Giganten Google-Health, das einem die Instant-Buchung eines Personal-Trainers für zu Hause per Smartphone-App ermöglicht – mit Fast-Delivery-Garantie. (mehr …)

  • Vorbild Ehrenamt und der DOH

    Ein Gastbeitrag von Rüdiger Nickel.

    Unsere Gesellschaft, unser Sport lebt vom Ehrenamt. Ehrenamt ist Vorbild. Zeig mir, wie Dein Ehrenamt ausgebildet ist, und ich sage Dir, wie sozial, wie humanitär Deine Gesellschaft ist. Der Sport ist dabei wichtiges Betätigungsfeld für Ehrenamtlichkeit, ohne sie ist der Sport nicht denkbar.

    Ehrenamtlichkeit hat Vorbildcharakter. Ehrenamt ist zu hegen und pflegen. Ehrenamt ist auch zu würdigen. Ehrenamtler werden auch oft als die „Helden im Verborgenen“ bezeichnet. Und das zu recht. Sie sind die Klammer, der Kitt gesellschaftlichen, sozialen, aber auch sportlichen Engagements. (mehr …)

  • Training und Bildung – ein gestörtes Verhältnis

    Ein Gastbeitrag von Prof. em. Dr. Albrecht Hummel

    Vorbemerkungen
    Training und Bildung werden – insbesondere in Deutschland – als ein Widerspruch in sich angesehen. Dafür gibt es zahllose Belege und verschiedene Gründe. Ein verbreitetes Verständnis vom Trainieren, aber teils auch vom Üben als geistloses, stupides Wiederholen einerseits und ein idealistisch überhöhtes, rein geistiges, elitäres Bildungsverständnis andererseits, haben dazu über Jahrzehnte hinweg ihren Beitrag geleistet. Trainieren und selbst Üben haben es schwer in der deutschen Schulpädagogik als bildungsrelevante Form von Lernen Anerkennung zu finden. Für Anhänger einer normativen Postulate-Pädagogik geisteswissenschaftlicher Provenienz grenzt die Vorstellung vom bildenden Trainieren vermutlich ans Absurde. Und für manch leistungsphysiologisch getrimmten Trainingswissenschaftler kann die enge Verbindung von Trainieren mit Lernen und das Verständnis von Trainierbarkeit, als Teil der übergreifenden Bildsamkeit des Menschen, als kategoriale Nestbeschmutzung oder Leistungsgefährdung verstanden werden. (mehr …)

  • „Staatlich anerkanntes Dopingopfer!“ – Zweifel sind angebracht

    Nachtrag

    Die folgenden Ausführungen hat uns in diesen Tagen Rüdiger Nickel mit der Bitte übermittelt, sie seinen drei Gastbeiträgen (Doping-Opfer-Hilfe ; Das Täter-Opfer-Syndrom; Himmel und Hölle) noch hinzuzufügen. Angesichts der Aktualität des Themas, der öffentlichen Diskussionen über diese Thematik und angesichts der Brisanz seiner Ausführungen kommen wir dieser Bitte gerne nach.

    Ein Gastbeitrag von Rüdiger Nickel

    Staatlich anerkanntes Dopingopfer: Ein neuer Status, ein neuer Titel? Aufmerksam habe ich in der Auseinandersetzung um die Unterscheidung zwischen Dopingtätern und Dopingopfern den Begriff des „staatlich anerkannten Dopingopfers“ ausfindig gemacht. So wirbt der Dopingopfer-Hilfe Verein mit seiner bisherigen Vorsitzenden Prof. Ines Geipel mit ihrer staatlichen Anerkennung als Dopingopfer. (mehr …)

  • Opa wird es richten

    Wie ist es, Großvater zu sein, wenn man als Vater immer zu wenig Zeit für seine Kinder hatte? Unser Autor, 79, holt mit den Enkeln viel nach.

    Ein Gastbeitrag von Michael Gernandt

    Einer dieser wunderbaren Tage im Herbst. Gleißendes Licht aus tiefstehender, immer noch behaglich milder Sonne; erwartungsfroh gestimmte Menschen am Rand des Hockey-Spielfelds. Ein Tag demnach, von dem die angenehmen Momente haften bleiben würden — wenn da nicht der Vorfall mit 14-jährigen Paula gewesen wäre. (mehr …)

  • Doping-Opfer-Hilfe – ein Steuerzahler stellt Fragen

    Ein Gastbeitrag von Rüdiger Nickel

    Es geht um Geld, um richtig viel Geld aus der Sicht eines Normalsterblichen, eines normalen Steuerzahlers: Um mehr als 6 Millionen €, wenn man dem Bericht der Bundesregierung zum Dopingopfer-Hilfegesetz (DOHG) folgt. Gelder, die anerkannten Dopingopfern als zusätzliche Entschädigung für erlittene erhebliche körperliche Beeinträchtigungen seit Inkrafttreten des DOHG als einmalige Zahlung gewährt worden sind.

