Kommunikationsdefizite im Wissenschaftlichen Verbundsystem Leistungssport

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Manfred Muckenhaupt


Vorbemerkung

Die Studie, von der im folgenden Beitrag die Rede ist, wurde von Prof. Dr. Manfred Muckenhaupt und seinem Forschungsteam bereits vor zehn Jahren durchgeführt. Der Wissensaustausch im deutschen Hochleistungssport hatte sich dabei vor allem auch im Vergleich mit anderen Ländern als besonders verbesserungswürdig herausgestellt. Die Studie mündete in zahlreichen Verbesserungsvorschlägen. Betrachten wir etwas mehr als zehn Jahre danach die Situation der Wissenskommunikation im deutschen Hochleistungssport, so müssen wir erkennen, dass sich nur wenig verändert hat und die Forderungen von damals die Forderungen von heute sein müssen. Die Lektüre des Beitrags kann deshalb allen Verantwortlichen, ob ehrenamtlich oder hauptamtlich im System des Hochleistungssports tätig, dringend empfohlen werden.

Helmut Digel


Abstract

Verschläft der deutsche Hochleistungssport den Anschluss an das internationale Wissensmanagement? Diese Frage provozieren die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Wissensmanagement im Wissenschaftlichen Verbundsystem Leistungssport“. Das Projekt ist Teil einer Reihe von Forschungsvorhaben zur Umsetzung des langfristigen strategischen Forschungsprogramms für das Wissenschaftliche Verbundsystem (Forschungsprogramm WVL) und wurde von 2009 bis 2011 durchgeführt. Weiterlesen

Sportregeln – Welche Regeln lassen sich unterscheiden

In der Sportwissenschaft weist die Verwendung des Begriffes „Regel“ auf ein terminologisches Problem hin. Es gibt den Gebrauch eines engen Regelbegriffs, der sich lediglich auf die kodifizierten Sportartenregeln bzw. Sportregeln bezieht, und es gibt den Gebrauch eines weiten Regelbegriffs, der sich auch auf moralische Regeln bezieht und darüber hinaus alle Regeln des Sports, die auf sozialen Konventionen beruhen, miteinbezieht. Weiterlesen

Doping als Verbandsproblem

Beobachtungszeiraum 1988 – 1995
Vorbemerkung

Das Dopingproblem ist Ausdruck einer moralischen Krise in unserer Gesellschaft, von der viele Bereiche betroffen sind. Das Sportsystem, und hierbei vor allem der Spitzensport, bilden dabei wohl jenes Teilsystem in unserer Gesellschaft, das von dieser moralischen Krise am intensivsten erfasst ist. Dabei ist die Legitimation des Spitzensports in mehrfacher Hinsicht in Frage gestellt. Unter ethisch-moralischen Gesichtspunkten stehen Doping und Gewalt im Sport, ungerechte Belohnungssysteme und eine zunehmende Aufkündigung traditioneller sozialer Strukturen in Widerspruch zum selbst erhobenen Anspruch, ein System des Fair Play zu repräsentieren. Unter ökonomischen Gesichts­punkten stellt sich die Frage nach der Finanzierbarkeit des Spitzensports, nach­dem sich der Sport in eine indirekte Abhängigkeit zur Wirtschaft, zu den Medien und zum Staat begeben hat. Unter organisatorischen Gesichtspunkten stellt sich die Frage nach der Einheit des Sports. Es wird somit gefragt, inwieweit eine auf Breitensport ausgelegte Basis organisatorisch mit dem Spitzensport verknüpft bleiben kann. Die Diskussion über diese Krise wird zumeist über deren massenmediale Repräsentation geprägt. Weiterlesen

Citius, altius, fortius – wohin treibt der olympische Spitzensport?

