Ein Gastbeitrag von Frank Kowalski
„Ich gestehe: Meine längst erkaltete Liebe zur Leichtathletik ist neu entflammt.“ So stand es – fettgedruckt – in der BILD-Zeitung. Und so wie dem leitenden Sportredakteur Walter Straten ist es vielen gegangen. Zu Recht wird Berlin 2018 als „Mustermesse“ (Michael Gernandt, der langjährige SZ-Sportchef) für Sportevents der Zukunft gesehen – und verdientermaßen werden diese Titelkämpfe mit Auszeichnungen gewürdigt, wie dem Preis für Fairness und Olympische Werte der Deutschen Olympischen Gesellschaft, die dies wie folgend begründete: „Diese EM erreichte durch viele Dinge eine ganz besondere Ausstrahlung. Dahinter stand ein hochengagiertes Team, das in jeder Phase die Athleten/innen in den Mittelpunkt ihres Handelns stellte.“
Zwischenzeitlich ist das Event Sportgeschichte, dennoch scheint Berlin 2018 etwas gelungen zu sein, das vielen erfolgreichen Sportevents versagt bleibt: eine besondere Nachhaltigkeit. Wohl einmalig im deutschen Sport dürfte es sein, dass es bereits 4 Jahre nach den Leichtathletik-Europameisterschaften eine Bewerbung um die nächste Ausgabe im Jahr 2022 in München gibt – dann gleich das komplette neue Format, den European Championships mit insgesamt 7 Europameisterschaften. Bei einem kalkulierten Gesamtbudget in Höhe von 130 Mio. € legt die öffentliche Hand gedrittelt durch Bund, Land und Stadt eine Zuwendung in Höhe von 100 Mio. € auf den Tisch. Warum? Berlin hat die Massen emotionalisiert und mit einem „Olympiaformat durch die Hintertür“ erhofft sich die Politik das Ziel: fernab von allen negativen Nebengeräuschen den Olympiagedanken wieder positiv zu besetzen.
Aber zunächst zurück auf die rein rationale Ebene und zu den harten Fakten der Berlin EM 2018, diese könnten hierzu eine wichtige Hilfe sein. Die EM wurde mithilfe von externen Partnern umfangreich evaluiert. Im Folgenden werden deren Ergebnisse wiedergegeben:
Die Stakeholder-Analyse:
- Die Gesamtzufriedenheitsbewertung der Zuschauer lag bei 97% (72% sehr zufrieden, 25% zufrieden), die Weiterempfehlungsrate lag bei 98%.
- Die Zufriedenheitsbewertungen der Athleten/innen und internationalen Delegierten lag bei über 95% in fast jeder Kategorie.
- Repräsentanten der Gastgeberstadt aus dem Senat, dem LOC und den Sportverbänden bewerteten das Event mit 5 von 5 Punkten.
- Sowohl der Fankontakt (4.7) als auch die erworbene Bekanntheit durch das Event (5) wurden von den Sponsoren auf einer Skala bis 5 am höchsten eingestuft.
Die Medienanalysen der Leichtathletik-EM:
- Die TV-Sendedauer betrug international 1.354h und national 89h.
- Die Kennziffer “hours viewed“ erreichte mit 365 Mio. h den bisher höchsten Wert einer Leichtathletik-EM (2014: 343 Mio. h),
- die kumulierte nationale TV-Reichweite lag bei 254,4 Mio. Zuschauern
- die höchste durchschnittliche TV-Sendungsquote der gesamten European Championships – ARD-Sendung am 12.08: 5,18 Mio., Peak: 6,28 Mio. (4 x 100m F)
- TV-Werbeträgerkontakte: 11.190,73 Mio. – allein die Einblenddauer der Sportmetropole Berlin lag bei ca. 14h national und ca. 938h international!
(Quellen: Rütter Soceco 2019, Nielsen Sport 2019)
Die Medienanalysen der European Championships (EC):
- 265 Mio. Rezipienten europaweit, (vgl. Olympische Winterspiele 2018: 350 Mio. bei 16 Übertragungstagen)
- Mehr als 48 Mio. deutsche TV-Zuschauer haben mind. 1 TV-Sendung der EC gesehen.