    Genau waren es  bis zum 10. September 2018  6.226.500 € (nämlich für 593 von 806 gestellten  und bewilligten Anträgen à 10.500 €nach dem DOHG). Bis zu diesem Zeitpunkt wurden 73,8 % der gestellten Anträge positiv beschieden, nur 4,5 % abgelehnt. Die restlichen befinden sich noch in Bearbeitung (vgl. Antwort der Bundesregierung vom 24.09.2018 – Drucksache 19/4491). (mehr …)

  • Das Täter-Opfer-Syndrom beim Dopingbetrug

    Ein Gastbeitrag von Rüdiger Nickel

    Das Trauerspiel um die Ernennung des höchsten us-amerikanischen Richters, Brett Kavanaugh, rückt ein allseits bekanntes Phänomen wieder ins Bewusstsein. Das Phänomen des Täter-Opfer-Wechselspiels, das Spiel zwischen „good guy“, dem Opfer, und „bad guy“ (in diesem Falle „bad girls“), dem Bösen, dem Täter.

    Es ist jedoch nicht das bekannte Aufeinanderprallen diametraler Darstellungen – „er hat versucht, mich zu vergewaltigen“ und „ich doch nicht!“ Das ist normal. Immer wieder gibt es diejenigen, die Vorwürfe erheben, seien es Vorwürfe sexueller Gewalt oder des Missbrauchs Schutzbefohlener, und diejenigen, die diese Vorwürfe vehement bestreiten. Energisches Bestreiten ist tätertypisches Verhalten und das Recht eines jeden Beschuldigten. Aber Jemanden zu Unrecht zu beschuldigen, kommt leider oft genug auch vor, und ist genauso zu verurteilen wie der Missbrauch anderer, sei es körperlich, sei es sexuell, sei es psychisch. Wer bei diesem Wechselspiel der Gute, wer der Böse ist, lässt sich, wenn überhaupt, immer nur feststellen wenn die Vorwürfe abschließend aufgeklärt sind, zumal grundsätzlich bis zum Täternachweis die Unschuldsvermutung gilt. (mehr …)

  • Moral und Ethik im Sportsommer 2018

    Ein Gastbeirag von Ewald Walker

    Der Sport reproduziert bekanntlich Realität und Widersprüche einer sich schnell wandelnden Gesellschaft. Diese Zerrissenheit zeigt sich in fortschreitender Globalisierung bei gleichzeitiger Rückbesinnung auf die Region, bei Leistung und Qualität gegen Konsum und Spaß. Auf den Sport übertragen bedeutet das Event und Erlebnis statt Leistung und Wettkampf mit Sieg oder Niederlage. Leistungs- und Spitzensport haben stark an Glaubwürdigkeit und Akzeptanz verloren.

    Und dennoch hat dieser Sport ein spannendes Jahr erlebt. Handball-Europameisterschaft im Januar, Olympische Winterspiele in Pyeongchang. Im Sommer dann Fußball-WM in Russland, European Championships mit der Leichtathletik-EM in Berlin. Viele schöne und begeisternde Momente auch außerhalb des Olympiastadions auf der europäischen Meile rund um den Breitscheidplatz und der Gedächtniskirche. (mehr …)

  • Hymne und Hölle – Anmerkungen zu Christian Schenks Lebensbeichte

    Ein Gastbeirag von Rüdiger Nickel

    Christian Schenk war schon immer ein außergewöhnlicher Athlet: Seine Zehnkämpfe spiegelten eine Leichtigkeit wider, die alle Experten und Sportfans faszinierte und ihn schließlich zum Olympiasieg 1988 in Seoul brachte. Auch eine Bronzemedaille bei den Europameisterschaften 1990 und eine Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften 1991 sowie bereits der 2. Platz bei den Junioren-Europameisterschaften 1983 gehörten zu seinen großartigen Erfolgen. 1995 wurde er mit dem höchsten deutschen Athletenpreis ausgezeichnet, dem Rudolf-Harbig-Gedächtnispreis, der jedes Jahr nur einem Athleten verliehen wird, der sich durch außergewöhnliche sportliche Leistungen, aber auch durch Haltung und vorbildliches Handeln in besonderem Maße auszeichnet. Damit ist er in der Geschichte der Preisträger dieses seit 1950 vergebenen ewigen Wanderpokals – nach Horst Beyer (1972) und Guido Kratschmer (1981) – erst der dritte Zehnkämpfer, der diese Trophäe erhielt. Ein Preis, der beispielsweise dem Zehnkampf-Olympiasieger Willi Holdorf (1964), herausragender Athlet und Vorbild bis heute, verwehrt geblieben ist. (mehr …)

  • Otto Peltzer – ein herausragender Athlet und eine bemerkenswerte Persönlichkeit

    Ein Gastbeirag von Theo Rous

    Dr. Otto Peltzer (1900-1970), vielfacher Deutscher Meister, Olympiateilnehmer 1928 und 1932, Weltrekordler über 800 und 1500 m, KZ-Häftling

    Das Jahrhundertereignis

    „Alles ist wieder so nahe als sei es erst vor zwei oder drei Jahren gewesen. Vier Läufer sammelten sich am Start: Paavo Nurmi, der auf dieser 1500-m-Strecke Olympiasieger und der amtierende Weltrekordler war. Edwin Wide, der Schullehrer aus Schweden, der dessen und der anderen Finnen großer Gegner im 5000-m-Lauf war. Herbert Böcher, ein großes Talent, aber noch nicht ausgereift. Und schließlich Otto Peltzer, dessen Bestzeit in diesen letzten Augenblicken vor dem Start auf 3:58,6 Minuten stand.“ Dies schreibt fast ein halbes Jahrhundert später ein Augenzeuge, der Berliner Heinz Cavalier, Chefredakteur der Zeitschrift „Leichtathletik“, aus Anlass des 70.Geburtstages von Otto Peltzer. (mehr …)