Thomas Bach hat getan was von einem IOC-Präsidenten getan werden muss:
- Er hat die Corona-Epidemie, die zur Pandemie wurde, zur Kenntnis genommen.
- Er hat sofort den ständigen Kontakt zur Weltgesundheitsorganisation WHO gesucht und aufrechterhalten.
- Eine Task Force mit Vertretern des IOC, des Organisationskomitees, der japanischen Regierung, der Stadtregierung von Tokyo und der WHO wurde dafür bereits im Februar gegründet
- Er war im ständigen Kontakt mit den Gastgebern der geplanten Olympischen Spiele Tokyo 2020.
- Er hat sich, wie auch alle Politiker und Sportpolitiker dieser Welt, bereit erklärt, bei all seinen Entscheidungen, die die Ausrichtung der Olympischen Spiele in Japan betreffen, der Expertise der wissenschaftlichen Experten der WHO zu unterwerfen und deren Empfehlungen zu folgen.
- Er hat ständig den Kontakt zu der Athletenkommission aufrechterhalten, die auf demokratische Weise die Interessen aller Athleten weltweit repräsentiert.
- Aus Loyalität zu seinen Partnern in Japan hat er sich an keinen öffentlichen Spekulationen über mögliche Verschiebungen oder gar eine Absage beteiligt.
- Er äußerte sich erst dann öffentlich, als Experten ihm eine Verschiebung empfohlen haben.
(Vergleiche den Brief im Anhang von Dr. Bach an die Nationalen Olympischen Komitees)
In Bezug auf die Corona-Pandemie ist Thomas Bach ein Laie, wie sämtliche Politiker dieser Welt, wie all die übrigen Sportfunktionäre, wie all die Trainer und Athleten und wie all die Sportjournalisten, die über den Sport in Zeiten der Corona-Pandemie berichten. Er hat sich deshalb mit seinen öffentlichen Äußerungen über Ursache, Verlauf und Perspektive der Pandemie zurecht zurückgehalten.
Dr. Thomas Bach ist äußerst bedacht und mit einer großen Sorgfalt und Ruhe seiner Verantwortung in den letzten Monaten nachgekommen. Er hat genauso gehandelt wie man es sich von einer verantwortungsvollen Führungsperson wünschen sollte. Das Bild, das von Dr. Bach in der deutschen medialen Öffentlichkeit gezeichnet wird und das in seiner Wirkung bis hinein in den letzten Dorf-Stammtisch reicht, zeichnet sich hingegen durch Merkmale aus, die das genaue Gegenteil dieser Beschreibung darstellen.
Folgt man den deutschen Massenmedien so ist Dr. Thomas Bach als IOC-Präsident längst zu einem Buhmann geworden, für den sich die deutsche Gesellschaft zu schämen hat. Die massenmediale Kampagne gegen Bach reicht sehr lange zurück. Dabei wurde nahezu jeder Aspekt seiner Karriere und Biographie auf fragwürdige Weise thematisiert. Bach war nicht nur als Athlet erfolgreich und gewann 1976 die olympische Goldmedaille, er kann auch auf eine erfolgreiche akademische und berufliche Karriere als Jurist verweisen. Eine kleine Gruppe von Journalisten führender deutscher Tageszeitungen ist ihm jedoch bereits unmittelbar nach seinem Olympischen Erfolg mit einem großen Misstrauen begegnet. Seine berufliche Tätigkeit bei einem führenden Sportartikelhersteller, seine erfolgreiche Führung einer Wirtschaftskanzlei, seine Tätigkeit als Athletensprecher im IOC, seine Mitgliedschaft im IOC, seine DOSB-Präsidentschaft und bis heute seine IOC-Präsidentschaft wurde mit ständigen Vermutungen und Verdächtigungen begleitet, ohne dass ihm auch nur eine einzige Verfehlung nachgewiesen werden konnte.
Thomas Bach übernahm die Führung des IOC zu einem Zeitpunkt als sich das IOC in seiner mehr als 100-jährigen Geschichte in seiner größten Krise befand. Nach seiner Amtsübernahme bemühte sich Bach um wegweisende Reformen, die mittlerweile weltweit Anerkennung gefunden haben. Dazu gehört seine Agenda 2020, ein völlig neues Bewerbungsverfahren für zukünftige olympische Spiele, eine Aufwertung der Mitbestimmung durch die Athletinnen und Athleten, eine erhöhte finanzielle Beteiligung an den Kosten des Anti-Dopingkampfes und wegweisende Verträge zur finanziellen Absicherung der Zukunft der olympischen Bewegung.