Der moderne Hochleistungssport zeichnet sich durch eine schillernde Bedeutungsvielfalt aus. Ob Staat oder Wirtschaft, ob Kirchen oder Gewerkschaften, ob Kunst oder Musik, ob Massenmedien oder private Kommunikation, in allen Bereichen unserer Gesellschaft lässt sich ein mehr oder weniger intensiver Bezug zum Hochleistungssport beobachten. Im Olympiajahr 1996 rückte er ganz besonders ins Interesse der Öffentlichkeit. 1996 war kein normales Olympiajahr. Die Olympischen Spiele der Neuzeit feierten Jubiläum: 100 Jahre zuvor hatte Baron Pierre de Coubertin die Olympischen Spiele der Neuzeit in Athen ins Leben gerufen. Solche Anlässe legen Nachdenklichkeit, aktuelle Analyse und Vorausschau nahe. Die modernen Olympischen Spiele sind nunmehr 122 Jahre alt, und es stellt sich die Frage: Wie lange werden sie noch leben? Weiterlesen

Wissenschaft und Hochleistungssport

Wissenschaft und Hochleistungssport – ein problembehaftetes Verhältnis

Wissenschaftler, die sich mit Fragen des Sports beschäftigen, haben in diesen Tagen Konjunktur. Ihr Einfluss ist größer denn je. Die Beratungsleistungen, die Wissenschaftler in den nationalen Systemen des Sports erbringen, werden als zunehmend bedeutsamer eingeschätzt. Wissenschaftliche Dienstleistungen werden vermehrt nachgefragt und in der öffentlichen Meinung werden sportliche Leistungen immer öfter auch auf die Beratungsleistungen von Wissenschaftlern zurückgeführt. Damit geht einher, dass bestimmten Institutionen der Wissenschaft immer größere Bedeutung zu kommt. Dies gilt vor allem für zentrale, nationale sportwissenschaftliche Einrichtungen, die sich der direkten Beratung von Verbänden, Mannschaften und Athleten verpflichtet haben. Fast alle erfolgreichen Nationen im olympischen Leistungssport weisen solche zentralen Einrichtungen auf und in fast allen Schwellenländern wird auf die Einrichtung solch sportwissenschaftlicher Institutionen gesetzt, um auf diese Weise den Anschluss an die Weltspitze zu schaffen. Weiterlesen

Intersexualität und Hochleistungssport

Für Politiker und Funktionäre des Sports ist die Aussage, dass der Sport ein Spiegel der Gesellschaft sei, längst zum geflügelten Wort geworden. Ohne Zweifel trifft es zu, dass sich in der Welt des Sports manches Problem unserer Gesellschaft widerspiegelt  und umgekehrt der Sport mit seinen Problemen auf die Gesellschaft einwirkt. Mit mancher Veränderung in unserer Gesellschaft scheint sich jedoch der Sport auch schwer zu tun. Er kann dann gar nicht oder erst in zeitlicher Verzögerung darauf reagieren, oft weiß er auch gar nicht, wie er mit solchen Veränderungen umgehen soll. Die Geschlechterfrage scheint ein derartiges Problem zu sein. Weiterlesen

Zur Partnerschaft zwischen Hochleistungssport, Ausbildung und Beruf

Der moderne Hochleistungssport hatte und hat herausragende Vorbilder hervorgebracht, die für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft, in der das Leistungsprinzip eine zentrale Rolle spielt, in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden sollten. Ein Fechter wurde Olympiasieger, studierte während seiner Spitzensportkarriere sehr erfolgreich Jura, promovierte in dieser Disziplin, gründete eine Anwaltskanzlei, wurde Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes und erst Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees, dann dessen Präsident. Ein 3000m-Hindernis-Läufer errang den Europameistertitel als er sich in seiner Facharztausbildung befand und nach Beendigung seiner Karriere wurde er Klinikchef und einer der erfolgreichsten Orthopäden Deutschlands. Weiterlesen

Das Dopingproblem und die Verantwortung der Wissenschaften

Doping- und Medikamentenmissbrauch hängen eng zusammen und beide haben eine lange Geschichte. Doping findet in den regelgeleiteten Sportarten des Hochleistungssports statt und ist als ein Verstoß gegen die in den jeweiligen Sportarten weltweit geltenden und kodifizierten Regeln zu definieren. Medikamentenmissbrauch zeichnet sich dadurch aus, dass Medikamente nicht zu dem vorgesehenen Zweck, nämlich zur Heilung von Krankheiten benutzt werden. Weiterlesen

Der Beitrag der Wissenschaften für Coaching Tätigkeiten im Sport

Die Performanz der Athleten in den olympischen Sportarten ist ohne die Hilfe Dritter heute kaum noch denkbar. Nur in seltenen Fällen gibt es im Bereich des Hochleistungssports noch das Phänomen des Selbstcoaching. Athleten verzichten dabei in der Vorbereitung, Durchführung und Evaluierung ihrer sportlichen Höchstleistung auf jegliche Hilfe durch dritte Personen. Die sportliche Höchstleistung ist also ausschließlich ihre Eigenleistung. Aktions- und Präsentationsleistung sind in der Person des Athleten verschmolzen. Der Athlet ist der alleinige Meister seines Erfolges. Weiterlesen

