Ich hatte einen Traum, und ich bin mir ganz sicher, dass es ein Albtraum war. Im Traum wurde ich von Kanzler Merz angerufen, ob ich bereit wäre, als parteiunabhängiger Sportminister in seinem neuen Kabinett tätig zu werden. Dieses Ministerium soll im Kanzleramt angesiedelt werden. Ich wäre ihm direkt unterstellt, und er würde mir seine volle Unterstützung gewähren. Ich weiß, dass mich nun mancher des Größenwahns bezichtigt. Doch Traumdeuter haben mir erklärt, dass in Träumen sehr häufig Größenwahnsinnige vorkommen.
Von diesem Anruf fühlte ich mich mehr als geschmeichelt und ich sagte spontan zu, dem neuen Kanzler in seinem Kabinett zu dienen. „Es sei mir eine Ehre“, sagte ich. Bis zu meinem Amtsantritt hatte ich in diesem Traum lediglich zwei Monate Zeit, und so setzte ich mich sofort an den Schreibtisch, um mein Arbeitsprogramm auszuarbeiten, das ich eine Woche vor Amtsantritt in einer Pressekonferenz vorzustellen habe. Als erstes orientierte ich mich an den „Sportberichten“ der Vorgängerregierungen, um zu verstehen und zu begreifen, für welche Maßnahmen und Projekte in der Vergangenheit der Steuerzahler seine Gelder bereitgestellt hat. Der Kanzler sprach in seinem Telefonat mit mir von einer „Zeitenwende“ und von der Wiedergeburt der „deutschen Leistungsgesellschaft“, die durch ihn erreicht werden soll, und er meinte, dass es da ganz wichtig ist, dass Deutschland wieder seine führende Rolle in der Welt des Hochleistungssports bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften zurückgewinnt, so wie dies in der Vergangenheit der Fall war. Um dem Gebot der politischen „Correctness“ Rechnung zu tragen, fügte er noch hinzu, dass ich bei meiner Arbeit auch einen Akzent auf die Integration und die Weiterentwicklung des Behindertensports ausrichten solle. Er habe gemeinsam mit seinem Koalitionspartner sichergestellt, dass zunächst 1 Milliarde € für die Sanierung von Sportstätten bereitgestellt werden. Von der miserablen Situation des Schulsports war nicht die Rede, da dieser ja zum Hoheitsgebiet der Länder gehört.
Wie die WADA mit ihrem Privat-Deal mit Jannik Sinner den Internationalen Sportgerichtshof CAS ausbootete und den Anti-Doping-Kampf untergräbt von
Andreas Müller
Am 16. und 17. April sollte vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS ursprünglich das Verfahren gegen Tennis-Profi Jannik Sinner ordentlich aufgerollt werden. Mit ihrem „Privat-Deal“ und einer außergerichtlichen Einigung mit dem Südtiroler hat die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA dies wissentlich verhindert. Die Anhörung und die gerichtliche Aufarbeitung sind abgesagt. Damit hat die weltweit angeblich wichtigste Anti-Doping-Institution dem internationalen Bemühen um einen sauberen Sport einen Bärendienst erwiesen. Allen, die dem Kampf gegen Doping als eines der größten Übel im Weltsport den Kampf angesagt haben und im Sinne von Fair-Play nach Sündern und „schwarzen Schafen“ fahnden und für Übeltäter gerechte Bestrafungen einfordern, werden mit diesem Vergleich gewissermaßen vor aller Augen am Nasenring durch die Manege gezogen. Denn es handelt sich bei dieser im Kuhhandel-Modus ausgemachten Drei-Monats-Sperre um weitaus mehr als um eine ungewöhnliche wie fragwürdige Vereinbarung zugunsten eines prominenten Akteurs, der im Vorjahr beim Turnier in Indian Wells in den USA am 10. März und noch einmal acht Tage später positiv auf das verbotene Steroid Clostebol getestet wurde.
Zum Zusammenhang zwischen Sport, Religion, gesellschaftlicher Kultur und ethnischer Herkunft
Der Zusammenhang zwischen Sport, Religion, Ethnie und Kultur ist vielschichtig und in mancher Hinsicht auch faszinierend. Im Folgenden sollen ausgewählte Aspekte dieser Beziehung und ihre Auswirkungen auf Gesellschaft und Individuum beleuchtet werden.
