„Staatlich anerkanntes Dopingopfer!“ – Zweifel sind angebracht

Nachtrag

Die folgenden Ausführungen hat uns in diesen Tagen Rüdiger Nickel mit der Bitte übermittelt, sie seinen drei Gastbeiträgen (Doping-Opfer-Hilfe ; Das Täter-Opfer-Syndrom; Himmel und Hölle) noch hinzuzufügen. Angesichts der Aktualität des Themas, der öffentlichen Diskussionen über diese Thematik und angesichts der Brisanz seiner Ausführungen kommen wir dieser Bitte gerne nach.

Ein Gastbeitrag von Rüdiger Nickel

Staatlich anerkanntes Dopingopfer: Ein neuer Status, ein neuer Titel? Aufmerksam habe ich in der Auseinandersetzung um die Unterscheidung zwischen Dopingtätern und Dopingopfern den Begriff des „staatlich anerkannten Dopingopfers“ ausfindig gemacht. So wirbt der Dopingopfer-Hilfe Verein mit seiner bisherigen Vorsitzenden Prof. Ines Geipel mit ihrer staatlichen Anerkennung als Dopingopfer.

Damit hat sie einen weiteren staatlichen Titel neben dem als Professorin für Deutsche Verssprache an einer Hochschule für Schauspielkunst – mit dem Lehrfach „zeitgenössische Puppenspielkunst“ erworben. Ihren Titel „Vorsitzende des Doping-Opfer-Hilfe-Vereins“, hat sie jüngst aufgegeben und der Titel „Vereinsstaffelweltrekordlerin“, den sie nach Bekanntwerden ihres eigenen Dopingkonsums, unter dem dieser „Weltrekord“ erzielt worden sein soll, zurückgegeben hat, wurde offiziell ja weder von der IAAF noch vom DLV geführt. Allgemein versteht man unter einem „staatlich Anerkannten“ jemanden, der eine Prüfung absolviert hat, die durch ein staatliches Amt anerkannt wurde. Im Fall Geipel stellt sich somit die Frage wer in Deutschland die Institution ist, die eine Person als „Dopingopfer“ anerkennt und das sogar noch im staatlichen Auftrag? Nach der Aufgabenzuweisung im 2. Dopingopfer-Hilfegesetz käme hier allenfalls das Bundesverwaltungsamt, der „zentrale Dienstleister des Bundes“ in Frage. Handelt es sich hierbei lediglich um die „Etikette“ oder immerhin die Praxis der Dopingopferanerkennung, Anerkennung mit Titel, ökonomisch und moralisch.

Allerdings wird dem BVA in diesem Gesetz lediglich die Aufgabe zugewiesen, über Anträge auf Entschädigung für Dopingopfer zu entscheiden und diese ggf. zu gewähren. Dass das BVA eine Anerkennungsbehörde ist mit dem Recht, bestimmten Personen den amtlichen Titel des „staatlich anerkannten Dopingopfers“ zu verleihen, ist in diesem Gesetz nicht ersichtlich. Das BVA kann lediglich einem Antrag auf Gewährung von Dopingopferentschädigung stattgeben, ohne dass begründete Zweifel vorliegen und eine Dopingopferentschädigung – von 10.500 € – gewähren. Wird somit von Geipel die Zubilligung einer Entschädigung „aufgehübscht“, um staatliche Anerkennung zu suggerieren?

Dem Opfer eines Verkehrsunfalles, so tragisch dieser auch ist, wird, wenn er die Klage auf Schadensersatz gegen den Schädiger oder die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung vor einem deutschen – staatlichen – Gericht gewinnt, auch nicht der Titel „staatlich anerkanntes Verkehrsopfer“ verliehen, mit dem er sich dann ausweisen kann.

Der Gesetzgeber hat im 2. DOHG dem Bundesverwaltungsamt nur die Befugnis eingeräumt, über gestellte Entschädigungsanträge zu entscheiden, diesen stattzugeben oder, wenn Zweifel bestehen, diese zurückzuweisen, nicht aber den Titel eines „staatlich anerkannten Dopingopfers“ zu verleihen.