Inklusion und fairer Wettbewerb

Die Themen Inklusion und Fair Play im Sport nehmen im ethischen Diskurs moderner Gesellschaften zu Recht einen besonderen Platz ein. Für das Fair Play-Gebot gilt dies vor allem deshalb, weil massenhafte Betrugsversuche mittels medikamentöser Manipulation die ethische Grundlage des Sports zunehmend in Frage gestellt haben. Die Herstellung einer inklusiven Gesellschaft ist für jede moderne Gesellschaft eine besondere Herausforderung, und sie geht weit über den Schul- und Bildungsbereich hinaus. Heute sind vor allem die Inklusionsfelder der sexuellen Identität und der Behinderung gefragt. Die Inklusion Behinderter wurde zu einem politischen Megathema, ohne dass sich die Politik dabei bewusst ist, dass es auch einen positiven Begriff von Ungleichheit gibt. Viele Inklusionsbemühungen erweisen sich deshalb sehr schnell als wenig hilfreich und in Bezug auf das zu fördernde Leistungsvermögen der Individuen stellt sich immer wieder heraus, dass nicht jeder das kann, was andere können. Christian Geyer hat deshalb zu Recht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung darauf hingewiesen, dass nicht jeder Unterschied als Ungleichheit zu deuten, und nicht jede Ungleichheit eine Ungerechtigkeit ist. Weiterlesen

Intersexualität im Sport – zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Das Frauenfinale im 800m-Lauf bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin hatte in einer äußerst bedauerlichen Weise weltweite Aufmerksamkeit erreichen können. Die außergewöhnliche Leistung der jungen Siegerin wurde durch ihre Gegnerinnen mit dem Verdacht in Frage gestellt, dass die Siegerin nicht dem weiblichen Geschlecht angehöre. Die IAAF hatte auf diesen Verdacht in hilfloser Weise reagiert, mit dem Ergebnis, dass eine junge Athletin öffentlich bloßgestellt wurde. Der dabei entstandene Schaden war irreparabel und konnte auch nicht durch Entschuldigungen aus der Welt geschaffen werden. Eine Frage, deren Diskussion und Beantwortung strikter Vertraulichkeit bedarf, wurde auf ärgerliche Weise als massenmedialer Eklat inszeniert und die Betroffene selbst war dabei nicht nur ein Opfer des Vertrauensbruchs sondern sie wurde auch politisch auf fragwürdige Weise in Anspruch genommen, ohne dass damit dem Menschen, die von der offengelegten Geschlechterfrage betroffen sind, geholfen würde. Das Ganze gipfelte in unsäglichen Rassismusvorwürfen, für die man allenfalls aus deutscher Sicht Verständnis haben konnte, die jedoch in der Sache nicht haltbar waren und bezogen auf das zu lösende Problem sich als irreführend erwiesen. Weiterlesen

Der Sport und die 68er-Bewegung

In einem Jahr wird sich ganz Europa der sogenannten 68er-Bewegung erinnern. In Frankreich, in Italien, nicht zuletzt aber auch in Deutschland und hier vor allem in Frankfurt und Berlin war es im Jahr 1968 an den Universitäten äußerst unruhig geworden. Dort, wo die angeblichen oder tatsächlichen zukünftigen Eliten zu Hause waren, wurde die deutsche Nachkriegsgesellschaft auf den Prüfstand gestellt. Den Muff von 1000 Jahren glaubte man über Bord werfen zu müssen. Dem nach wie vor latent existierenden Nationalsozialismus wurde der Spiegel vorgehalten. Weiterlesen

Marketing-Leichtathletik

Im Frühling zeigt sich die Natur von ihrer schönsten Seite. Eine Blütenvielfalt bringt eine Farbenpracht hervor, an der wir uns alle erfreuen. In diesen Tagen möchte die Leichtathletik es der Natur gleichtun. Nach einem langen Winterschlaf und in Erwartung eines interessanten Sommers macht auch sie mit zwei Blüten auf sich aufmerksam, die widersprüchlicher nicht sein könnten. Weiterlesen