Der Sport hat in den vergangenen 200 Jahren ein Imperium in unserer Welt aufgebaut, das einen Vergleich mit jeder ehemaligen kolonialen Weltmacht und mit heutigen Weltmächten nicht zu scheuen braucht. Die imperialen Gelüste des Sports sind bis heute noch immer nicht zu einem Stillstand gekommen. Trotz aller Krisen in dieser Welt, trotz einer drohenden Klimakatastrophe, trotz Hungersnöten, Armut und einer ständig anwachsenden Zahl von Migranten1 und Flüchtlingsströmen ist der Sport als globales kulturelles Phänomen nach wie vor „gefräßig“ und in einer – von vielen Experten infrage gestellten – Wachstumsideologie verhaftet wie es sie zuvor noch nie gegeben hat, und wie sie auch in keinem anderen kulturellen Bereich unserer Weltgesellschaft angetroffen werden kann. Weiterlesen
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Dan Lorang – Der Sportexperte im Hintergrund
Industrielle Ingenieursarbeit¹ und Hochleistungssport weisen viele gemeinsame Merkmale auf. Beide sind äußerst komplexe Phänomene und in beiden Bereichen ist man ständig bemüht, innovativ zu sein, um bessere Leistungen hervorzubringen. Eigentlich kann es deshalb auch nicht überraschen, dass für einen Vordiplomsstudenten des Bauingenieurwesens der Hochleistungssport zu seiner besonderen Leidenschaft werden konnte und sogar der berufliche Wechsel in verantwortliche Positionen in verschiedenen Bereichen des deutschen Spitzensports durchaus naheliegend war. Zu sprechen und an dieser Stelle auch über ihn zu schreiben ist von Dan Lorang, dem heutigen wissenschaftlichen Leiter des weltberühmten Radsport Teams „BORA hansgrohe“, das seinen Sitz in Raubling in Oberbayern hat. Dan Lorang ist ohne Zweifel eine der interessantesten Persönlichkeiten im internationalen Radsport und auf dem Bürgermeisteramt von Unterwössen scheint nicht nur der Bürgermeister mit seiner persönlichen Mitarbeiterin zu Recht besonders stolz darauf zu sein, dass Dan seit sieben Jahren mit seiner Familie in Unterwössen lebt. Der Stolz ist vor allem darauf ausgerichtet, dass es ja keine Selbstverständlichkeit ist, dass ein Bürger aus Unterwössen bei den weltweit wichtigsten Radsportereignissen wie der Tour de France oder dem Giro d’ Italia im Hintergrund die Fäden für ein ganzes Team in seiner Hand zusammenhält, das nicht nur in Bayern, sondern weit über Deutschland hinaus sich einen Namen gemacht hat.
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Bernd Mühleisen – ein Hochleistungssportler wie es ihn vermutlich heute nicht mehr geben kann
Es war das Jahr 1952 als zum ersten Mal die „Mühleisens“ in mein noch junges Leben eingetreten sind. Mein Vater hatte in diesem Jahr aus beruflichen Gründen seinen Arbeitsplatz gewechselt und eine Stelle bei dem damals noch weltbekannten Textilunternehmen Vollmoeller in Stuttgart- Vaihingen angenommen. Vollmoeller stellte damals die international berühmten Bademoden „Jantzen“ her und hat sich auch mit seiner „Lanova“- Unterwäsche einen guten Namen gemacht. Diesem Unternehmen gehörte ein Mehrfamilienhaus in Möhringen, in dem unsere Familie im ersten Stock zur Miete wohnte. Nur wenige Meter von diesem Haus entfernt gab es eine Schneiderei „Mühleisen“ mitten im Zentrum des Dorfes. Dort wohnten und arbeiteten die Mühleisen, die zu den angesehenen und alteingesessenen Familien Möhringens zählten. Neben Vater und Mutter Mühleisen arbeitete auch der älteste Sohn Dieter als Schneidergeselle in dieser Schneiderei. Bernd, der jüngere Sohn, geboren am 26. Juni 1938, besuchte zu diesem Zeitpunkt die Oberschule in Hohenheim. Mein Bruder Wolfgang war eine Klasse über ihm, meine Schwester Ruth eine Klasse unter Bernds Klasse, gemeinsam mit Lothar Scheffel, der noch im Leben von Bernd und Dieter Mühleisen eine wichtige Rolle spielen sollte, sie alle waren ebenfalls Schüler dieser Schule. Die Oberschule in Hohenheim war zu diesem Zeitpunkt ein Progymnasium, an dem sie damals mit der Mittleren Reife ihren schulischen Abschluss erreichten.
