Die öffentliche Meinung von den modernen Olympischen Spielen und dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) weist von Nation zu Nation große Unterschiede auf. Die empirischen Befunde und Fakten, die Bewertungen und Urteile aber auch die Vorurteile über die Spiele und den Olympismus, die die Menschen in diesen Nationen erhalten, kennen und teilen oder ablehnen, hängen dabei in erster Linie von der massenmedialen Berichterstattung ab, der die Menschen in ihren Ländern ausgesetzt sind. Das Bild, das von den Massenmedien von den Olympischen Spielen und vom Olympismus gezeichnet wird, ist dabei meist von Topoi geprägt, die von Journalisten¹ in ihrer Berichterstattung oft weltweit redundant wiederholt werden, so dass die Topoi sich mittlerweile zu Stereotypen entwickelt haben, die meist unhinterfragt Jahr für Jahr wiederholt und tradiert werden. Folgt man dieser an Stereotypen orientierten Berichterstattung, so sind olympische Funktionäre korrupt, das IOC in seiner organisatorischen Verfasstheit undemokratisch, die Spiele selbst zu teuer und die Athleten werden bei diesen Spielen ausgebeutet.
Ein Stereotyp hat dabei eine besonders lange Tradition. Bei seiner massenmedialen Verbreitung wird dabei behauptet, dass die meisten Olympischen Spiele, die bislang durchgeführt wurden, sog. „weiße Elefanten“ hinterlassen haben. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass mit dem Bau der Olympischen Sportstätten in der Vergangenheit verantwortungslos umgegangen wurde, dass beim Bau der Sportstätten Steuermittel verschwendet wurden und dass die Olympischen Spiele Bauruinen zurücklassen. Als Beleg für diese Auffassung und Meinung über die Olympischen Sommerspiele wird dabei regelmäßig auf die Olympischen Spiele von Athen im Jahr 2004 verwiesen, die demnach nahezu ausschließlich Sportruinen hinterlassen haben. Vor und während der Olympischen Winterspiele in Peking 2022 wurden gegenüber dem chinesischen Gastgeber in Bezug auf die neu geschaffenen Wintersportstätten vergleichbare Vorwürfe erhoben. Wie die meisten Kritiker der modernen Olympischen Spiele habe auch ich selbst in mehreren meiner Publikationen den Topos von den „gefährlichen weißen Elefanten“ bei Olympischen Spielen übernommen und von einer besonderen Sportstättengefahr bei diesen Spielen gesprochen, ohne dass ich aber selbst meinen Vorwurf mit ausreichend fundierten empirischen Fakten belegt habe.
In diesen Tagen ist nun zum ersten Mal eine Studie erschienen, in der die Nutzung von Olympischen Sportstätten in einem Zeitraum von 125 Jahren, von den ersten modernen Olympischen Spielen von Athen 1896 bis zu den Olympischen Winterspielen in PyeongChang 2018 etwas genauer untersucht und deren Nutzung nach den Spielen rekonstruiert wurde. Die Daten der Studie basieren auf Angaben der Eigentümer und Betreiber der Sportstätten, auf Angaben der Städte und Regionen, in denen die Olympischen Spiele jeweils stattgefunden haben, und auf Antworten der jeweiligen gastgebenden Nationalen Olympischen Komitees. Die Daten wurden von KPMG, einem unabhängigen Unternehmen u. a. in dem Bereich Wirtschaftsprüfung, nach dem Prüfstandard ISAE 3000 zertifiziert.
Folgt man den Erkenntnissen dieser Studie, so wurden in dem untersuchten Zeitraum für 51 Olympische Spiele 923 Sportstätten bereitgestellt. Von diesen Sportstätten wurden 800 als permanente Sportstätten konzipiert, 106 wurden temporär erstellt. Waren es bei den ersten Spielen in Athen 1896 lediglich sechs Sportstätten, so ist die Anzahl der Sportstätten kontinuierlich gewachsen. Mit der Erweiterung des Olympischen Programms kamen auch immer weitere, und auch neue Typen von Sportstätten hinzu. Bei den Sommerspielen wuchs die Anzahl der Sportstätten im untersuchten Zeitraum von sechs (Athen 1896) auf 22 (Paris 1924), auf 33 (München 1972) bis auf 40 im Jahr 2008 bei den Spielen in Peking. Bei den Winterspielen lässt sich ein vergleichbares Wachstum beobachten. Waren es bei den ersten Spielen 1926 in Chamonix nur drei Sportstätten, so waren es 1936 bei den Spielen in Garmisch-Partenkirchen bereits acht. 1968 waren es in Grenoble dann bereits 21 Wintersportstätten und bei den Winterspielen 2018 in Pyeong Chang waren es 15.
