Olympische Spiele ‚vor Ort‘ erleben

von Wolfgang Buss

Prof. Dr. Wolfgang Buss (Jahrgang 1944) ist Emeritus der Universität Göttingen. Er lehrte am dortigen Institut für Sportwissenschaft vorrangig in den Bereichen Sportgeschichte und Sportpolitik. Seine Habilitationschrift handelt von der Frühgeschichte des Sports in der SBZ und in der DDR.

1 Ausgangslage

Im Sommer 2023 hat der „Deutsche Olympische Sportbund“ (DOSB) eine Dialog- und Informationsinitiative zu einer möglichen deutschen Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele gestartet. Die sog. „Dialoginitiative“ hat den Titel „Deine Ideen, Deine Spiele“. Das Ziel dieses Prozesses ist es, gemeinsam mit der deutschen Gesellschaft Rahmenbedingungen zu definieren, die als Grundlage für ein innovatives und von einer Mehrheit der Bevölkerung akzeptiertes Bewerbungskonzept dienen sollen. „Bevor wir uns final für eine Bewerbung entscheiden, wollen wir in einem offenen und argumentativen Diskurs die Frage beantworten, warum Deutschland eine Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele will. Oder warum eben nicht“, sagt der DOSB-Vorsitzende Torsten Burmester.[1] Aktuelle Umfragen zeigten – so Burmester –, „dass es hohe Zustimmungswerte für eine Bewerbung gibt.

Aber es gibt auch noch einige Vorbehalte, die wir argumentativ abbauen wollen“[2]. Ins Auge gefasst hat man eine mögliche Bewerbung für die Sommerspiele im Jahre 2036. Dieses Verfahren zeigt, dass der DOSB trotz einer  vermeintlich günstigen Stimmungslage für neuerliche Olympische Spiele in Deutschland um die Notwendigkeit einer breiten gesellschaftlicher Zustimmung zur letztlichen Durchsetzung und Umsetzung einer Bewerbung weiß. Die Voraussetzungen für eine Bewerbung müssen nach negativen Erfahrungen mit deutschen Bewerbungen vor allen in den letzten 30 Jahren[3] erst wieder ‚erarbeitet‘ werden – und dabei sind vielfältige Wege zu gehen. Die DOSB-Initiative mit den Diskussionsforen ist demnach nur ein erster Schritt zum Abbau von Vorbehalten. Olympische Spiele sind also auch in Deutschland wieder in der Diskussion und das Interesse dürfte durch die bevorstehenden Sommerspiele in Paris im Juli 2024 noch einmal steigen wenn auch nicht frei von kontroversen Einstellungen dazu.

Die jeweilige Einstellung zu einem kulturellen Großereignis mit internationalem Rang  resultiert jedoch nicht nur aus dem Interesse an dem jeweils spezifischen Sachgegenstand, hier dem „Sport“ sowie der Bedeutung und der Funktion des Sportgroßereignisses Olympischer Spiele, sie ist stets auch von jeweilig übergeordneten politischen Konstellationen wie z.B. weltpolitischen Krisen – seien es kriegerische Bedrohungslagen, internationale und nationale Wirtschafts- und Finanzproblemen mit ihren sozialen Folgen oder auch die inzwischen lebensbedrohliche Klimaentwicklung – bestimmt. Die Urteilsbildung zu einem Sportereignis – welcher Dimension auch immer – ist dann schnell von externen Faktoren überlagert und erschwert die Entscheidungsprozesse. In Zeiten von (vermeintlichen) Sicherheiten haben es die Planer und Organisatoren erheblich leichter, Zustimmung zur Realisierung kultureller Events zu erhalten. Es gilt z.B. in Bezug auf Olympische Spiele nicht mehr der mit geradezu einem imperativen Impetus formulierte Satz des damaligen Präsidenten des „International Olympic Committee“ (IOC), Avery Brundage: „The Games must go on!“ Seine damalige Reaktion auf das Attentat während der Münchner Spiele 1972 und die danach erfolgte Fortsetzung der Spiele würde heute wohl keine mehrheitliche Zustimmung mehr finden. Der Stellenwert auch solch eines sportlich-kulturellen Weltereignisses ist – zumindest in demokratischen Gesellschaften – angesichts einer heute viel kritischeren Bewusstseinslage gegenüber den Prioritäten menschlicher Existenzsicherung deutlich gesunken.

Bei der Diskussion um neuerliche Olympische Spiele in Deutschland haben sich inzwischen zwei Lager gebildet Sie nehmen sowohl Bezug auf die damit verbundenen Bedingungen und Auswirkungen in und für Deutschland sowie für den deutschen Sport als auch auf die darüberhinausgehenden Aspekte im Kontext des Veranstalters, des IOC als globalem Akteur des Weltsports, und der mit solch einem Weltereignis verbundenen Konsequenzen z.B. für die Umwelt.

Die grundsätzlichen Befürworter von Olympischen Spielen, insbesondere die Experten aus den Sportorganisationen sowie eine beträchtliche Anzahl von Sportpolitikern, weisen immer wieder darauf hin, dass neuerliche Olympische Spiele in Deutschland nicht nur ein kräftiger Antrieb für die Entwicklung des Leistungssports in Deutschland wären[4],