- 41% der TV-Gesamtreichweite entfallen auf Berlin
(Quellen: EBU/EPC 2019)
Die wirtschaftlichen Effekte der Leichtathletik-EM
- Bundesweite Wertschöpfung: 144 Mio. €
- Generierte Übernachtungen in Berlin und Umgebung: 270.000
- Wertschöpfung Berlin: 89.3 Mio. €, wobei 48 Mio. € direkt, davon 11 Mio. € Steuereinnahmen; 42 Mio.€ indirekt
- Crossmedialer Mediaeffekt: 91.5 Mio.€
Dies sind ohne Zweifel beeindruckende Zahlen, die sich wohlgemerkt nur auf den Zeitraum der EM selbst beziehen, da der Auswertungsaufwand für den gesamten medial wirksamen Prozess für den Zeitraum von zwei Jahren zu aufwändig gewesen wäre. Addiert man alle aufgezeigten weichen und harten Faktoren, so kommt man zu einem außergewöhnlichen Ergebnis für ein singuläres Sportereignis und der sich daraus ableitenden Frage nach den relevanten Erfolgsfaktoren, die nachstehend aufgezeigt werden:
1. Der Zeitplan
Die wichtigste Innovation im Zusammenhang mit einer internationalen Leichtathletikmeisterschaft bezieht sich auf den Zeitplan. Jede Abend-Session hatte eine wiederkehrende Dramaturgie von 19 bis 22 Uhr. Angeboten wurden nahezu nur Finals, kompakt meist ohne Pausen. Der Samstag mit einem spannenden Zwei-Stunden-Programm bildete dabei den Höhepunkt. Die Sessions liefen nicht nur komplett im Fernsehen, sie waren auch für die Zuschauer vor Ort wie ein schnell geschnittenes TV-Highlight wahrnehmbar. Die 60.500 Zuschauer hatten Mühe, sich ein Getränk zu holen, wenn sie nichts versäumen wollten. Gelingen konnte dies nur durch eine Einbettung in den großen Plan der European Championships, da dadurch der Druck, zeitlich zu komprimieren, für alle Beteiligten sehr groß war. In Berlin wurden tradierte Abläufe über Bord geworfen, um Abende anbieten zu können, bei denen jeder für sich wie ein Weltklasse-Meeting komponiert war. Der Tag Q wurde vor die erste Abendveranstaltung geschaltet, damit die notwendigen Qualifikationen durchgeführt werden konnten. Zudem wurden die Wettkämpfe durch Auslagerung der Siegerehrungen um mehr als sechs Stunden verkürzt (48 Medaillenvergaben mit je 8 Min. Protokoll). Die sonst übliche abschließende 4x 400-Meter-Staffel fand am Samstagabend statt, so hatte auch dieser Abend ein besonderes Highlight.
Tag (Datum) | Zuschauer |
---|---|
07.08.2018 | 34.822 |
08.08.2018 | 37.125 |
09.08.2018 | 39.335 |
10.08.2018 | 48.567 |
11.08.2018 | 60.500 |
12.08.2018 | 45.812 |
Tab. 1: Entwicklung der Zuschauerzahlen im Stadion zu den jeweiligen Abend-Sessions im Verlauf der EM
2. Die Eventpräsentation
Die Leichtathletik ist eine der wenigen Sportarten, die sich den Luxus gönnt, mehrere Disziplinen, die keinen direkten Zusammenhang haben, parallel durchzuführen. Das macht das Event komplex und für den ungeschulten Beobachter unübersichtlich. Durch Unübersichtlichkeit entsteht Langeweile und der Stadionzuschauer wendet sich ab oder der TV-Übertragung zu. Der Anspruch von Berlin 2018 war es, das TV-Erlebnis Leichtathletik auch dem Stadionzuschauer zu ermöglichen. Die Herausforderung bestand dabei darin, die durch den komprimierten Zeitplan nochmals erhöhte Komplexität so zu konzipieren, dass der Zuschauer jeden einzelnen Wettkampf verfolgen konnte.
Dabei wurden keine Disziplinen gekürzt, verändert oder gar gestrichen. Es wurde mit Augenmaß und Kreativität dennoch eine „bessere“ Leichtathletik geschaffen. Trotz der Vielzahl der Entscheidungen behielt das Publikum den vollen Überblick, weil die Eventpräsentation – durch ausgefeilte Technik ebenso wie durch hochqualifizierte Moderatoren – Maßstäbe setzte. Die war ausschließlich möglich durch eine immense zusätzliche Infrastruktur wie bspw. das Vorhandensein zweier Big Screens a 350qm, die im Bild geteilt werden konnten und sich die Anzahl der Videoscreens im Olympiastadion somit auf insgesamt 7 erhöhte. Oder bspw. der erstmalige Einsatz von LED-Banden, die zu 5% für die Eventpräsentation Zusatzinformationen lieferten oder zu Interaktionen mit dem Zuschauer genutzt werden konnten. Dahinter stand ein Team von insgesamt 35 Personen, das in drei Wochenendworkshops geschult wurde und deren Expertisen in einem gemeinsamen Drehbuch mündeten. Disziplinen wurden angehalten, um den Fokus auf die Protagonisten einzelner Wettkämpfe zu setzen, Highlights zu antizipieren und bei Erfolg auch zu zelebrieren. Innovationen wie der „Hot-Seat“ oder die Laserlinien beim Horizontalsprung rundeten das Konzept ab.
