Sport als Medium des politischen Protests

Dass die Politik den Sport für verschiedenste Zwecke benutzt ist längst zu einer Selbstverständlichkeit geworden. In Diktaturen wird der Sport wie selbstverständlich für die autoritären Interessen der Mächtigen eingesetzt. In jungen Nationen ist es beliebt den Sport als Medium der nationalen Repräsentation zu nutzen. Zur Zeit des Kalten Krieges sollten ganze Gesellschaftssysteme in ihrer Leistungsfähigkeit mittels sportlicher Erfolge dargestellt werden und betrachtet man die Agenda westlicher Parlamente und Regierungen, so kann man erkennen, dass der Sport mittlerweile als multifunktionale Waffe für nahezu jedes gesellschaftliche Problem eingesetzt wird. Weniger selbstverständlich ist es, wenn der Sport selbst zu einem Vehikel politischer Interessen wird und Athleten sich des Mediums Hochleistungssport bedienen, um politische Verhältnisse und Entwicklungen in Frage zu stellen. Der Sport erweist sich dabei als eine geeignete öffentliche Bühne, die politisch und massenmedial zur Kenntnis genommen wird und auf der deshalb Botschaften in einer Reichweite artikuliert werden können, wie dies sonst selten der Fall ist.

In jüngster Zeit war es vor allem der US-amerikanische Footballsport, in dem einmal mehr die Möglichkeiten eines politischen Protestes erprobt wurden. Am 26.08.2016 weigerte sich Footballspieler Colin Kaepernick vor dem Spiel seiner San Francisco 49ers bei der Nationalhymne aufzustehen und mitzusingen. Nachdem Wochen zuvor mehrere Schwarze von US-Polizisten erschossen wurden, war es die Absicht von Kaepernick mit seiner Verweigerung auf die nach wie vor existierende Unterdrückung farbiger Menschen hinzuweisen. „Ich stehe nicht auf, um Stolz auf eine Flagge für ein Land zu zeigen, das schwarze und farbige Menschen unterdrückt.“ Der damalige republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump legte dem Spieler daraufhin nahe, das Land zu verlassen. Der noch amtierende US-Präsident Barack Obama von den Demokraten hingegen zeigte Verständnis für sein Verhalten. In der NFL hatte sich Kaepernick mit seinem Verhalten isoliert. Die Polizeigewerkschaft von San Francisco drohte, keinen Dienst mehr im Stadion der 49ers zu verrichten, sollte Kaepernick nicht bestraft werden. In gegnerischen Stadien wurde er ausgebuht. Viele Fans blieben den NFL-Spielen fern. Gleichzeitig gab es aber auch Solidarisierungsaktionen mit Kaepernick. Kaepernick, der aus Respekt vor dem Militär seinen Protest änderte und nur noch auf die Knie ging, kündigte an, dass er von nun an auch bei anderen Spielen seiner Mannschaft sitzen bleiben werde, bis es einen erheblichen Wandel in seinem Heimatland gibt. Dies führte zu einer Auseinandersetzung mit ESPN – dem wichtigsten Sportsender der Vereinigten Staaten – und nach einer enttäuschenden Saison verließ Kaepernick die 49ers. Daraufhin fand er jedoch keinen neuen Verein mehr, was viele Experten für ungerechtfertigt hielten und in einen Zusammenhang mit seinem Protest brachten. Seine Protestgeste zeigt jedoch Wirkung, denn auch in der folgenden Saison blieben mehrere NFL-Profis während der Hymne sitzen. Andere knieten oder hoben ihre Faust. Wieder andere stellten sich in die Nähe ihrer protestierenden Teamkollegen oder legten ihre Hand auf ihre Schultern, um ein Zeichen ihrer Solidarität zu senden. Zum massenmedial relevanten Skandal wurde Kaepernicks Protestgeste erst ein Jahr später, als sich Trump noch einmal zu Wort meldete und die Debatte um den Sportlerprotest anheizte. Trump – nun in der Funktion des Präsidenten der Vereinigten Staaten – bezeichnete Kaepernick als einen „Hurensohn“ und forderte die Teambesitzer auf, Athleten, die die Hymne nicht würdigen, sofort zu entlassen. Die Fans rief er zum Boykott auf. Dies wiederum führte zur Solidarisierung vieler Profispieler. Trainer und Teambesitzer empörten sich über die Äußerungen des Präsidenten und warfen Trump vor, Rassenspannungen anzuheizen. NFL-Star Tom Brady solidarisierte sich Arm in Arm stehend mit den protestierenden Spielern. In Detroit erhoben mehrere afroamerikanische Spieler die Faust in Anlehnung an den „Black Power Gruß“ während der Olympischen Spiele 1968. Offiziell betonten der Präsident und seine Regierung, dass es sich bei seiner Kritik um Patriotismus und nicht um Rassismus handelt. Im Kontext seiner übrigen Äußerungen zu Ethnien und Rassen wurde jedoch sehr schnell klar, wie berechtigt der Protest der afroamerikanischen Athleten gewesen ist und welch fragwürdige Rolle der Rassismus in der Politik der Republikaner unter Trump spielt.