sondern hiervon auch die gesamte Bewegungskultur an der Sportbasis profitieren würde. Darüber hinaus wären solche Spiele u.a. auch ein Antriebsfaktor für die wirtschaftliche Gesamtentwicklung sowie für notwendige Maßnahmen zur Instandsetzung der defizitären Infrastruktur auf allen Ebenen. Deutschland benötige solch ein globales Großereignis zu seiner Modernisierung und zum Erhalt sowohl der ökonomischen als auch der kulturellen Wettbewerbsfähigkeit im globalen Kontext. Dabei wird vor allem auf das Beispiel der starken gesamtgesellschaftlichen Auftriebswirkung durch die Olympischen Spiele 1972 in München hingewiesen, aber auch auf die positiven Entwicklungsbeispiele in Großbritannien mit den Spielen von 2012 oder den jetzt schon gegebenen Aktivitäten in Frankreich mit Paris als Ausrichter der Olympischen Sommerspiele 2024.[5]  Letztlich werden  auch immer wieder die mit der olympischen Bewegung verbundenen und in der IOC-Charta festgeschriebenen Werte der Völkerverbindung, des Friedensgebotes und der Förderung der weltweiten Bewegungskultur als einem herausragenden kulturellen Akt humaner Gestaltungsfähigkeit angeführt. Die Welt benötige angesichts ihrer existenzbedrohenden globalen Konfrontationen solch ein verbindendes Event der friedlichen Begegnung und des fairen Wettstreits von Menschen aller Völker mehr denn je.

Die Vorbehalte gegenüber neuerlichen Olympischen Spielen in Deutschland resultieren hier zu einem Großteil aus sieben negativen Erfahrungen mit Olympiabewerbungen in den vergangenen Jahrzehnten.[6] Dazu kommen Argumente, die auf große gesamtgesellschaftliche Probleme in Deutschland hinweisen, deren Bewältigung unbedingt Priorität gegenüber einem vor allem auch finanziell mit großen Risiken verbundenem Großereignis von nichtexistenzieller Bedeutung hätten. Die Kritiken zielen aber gerade auch in Deutschland auf übergeordnete negative Entwicklungen in den Weltsportorganisationen mit ihren Großevents, zu denen neben den Weltfachverbänden zuvorderst auch das IOC mit den Olympischen Spielen gehört. Diese Organisationen und ihre Events wie Weltmeisterschaften und Olympische Spiele seien geprägt durch eine überbordende und die Sportfans an der Basis negierende Kommerzialisierung, durch vielfache Korruption bei ihren Führungskräften, ein erhebliches Demokratiedefizit in der Struktur ihrer Gremien und Entscheidungsfindungen, der Instrumentalisierung durch diktatorische oder autoritäre Regime mit deren Missachtung von Menschenrechten sowie Gefährdungen über eine Verschärfung der globalen Klimakrise. Infolge einer kontinuierlichen Ausweitung und Überdimensionierung der Events würden durch die damit verbundenen erhöhten Mobilitäten mit ihren schädlichen Emissionen sowie durch die Schaffung neuer Sportstätten irreversible Zerstörungen von unentbehrlichen Naturräumen und ihrer Lebenswelten erfolgen; hier wird beispielhaft immer wieder auf das besonders drastische Beispiel der Olympischen Winterspiele in Sotschi/Russland 2018 hingewiesen, wo Waldrodungen erfolgten, Naturschutzgebiete zerstört und Menschen zwangsumgesiedelt wurden.[7]

Sowohl die Pro- als auch die Contra-Verfechter von Olympischen Spielen diskutieren überwiegend mit rationalen Argumenten, die zumeist jedoch ‚nur‘ auf indirekt gewonnenen  Sachinformationen beruhen – durch die heutzutage vielfältigen medialen Quellen. Die wenigsten Interessierten können sich angesichts der damit verbundenen Kosten, der zeitlichen Aufwendungen oder der Teilnehmerbegrenzung[8] ein zusätzliches Urteil durch das direkte ‚Erleben‘ entweder als Aktive oder als ‚Fans vor Ort‘ bilden. Dass aber gerade das direkte (Mit)Erleben eines solchen Ereignisses – vor allem auch durch den dabei wirkenden emotionalen Effekt der Authentizität des Geschehens und des Ortes – von besonderem Einfluss auf ihre diesbezügliche Einstellung hat, bestätigen immer wieder all diejenigen, die Olympische miterleben konnten – in Deutschland vor allem diejenigen, die bei den Spielen in München 1972 direkt ‚vor Ort‘ waren.[9]

Beide Ebenen der Erkenntnisgewinnung, sowohl die nur indirekte über Informationen durch die Medien als auch die direkte durch das emotionale, authentische Erleben am Olympiaort, sind also letztlich urteilsbildend und bei Herausbildung einer finalen Entscheidung zu berücksichtigen.

2. Die Exkursion als Instrument der Meinungsbildung

2004 hat der Autor unter dem Titel „Erlebte Sportgeschichte“ einen Beitrag publiziert, der vehement für die Vermittlung von Sportgeschichte auch über Exkursionen zu historischen Orten der Bewegungskultur plädiert.[10] Dieser Beitrag beruhte auf Erfahrungen aus zahlreichen diesbezüglichen Exkursionen zu Zielen und Ereignissen im In- und Ausland mit Studierenden und allgemeinen Sportinteressierten über einen damals schon ca. 30jährigen Zeitraum.[11] Die Zielsetzung war jeweils, auf einem Fachgebiet ohne vertieftes Vorwissen wie der Sportgeschichte über den traditionellen Ort des Lernens und der Erkenntnisgewinnung (dem Hörsaal oder den Medien) hinaus eine zusätzliche, besondere Vermittlungsebene zu erschließen.  Neben der überwiegend kognitiven Ebene ‚zuhause‘, sollte das emotionale Erleben ‚vor Ort‘ dazu kommen. Dies war und ist eine Ebene, die durch die Authentizität des Ortes und seine bis dahin unbekannten Kontextstrukturen wie z.B. der Geografie, des Klimas, der sozialen Bedingungen oder der Mentalität der jeweiligen örtlichen Population eine zusätzliche Sichtweise eröffnet.