Sport und Religion
Sport ist in der modernen Erlebniskultur einer der emotional am stärksten besetzten Lebensbereiche. Er verspricht Aktiven wie Zuschauern[1] Lebensvollzüge höchster Intensität. Dabei trägt der Sport nicht selten Attribute des Religiösen an sich. In den Erlebnisvollzügen breiter Massen sind die Stadien zu „Kathedralen“ und die Sieger zu „Heiligen“ geworden. Sport besitzt als Phänomen der Neuzeit eine gesellschaftlich wie individuell überaus bedeutsame Prägekraft. Er stellt Erfahrungsräume zur Verfügung, die das Lebensgefühl von Menschen prägen können und er kommuniziert orientierende Gewissheiten. Das Phänomen Sport ist damit in demselben Funktionsbereich der Gesellschaft wirksam wie Religionen und Weltanschauungen und bedarf deshalb einer Einordnung in bestehende Wertesysteme und kulturelle Deutungszusammenhänge.Es gibt Struktur- und Funktionsparallelen zwischen religiösen und sportlichen Ritualen. Beide beinhalten oft kollektive Symbole, Gesänge und ritualisierte Handlungen.
Niemand hätte es Anita DeFrantz verübelt, dass sie die 144. Sitzung des Internationalen Olympischen Komitees geschwänzt hätte. DeFrantz ist geschwächt durch Medikamente, die sie gegen Krebs einnimmt, und leidet auch an Multipler Sklerose.
„Ich sagte zu meinen Brüdern: ‚Ich gehe. Nichts hier auf der Erde oder darüber hinaus wird mich davon abhalten, dort zu sein'“, sagte DeFrantz, eine amerikanische Athletin, Olympiaorganisatorin und Aktivistin, die seit 1986 IOC-Mitglied ist. „Dann dachte ich: ‚Vielleicht hätte ich manche Kritik über die Menschheit dieser Erde und darüber hinaus über die Verantwortlichen des Weltsports nicht sagen sollen.‘
Im deutschen Sportjournalismus lässt sich derzeit ein Problem beobachten, das für dieses Berufsfeld wohl schon immer gegolten hat, das jedoch in diesen Tagen deutlicher denn je zum Ausdruck kommt. Er zeichnet sich durch eine ausgeprägte Mittelmäßigkeit aus, die auch durch die wenigen herausragenden Sportjournalisten[1], die es auch heute noch gibt, kaum verdeckt werden kann. Ich bin dankbar, dass ich in meinem Berufsleben und während meiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Sportfunktionär Sportjournalisten begegnet bin, die sich durch die für diesen Beruf notwendige berufliche Neugierde und das wichtige Wissensbedürfnis ebenso ausgezeichnet haben wie durch ihre überdurchschnittlich gute Bildung, ihr Verantwortungsbewusstsein gegenüber jenen über die sie berichtet und geschrieben haben und durch eine ethisch begründete Berufsauffassung. Namen wie Rudi Michel, Hajo Friedrich, Harry Valerien, Volker Kottkamp, Friedrich Bohnenkamp, Hans Reinhard Scheu, Günther Wölbert, Werner Rabe fallen mir dabei aus dem Bereich der TV-Medien ein. Aus dem Bereich der Presse erinnere ich mich an die Namen von Journalisten wie Hans Blickensdörfer, Steffen Hafner, Michael Gernandt, Hans-Joachim Waldbröl, Hans Saile, Wolfgang Uhrig, Bruno Bienzle, Oskar Beck, Willy Ph. Knecht. Gewiss müsste noch eine ganze Reihe von DDR-Sportjournalisten erwähnt werden, allen voran Jochen Mayer und Volker Kluge, von denen ich noch bis heute sehr viel über die Geschichte des DDR-Sports und über den modernen Olympismus lernen darf. Sie alle können bei mir eine positive Erinnerung wachrufen. Wurde man von ihnen zu einem Gespräch oder zu einem Interview eingeladen, konnte man erkennen, dass sie sich sorgfältig vorbereitet hatten, dass sie sich des Gegenstands sicher sind, über den sie schreiben und berichten wollen und dass sie sich auch an die Vertraulichkeitsregeln halten werden, die zwischen dem schreibenden und berichtenden Journalisten und der betroffenen Person vereinbart wurden. Ihr Beruf war ihre „Profession“ und ihre „Leidenschaft“. Sie wussten Relevantes von Irrelevantem zu unterscheiden und sie waren bemüht, die komplexe Struktur des modernen Sports zwischen Privatheit und Staat, zwischen Freiwilligkeit und Auftrag, zwischen Ehrenamt und Beruf, zwischen Abhängigkeit und Unabhängigkeit zu unterscheiden. Sie haben meist auch begriffen, dass die „Politik im und durch den Sport“, verantwortet durch freiwillige Vereinigungen ein ganz anderes Politikphänomen ist als die staatliche Politik, die Politik der Parteien und der staatlichen Parlamente. Sie wussten das Gebot der Autonomie des Sports gegenüber dem Staat zu würdigen und die für Sportorganisationen dringend gebotene parteipolitische Neutralität gebührend einzuordnen.