Das Dopingopfer-Hilfegesetz (DOHG) birgt noch andere Überraschungen, die ans Eingemachte, ans Geld, aber auch an die Moral und die Grundfesten des Sportverständnisses sowie der historischen Aufarbeitung gehen.

Ganz im Verborgenen schlummert eine Antwort der Bundesregierung auf eine „kleine Anfrage mehrerer Bundestagsabgeordneten und einer Bundestagsfraktion vom 24. Sept. 2018 zu „möglichen Regelungslücken beim Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetz“. Hier wird auf die Fragen „Mit welchen Personen ist der Beirat gemäß § 5 des 2. DOHG besetzt?“, „Nach welchen Kriterien wurden die Beiratspersonen ausgewählt?“, „Wie häufig tagte der Beirat bisher?“ und „Mit wie vielen ‚zweifelhaften Fällen‘ hat sich der Beirat bisher beschäftigt?“ wie folgt geantwortet (im Wortlaut): „Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 DOHG 2 werden die Antragsunterlagen einem beim Bundesinnenministerium des Innern, für Bau und Heimat einzurichtenden Beirat vorgelegt, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung der finanziellen Hilfe zweifelhaft sind. Dies war bisher nicht der Fall. Ein Beirat wurde bislang nicht eingerichtet.“

Auf diese Antwort ist bislang keine Nachfrage erfolgt. Dem Eindruck, dass es sich bei dieser Antwort um eine „fake news“ handelt, möchte ich hier widersprechen. Die Antwort ist ernst gemeint und der offiziellen Drucksache 19/4491 der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages zu entnehmen. Und keiner hat nachgefragt, hat weitere Aufklärung begehrt. Auch nicht von den gesetzgeberischen Fachleuten, den Mitgliedern des Sportausschusses des Deutschen Bundestages.

Was ist aus dieser lapidaren Antwort der Bundesregierung für das Dopingopferhilfeentschädigungsverfahren zu schließen, immerhin ein Verfahren, in dem 13,6 Millionen € im Topf sind, von denen bis zum 24.9.2018 mehr als 6,2 Millionen zugesprochen und  verteilt wurden und nach den Vorstellungen des Dopingopfer-Hilfevereins (DOHV), der selbst ernannten Gewerkschaft der Dopingopfer, noch weitere rund 150 Millionen benötigt werden, um alle prognostizierten Dopingopfer nach dem DOHG zu entschädigen?

Zu schließen ist zum einen, dass wahrscheinlich alle abgelehnten Anträge – das sind immerhin rund 4,5 % der gestellten Anträge, also 36 Anträge (um je 10.500 €, entspricht 378.000 €) – rechtswidrig abgelehnt worden sind. Denn das DOHG sieht zwingend die Anhörung eines beim Bundesministerium des Inneren eingerichteten Beirats vor, wenn die Gewährung der finanziellen Hilfe „zweifelhaft“ ist (§ 5 Abs. 1 DOHG). Es ist zu unterstellen, dass Anträge, die abgelehnt wurden, zweifelhaft waren. Denn wären sie das nicht, wären also die Voraussetzungen für die Gewährung der finanziellen Hilfe nicht zweifelhaft, müsste dem Antrag stattgegeben werden. Die fehlende Anhörung des eingerichteten (nicht des einzurichtenden) Beirats macht die Ablehnung schlichtweg rechtswidrig. Denn die gesetzlich vorgesehene Einbeziehung von verschiedenen sachverständigen Anhörungspersonen dient nach dem Willen des Gesetzgebers dazu, zusätzlichen Sachverstand, aber auch deren Mitspracherecht in die Entscheidung mit einzubeziehen. Es handelt sich hierbei um ein institutionalisiertes Anhörungsrecht, auf dessen Gewährung jeder Antragsteller Anspruch hat. Der Beirat ist Ausdruck des verfassungsrechtlich geschützten Rechts eines jeden Antragstellers auf „rechtliches Gehör“. Dieser Beirat ist einzusetzen, unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt der Einrichtung schon konkreter Einzelfallbedarf besteht. Denn es handelt sich nicht um einen „Beirat on demand“, sondern um eine „Anhörung on demand“.