Dies galt z.B. bei den Exkursionen nach Griechenland für die geradezu ‚(An)Fassbarkeit‘ und ‚Begehbarkeit‘ des weltberühmten antiken Athener Zeustempels auf der Akropolis oder dem eigenen Lauf durch das Panathinaikostadion der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit  in Athen 1896, erbaut auf den Fundamenten des antiken Stadions von 330 v. Chr. . Oder in den Tagen bei den Olympischen Spielen in Peking 2008, geprägt durch die geradezu erdrückende Ballung von gleichförmig erscheinenden Menschen in der asiatischen 20Millionen-Stadt, deren fremdartige Sprache, die durchgehende beklemmende Luftfeuchtigkeit des chinesischen Sommers mit den Atem nehmenden Luftemissionen sowie dem Gegensatz von Tradition und Moderne auf engstem Raum – versinnbildlicht im dem  Nebenan von mittelalterlichem Kaiserpalast und der futuristischen Hochhäusern bzw. der zukunftsweisenden Architektur des Vogelnestes‘, des Olympiastadions. Ein drittes Beispiel ist die Erfahrung mit der australischen Olympiastadt Sydney, in deren wohl weltweit einzigartige natürliche Hafenbucht die weltberühmte „Sydney Opera“ eingefügt ist. Von deren  Plattform aus konnte man den zentralen Segelwettbewerb, das Finale des „Matchrace“ in der Soling-Klasse mit dem deutschen Silbermedaillengewinner Jochen Schümann, aus unmittelbarer Nähe verfolgen und war trotzdem mitten im Stadtzentrum – eine authentische Atmosphäre, die kein Bild der Medien vermitteln kann.

Von besonderer Bedeutung war dabei auch das jeweilige Gruppenerlebnis, sowohl mit der eigenen Fangruppe beim Campieren in der Enge des ‚Backpackers“ im Zentrum von Sydney[12] oder in Zelten ganz in der Nähe des neuen Olympiastadions im Athener Stadtteil Maroussi bei den Sommerspielen 2000 und 2004, als auch durch die freundschaftliche und offene Kommunikation mit Tausenden anderer Sportfans aus der ganzen Welt z.B. im Olympiapark von London 2012. Es entstand zumindest das temporäre Gefühl einer ‚auf ewig‘ möglichen friedfertigen Völkerverbindung. All dies sind Faktoren für die Formung von Einstellungen gegenüber dem ‚Neuen‘, die sich zuhause am Bildschirm oder durch die Berichte auf den Sportseiten der Medien nicht eröffnen und – bei aller verbleibenden Notwendigkeit der kritischen Ergänzung durch die Rezeption von kognitiv aufzunehmenden, zumeist medialen Sachinformationen – auch einen wichtigen Teil der Erkenntnisgewinnung und Meinungsbildung ausmachen können.

Viele Teilnehmer der Exkursionen haben genau diese Erfahrungen auch immer wieder zurückgemeldet, haben berichtet, dass sich ihre Wahrnehmung und ihre Einstellung von und zu Olympischen Spielen verändert hätte, sie sei konkreter, differenzierter und umfassender, aber auch kritischer geworden, sowohl gegenüber dem real Erlebten als auch gegenüber der medialen Berichterstattung. Insbesondere die vom IOC immer wieder als moralisches Fundament postulierten olympischen Werte – wie z.B. die völkerverbindende Kommunikation – sei erstmals zumindest in Teilen erlebbar geworden. Hierzu beispielhaft einige entsprechende Kommentare von ehemaligen Exkursionsteilnehmern: „Nicht zu vergessen ist auch der Besuch im Deutschen Haus. Die Akkreditierungskarte hängt immer noch zuhause im Arbeitszimmer am Regal. Die Spiele waren ein tolles Erlebnis!“ und weiter „In den Folgejahren war mein Interesse, live Fernsehsendungen zu den Olympischen Spiele zu verfolgen, groß. Da bin ich auch schon mal früh aufgestanden oder erst sehr spät ins Bett gegangen. Manchmal musste ich dran denken, dass ich vor vier oder acht Jahren selber dort auf der Tribüne gesessen habe.“[13] Oder: Den olympische Gedanken vor Ort zu erleben, das ist in der Rückbetrachtung gesehen, auch deutlich mehr als das wie es in den Medien oder der Politik kommuniziert wird.“[14] Ein anderer:An die Spiele von Athen erinnere ich mich noch sehr gerne; ein ungezwungenes Erleben der Wettkämpfe verbunden mit persönlichen Kontakten mit verschiedensten Sportlern, Betreuern und Funktionären im Deutschen Haus!“.[15] Die Besonderheit des direkten Erlebens vor Ort wird nachhaltig deutlich auch im letzten Beispielkommentar: „Ich war fasziniert von Olympia. Von der Gastfreundschaft der Ausrichter speziell in Sydney, die faire Begeisterung auch für Leistungen von Athleten anderer Nationen (ich erinnere an den unfassbaren Stadion-Roar beim 400m-Sieg von Cathy Freeman), den völkerverbindenden Kontakten, der Friedlichkeit, der allgegenwärtigen Hilfe in fremder Umgebung, der Chance auch für sonst nicht im Mittelpunkt stehenden Sportarten, sich präsentieren zu können.“[16]

3. Übertragbarkeit der Exkursionserfahrung auf heutige Verhältnisse

Sind die Erfahrungen mit den Exkursionen zu Olympischen Spielen generell übertragbar und unter heutigen Bedingungen noch empfehlenswert bzw. wiederholbar? Die Antwort des Autors lautet ’Jein‘. Einerseits hat der grundsätzlich positive Wert einer direkten Teilnahme an solch einem Großereignis weiterhin Gültigkeit, andererseits haben sich die Rahmenbedingungen hierfür inzwischen jedoch zum Negativen verändert. Das gilt sowohl für die inneren Strukturen des Organisators IOC und seiner Spiele, die auch nach Reformen immer noch nicht ausreichend akzeptabel sind, als auch für die Möglichkeiten, eine Exkursion zu Olympischen Spielen in der oben beschriebenen Art heute noch zu realisieren.