Sender | Sendedauer (in Stunden) | Hours Viewed | Höchste Zuschauerzahl | Durchschnittliche Zuschauerzahl | Durchschnittlicher Marktanteil (in Prozent) |
---|---|---|---|---|---|
ARD | 14:38:04 | 40.594.153 | 5.176.994 | 2.773.877 | 15,9% |
ARD One | 3:00:00 | 285.600 | 95.200 | - | 1,0% |
ZDF | 12:05:32 | 3.2022.639 | 4.500.000 | 2.648.201 | 15,9% |
Tab. 2: Länge und Hours Viewed der Live-Übertragungen in Deutschland nach Kanal.
Tag (Datum) | Höchste Zuschauerzahl | Sender |
---|---|---|
06.08.2018 | 1.947.863 | ARD |
07.08.2018 | 3.410.000 | ZDF |
08.08.2018 | 4.562.138 | ARD |
09.08.2018 | 4.500.000 | ZDF |
10.08.2018 | 4.703.483 | ARD |
11.08.2018 | 4.450.000 | ZDF |
12.08.2018 | 5.176.994 | ARD |
Tab 3: Täglich höchste Zuschauerzahl bei der Fernsehübertragung der Sender ARD/ZDF
3. Die sportlichen Leistungen
Jedes Marketingkonzept kann noch so stark sein, am Ende des Tages entscheiden die sportlichen Leistungen der Athleten/innen über den Erfolg und die Emotionalisierung eines Sportevents. Rechnet man alle erzielten Ergebnisse in Punkte um und vergleicht Berlin 2018 mit bisherigen Leichtathletik-EMs so war das sportliche Niveau das Beste seit der EM 2002 in München. Insbesondere stachen herausragende Ergebnisse von sehr jungen internationalen Athleten hervor, wie bspw. über die Mittel- und Langstrecke Jakob Ingebrigtsen, über 400m-Hürden Karsten Warholm oder im Stabhochsprung Greg Duplantis.
Nicht minder entscheidend für jeden Veranstalter sind die Erfolge der „Heimathleten“. Mit 19 Medaillen feierte die DLV-Nationalmannschaft den größten Erfolg seit der EM 1998 in Budapest. Nahezu perfekt verlief dabei die zeitliche Abfolge der deutschen Medaillen mit jeweils sehr starken persönlichen Geschichten, die dahinter standen. Beginnend mit dem Sprintsilber von Gina Lückenkemper, über Zehnkampf-Gold von „König Arthur“, den überragenden deutschen Speerwerfern, dem „Golden Samstag“ mit zweimal Gold innerhalb von 30 Minuten für M. Mihambo und M. Przybylko bis hin zur „Auferstehung“ von Gesa Krause am letzten Finaltag. Diese Dramaturgie mit den deutschen Medaillenpotentialen wurde bereits 2 ½ Jahre vor der EM gemeinsam mit den Leistungssportverantwortlichen so geplant und der Zeitplan dementsprechend angepasst. Vieles trat wie geplant ein.
Bemerkenswert waren die außergewöhnlichen Emotionen im Stadion und die starke Interaktion zwischen Athleten/innen und dem Publikum, die nur im engen Zusammenspiel aller Punkte 1-3 erreicht werden konnte.
4. Die Nähe zum Athleten/in
Dass die Athleten sich in einzigartiger Weise wertgeschätzt fühlten, hatte mit der Nähe zwischen Stadt, Publikum und den Hauptdarstellern zu tun. Die „Europäische Meile“ an der Gedächtniskirche schuf diese besondere Beziehung. Das Konzept der WM 2009, die Straßenwettbewerbe mit Start- und Ziel in der Innenstadt auszutragen, wurde ergänzt durch die Qualifikationen im Kugelstoßen der Männer und erstmalig durch mitreißende 38 Siegerehrungen. So heroisch Siegerehrungen im Stadion sind und von einigen Zuschauern immer noch dort eingefordert werden, so eindrucksvoll haben die Siegerehrungen in der Stadtmitte von Berlin gezeigt, welcher emotionale Mehrwert darin für eine internationale Leichtathletik-Meisterschaft steckt. Die Athletinnen und Athleten durften durch das Publikum (bis zu 8000 Menschen) herabschreiten, sich links und rechts abklatschen lassen. Zur Interaktion mit dem Publikum wurde die Leichtathletik erstmalig in großer Form „Selfie-tauglich“ und hat so Berlin als offene, bunte Stadt in die Welt getragen.