Hier ist also, wie sich aus der Antwort der Bundesregierung ergibt, die Exekutive der gesetzlichen Verpflichtung zur Einrichtung eines Beirates, der in Zweifelsfällen (hinzugezogen werden muss), schlichtweg nicht nachgekommen.

Entscheidungen, die unter Verletzung dieser gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungspflicht des eingerichteten Beirats zustande gekommen sind, sind verfahrensfehlerhaft und deswegen rechtswidrig und anfechtbar. Die fehlende Anhörung in Zweifelsfragen ist auch kausal, weil gerade die Anhörung auftretende Zweifel beseitigen oder bestätigen kann. Im Übrigen ist der Grundsatz des „rechtlichen Gehörs“ – verfassungsrechtlich geschützt.

Ob von Antragstellern, deren Anträge ohne Einschaltung des Beirates abgelehnt worden sind, Widerspruch oder gar Klage erhoben worden ist, ist nicht bekannt. Dies ergibt sich auch nicht aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage, auch deswegen nicht, weil offensichtlich danach nicht gefragt worden ist. Dies ist mehr als ein Ärgernis, denn das hätte sicherlich auch zur Überprüfungspflicht von Abgeordneten, Fraktionen und des Sportausschusses gehört.

Nach dem Gesetzeswortlaut ist der Beirat einzusetzen, unabhängig davon, ob im Einzelfall Zweifel vorliegen oder nicht. Wenn Zweifelsfälle auftreten, ist der schon eingerichtete Beirat einzubeziehen und anzuhören. Der Beirat ist kein Beratungsgremium für das BVA, sondern ein Anhörungsgremium, um dem Anspruch des Antragstellers auf „rechtliches Gehör“ Geltung zu verschaffen. Würde ein Beirat von demjenigen immer erst dann, und deswegen „fallbezogen“ eingesetzt und zusammengesetzt, bestünde die große Gefahr, dass der Beirat fallbezogen so personell zusammengesetzt wird, dass er die Auffassung des Antragsbescheiders stützt. Das ist das Gegenteil des „gesetzlichen Anhörungsbeirates“.

Kritisch hinzuzufügen ist, dass auch die Einsetzungsbefugnis des Bundesinnenministeriums selbst bereits problematisch ist, weil die Besetzungskompetenz damit gerade demjenigen eingeräumt wird, der letztlich über die Anträge zu entscheiden hat, nämlich der Exekutive. Also ein Verfahren, nach dem der Personenkreis, der dem Antragsteller Verfassungsrechte einräumen soll, von dem „Antragsgegner“ bestimmt wird, also die Exekutive (Bundesverwaltungsamt) sich die Personen selbst aussuchen kann, die das rechtliche Gehör des Antragstellers zur Geltung bringen sollen. Das allein ist schon „Selbstbeaufsichtigung“ und verstößt eklatant gegen das Gewaltenteilungsprinzip. Das ist ein gesetzgeberischer Fehler, den aber offensichtlich noch niemand moniert hat.

Neben den bis dahin noch nicht beschiedenen Anträgen waren es immerhin 73,5 % der gestellten Anträge, denen stattgegeben worden ist. Dies sind alles Fälle, in denen offensichtlich keine Zweifel aufgetreten sind. Denn sonst hätte ja der – nicht vorhandene und eingesetzte – Beirat hinzugezogen werden müssen. Zweifelsfälle kann es aber auch dann geben, wenn letztlich dem Antrag stattgegeben wurde, sich das Bundesverwaltungsamt also von der Berechtigung und dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen überzeugt hat – oder sich über die Bedenken/Zweifel, aus welchen Gründen auch immer – hinweggesetzt hat, vielleicht auch, weil es die Zweifel gar nicht mitbekommen hat, z.B. weil es den Beirat sachverständiger Personen nicht angehört hat oder – mangels Vorhandenseins – hat anhören können.