Das wohl jüngste Beispiel des politischen Protests auf sportlicher Bühne lieferte der israelische Judoka Tal Flicker beim Grand Slam in Abu Dhabi. Allerdings stellte sich dieser Protest als unmittelbare Reaktion auf die Instrumentalisierung des Sports für die internationale Politik dar. Die Vorgeschichte: Die Sportler des israelischen Verbandes durften auf Geheiß der Veranstalter in Abu Dhabi nur unter der Auflage antreten, keine Landessymbole wie eine Flagge auf ihren Anzügen zu tragen. Außerdem durfte die Nationalhymne Israels nicht gespielt werden. Zum Eklat kam es erst, als bei der Verleihung der Goldmedaille an den israelischen Judoka Tal Flicker dann tatsächlich anstatt der israelischen Nationalhymne die Hymne des Weltverbandes abgespielt wurde. Aus Protest sang Flicker – deutlich zu erkennen für alle Zuschauer – dennoch die Nationalhymne seines Landes und lenkte so die Aufmerksamkeit auf diesen besonderen Fall von Diskriminierung eines nationalen Sportverbandes innerhalb einer großen internationalen Sportveranstaltung. Insbesondere der internationale Judoverband (IJF) stand in der Folge in der Kritik, der das diskriminierende Vorgehen der Veranstalter nicht nur duldete, sondern offensichtlich mittrug. So informierte der IJF damals auf seiner Internetseite mit Texten, Fotos und einem Ergebnisteil über den „Grand Slam“ in Abu Dhabi. Bei der Auflistung der Medaillengewinner wurde die Nationalität der jeweiligen Sieger per Kürzel mitangegeben – außer bei Tal Flicker, bei dem statt des Kürzels „ISR“ für Israel das Kürzel „IJF“ für den internationalen Judoverband angegeben wurde, um seine Nationalität zu verbergen. Ein Vorfall mit großer (sport)politischer Brisanz, der in der Öffentlichkeit jedoch alsbald wieder in Vergessenheit geraten sollte.

Werfen wir einen Blick auf die jüngere olympische Geschichte, so können wir erkennen, dass es immer wieder politische Umstände gab, die Sportler veranlassten, in den Arenen des Sports ihren politischen Protest zum Ausdruck zu bringen. Im Jahr 1906 war es der irische Silbermedaillengewinner im Weitsprung, Peter O’Connor, der bei den Olympischen Zwischenspielen in Athen einen Fahnenmast erklomm und die irische Flagge schwenkte, um gegen die Bestimmung zu protestieren, dass er unter britischer Fahne hatte antreten müssen.