Der ausgewiesene Experte in Fragen internationaler Sportpolitik, Prof. Dr. Helmut Digel,[17] beschreibt in seinem Online-Magazin „Sport nachgedacht“ unter dem Titel „Die XXXIII. Olympischen Spiele in Paris 2024 auf dem Prüfstand – wie erfolgreich ist die Reformpolitik des IOC-Präsidenten Dr. Thomas Bach?“[18] die mit der „Olympischen Agenda 2020“ und der „Agenda 2020 + 5“ vom IOC verabschiedeten Reformen. Sie sind die Reaktion auf die nahezu Zerstörung von Coubertins Idee des „Modernen Olympismus“ vor allem in der Ära des spanischen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch (1980-2001) durch Korruptionsskandale mehrerer führender IOC-Mitglieder mit dem Charakter „krimineller Machenschaften“. „Zur ethisch-moralischen Krise kam eine organisatorische Krise hinzu“[19], die sich bereits während der Amtszeit von dessen Nachfolger, dem Belgier Jacques Rogge (2001-2013), abzeichnete, insbesondere aber zu Beginn der Amtszeit des deutschen IOC-Präsident Thomas Bach (seit 2013). „Die Spiele waren immer größer geworden und auch unter finanziellen Gesichtspunkten stellte sich immer entschiedener die Frage, ob Olympische Spiele unter den Vergabebedingungen des IOC auch zukünftig noch möglich sind. Die Anzahl der Bewerber für Olympische Spiele – insbesondere aus offenen Demokratien – ging immer weiter zurück. Die öffentliche Kritik am IOC hingegen nahm kontinuierlich zu.“[20]

Digel kommt nun in seinem Beitrag aber auch zu der Feststellung, dass mit Thomas Bach eine nachhaltige Wende in der Entwicklung des IOC und seiner Spiele eingetreten sei („…es muss wohl als Glücksfall bezeichnet werden, dass im Jahre 2013 ein Präsident an die Spitze des IOC gewählt wurde, der das Wort <Reform> in das Zentrum seiner Sportpolitik rückte…“).[21] Mit den IOC-Agenden von 2020 sei die Kritik am IOC und seinen Spielen aufgenommen und die Struktur, die Handlungsbereiche und die Entscheidungsprozesse den aktuellen und zukünftigen Anforderungen für solch ein Weltsportereignis in einer sich zuspitzenden schwierigen Weltlage angepasst worden. Da die Reformen auch schon nahezu vollständig umgesetzt worden seien, konnte die Existenzkrise der jüngeren Vergangenheit überwunden werden. Digel kommentiert 15 positive Reformentscheidungen[22], die aus Sicht vor allem von Bach notwendig waren, „um die von ihm selbst als ehemaligem Olympischen Athleten[23] erlebten Olympischen Spiele zu bewahren und in eine bessere Zukunft zu führen[24].

 

Ob Digel mit seiner positiven Bewertung der Reformen insgesamt Recht behält, bleibt abzuwarten und wird in Bezug auf den Ablauf der Spiele schon der erste Praxistest bei den Spielen im kommenden Sommer 2024 in Paris zeigen – vor allem aber dann in den folgenden Jahren insbesondere in Bezug auf die Umsetzungen in solch politisch zentralen Aktionsfeldern wie der Menschenrechtsverpflichtung und des Klima- und Umweltschutzes. Die Einhaltung der UN-Menschenrechtskonvention dürfte bei demokratischen Gastgeberstaaten wie Frankreich, Italien (Winterspiele 2026), USA (Sommerspiele 2028) oder Australien (Sommerspiele 2032) kein Problem darstellen. Wie ist dieses Kriterium aber in einer autoritären Monarchie wie Saudi-Arabien einzuhalten, das als Gastgeber der Olympischen Spiele 2036 in der Diskussion ist?

Nur bedingt greift die Reform auch in der Frage des strukturellen Demokratiedefizits in dem zentralen Gremium der Olympischen Bewegung, dem Komitee mit seinen 115 Mitgliedern. Das IOC bleibt in seinem Kern – bei den bis zu 70 persönlichen Mitgliedern – ein Selbstrekrutierungsgruppe, ohne dass diese von einer Mitgliederbasis – wie in einem ‚normalen‘ Verein – kontinuierlich durch Wahlen legitimiert werden. Dieses Demokratiedefizit gilt auch weitgehend für eine weitere Mitgliedergruppe des IOC, die Repräsentanten der internationalen Weltsportfachverbände (Regel 16,1.1.3 der IOC-Charta bis zu 15 Personen), die in ihren Verbänden überwiegend zwar formal korrekt, aber nicht auf der Basis des demokratischen Urprinzips einer repräsentativen Zusammensetzung des jeweiligen Wahlgremiums gewählt worden sind.[25]

Von bleibender Bedeutung ist auch die Forderung nach einer radikalen Berücksichtigung der stetig steigenden Anforderungen im Sinne einer ökologischen Umweltpolitik. Noch gibt es keine Sicherheit, dass dabei auch durchgängig die notwendigen Standards eingehalten werden. Des betrifft vor allem die olympischen Winterspiele, die z.B. bei den letzten Spielen in China 2022 – also nach den Festlegungen durch die Agenda 2020 – zu einem viel zu hohen Wasserverbrauch führten, für das Anlegen einer alpinen Abfahrtsstrecke erhebliche Teile eines Naturschutzgebietes zerstört oder große Mengen an Plastikmüll produziert wurden. Für die Winterspiele 2030 ist auch Saudi-Arabien im Gespräch, das schon für 2029 mitten in der Wüste – und bisher noch ohne eine adäquate Sportstätte –die Asiatischen Winterspiele zugesprochen bekommen hat.