5. Die Kommunikation und Promotion
Kommunikationsarbeit war das Herzstück im Arbeitsprozess der Berlin 2018 GmbH, da das Finanzbudget auf der Einnahmenseite im Wesentlichen von den Ticketeinnahmen abhing, die sportpolitischen Rahmenbedingungen für die Leichtathletik 2015/2016 nicht günstig waren (Korruption, Doping, Ausschluss Russlands) und die Promotion für ein singuläres Sportereignis in der Wahrnehmung der Rezipienten immer schwieriger wird. Die Personalstruktur wurde dementsprechend angepasst und die Abteilung mit insgesamt 11 Mitarbeitern personell stark aufgestellt (insbesondere mit Experten im Bereich Social-Media und Content-Marketing). So gab es bspw. erstmalig einen reinen Content-Manager, dessen Aufgabe es war, Leichtathletik-Content ausschließlich in leichtathletikfremde Kommunikationskanäle zu spielen.
Das Kommunikationskonzept sollte sich dabei durch die verbindlichen Prinzipien: „wertig – kreativ – mutig – inspirierend – mit Liebe zum Detail“ auszeichnen.
Die Arbeit in den Bereichen Kommunikation, Promotion und Ticketing begann bereits Jahre vor der EM selbst (August 2016), so früh wie noch nie. Grund war eine Befragung der Zuschauer während der Leichtathletik-WM 2009 nach ihren Kaufmotiven. Dabei antworteten 32,4 % auf Empfehlung von Freunden und Bekannten ein Ticket erworben zu haben. Ein klares Indiz für Notwendigkeit eines hochwertigen Multiplikatorenmarketings.
Das Kommunikationskonzept stellte die Athletinnen und Athleten immer in den Mittelpunkt. Damit gelang es, den Bekanntheitsgrad der EM enorm zu steigern (08/2018 über 65% in Berlin und Umgebung), aber vor allem wurde damit auch frühzeitig eine besondere Nähe zu einzelnen Sportlerinnen und Sportlerin aufgebaut. Eine weitere Prämisse war: „spreche nie über dich selbst, sondern lass‘ andere über dich Positives berichten“. Übergreifende Kooperationen mit der Deutschen Sporthilfe und der Deutschen Fußball Liga, eigene Content-Produktionen wie etwa ein Hochglanzmagazin, geshootet von Starfotograf Jim Rakete, über eine Fotostrecke im „Playboy“ bis hin zur eigenen Donald-Duck – Geschichte mit dem Walt-Disney-Verlag, zeigen nur einen kleinen Teil der wichtigsten kommunikativen Maßnahmen. Sie dienten dem einen großen Ziel: Berlin 2018 unvergesslich zu machen.
Noch eine Anmerkung zu den Athleten/innen. Im Zeitalter digitaler Kommunikation ist der Athlet zu einem wichtigen und vor allem wirksamen Kommunikationskanal geworden. Ein Post von Gina Lückenkemper erreicht per Knopfdruck 140.000 Instagram-Follower, die sich für den Inhalt interessieren und ihn hoffentlich auch verarbeiten. Im Vergleich zum Fußball sind die Followerzahlen fast wirkungslos einzustufen (Christiano Ronaldo: 172.2 Mio.), aber die Summe von ca. 400 Kaderathleten/innen fällt dann doch schon wieder ins Gewicht. Berlin 2018 schaffte es nahezu täglich den Athleten/innen attraktiven Leichtathletik-Content zu liefern, der dann von vielen distribuiert wurde.
Region | Umsatz (in Euro) |
---|---|
Berlin (direkt) | 42 Mio. |
Berlin (indirekt) | 48 Mio. |
restliches Deutschland (direkt) | 12 Mio. |
restliches Deutschland (indirekt) | 42 Mio. |
Total | 144 Mio. |
Tab. 4: Absolute wirtschaftliche Auswirkungen in Berlin und im restlichen Deutschland für das Jahr 2018: Umsätze nach Region.