1968 war es der Black Power Protest, der bei den Olympischen Spielen in Mexico weltweite Aufmerksamkeit hervorrief. Die afroamerikanischen Sprinter Tommie Smith und John Carlos protestierten während der Siegerehrung des 200m-Laufes der Herren mit erhobener Faust, die mit einem schwarzen Handschuh bekleidet war. Sie senkten dabei ihre Köpfe, um ihre Trauer und ihre Empörung über die Unterdrückung und Benachteiligung von Schwarzen in den Vereinigten Staaten von Amerika zum Ausdruck zu bringen. Die Geste wurde als Black Power Geste gedeutet, doch Tommie Smith wies in seiner Autobiografie darauf hin, dass der Gruß nicht der Black Power Gruß sei, sondern ein Gruß für die allgemeinen Menschenrechte. Smith trug ein schwarzes Tuch um den Hals, um zu symbolisieren, wie stolz er ist, Schwarzer zu sein. Carlos trug die Trainingsjacke offen, um seine Solidarität mit den „blue collar workers“, den Arbeitnehmern zu symbolisieren. Außerdem trug er eine Kette, um an diejenigen zu erinnern, die gelyncht und anderswo ermordet wurden. Er wollte auch an diejenigen erinnern, für die niemand betet, an die nie gedacht wurde und für die, die man auf dem Weg nach Amerika über Bord geworfen hatte. Dem Protest ging eine Diskussion im amerikanischen Hochleistungssport voraus, ob die Olympischen Spiele zu boykottieren sind. Der Soziologe Harry Edwards, Gründer des Olympic Project for Human Rights (OPHR) hatte schwarze Athleten dazu gedrängt, an den Olympischen Spielen nicht teilzunehmen. Carlos und Smith entschieden sich für ihren eigenen Weg, der jedoch folgenreich war. Die beiden Leichtathleten wurden vom US-Verband aus dem Olympischen Dorf verwiesen, aus dem Nationalkader ausgeschlossen und mussten auf Fördergelder verzichten. Erst Jahrzehnte später wurden sie rehabilitiert und ihr Protest als Beitrag zur Gleichberechtigung anerkannt. Das vom Fotojournalisten John Dominis geschossene Foto der Athleten wurde in aller Welt veröffentlicht und gilt bis heute als eine beispiellose Ikone für die amerikanische Bürgerrechtsbewegung.

Ähnlich spektakulär wie der Black Power Protest in Mexico wurde die Kriegsdienstverweigerung von Muhammad Ali 1967 in der massenmedialen Öffentlichkeit wahrgenommen. Er verweigerte den Kriegsdienst in Vietnam, nachdem er zuvor zum Islam konvertiert war. Er sah sich von nun an als Priester der „Nation of Islam“. Als Priester dieser Institution durfte man seiner Meinung nach keinen Militärdienst leisten, er lehnte auch alle anderen angebotenen Alternativen ab. Die New York State Athletic Commission entzog ihm die Boxlizenz, sein Weltmeistertitel wurde ihm aberkannt. Er erhielt eine Haftstrafe, blieb aber gegen Kaution auf freiem Fuß. Viele Jahre durfte er weder im Ausland noch in den USA boxen. Erst im September 1970 erhielt er seine Lizenz zurück. 1971 entschied der Supreme Court, dass Ali aus Gewissensgründen von der Wehrpflicht hätte befreit werden müssen und hob das Gerichtsurteil auf. Muhammad Ali hatte seinen Protest nicht bewusst als politische Demonstration inszeniert, dennoch versetzte er mit seiner Verweigerung des Kriegsdienstes große Teile der amerikanischen Gesellschaft in Aufruhr. Kurzzeitig wurde er als Ikone der schwarzen Protestbewegung und des afroamerikanischen Kampfes gegen das weiße Establishment gefeiert.

In der Tradition des Black Power Protests von 1968 ereignete sich auch der stille Protest von Vince Matthews und Wayne Collett bei den Olympischen Spielen in München 1972. Matthews und Collett hatten Gold und Silber im 400m-Lauf gewonnen. Bei der Siegerehrung verweigerten die Athleten ihren Respekt gegenüber der US-amerikanischen Flagge, zeigten ihr den Rücken und verhielten sich auffallend desinteressiert. Für sie war es ein stiller Protest gegen die Diskriminierung der Afroamerikaner in den USA. Ihre Protestaktion hatte zur Folge, dass sie für zukünftige Olympische Spiele gesperrt wurden.

Proteste gegen Rassendiskriminierung, das zeigen die bislang erwähnten Beispiele, haben mittlerweile bei Sportveranstaltungen eine gewisse Tradition. Proteste gegen Diktaturen hingegen konnten bislang nur selten beobachtet werden. 1978 bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Argentinien gab es mehrere Versuche gegen die fort herrschende Militärdiktatur zu protestieren. Der einzig öffentlich sichtbare Protest war das schwarze Band am unteren Ende der Torstangen. In Gedenken an die vielen verschwundenen und ermordeten Personen strichen die Platzwarte die Torstangen am unteren Ende schwarz an. Den Generälen gegenüber erklärten sie die schwarzen Bänder als traditionelle Bemalung. Argentiniens Fußballtrainer César Luis Menotti und die Spieler des Finalteilnehmers und Vizeweltmeisters Niederlande verweigerten dem argentinischen Diktator Jorge Rafael Videla und den Mitgliedern der Militärjunta den Handschlag. Derartige Protesthandlungen gab es immer wieder, wenn sportliche Großveranstaltungen in Diktaturen ausgerichtet wurden. Teilweise wurden sie aber von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen und waren meist sie folgenlos.