 

Ein anderes Problem stellt auch der weiterhin bestehende direkte, aber vor allem auch indirekte Einfluss der Kommerzialisierung der Olympischen Spiele dar, der seit Einführung des Sponsoren-Programms „TOP“ (The Olympic Program) 1985 ungebrochen die Rahmenbedingungen für Olympische Spiele mitbestimmt hat. Dabei ist es absolut nachvollziehbar, dass das IOC und die jeweiligen nationalen Veranstalter die Finanzierung der Spiele zu einem Großteil durch Sponsorengelder und durch Einnahmen aus der Vergabe von TV-Rechten akquirieren müssen. Es entspricht auch der ökonomischen Logik, dass die Sponsoren und TV-Kanäle dafür Gegenleistungen beanspruchen, z.B. durch exklusive Verkaufsrechte ihrer Produkte in den Olympiaparks oder grundsätzlich bei der zeitlichen Mitgestaltung des Wettkampfprogramms. Wenn die Präsenz und Mitgestaltungsmöglichkeiten der Sponsoren und TV-Medien jedoch so dominant werden, dass sie die Möglichkeiten der Teilnahme für den olympischen ‚Normaltouristen‘ de facto verhindern, zumindest aber stark beeinträchtigen, dann wird diese Einnahmequelle grenzüberschreitend, nicht mehr akzeptabel. Abgesehen von den atmosphärischen Negativeindrücken und -empfindungen durch die Allpräsenz der Sponsoren mit ihren hyperaktiven Werbe- und Selbstdarstellungen, die den Olympiatouristen beinahe ständig zu der Frage führten, ob sie an einer Sportveranstaltung oder einer Produktmesse teilnähmen[26], beschränkt die Sponsorenpräsenz auch schon im Vorfeld der Spiele die Rahmenbedingungen für eine Fanteilnahme, und zwar vor allem im logistischen Bereich. Der Autor hat solche Erfahrungen z.B. bei dem zentralen Faktor des Quartiers für eine Exkursionsgruppe bei seinen realisierten olympischen Exkursionen zu den Sommerspielen von 2000 bis 2012 und dann im Extremfall bei der gescheiterten Exkursion zu den Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro gemacht.[27] Die Suche – und zwar ‚vor Ort‘ – nach einer bezahlbaren und fahrtechnisch noch machbaren Hotelunterkunft für die Exkursionsgruppe im oder im Umfeld der Olympiaorte von Sydney, Athen, Peking, London[28] und Rio de Janeiro scheiterte jeweils an den zu hohen Kosten, wobei dem immer das gleiche Muster zu Grunde lag: Die Hotelangebote in der logistisch noch machbaren Olympiaregion waren infolge von ‚Vorbuchungen’ – besser Vorhaltungen durch das Organisationskomitee für die Sponsoren und ihre potentiellen VIP-Gäste, d.h. Kunden – so verknappt, dass die geforderten Übernachtungspreise für den Normalverdiener nicht mehr bezahlbar waren.[29] Ein Teil dieser Quartiere wurde schlussendlich aber gar nicht in Anspruch genommen und kamen kurz vor den Spielen zu erschwinglichen Preisen wieder auf den Markt, allerdings dann zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Gruppenexkursion nicht mehr zu organisieren war.[30] Und diese Situation ist kein Einzelfall, sondern gilt grundsätzlich auch heute noch für die Spiele von Paris im Sommer 2024, bei denen bis ca. 50km aus der Stadt heraus kein bezahlbares Hotel für eine mittlere bis größere Gruppe mehr buchbar ist, wie die Bemühungen des Autors ergeben haben.[31]

 

Über die negativen Einflüsse auf die Programmgestaltung bei großen internationalen Sportevents durch TV-Medien ist ja in der Vergangenheit schon vielfach berichtet worden.[32] Wenn die Ansetzungen von Wettkampfzeiten zu sog. „Primetimes“ für den jeweiligen Hauptlizenznehmer[33] – jedoch nicht zu Zeiten optimaler Wettkampfbedingungen für die Athleten*innen – erfolgt, dann ist im Extremfall die Gesundheit der Sportler*innen gefährdet, vor allem aber auch die Regularität des Wettkampfes nicht mehr gegeben. Das IOC als ‚Verkäufer‘ kommt dann – allein aufgrund kommerzieller Zugeständnisse – weder seiner humanen Verantwortung gegenüber den Athleten*innen, noch als Organisator seiner Verpflichtung zur Gewährleistung angemessener, Höchstleistungen ermöglichender Rahmenbedingungen für sportlicher Wettkämpfe auf Weltniveau nach.[34] Und in diesen Bereichen versprechen auch die Reformen des IOC noch keine Sicherheiten. Das Partnerprogramm TOP und der Einfluss der Großsponsoren ist ungebrochen.