Sektor | Umsatz (absolut) | Umsatz (in %) |
---|---|---|
LOC (Local Operating Company) | 17,6 Mio. | 12% |
Unterkunft | 16,1 Mio. | 11% |
Unternehmensdienstleistungen | 12,7 Mio. | 9% |
Transport | 8,6 Mio. | 6% |
Immobilien | 8,6 Mio. | 6% |
Gastronomie | 7,7 Mio. | 5% |
Bau | 6,5 Mio. | 5% |
Großhandel | 5,5 Mio. | 4% |
Andere | 60 Mio. | 42% |
Tab. 5: Absolute wirtschaftliche Auswirkungen in Berlin und im restlichen Deutschland für das Jahr 2018: Umsätze nach Gewerbe.
6. Die Zusammenarbeit mit dem Land Berlin
Ohne die Zuwendung des Landes Berlins wäre der Deutsche Leichtathletik-Verband nicht in der Lage gewesen sich für eine kostenintensive Leichtathletik-EM zu bewerben. Bei einem Gesamtbudget von ca. 34 Mio. €, steuerte das Land Berlin ca. 13 Mio. € bei. Dabei nicht berücksichtigt sind weitere finanzielle Mittel für die Sportstättenertüchtigung, Sportgeräte etc. und sogenannte konsumtive Mittel wie bspw. für Citydressing, zusätzliche Werbemaßnahmen oder das Schulprojekt „Laufen-Werfen-Springen“.
Neben der wirtschaftlich-finanziellen Unterstützung erfolgte eine strategisch-konzeptionelle Einbindung. Sowohl die politische Ebene als auch leitende Mitarbeiter der Senatsverwaltung arbeiteten in allen Gremien der EM mit. Operative Unterstützung erhielt die Berlin 2018 GmbH in allen Genehmigungsverfahren. Allein für die Europäische Meile auf dem Breitscheidplatz galt es mit 27 verschiedenen Genehmigungsbehörden zu verhandeln. Ohne massive Unterstützung des Senates wäre das City-Event in dieser Form und in der Kürze der Zeit nicht umsetzbar gewesen. Kulturell verbindende Projekte mit der Stadt Glasgow rundeten den außergewöhnlichen Input der Verwaltung ab.
Alles fand natürlich als Ergänzungsfinanzierung statt, unter den Maßgaben des sogenannten Zuwendungsrechtes. Das heißt der DLV trug mit der Berlin 2018 GmbH das alleinige wirtschaftliche Risiko und etwaige Gewinne würden die Zuwendung des Landes um den gleichen Betrag reduzieren. Es sei angemerkt, die Berlin 2018 GmbH konnte das Projekt ohne einen finanziellen Verlust abschließen.
7. Das Momentum
Auf der einen Seite litt die Leichtathletik-EM im unmittelbaren Vorlauf unter der Fußball-WM in Russland und fand medial so gut wie nicht statt. Auf der anderen Seite entstand durch die vielen Negativschlagzeilen, auch noch im Nachgang durch die Diskussionen um Mesut Özil, ganz offensichtlich ein günstiges Momentum. Deutschland war offen für neue sportliche Helden. Und Berlin lieferte sie.
Etwa 2 Wochen vor der Veranstaltung setzte eine gezielte Medienkampagne ein und es entstand ein breites Medieninteresse, das alle Erwartungen übertraf. Befeuert durch das neue Eventformat der European Championships wurde Berlin 2008 ein großer Erfolg, den keiner zuvor erwarten konnte. Dies wurde unter anderem auch durch das Eigeninteresse von ARD und ZDF, die sich mehr als jemals zuvor für ein Leichtathletikevent engagierten. Bereits mit Beginn der Wettkämpfe in Glasgow stand auch Berlin bereits im Fokus. Es gab tägliche Schalten nach Berlin, die vom Aufbau berichteten, selbst die vorgeschaltete Qualifikation im Kugelstoßen auf dem Breitscheidplatz wurde in der Primetime übertragen. Somit stiegen die Einschaltquoten täglich und führten zu den bereits genannten Höchstwerten.
Schlussfolgernd aus den aufgezeigten Erfolgsfaktoren bleibt nur eine abschließende Botschaft: „Die Leichtathletik muss nicht im Kern mit neuen Regeln verändert werden, sondern ist als Produkt stark genug, wenn sie professionell, ideenreich und vor allem zuschauergerecht präsentiert wird.“
Frank Kowalski ist Geschäftsführer der Berlin Leichtathletik-EM 2018 GmbH.