Auch bei den Olympischen Spielen von Peking im Jahr 2008 gab es verschiedene Proteste gegen die kommunistische Parteidiktatur, wie sie in China anzutreffen ist. Meist waren es jedoch nur einzelne Athleten, die ihren Protest in Interviews zum Ausdruck gebracht hatten. Die chinesische Tibetpolitik wurde dabei in Frage gestellt und verschiedene Menschenrechtsverletzungen angeprangert.

An diesen Beispielen und an den Beispielen im Umfeld der Olympischen Spiele von Sotschi wird aber auch klar, dass die Grenze einer Inanspruchnahme des Sports durch Politik und der umgekehrten Inanspruchnahme der Politik durch den Sport oft sehr fließend ist. Dies wird vor allem auch dann deutlich, wenn wir einen kurzen Blick auf die bislang beobachtbaren Versuche zum Boykott der Olympischen Spiele werfen.

Bei den Olympischen Sommerspielen in Melbourne 1956 verzichteten gleich drei verschiedene Nationenblöcke aus unterschiedlichsten Gründen an den Wettkämpfen teilzunehmen. Die Suezkrise und die darauf folgende Invasion Großbritanniens, Frankreichs und Israels auf der Sinaihalbinsel machten die Beteiligung von Ägypten, Irak und dem Libanon unmöglich. Niederlande, Spanien und die Schweiz blieben den Spielen aus Protest gegen die Invasion der UdSSR in Ungarn fern. Das besetzte Land selbst zog dabei keinen Boykott in Erwägung. Allerdings verzichteten einige Sportler darauf unter der Flagge der Volksrepublik Ungarn anzutreten. Stattdessen schwenkten sie die ungarische Flagge aus dem Jahr 1918. Nach den Olympischen Spielen von Melbourne beschlossen einige ungarische Athleten aus Protest nicht in die Heimat zurückzukehren. Schließlich boykottierte die Volksrepublik China die Spiele von Australien mit einem Einzelboykott, nachdem die Nationalmannschaft von Taiwan zu den Wettkämpfen eingeladen worden war.

Bei den Olympischen Spielen von Tokio 1964 wurden drei Nationen aus sehr unterschiedlichen Gründen ferngehalten. Indonesien wurde für den Ausschluss Israels und Taiwans von den Asienspielen 1962 bestraft. Das Internationale Olympische Komitee verurteilte jenen skandalösen Beschluss und entmachtete das Olympische Komitee Indonesiens. Als Reaktion darauf verließ das Land die Olympische Bewegung und veranstaltete einen Alternativwettbewerb und zwar die „Spiele der neuen aufstrebenden Kräfte“ (GANEFO – Games of the New Emerging Forces). Daraufhin erklärte das IOC sämtliche GANEFO-Teilnehmer zu unerwünschten Personen bei den Olympischen Spielen in Tokio. Zwölf Indonesier und sechs Koreaner wurden gesperrt. Aus Protest beschlossen Nordkorea und Jakarta ihre Athleten nicht nach Japan zu entsenden.

Die Republik Südafrika wurde wegen ihrer Apartheit-Politik sanktioniert. Das IOC verurteilte darüber hinaus die lebenslange Gefängnisstrafe für den Führer des afrikanischen Nationalkongresses Nelson Mandela. Das südafrikanische NOK wurde 1970 vom IOC ausgeschlossen. Erst 1992 wurde das Land wieder in die Olympische Bewegung aufgenommen.