 

Ein weiteres Problem – sowohl in Bezug auf den Erwerb als auch die Bezahlbarkeit – stellen heute auch die Tickets für die Wettbewerbe bei einer Gruppenexkursion dar. Die Vergabe der Tickets weitgehend über Verlosungen mit begrenzter Anzahl der Abgabe ermöglicht es kaum noch, zu gewünschten Wettbewerben zusammenhängende Ticketpakete für eine Exkursionsgruppe von ca. 30-50 Personen zu erhalten. Dazu kommen die Preissteigerungen für relevante Wettbewerbe, die nur noch für Einkommenseliten erschwinglich sind. Wer beispielsweise zu Olympischen Sommerspielen fährt, der möchte in der Regel auch einmal einen Finalabend in einer Kernsportart wie der Leichtathletik im Olympiastadion oder dem Schwimmen im Olympiabad miterleben. Kostete solch ein Ticket bei der Leichtathletik in einer mittleren Sitzkategorie (also nicht in den Stadionrunden, aber auch nicht Mitte der Haupttribünen) noch vor 10-20 Jahren ca. 120 €-150 € muss man heute zwischen ca. 400€ bis 700€ dafür zahlen. Im Schwimmstadion kostete das Ticket bei einem Finalabend früher in der billigsten Kategorie 30 – 50 €, heute von 125 € aufwärts. Und wer fährt schon zu Olympischen Spielen, um nur Vorkämpfe im Bogenschießen zu sehen, für die nur ca. 30 € pro Ticket zu zahlen sind? Natürlich muss man mit kontinuierlichen Kostensteigerungen rechnen, aber diese immens hohen Ticketpreise resultieren auch daraus, dass das IOC und das Organisationskomitee die weltweite Nachfrage ausnutzt nach dem ökonomischen Prinzip „Hohe Nachfrage eines begrenzten Gutes lässt hohe Preise durchsetzen“. Aber wer kann die bezahlen, nur noch die Vermögenden! Und das bedeutet gerade nicht die Realisierung des in der Agenda 2020 vorgegebenen Versprechens, dass die Spiele wieder zu den Menschen kommen.[35] In diesen Kontext eines ausgeuferten Kostenrahmens gehört auch das für selbstorganisierte Exkursionen heutzutage nicht mehr abzusichernde finanzielle Risiko bei Ausfällen, Naturereignissen oder Unfällen.

5. Fazit

Jedem ist grundsätzlich nur zu wünschen, dass er zumindest einmal im Leben Olympische Spiele ‚vor Ort‘ miterleben kann, d.h. die Singularität des olympischen Kommunikationsortes mit Tausenden friedlicher und die gleiche Sportleidenschaft teilender Mitmenschen aus allen Teilen dieser Welt.  Es ist ein tiefes und nachhaltiges Erlebnis, das jeden Sportinteressierten auch emotional zu prägen vermag. Darüber hinaus ist neben der traditionellen Informationsquelle der Medien das Erleben ‚vor Ort‘ auch für die kritische, nicht gefilterte Urteilbilsdung über Olympische Spiele durch nichts zu ersetzen. Das Eintauchen in den direkten Handlungsraum des Ereignisses bietet die Möglichkeit einer ganzheitlichen Rezeption der Spiele, einschließlich einer Fassbarkeit des sonst zumeist in einem undurchsichtigen Nebel verbleibenden sog. ‚Olympischen Geistes‘. Und diese kritische Urteilsbildung ist nach den negativen Erfahrungen mit der Olympischen Bewegung und ihren Spielen in jüngster Vergangenheit heute mehr denn je gefordert. Die Spiele und ihre Trägerorganisation, das IOC, haben spätestens seit den 1980er Jahre eine krisenhafte Entwicklung genommen – bestimmt von Korruptionsskandalen, Überdimensionierung, Umweltgefährdung und Intransparenz –, die eine Teilnahme sowohl aus moralischen als auch pädagogischen Gründen nicht mehr akzeptabel machten. Jetzt versucht das IOC, diese schwerwiegenden Defizite mit zahlreichen Maßnahmen – zusammengefasst in der Agenda 2020 – zu beheben und die Spiele wieder auf ihren positiven, insbesondere  ‚Wertekern‘ zurück zu führen, aber auch die Rahmenbedingungen transparent und nachhaltig zu gestalten. Die Umsetzungen wurden eingeleitet, müssen sich aber noch in der Praxis bewähren, in Bezug auf die Gestaltung und den Ablauf der Spiele erstmals in vollem Umfang im Sommer 2024 in Paris.

Für die Zukunft eröffnen sich durch die Reformen des IOC – insbesondere bei erfolgreicher Umsetzung der „Agenda 2020“ – jedoch neuerliche Perspektiven, die den Besuch Olympischer Spiele wieder sinnvoll und lohnenswert erscheinen lassen. Aber auch dann wird es sicherlich solche Exkursionen wie sie der Autor fast 20 Jahre lang von den 1990er bis in die 2010er Jahre überwiegend für Studierende organisiert und geleitet hat nicht mehr geben. Heute ist eine so hohe Risikoabsicherung in Bezug auf die immens gesteigerten Kostenaufwendungen – insbesondere für Unterkünfte und Tickets – sowie für allgemeine Sicherheitsmaßnahmen notwendig, dass diese nur noch professionelle Reiseunternehmen gewährleisten können. Ein Vergleich derer Angebote zeigt aber auch, dass sie für ‚Low Budget-Gruppen‘ von Studierenden oder Schülern in der Regel kaum noch bezahlbar sind. Dieses gilt aber auch insgesamt für eine Teilnahme an heutigen Olympischen Spielen. Die Grundkosten für Reise, Quartier, Verpflegung und Tickets übersteigen für den durchschnittlichen Sportinteressierten in hohem Maße das Normalmaß seiner Investition in erlebnisorientierte Aktivitäten, sodass in der Regel der Besuch Olympischer Spiele einer Einkommenselite vorbehalten bleibt. Spiele für den ‚normalen‘ Olympiafan sind das noch nicht wieder – Spiele, wie sie der Autor noch als Student bei den Olympischen Spielen in München 1972 erlebt hat, spontan dort hingefahren ist, Tickets gekauft hat und ‚vor Ort‘ dabei war.