Bei diesen knapp Dreiviertel der gestellten Anträge, denen das Bundesverwaltungsamt – ohne Anhörung des gesetzlich vorgeschriebenen Beirates – stattgegeben hat, schnappt die „Zweifelsfalle“ zu. Aus dem Umstand, dass in all diesen Fällen das BVA keine Veranlassung sah, den Beirat einzuschalten oder zumindest einen solchen zur Anhörung zu installieren, muss der Schluss gezogen werden, dass es in keinem Fall „Zweifel“ erkannte. In allen bewilligten Entschädigungsanträgen drängen sich jedoch Zweifel auf, wenn man an Athleten denkt, denen im Kindes- und/oder Jugendalter Dopingmittel verabreicht wurden, die aber auch mit Erreichen des Erwachsenenalters den Dopingkonsum fortgesetzt haben. Ich gehe zunächst davon aus, dass zu dieser Gruppe die große Mehrheit der Antragsteller auf Dopingopferhilfe nach dem DOHG gehört. Zumindest gilt dies für das „staatlich anerkannte Dopingopfer“ Geipel. Sind Kinder und Jugendliche nicht einwilligungsfähig, ist deren Dopen stets als ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen einzustufen. Dies folgt bereits aus deren fehlender Einwilligungsfähigkeit. Anders jedoch verhält es sich bei den erwachsen gewordenen Athleten, die wissentlich und willentlich „etwas“ genommen haben, was ihnen vorgesetzt worden ist, ohne sich schlau zu machen, was sie da zu sich nehmen. Dass diese keinesfalls unwissend sind, wenn sie sich bewusst ihrer Informationsobliegenheit, die ihnen als Hochleistungssportler in Zeiten oblag, in denen das Phänomen der manipulierenden Leistungssteigerung durch Dopingsubstanzen bekannt war, nach dem Motto entzogen haben „was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“, wurde von mir bereits mehrfach offengelegt. Es sind die Zweifel, die bei der Notwendigkeit auftauchen. Nach dem DOHG muss nur nachgewiesen (bzw. wahrscheinlich gemacht) werden, dass „erhebliche körperliche Beeinträchtigungen“ auf dem Dopingkonsum und nicht auf anderen Ursachen beruht. Dies ist eine schwierige Bedingung. Wie kann nachgewiesen werden, dass der Schaden – auf den unwissend oder gegen den Willen erfolgten Dopingkonsum, also i.d.R. demjenigen im Kindes- oder Jugendalter, und nicht auf demjenigen im Erwachsenenalter, weil da meistens nicht unwissentlich oder gegen den Willen, sondern zumindest im stillschweigenden Einverständnis, zurückzuführen ist?

Die Erfüllung dieser zwingenden Voraussetzung für die Gewährung von Dopingopferhilfe ist vergleichbar mit dem Nachweis eines Rauchers, wenn er mit dem Rauchen bereits im Jugendalter angefangen und dies im Erwachsenenalter fortgesetzt hat. Sind das Krebsleiden oder andere schwere körperliche Beeinträchtigungen auf das „Jugendrauchen“ und nicht (auch) auf das „Erwachsenenrauchen“ zurückzuführen?

Ich gehe davon aus, dass diese Unterscheidung bei der Entscheidung über Entschädigungen überhaupt nicht thematisiert, sensibilisiert und geprüft worden ist. Dass dies überhaupt nicht beachtet geschweige denn überprüft worden ist, ist bereits in der Fragestellung an die begutachtenden Ärzte begründet. Denn die Nachweise müssen bei Antragstellung durch Vorlage eines ärztlichen Gutachtens erbracht werden, aus dem sich ergibt, dass die Voraussetzungen der Entschädigungsgewährung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfüllt sind. Hierfür gibt es sowohl Formularvordrucke für den Antrag auf finanzielle Hilfe als auch für das ärztliche Gutachten. In ersterem braucht lediglich per Kreuzchen angegeben zu werden, ob die Dopingsubstanzen „ohne mein Wissen“ oder „gegen meinen Willen“ verabreicht worden sind, ohne dies näher zu begründen oder darlegen zu müssen. In letzterem wird der Arzt lediglich gefragt, „welche der oben festgestellten erheblichen Gesundheitsschäden … mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (> 50 %) durch die Verabreichung von Dopingsubstanzen entstanden“ sind. Nicht gefragt – und deswegen auch nicht nachzuweisen ist, ob diese Beeinträchtigungen durch das Dopen gegen den Willen oder ohne Wissen entstanden sind. Im Übrigen wird der Arzt in diesem Formular auch insoweit in die „Irre“ geführt, als nach „erheblichen Gesundheitsschäden“ gefragt wird und diese zu attestieren hat. Verkannt wird dabei, dass nach dem DOHG nur erhebliche körperliche Gesundheitsschäden zur Entschädigung berechtigten, nicht dagegen erhebliche psychische Gesundheitsschäden. Man mag den Ausschluss psychischer Gesundheitsschäden von der Entschädigungspflicht bemängeln. Fakt ist aber, dass solche Gesundheitsschäden ausdrücklich keine Entschädigung rechtfertigen. Warum der Arzt im Formular dann aber undifferenziert nach allen – körperlichen und psychischen – Gesundheitsschäden gefragt wird, erschließt sich mir nicht, außer mit dem Argument der fehlerhaften Gesetzeskenntnis oder der Irreführung.