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Der Weltsport hat ein Demokratiedefizit
Die Weltsportorganisationen stehen schon seit längerer Zeit im Zentrum öffentlicher Kritik. Im asiatischen Olympischen Komitee wird ein Scheich durch den nächsten ersetzt, obgleich die Ethik- Kommission des IOC den Ersteren ausgeschlossen hatte und die Wahl des zweiten nicht anerkennt. Im Internationalen Skiverband FIS hat sich ein schwedisch/englischer Unternehmer und Milliardär zum Weltpräsidenten küren lassen, ohne die Unterstützung der wichtigsten alpinen Ski- Sportnationen zu haben. FIFA- Präsident Infantino zeichnet sich durch eine Intrige nach der anderen aus. Bei Wahlen in die höchsten Ämter wird immer wieder beklagt, dass ganz offensichtlich bei den Wahlkongressen ein „Stimmenkauf“ stattgefunden hat, um die Mehrheiten für die Wahl von machtgierigen Menschen zu sichern, für die der Sport nur ein Spielball und ihr „Spielzeug“ ist.
Betrachten wir die Organisationen des Weltsports etwas genauer, verfolgen wir deren Entwicklung über mehrere Jahrzehnte, so ist in der Tat zu erkennen, dass die Führungspositionen in den internationalen Sportfachverbänden begehrte Objekte der Begierde sind für Menschen, die auf der Suche nach Macht sind. Die Begierde nach Macht geht dabei mit einer Vielzahl von eigenen Interessen einher, die man mittels des Sports befriedigen möchte. Mittlerweile ist es immer weniger wahrscheinlich, dass Persönlichkeiten in die leitenden Positionen des Sports gewählt werden, die ausschließlich an der Sache selbst orientiert sind und die sich auch durch eine entsprechende Fachkompetenz auszeichnen. Weiterlesen
Gastbeitrag
Olympische Erziehung
von Sven Güldenpfennig
Anregungen für eine neue Strategie des IOC
Das IOC arbeitet an einer weltweiten Strategie für die „Olympische Erziehung“. So wie in anderen olympischen Fragen, sollte es auch hier auf Zurücknahme von Ansprüchen und Verheißungen auf das Begründbare ankommen. Dabei spricht vieles dafür, dass „Olympische Erziehung“ nicht gleichbedeutend mit allgemeinmenschlicher Erziehung ist. Die Letztere muss im gesamten Lebenskontext geleistet werden, während die Erstere auf das olympische Feld beschränkt bleibt. Deshalb ist auch der Meinung nicht zuzustimmen, dass das Weltethos des Theologen Hans Küng für den Olympischen Sport leitend sein soll. Denn in diesem Weltethos findet sich das Spezifische, das den Sport und nur ihn ausmacht, nicht angemessen abgebildet. Weiterlesen
Gastbeitrag
Ein Nachruf auf eine besondere Persönlichkeit des deutschen Sports
Unser Freund, Sportwissenschaftler, Trainer, Spitzenathlet und sorgender Ehemann Henner Misersky ist tot. Er hatte sein Leben dem Sport gewidmet, dem Fair Play, der Würde des Sports und den von ihm trainierten Sportlern. Er war ein außergewöhnlicher Mensch: engagiert für den Sport, seinen Sportschülern, der Gesellschaft und seiner Arbeit in der TH Ilmenau zugewandt. Er war immer bescheiden, aufmerksam seinen Mitmenschen gegenüber, ehrlich und geradlinig im Handeln. Er wuchs in Jena auf, in einer sportbegeisterten Stadt mit großem Ruf und großen Namen in der internationalen Welt des Sports. Hier lief Henner seine ersten Runden auf den Aschenbahnen im „Paradies“ oder auf dem „Forst“.
In seiner glanzvollen Laufbahn in der Leichtathletik wurde er 1965 Vizemeister und 1966 und 1971 Dritter der DDR- Meisterschaften auf der 3000 m Hindernis-Strecke.