 

  • [1] Siehe DOSB-Beitrag „Made by Germany als Idee“.
  • [2] Ebenda.
  • [3] Durch IOC-Voten scheiterten deutsche Bewerbungen um Winter- oder Sommerspiele für 1960 durch Garmisch-Partenkirchen, für 1992 durch Berchtesgaden, für 2000 durch Berlin, für 2012 durch Leipzig und für 2018 durch München sowie schon vorweg auf der innerdeutschen Ebene durch negative Volksentscheide für Spiele 2022 in München und für 2024 n Hamburg.
  • [4] Die Vizepräsidentin des DOSB und Olympiasiegerin im Radsport Miriam Welte spricht sogar davon aus, dass der Leistungssport in Deutschland nur noch zu retten sei, indem wir Olympische Spiele nach Deutschland bekämen; siehe Interview mit dem RND vom 30.09.2023, Internet: https://www.rnd.de/sport/deutscher-spitzensport-zwischen-endzeitstimmung-und-olympia-hoffnung-YUHX4D4PQFBLNCO22PBG2HA7FA.html, Zugriff am 27.11.2023.
  • [5] In London hat es zahlreiche infrastrukturelle Modernisierungen insbesondere in den am Olympiapark  gelegenen und bis dahin heruntergekommenen Stadtteilen Stratford und Hackney gegeben; und auch in Paris und seinem Umfeld (insbesondere in der angrenzenden Problemkommune St. Denis) erfolgt jetzt der Versuch, durch die Schaffung neuen Wohnraums über die Nachnutzung des „Olympiadorfes“ sowie durch andere infrastrukturelle Maßnahmen einer nachhaltigen Verbesserung der Lebensqualität.
  • [6] Siehe Anmerkung Nr. 3.
  • [7] Siehe hierzu die Beiträge von Helmut Digel in seinem Onlinemagazin „Sport nachgedacht“ unter der Rubrik „Essays“: 1. „Der Weltsport zwischen Verstaatlichung, Privatisierung und Selbstzerstörung“, 2. „Der Weltsport hat ein Demokratiedefizit“ und 3. Das IOC und Der Weltsport zwischen Skylla und Charybdis. Internet: https://sport-nachgedacht.de/essays-der-woche/, Zugriff am 04.11.2023.
  • [8] Dies betrifft vor allem die Aktiven, deren Anzahl in jedem Wettbewerb nach dem Prinzip der Elitequalifikation begrenzt ist.
  • [9] Grundsätzlich hat dieses Münchner ‚Miterleben‘ – mit der selbstverständlichen Ausnahme des terroristischen Attentats einer Palästinensergruppe auf israelische Sportler/innen – überwiegend zu einer positiven Einstellung zu Olympischen Spielen geführt, bzw. diese gestärkt. Siehe zur Bedeutung des Miterlebens ‚vor Ort‘ auch Kap. 2.
  • [10] Buss 2004.
  • [11] 2004 waren dies Exkursionen zu historischen Orten des Sports in Griechenland, Italien, Großbritannien, Türkei und Israel sowie zu Olympischen Sommerspielen in Atlanta/USA 1996, in Athen/Griechenland 2000 und Sydney/Australien 2004; später kamen noch Exkursionen nach Peking/China 2008 und London/England 2012 hinzu.
  • [12] Ein „Backpacker“ ist eine Art Jugendherberge, eine sehr einfache Gemeinschaftsunterkunft mit Selbstverpflegung.
  • [13] Jens Germershausen, studentischer Exkursionsteilnehmer in Athen 2004.
  • [14] Kevin Thumann, studentischer Teilnehmer in Athen 2008.
  • [15] Wolfgang Thumser, Lehrer und Teilnehmer 2004 und 2008.
  • [16] Rainer Thumann, Journalist, Teilnehmer 2000, 2004 und 2008.
  • [17] Der emeritierte Sportsoziologe und Sportpolitologe, Prof. Dr. Helmut Digel, war neben seiner beruflichen Tätigkeit als Sportwissenschaftler an der Universität Tübingen im Ehrenamt Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes (1993-2001), Vizepräsident des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland (1993-2002) und Vizepräsident des Internationalen Leichtathletikverbandes (2001-2007).
  • [18] Helmut Digel, Online-Magazin „Sport nachgedacht“ unter der Rubrik Essays. Internet: https://sport-nachgedacht.de/essays-der-woche/, Zugriff am 06.11.2023
  • [19] Ebenda.
  • [20] Ebenda.
  • [21] Ebenda.
  • [22] Sie betreffen die Bereiche der Vergabe der Spiele, der  Anforderungen für die Durchführung der Spiele, die Compliance- und Good Governance-Regeln (Regeltreue), die Olympischen Werte mit Fair Play und Olympic Truce (Olympischer Waffenstillstand), die Athletenmitbestimmung, die Geschlechterparität, die aktive Kooperation mit den Vereinten Nationen, die Beziehungen zu staatlichen Zusammenschlüssen und NGOs, die  Menschenrechtsverpflichtung, die ‚Verjüngung‘ des Sportprograms, die Annahme der E-Sport Herausforderung, die ökologische Verantwortlichkeit und  Nachhaltigkeit der Spiele, die Finanzierbarkeit der Spiele, die Absicherung der ökonomischen Interessen des IOC, die Fan-Nähe der Spiele und den Olympic Channel (der IOC-eigene Fernsehkanal). Vgl. ebenda.
  • [23] Thomas Bach war als Florettfechter Olympiasieger mit der Mannschaft bei den Olympischen Sommerspielen1976 in Montreal/Kanada.
  • [24] Digel, a.a.O.