Die Enteignung des Skilaufs – der „FIS-Weltcup“ als ästhetischer Sündenfall
Schon als Kind hat mich das Skifahren begeistert und auch in meinem neunten Lebensjahrzehnt hat der Genuss des alpinen Skisports und die Freude daran einen besonderen Platz in meinem Leben. Der schöne Winter 2024/25 und die in meiner Wohnnachbarschaft anzutreffenden Ski-Gebiete, – die Winkelmoos Alm, die Steinplatte, die Berge von Sankt Johann, die Kitzbüheler Berge – mit ihren außergewöhnlich gut präparierten technisch beschneiten Pisten haben mir in diesem Winter bereits mehr als 30 Skitage ermöglicht. Sie beginnen immer früh am Morgen, so dass ich bei meiner ersten Abfahrt oft noch ganz allein auf der Piste bin und enden bereits nach 2 Stunden. Denn immer dann, wenn zu viele Skifahrer[1] und Snowboarder auf der Piste sind, dann sollte man als Ü-80 Skifahrer um seine Sicherheit besorgt sein und zum Ende des Skitags eher eine schöne Alm aufsuchen, als dass man zu hohe Risiken auf der Piste eingeht. Eine Einkehr in eine der Almen, ein Cappuccino oder ein alkoholfreies Weißbier und vor allem der Tratsch und Klatsch mit Freunden, die einen begleiten, mit vielen Gleichaltrigen und Gleichgesinnten Skiläuferinnen und Skiläufern sind dann die beste Alternative, bevor man sich auf den Nachhauseweg macht, um nach dem Mittagessen seinen „hart verdienten“ Mittagsschlaf zu genießen.
Die Frage nach dem Verhältnis des höchsten Oberhaupts der katholischen Kirche zum Sport, zu einem Phänomen, das im vergangenen Jahrhundert einen weltweit einmaligen Globalisierungsprozess aufzuweisen hatte und heute in jeder Gesellschaft dieser Welt angetroffen werden kann, ist naheliegend und wurde auch vielfältigen Analysen vor allem aus theologischer Sicht unterzogen. Es gibt einerseits Päpste, die ein sehr enges Verhältnis während ihres Pontifikats zum System des Sports aufzuweisen haben. Andererseits standen mehrere Päpste dem Sport distanziert gegenüber. Manche hatten auch gar kein Verhältnis zum Sport aufzuweisen. Papst Pius X (1903 – 1014) gilt gemeinhin als jener Papst gilt gemeinhin als jener Papst, der als erster dem modernen Sport eine besondere Aufmerksamkeit widmete. Während seines Pontifikates fanden fast jährlich Wettkämpfe im Vatikan statt, insbesondere das „internationale Sportfest“ anlässlich seines „Goldenen Dienstjubiläums“ 1908. Eine Begegnung mit Pierre de Coubertin, dem Begründer der modernen Olympischen Spiele ist dabei besonders erwähnenswert. Im Folgenden soll das Verhältnis des Oberhaupts der katholischen Kirche zum modernen Sport beispielhaft an den in den vergangenen 5O Jahren amtierenden Päpsten skizziert werden. Es soll dabei u.a. gezeigt werden, dass die Institution des Papstes nicht zuletzt unter sportpolitischen Gesichtspunkten eine wichtige Bedeutung für die Sportentwicklung in den Gesellschaften dieser Welt einnehmen kann.