Der Sport kann die wichtigsten Eigenschaften eines Menschen formen: Wille, Ausdauer und Beharrlichkeit, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Weiterlesen
Kunst aus unserer Galerie
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Beitrag zur Sportentwicklung
Ein Kampf um Wahrheit und Gerechtigkeit
Wenn eine Aussage mit einem Sachverhalt übereinstimmt über die sie gemacht wird, so bezeichnet man sie als richtig oder wahr. Vor Gericht schwören Zeugen1, dass sie die Wahrheit, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit sagen. Die Wahrheit ist ganz offensichtlich ein bedeutsames gesellschaftliches Gut. Nicht nur in Demokratien verdient sie einen besonderen Schutz, denn auch in ihnen ist sie immer wieder bedroht. Davon sind viele Bereiche unserer Gesellschaft betroffen und es kann eigentlich kaum verwundern, dass auch das System des Sports immer wieder Probleme hat, wahre und richtige Aussagen von falschen und unrichtigen Aussagen zu unterscheiden. Auch im Sport ist nicht selten die Lüge zu Hause und auch im Sport gibt es immer wieder Fälle, in denen die Lügner von ihren Lügen profitieren und jene, die sich um die Wahrheit bemühen, benachteiligt werden oder gar fälschlicherweise der Lüge bezichtigt werden. Auch die massenmediale Berichterstattung über den Sport ist vom Phänomen der bedrohten Wahrheit und der begünstigten Lügen betroffen. Das Phänomen des Betruges im Sport hat angesichts der wachsenden Bedeutung der sportlichen Erfolge eine außergewöhnliche Reichweite aufzuweisen. Mit einer mittlerweile globalen Reichweite und mit ganz besonders dramatischen Ausprägungen hat der Doping- Betrug dabei die wohl zentralste Rolle eingenommen. Hat man diesen besonderen Betrug im Blick und möchte man sich für einen sauberen Sport einsetzen, so wird man sehr schnell erkennen, dass dieses Doping-Problem mittlerweile wohl ein globales Ausmaß angenommen hat, es seinen eigentlichen Ursprung jedoch in den führenden Hochleistungssportnationen hat, die während des Kalten Krieges stellvertretend für die jeweiligen politischen Systeme ihre Athletinnen und Athleten in sportliche Wettkämpfe geschickt haben, die dabei immer mehr zu bedeuten hatten als bloße Wettkämpfe. Die USA und die UdSSR sind dabei in erster Linie zu nennen. Der Kalte Krieg zwischen der BRD und der DDR setzte eigene Akzente. Doch es ist und war vor allem die DDR, die in Bezug auf das Doping- Problem des internationalen Hochleistungssports eine ganz besondere Rolle gespielt hat und für viele auch noch heute spielt. Weiterlesen
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Beitrag zur Sportentwicklung
Doping-Opferhilfe, getrübte Erinnerungen, bösartige Unterstellungen, Heuchelei und Staatsversagen
Albrecht Hummel / Helmut Digel
Vorbemerkungen
Durch mehrere Buchpublikationen (R.Eckert 2022; I.Geipel 2022; I.-S. Kowalczuk 2019; D. Oschmann 2023), durch eine Preisverleihung in Leipzig (Erich-Loest-Preis 2023) und nicht zuletzt durch die TV-Dokumentationen (MDR: Dichtung und Doping 2023) ist eine erstaunliche Bewegung in die bislang einseitige und zum Teil hypermoralisierende eintönige Diskurslandschaft zur deutsch-deutschen Nachkriegsgeschichte mit den doppelten Standards ihrer Bewertung gekommen. Diese gesteigerte Dynamik überrascht nicht, jedoch ihre ausgeprägte Polarisierung und unversöhnliche Lagerbildung.
Es wird diesbezüglich sogar von tektonischen Verschiebungen und von Neubewertungen aber auch von historischem Revisionismus und einer Restauration der DDR gesprochen. Das alles ist, so der übliche Jargon, natürlich heftig „umstritten“. Die einen verbinden damit Hoffnungen auf realistische, ausgewogene Neubetrachtungen der deutschen Nachkriegsgeschichte und andere sehen darin eher eine Bedrohung des bisher Erreichten und das Wirken „finsterer Mächte“. Weiterlesen
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Beitrag zur Sportentwicklung
Warum die aktuellen Reformbemühungen des deutschen Hochleistungssports scheitern müssen
Die Bemühungen um die Reform des Hochleistungssports in Deutschland, mit dem Ziel ihn wieder international auf höchstem Niveau konkurrenzfähig zu machen, gleicht einer „unendlichen Geschichte“ bei der ein Ende nicht absehbar ist. Im vergangenen Jahrzehnt und auch zuvor wurden mehrere Reformprogramme vom DSB und dessen Nachfolger von DOSB verabschiedet. Sie zielten auf das Problem der Trainerqualifikation¹, einer besseren Begleitung der Kaderathleten, auf eine Optimierung der Trainings- und Betreuungsmaßnahmen der Athletinnen und Athleten, auf die Belohnungs- und Kostenerstattungs-und Besoldungssysteme für die Athleten aber auch für die Trainer, auf das Problem der Rekrutierung von Nachwuchstrainern etc. Das aktuelle 10-Punkte-Programm des DOSB zur Dualen Karriere für die Jahre 2021 – 2028 ist in diese Fortschreibung von Konzeptionen einzuordnen. Ungeachtet der realen praktischen Wirksamkeit ist sich der DOSB bei aller Bescheidenheit sicher: „Internationale Vergleiche, aber auch zahlreiche EU-Projekte belegen, dass aktuell Deutschland in Bezug auf die Systematik der Herangehensweise in dieser komplexen Thematik der Dualen Karriere weltweit führend ist.“ Diese Selbstzuschreibung und damit zum Ausdruck gebracht Selbstüberschätzung kann angesichts der Reichweite der aktuellen Krise des deutschen Hochleistungssports eigentlich nur noch als ärgerlich bezeichnet werden.