  • [25] In diesen Verbänden gilt immer noch das Prinzip „One Nation, one vote“, d.h. dass jeder nationale Mitgliederverband das gleiche Stimmgewicht hat, völlig unabhängig von seiner Größe und Bedeutung. So hat z.B. im größten internationalen Sportverband, dem Weltfußballverband FIFA, der erst 1992 gegründete nationale Fußverband der kleinen Karibikinsel Anguilla mit nur sechs spielwenden Mannschaften das gleiche Stimmrecht wieder deutsche Fußballverband DFB mit 7,4 Millionen Mannschaften und mit ca. 135000 Mannschaften. Vgl. hierzu auch Digel, Online-Beitrag Der Weltsport hat ein Demokratiedefizit“ und 3. Das IOC und Der Weltsport zwischen Skylla und Charybdis. Internet: https://sport-nachgedacht.de/essays-der-woche/, Zugriff am 04.11.2023.
  • [26] Die in den letzten Jahrzehnten ‚überbordende‘ Kommerzialisierung haben auch ehemalige Exkursionsteiler immer wieder kritisiert, so z.B. der Lehrer Wolfgang Thumser hier in Bezug auf seine Erfahrungen bei den Olympischen Spielen in Peking 2008: „Das Deutsche Haus (die von Sponsoren finanzierte Begegnungsstätte der deutschen Olympiamannschaft, d. V.) war nur noch eine Begegnungsstätte für Sponsoren und <Großkopferte> und somit ein extremes Entfernen von der Basis und dem Olympischen Gedanken. Seit Peking ist mein Interesse am Besuch der Olympischen Spiele erloschen! Da es allerdings auch im Fußball nur noch um das schnöde Geld geht, hat auch hier mein Interesse sehr stark nachgelassen. Durch diese permanente Kommerzialisierung des Sports geht, meines Erachtens, die Freude an sportlichen Großveranstaltungen absolut verloren!“ Oder beispielsweise der heutige Journalist Rainer Thumann, Teilnehmer von Sydney 2000 bis Peking 2008: „Meine Begeisterung mit dem unstillbaren Wunsch nach weiteren Teilnahmen ist allerdings durch die wahnsinnig kommerzielle Entwicklung (nicht mehr bezahlbare Tickets, wenn sie überhaupt verfügbar sind und nicht an Sponsoren vergeben werden/horrende Kosten für Unterkunft und Verpflegung) starker Ernüchterung, wenn nicht Enttäuschung gewichen. Es lebt nur noch die Reminiszenz an unglaublich schöne sportliche Erlebnisse!!“
  • [27] Aktuell auch bei der Suche nach einem Gruppenquartier in Paris für die Spiele 2024.
  • [28] Der Autor wich darauf in Sydney in einen sog. „Backpacker‘ (eine Art Jugendherberge), in Athen in Zeltunterkünfte und in Peking in eine sehr einfache Studentenunterkunft aus, deren Buchungen jedoch nur durch zufällige Kontakte zustande kamen.  In London konnte ein akzeptables Hotel gefunden werden, das aber ca. 1,5 Stunden Bahnfahrt ins Zentrum bzw. zum Olympiapark erforderte.
  • [29] Für ein Doppelzimmer einer 3*-Kategorie sollten mindestens 250-300 € und aufwärts/Nacht gezahlt werden.
  • [30] Der Autor ist als Exkursionsorganisator dann – nicht zuletzt durch sich zufällig ergebende Gelegenheiten – auf Quartiere in einem Backpacker, in Zelten, in einem Studentenwohnheim sowie einem Hotel weit außerhalb des Olympiaortes ausgewichen – mit den entsprechenden Einschränkungen, letztlich aber mit dem zwar nicht unbedingt voraussehbaren, sich dann aber doch einstellenden positiven gruppendynamischen Effekten.
  • [31] Für Einzelpersonen und Kleingruppen sind bezahlbare Unterkünfte (z.B. Appartements) immer noch erschwinglich, jedoch nicht für die notwendig Gemeinschaftsunterkunft einer Exkursionsgruppe.
  • [32] Bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 ist das US-Unternehmen „Discovery“ Hauptlizenznehmer für die TV-Rechte und vergibt Sublizenzen an nationale TV-Sender wie die ARD und das ZdF in Deutschland.
  • [32] Das gravierendste Beispiel ist wohl die Ansetzung der Finalwettbewerbe im Schwimmen und Turnen in der Morgenzeit bei den Pekinger Spielen 2008 (Lokalzeit). Der wichtigste US-amerikanische Fernsehsender NBC hatte für die Übertragungsrechte der Olympischen Spiele von 2000-2008 3,5 Milliarden Dollar gezahlt und verlangte diese Zeitansetzungen in der für den amerikanischen Werbemarkt günstigsten Zeit, seiner „Primetime“ ab 19.00 Uhr. Siehe „Olympische Sommerspiele Peking 2008“,Wikepedia, Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Sommerspiele_2008, Zugriff am 12.11.2023.
  • [33] Bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 ist das US-Unternehmen „Discovery“ Hauptlizenznehmer für die TV-Rechte und vergibt Sublizenzen an nationale TV-Sender wie die ARD und das ZdF in Deutschland.
  • [34] Das gravierendste Beispiel ist wohl die Ansetzung der Finalwettbewerbe im Schwimmen und Turnen in der Morgenzeit bei den Pekinger Spielen 2008 (Lokalzeit). Der wichtigste US-amerikanische Fernsehsender NBC hatte für die Übertragungsrechte der Olympischen Spiele von 2000-2008 3,5 Milliarden Dollar gezahlt und verlangte diese Zeitansetzungen in der für den amerikanischen Werbemarkt günstigsten Zeit, seiner „Primetime“ ab 19.00 Uhr. Siehe „Olympische Sommerspiele Peking 2008“,Wikepedia, Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Sommerspiele_2008, Zugriff am 12.11.2023.
  • [35] Siehe Digel, Die XXXIII. Olympischen Spiele in Paris 2024 auf dem Prüfstand…“, Projekt Nr. 14. Internet:

Quellen und Literatur

Letzte Bearbeitung: 28.2.2024