In Deutschland wurde ihm von der massenmedialen Öffentlichkeit die Anerkennung für diese Arbeit versagt. Das Gegenteil war vielmehr der Fall. Ganz gleich welche Maßnahmen von Bach ergriffen wurden, in deutschen Medien konnten sie keine positive Resonanz erreichen. Sämtliche Verfehlungen des IOC in der Vergangenheit werden Bach angelastet, obgleich er dafür nicht verantwortlich war. Ein weiterer Höhepunkt im „Bach–Bashing“ wurde aus Anlass der Corona-Pandemie in den letzten Wochen erreicht. Bach wird „Sturheit“ und „Starrsinn“ vorgeworfen, er ist angeblich beratungsresistent, er gilt als der „Weltfremdeste unter Weltfremden“, wegen des Boykotts der Spiele in Moskau 1980 wird Bach als „traumatisierter Patient“ dargestellt. Gleichzeitig wird er auch als ein „raffinierter Strippenzieher“ dargestellt.
Die deutschen Tageszeitungen übertreffen sich dabei in ihrer Bach-Kritik. Sportjournalisten schreiben Kommentare über Bach, obgleich sie ihm noch niemals persönlich begegnet sind. Es wird gegenseitig abgeschrieben ohne dass eigenständig recherchiert wurde. Jeder Interviewpartner wird mit entsprechenden Fragen zu einer negativen Äußerung über Bach genötigt. ARD und ZDF haben längst die allumfassende Bach-Kritik in stereotyper Weise übernommen. Von Eurosport und allen anderen Privatsendern konnte kaum etwas Anderes erwartet werden.
Es kann nun kaum noch verwundern, dass auch einige Sportfunktionäre, die nach einer medialen Öffentlichkeit gieren, sich in das Konzert der Bach-Kritik einordnen. Ein ehemaliger Verbandspräsident bezichtigt Bach einer „unglaublichen Ignoranz“, „Vorsichtig ausgedrückt hält er ihn für unprofessionell. Mit Vernunft hat das nichts zu tun“. Die Reaktionen der Sportorganisationen und der Athleten sieht er als ein „Misstrauensvotum gegenüber Bach“. So habe sich Bach an den Interessen der Athleten versündigt und das IOC orientiere sich nicht am Wohl der Athleten. Im Gegenteil: „Bach ist in dieser Krise überfordert“, „Das ist die größte Niederlage, die Bach erlebt hat“, „Er hat seine Chance vertan“. Er hat „schlicht versagt“, „Er ist dumm“. Eine mit diesem ehemaligen Verbandsfunktionär befreundete Bundestagsabgeordnete applaudiert dieser Bach-Kritik, obgleich sie als Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages in den letzten Wochen anlässlich der Corona-Pandemie in jeglicher Hinsicht ihrer sportpolitischen Verantwortung nicht nachgekommen war. Sie schmeichelt sich vielmehr öffentlichkeitswirksam bei den Athleten ein, indem sie behauptet: „Die Sportler holen sich ihre Spiele zurück“. Sie tut dies wohlwissend, dass es die Sportler und Sportlerinnen sind, die neben Ärzten, Pharmakologen, Dealern,Trainern und kriminellen Funktionären die größte Schuld am umfassenden olympischen Dopingbetrug tragen.
Der Topos vom bedauernswerten Athleten wird in diesen Tagen von allen Massenmedien gepflegt und es wundert nicht, dass auch einige Sportfunktionäre und Sportpolitiker diesem fragwürdigen Bild folgen. Bach ist dabei der athletenfeindliche Funktionär und die Medien und einige Sportpolitiker sind die Beschützer der Athleten. Dabei muss gefragt werden von welcher Athletenschaft hier eigentlich gesprochen wird und inwiefern repräsentieren jene Athleten, die von Journalisten befragt werden, die olympischen Athletenschaft. Kommen auch solche Athleten zu Wort, für die die Verschiebung der Olympischen Spiele das Ende ihrer Karriere bedeutet? Welches Mandat haben die zu Wort gekommen Athleten? Wie haben sie sich bei ihrer Meinungsäußerung gegenüber ihrer Athletenschaft abgesichert? Warum wird eine Athletenkommission des IOC, die auf geheimen und demokratischen Wahlen beruht und demokratischen Prinzipien folgt, infrage gestellt nur, weil sie nicht die erwünschten Meinungen der Massenmedien erfüllen?