Das Ergebnis dieser Studie, das am meisten überrascht, ist der Befund, dass 87% (Sommerspiele) bzw. 83 % (Winterspiele), der für die Spiele neugebauten Sportstätten bzw. bei der Auswahl der Austragungsstädte (Regionen) bereits bestehenden permanenten Sportstätten noch immer genutzt werden. Von den Sportstätten, die im 21. Jahrhundert bei den Olympischen Spielen genutzt wurden, sind 92 % noch bis heute im Betrieb. Teilt man das 20. Jahrhundert in drei Drittel auf, so sind von jenen Sportstätten, die im ersten Drittel erbaut wurden noch 70 % genutzt, im zweiten Drittel wird eine Zahl von 82 % erreicht, die Anzahl der noch genutzten Sportstätten steigt für das dritte Drittel auf 90 %.
In der Studie wird auch ein etwas genauerer Blick auf die sog. „Komplex Venues“, die komplexen Veranstaltungsorte, geworfen. Erfasst werden dabei das Olympiastadion, das Olympische Dorf, die Schwimmeinrichtungen, das Velodrom, die Skisprungschanzen, die Eisschnellaufbahn und die Eishockeystadien. Von der Gesamtheit von 925 Olympischen Sportstädten gehören zu dieser Kategorie 247. Von diesen werden heute noch 87 % genutzt; 13 % sind nicht mehr aufzufinden.
Die Nachnutzung der Sportstätten geschieht dabei auf unterschiedliche Weise. Einige werden als Trainings- und Wettkampfstätten des Spitzensports genutzt, andere dienen als Freizeitsportanlagen. Olympische Sportstätten können nach den Spielen aber auch als Kultur- und Erziehungseinrichtungen, als Tourismusattraktionen und als Büroeinrichtungen für die Wirtschaft genutzt werden. Häufig sind sie aber auch Veranstaltungsorte für Events der Unterhaltungsindustrie.
Von den 817 permanenten Olympischen Sporteinrichtungen sind 124 (15 %) heute nicht mehr existent. 88 davon wurden zurückgebaut oder aus unterschiedlichen Gründen zerstört. Einige haben ihr „architektonisches Lebensende“ erreicht, einige wurden im Krieg zerstört einige wurden durch neue urbane Entwicklungsprojekte ersetzt.
Die Relationen der temporären Sportstädten im Vergleich zu den permanenten Olympischen Sporteinrichtungen hat sich während der nachgezeichneten 125 Jahre ständig verändert. Waren es zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch 16 % temporäre Sportstätten, so ist der Anteil der temporären Sportstätten nach dem Zweiten Weltkrieg auf 9 % und später dann auf den niedrigsten Wert von 7 % gefallen. Erst in jüngster Zeit ist der Anteil der temporären Sportstätten auf 14 % wieder angestiegen, und er wird nun auf der Grundlage der wegweisenden Beschlüsse in Bezug auf die Sportstätten, wie sie durch die „IOC-Agenda 2020 und 2020 +5“ vorgegeben sind, noch ganz wesentlich steigen. Bei den Spielen in Paris (2024) und Los Angeles (2028) ist dies bereits absehbar. Gleiches gilt für die Sportstätten bei den nächsten Winterspielen in Cortina d‘Ampezzo und Mailand (2026). Von den in Paris erforderlichen Sportstätten werden nur 5 % Neubauten sein. Bei den Spielen in Los Angeles wird angesichts der bestehenden exzellenten Infrastruktur keine einzige neue Sportstätte notwendig sein. Die Ausrichter von Mailand Cortina 2026 gehen davon aus, dass nur 7 % der erforderlichen Sportinfrastrukturen für diese Winterspiele neu zu erstellen sind.
Ein Blick auf einige Einzelbefunde dieser Studie ist ebenfalls lohnenswert. So wird in Bezug auf den häufig gescholtenen Olympischen griechischen Gastgeber der Spiele im Jahr 2004 festgestellt, dass von den 32 permanenten Sportstätten der Spiele von Athen 75 % weiterhin genutzt werden. Andere olympische Orte, die ebenfalls schon seit längerer Zeit der „Weiße-Elefanten Kritik“ unterliegen, können ebenfalls auf überraschende Befunde verweisen. Die Nachnutzung der Olympischen Sportstätten der Winterspiele von Sapporo, Salt Lake City und Vancouver weisen eine Quote von 83 %, 100% und 100% bei jeweils zwölf permanenten Sportstätten auf. Für die Sommerspiele von Barcelona 1992 wird eine Quote von 94 % bei 35 permanenten Sportstädten konstatiert. Für die viel kritisierten Spiele von Rio de Janeiro 2016 weist die Studie einen Befund von 93 % der 28 permanenten Sportstätten auf.