Der noch amtierende Präsident von World Athletics kandidiert für das Amt des IOC- Präsidenten und hat die Absicht, sich gegenüber den übrigen Kandidaten für dieses Amt mit seinen großartigen Versprechungen durchzusetzen, die er derzeit nahezu wöchentlich bei jedem möglichen nationalen und international Auftritt zu verkünden hat:
Die Zukunft unserer Olympischen Bewegung wird von der Klarheit der Gedanken, von einer Vision, von „Leadership“ und deren Ausführung abhängig sein. Diese Zukunft wird nur möglich sein, wenn man alle IOC -Mitglieder und alle „Stakeholder“ nützlich einsetzt. „Nur auf diese Weise können wir diese große Bewegung in Schwung bringen, damit sie die Herausforderungen und Möglichkeiten, die vor ihr liegen, meistert“.
Die Mitglieder des IOC sollen ganz neue Mitbestimmungsmöglichkeiten erhalten. “Members should decide and the Executive should implement those decisions. That is the way, it should be, but that’s not the way, it works now”.
Das IOC soll nicht von oben nach unten regiert werden, sondern genau umgekehrt. „ I want to see an end to “top-down” governance, where the Executive Committee instructs the office of the President and not the other way around.
“Die IOC- Exekutive soll nur noch das ausführen, was die Basis von ihr erwünscht.
Kommissionen sollen eine ganz neue Bedeutung erhalten. Sie sollen den Entscheidungsprozess der Exekutive steuern. Der IOC- Präsident ist lediglich Diener seiner Mitglieder.
Das IOC soll demokratisiert werden, wie es nie zuvor der Fall gewesen ist.
„Commitment to inclusivity and empowerment are easy to make but much harder to deliver”. Den Schlüssel zum Erfolg sieht Coe in einer Reformierung der IOC-„Governance“-Strukturen . Er warnt davor, dass ohne eine Dezentralisierung der Macht und ohne eine Reformierung der Organisationsstrukturen, die Versprechen nur bloße Worte bleiben werden
Nach Meinung von Coe hat das gegenwärtige System wohl glorreiche vier Wochen in Paris produzieren können. Doch es wäre ein katastrophaler Fehler, dies als Argument gegen die dringend notwendigen Veränderungen zu benutzen. “We owe this tranformation to the next generation. We cannot wait any longer“.
Das Thema dieses Essays ist faszinierend und schwierig zugleich. Schwierig ist es, weil man bei der Behandlung des Themas auf nur wenige Vorarbeiten zurückgreifen kann, man also in gewisser Weise Neuland betritt. Faszinierend ist das Thema vor allem deshalb, weil das Phänomen der Ungleichzeitigkeit unter kulturwissenschaftlichen und soziologischen Gesichtspunkten ohne Zweifel eine besondere Faszination ausübt. Würde sich alles zur gleichen Zeit ereignen, so wären unsere Kulturen und unsere Gesellschaften uniforme und konforme Entitäten. Unsere Welt, in der wir leben wäre langweilig und eintönig. Ungleichzeitigkeit ist deshalb vermutlich die Bedingung, dass wir jene Vielfalt erfahren können, durch die sich menschliche Kulturen auszeichnen.
Es scheint deshalb eine besondere Paradoxie zu sein, dass man sich mittels politischer Maßnahmen von der Ungleichzeitigkeit verabschieden möchte und einen Zustand der Gleichzeitigkeit anstrebt, der jedoch nicht nur unter anthropologischen Gesichtspunkten niemals erreicht werden kann. Er erscheint auch aus einer normativen Perspektive kaum als wünschenswert. Wer wie ich sich nunmehr über mehr als 40 Jahre im Feld der Entwicklungszusammenarbeit des Sports bewegt hat, für den hat das Phänomen der Ungleichzeitigkeit den Charakter einer alltäglichen Realität. Ungleichzeitigkeit wird dabei im Alltag der Entwicklungszusammenarbeit meist als störend empfunden, ohne dass erkannt wird, dass im Phänomen der Ungleichzeitigkeit möglicherweise die entscheidende Chance für eine wünschenswerte Entwicklungszusammenarbeit liegen könnte. Damit wir dies verstehen, ist es notwendig, dass wir uns etwas genauer mit dem Phänomen der Zeit auseinandersetzen.