Betrachten wir die kritischen Äußerungen über Bach unter demokratiepolitischen Gesichtspunkten, so muss auch gefragt werden, welche Vorstellungen von einem Führungspersonal in den Organisationen des Sports der Kritik an Bach zugrunde liegen. Erwartet und erwünscht wird von Bach ein von einer Allmacht ausgestattetes sofortiges und alleiniges Handeln und Entscheiden. Es wird geradezu ein diktatorisches Handeln erwartet, bei dem Bach allein über alle an ihn herangetragen Fragen und Problemlagen zu entscheiden hat. Seine Entscheidungen müssen sofort erfolgen und eine Bedenkzeit wird diesem „Diktator“ nicht eingeräumt.
Dabei ist es offensichtlich, dass sich in der Präsidentschaft von Thomas Bach die demokratischen Strukturen des IOC ganz wesentlich verbessert haben, dass sich die Beteiligungsmöglichkeiten der IOC-Exekutive erhöht haben und die Einflussmöglichkeiten des hauptamtlichen Personals professionalisiert wurden. Vor diesem Hintergrund musste es für Bach eine Selbstverständlichkeit sein, dass er sich vor jeder Entscheidung mit dem Präsidenten des Gastgeberlandes Japan, mit dem IOC-Beauftragten für die Spiele 2020 John Coates aus Australien, mit dem Präsidenten des Organisationskomitee, mit seinem Generalsekretär und seinem IOC-Veranstaltungsdirektor, mit den Sprechern der Athletenkommission, mit seinen Vertragspartnern aus der Wirtschaft und mit den verantwortlichen Vertragspartnern aus den TV-Anstalten abzustimmen hatte. Die wichtigste Abstimmung war die mit der WHO. Solche Abstimmungsprozesse benötigen Zeit und Geduld. Bei all diesen Prozessen wurden vor allem immer auch die Athleten angehört, die die Interessen aller Athleten der Welt (und nicht nur jener aus Deutschland) repräsentieren. Die Mitarbeiter und Bach selbst waren in ständigem Kontakt mit den Repräsentanten der olympischen Sportarten. Dabei hat bis auf wenige Ausnahmen die große Mehrheit von ihnen den von Bach gewählten Weg unterstützt. Bach war sich dabei der Komplexität der bevorstehenden Entscheidungen ständig bewusst und er wusste genau welche intendierten Folgen und nicht intendierten Folgen die jeweils möglichen Entscheidungen haben können. Dies gilt auch für die Frage nach dem Zeitpunkt einer möglichen Verschiebung und einer Terminfindung für verschobene Spiele. Spiele im Frühjahr 2021 ziehen in einem übervollen Sportkalender ebenso schwierige Folgen nach sich, wie eine Vertagung der Spiele in den August oder in den Herbst 2021. Zu Recht hat sich Bach mit seinem Team für diese Entscheidung eine Bedenkzeit erbeten. Viele Experten arbeiten in diesen Tagen an der bestmöglichen Entscheidung. Wer angesichts dieser schwierigen Herausforderungen vor denen sich derzeit das IOC befindet, IOC-Präsident Dr. Thomas Bach der Dummheit bezichtigt und ihm unterstellt er würde die Interessen der Athletinnen und Athleten nicht beachten, der handelt nicht nur verantwortungslos, solche Kritik ist geradezu bösartig.
Es bleibt deshalb nur zu hoffen, dass endlich einige Funktionäre, die in deutschen Sportorganisationen in direkter Verantwortung einer olympischen Sportart befinden, endlich der unhaltbaren öffentlichen Bach-Kritik widersprechen und sich durch zwei Werte auszeichnen, die eigentlich in einer wünschenswerten Kultur des Sports einen herausragenden Stellenwert besitzen: Solidarität mit IOC-Präsident Dr. Thomas Bach und Fairplay wären in diesen Tagen mehr als wünschenswert!
Brief des IOC Präsidenten an die IOC-Mitglieder als PDF
Antwort von Dr. Bach auf Fragen von internationalen Journalisten:
„The Olympic flame can become the light at the end of this dark tunnel“
“It will require everybody’s efforts to make these Games a symbol of hope.”
Verfasst: 29.03.2020