Die Spiele von Montreal 1976 waren ebenfalls sogenannte Boykott-Spiele. Die Apartheits-Politik Südafrikas hatte dazu geführt, dass ihre Sportorganisation aus den Weltsportverbänden ausgeschlossen wurde. 1976 bei den Spielen in Montreal boykottierten 26 afrikanische Teams die Olympischen Spiele, weil Neuseeland vorher durch ein Rugbymatch in Südafrika den Sportbann gebrochen hatte und trotz Proteste der afrikanischen Staaten an den Spielen teilnehmen durfte. Die Spiele von Montreal kamen einem Schlüsselmoment gleich, denn mit diesem Ausschluss und mit diesem Boykott wurde das Problem von solchen Diskriminierungen weltweit diskutiert und führte letztendlich zur Abschaffung der Apartheit.

Anders ausgerichtet waren die Boykottbemühungen um die Spiele in Moskau 1980 und Los Angeles 1984. Die Spiele von Moskau wurden von den USA und 40 weiteren Staaten boykottiert, aus Protest gegen den Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan im Jahr zuvor. Die Sowjetunion reagierte ihrerseits auf solche Aktionen mit dem Boykott der Spiele in Los Angeles. Weitere osteuropäische Staaten unterstützten diesen Boykott.

Bei den Spielen in Seoul 1988 weigerte sich Nordkorea seine Mannschaft ins Nachbarland zu schicken, weil das Organisationkomitee abgelehnt hatte, einige Wettkämpfe in Nordkorea austragen zu lassen. Südkorea begründete den abschlägigen Bescheid mit dem Kriegszustand zwischen den beiden Ländern. Den Standpunkt Nordkoreas unterstützten Kuba, Nicaragua und Äthiopien, die deshalb ebenfalls den Olympischen Spielen von Seoul fernblieben.

Schließlich sind noch die Spiele von Sydney im Jahr 2000 zu erwähnen. Dort wurde Afghanistan die Teilnahme durch die Taliban verweigert. Die Taliban hatten den olympischen Sport verpönt, das NOK abgeschafft und die IOC-Einladung abgelehnt.

Aus der Sicht betroffener Athletinnen und Athleten ist die olympische Boykottgeschichte eher eine Trauer- als eine Erfolgsgeschichte. Völlig wirkungslos waren die Boykotte jedoch nicht. Oft haben sie unbeabsichtigte Wirkungen und oft wurde auch nicht jenes erreicht, was intendiert wurde. Die Proteste mittels Sport und gegen den Sport bringen jedoch nachdrücklich zum Ausdruck, dass es einen unpolitischen Sport nicht gibt. Gewiss gibt es noch viele, die an die Mär des unpolitischen Sports glauben, doch nahezu allen dürfte bewusst sein, dass der Sport in jeder Hinsicht politische Implikationen aufweist und das sportliches Handeln ohne eine direkte Beziehung zum Politiksystem undenkbar ist. Dabei muss jedoch auch klar sein, dass Sport nicht Politik ist und Politik nicht Sport. Und es ist durchaus sinnvoll, die beiden Sphären sorgfältig voneinander abzugrenzen und sie auch entsprechend zu unterscheiden. Sportfunktionäre, Athletinnen und Athleten, Trainerinnen und Trainer, die Sportorganisationen, die Sportveranstaltungen haben nicht die ureigenen Aufgaben der Politik zu erfüllen. Deren Aufgabe ist es vielmehr, faire und chancengerechte Wettkämpfe für möglichst viele Athletinnen und Athleten zu gewährleisten und den Zugang zu den Sportveranstaltungen für alle Sportler offen zu halten, die sich nach den Regeln des Sports qualifiziert haben.  Nur so lässt man die interkulturellen Möglichkeiten des Sports möglichst optimal zum Tragen kommen. Die Athletinnen und Athleten dürfen dabei durchaus, ebenso wie die Funktionärinnen und Funktionäre, ihre eigenen Überzeugungen haben. Sie sollten distanzierte aber auch kritische Beobachter der politischen Entwicklungen in der Welt sein. Doch es ist nicht vorrangig ihre Aufgabe politische Themen zum Inhalt der Kommunikation in den Sportorganisationen zu machen. Vielmehr ist eine sinnvolle Arbeitsteilung angebracht. Aus den Kreisen der Athletinnen und Athleten wird zu Recht angemahnt, dass die Politiker lautstark Boykottempfehlungen an sie herantragen und dabei lediglich von ihren eigenen politischen Versäumnissen ablenken. Der Sport ist gut beraten, sich nicht zugunsten derart politischer Ersatzhandlungen instrumentalisieren zu lassen.

Verfasst: 23.01.2018