Ist also in den als Nachweis vorzulegenden ärztlichen Gutachten gar nicht nach dem nachzuweisenden Zusammenhang zwischen unwissentlichen/gegen den Willen erfolgtem Dopen und den schweren körperlichen Gesundheitsschäden gefragt, wie sollen dann die dadurch vorhandenen Zweifel an der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen, die die Anhörung des Beirates gesetzlich zwingend notwendig machen, entstehen können? In all diesen Fällen, in denen sich Zweifel an der Erbringung dieses Nachweises ergeben, wäre die Anhörung des Beirates zwingend notwendig. Erfolgt diese nicht, ist die Bewilligung der Entschädigung zumindest auch aus formalen Gründen rechtswidrig.

Mit dem Negieren von Zweifeln beim Nachweis der Voraussetzungen für die Gewährung von Entschädigungen für Dopingopfern könnte der Eindruck entstehen, dass möglichst vielen Hochleistungssportlern aus dem Sportsystem der ehemaligen DDR nicht nur ein Betrag von je 10.500 € zugebilligt werden soll, sondern sie dadurch, wenn sie auch wissentlich gedopt haben und dadurch mit Wissen und Willen am Sportbetrug beteiligt waren, aus dem Status des „Dopingtäters“ in denjenigen eines „staatlich anerkannten Dopingopfers“ geführt werden sollen. Denn wer mit Wissen und/oder Wollen gedopt in einen Wettkampf gegangen ist, hat all diejenigen, die regelkonform, also manipulationsfrei gestartet sind, betrogen. Er hat auch diejenigen betrogen, die er/sie aus der Startberechtigung (Teilnahme an internationalen Meisterschaften, Auslandsstarts) herausmanövriert hat. Das soll das Leid derjenigen, die durch Doping Schäden davon getragen haben, seien es körperliche, seien es psychische, seien es beide, nicht schmälern oder verharmlosen. Auch durch Alkohol- oder Drogenkonsum erheblich Geschädigte bedürfen in einem Sozialstaat, auf den wir stolz sein können, unserer Hilfe.


Über den Autor.
Rüdiger Nickel (73), Hanau, aktiver Mittelstreckler und deutscher Juniorenmeister, später Jugendwart, ab 1989 Anti-Doping-Beauftragter und schließlich als Sportwart und Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Leichtathletik-Verbandes in mehreren Positionen bis 2004 ehrenamtlich tätig. Aufgrund der Übernahme sportpolitischer Verantwortung für das schlechte Abschneiden bei den Weltmeisterschaften 2003 und den Olympischen Spielen 2004 in Athen trat er von sämtlichen leistungssportlichen Verbandsfunktionen zurück. Als einer der ersten Anti-Doping-Beauftragten eines Sportfachverbandes begleitete und gestaltete er – unter seinem Verbandspräsidenten Prof. Dr. Helmut Digel, dessen Wegbegleiter er zusammen mit dem DLV-Vizepräsidenten Theo Rous er war – die Zeit der Wende, insbesondere der Zusammenführung zweier Leistungssportsysteme mit der Integration von Athleten, Trainern und Funktionären. Seine hauptberufliche Tätigkeit als Jurist – Rechtsanwalt und Notar in eigener Familienkanzlei – kam ihm insbesondere im Kampf gegen Doping zustatten. Der gebürtige Berliner lebt nach wie vor in Hanau und ist dort beruflich in seiner Rechtsanwalts- und Notarkanzlei tätig.