Für die Ausrichtung von Winterspielen kann Innsbruck 1964 und 1976 gemäß der Studie als ein besonders nachahmenswertes Beispiel dienen. Die zehn permanenten Sportstätten, in denen im Jahr 1964 und 1976 Winterspiele stattfanden, werden heute alle noch genutzt. Vier dieser Sportstätten existierten bereits vor den Spielen. Die Olympiahalle und die Eisschnelllaufbahn stehen heute noch für 20 verschiedene Sportarten zur Verfügung. Die Anlagen sind sowohl für den Spitzen- als auch für den Breitensport zugänglich und jährlich finden Dutzende Events in und auf diesen Anlagen statt. Zwischenzeitlich fanden 2005 die Winteruniversiade in Innsbruck ebenso wie 2020 die „Winter World Masters Games“ statt. Außerdem fanden in diesen Anlagen die Weltmeisterschaften im Klettern, Handball, Volleyball, Eishockey, Bob und Skeleton statt. Die „Berg Isel Schanze“ ist nach wie vor eine wichtige Sportstätte für die besten Skispringer der Welt und sie ist gleichzeitig auch eine beliebte Touristenattraktion. Die „Toni Seelos Schanze“ ist noch immer für die nordische Kombination eine wertvolle internationale Sportstätte. Im ehemaligen Olympischen Dorf, das im Jahr 1976 erweitert wurde, wohnen permanent mehr als 7000 Menschen und schließlich wurden sämtliche Anlagen erneut bei den Olympischen Jugendspielen im Jahr 2012 genutzt.
In der öffentlichen Diskussion über die Olympischen Sportstädten werden häufig München 1972 und Barcelona 1992 als jene Spiele erwähnt, die in Bezug auf die Entwicklung von Sportstätten und einer durch die Ausrichtung von Spielen wünschenswerten Modernisierung von Infrastrukturen als positive Orientierungspunkte dienen können. In der Studie werden hingegen vor allem die häufig kritisierten Ausrichterstädte Rio de Janeiro und Athen2004 etwas genauer betrachtet.
Athen muss auch auf der Grundlage dieser Befunde als ein Beispiel bezeichnet werden, das ganz gewiss nicht nachahmenswert ist. Von den 32 permanenten Sportstädten werden acht davon heute nicht mehr genutzt. Die Galatsi Olympic Hall wird überwiegend sportfremd für Konzerte, von Künstlergruppen, als Fernsehstudios und Regierungsbüros genutzt. Das Agios Kosmas Segelzentrum wurde ein privater Bootshafen und das Internationale Broadcasting Center ist heute eine Shopping Mall. Im großen Helleniko Olympic Komplex befinden sich heute noch fünf Sportstätten, die jedoch geschlossen sind, und deren Reparatur nicht gesichert ist. Dieser Komplex ist mit gravierenden politischen, wirtschaftlichen und administrativen Problemen konfrontiert und hat mittlerweile mehrfach den Besitzer gewechselt. Das Olympische Dorf und das Mediendorf sind private Wohnimmobilien geworden und der Phaleron Sports Pavillon wurde zum Convention Center. Das Karaiskakis Stadion ist seit den Spielen das Heimstadion des Fußballklubs Olympiakos Athen.
Folgt man den Erkenntnissen der Studie so ist auch ein genauerer Blick auf die Spiele von Rio de Janeiro im Jahr 2016 lohnenswert. Dort gab es 28 permanente Sportstätten, die überwiegend neu gebaut wurden. Von den sieben temporären Sportstädten wurden zwei mittlerweile wieder völlig abgebaut. Der olympische Park existiert noch heute mit der „Rio Olympic Arena“ als dessen Zentrum. Dort finden Konzerte, Sportveranstaltungen und „E-Sportwettbewerbe“ statt. Das „Maria Lenk Aquatics Center“ wird von Schwimmvereinen genutzt. Aber auch die Sportarten Tauchen, Leichtathletik und Judo nutzen diese Sportstätte. Das Velodrom ist das Trainingszentrum des brasilianischen Radsportverbandes. Die aus Anlass der Olympischen Spiele neu gebaute Golfanlage ist mittlerweile GEO zertifiziert und gilt als ökologisches Vorzeigeprojekt Brasiliens. Im ehemaligen Oympischen Dorf befinden sich heute 922 private Apartments. Der ursprüngliche Plan, die Wohnungen des Dorfes als Luxus-Immobilien zu verkaufen, konnte angesichts der wirtschaftlichen und politischen Instabilität Brasiliens nicht umgesetzt werden. Noch im Jahr 2020 stand die große Mehrheit der einzelnen Gebäude des Oympischen Dorfes leer. Auf Grund von vielfältigen Managementfehlern und Verwaltungsdefiziten war die Nachnutzung der Sportstätten grundsätzlich äußerst schwierig. Ester zwei Jahre nach den Spielen ist überhaupt eine Weiternutzung der meisten Sportstätten möglich gewesen.
Machen die Spiele von Rio 2016 auf einige Fehler aufmerksam, die zukünftige Ausrichter dringend zu vermeiden haben, so können die Spiele von Seoul 1988 wohl eher in die Gruppe der „Best Practice Beispiele“ eingeordnet werden. Von den 28 permanenten Sportstätten wurden damals 14 neu gebaut, 14 bestanden bereits, nachdem Seoul zur Vorbereitung der Spiele 1986 die Asiatischen Spiele ausgerichtet hatte. Die Olympischen Sportstätten Seouls werden heute noch in vielfältiger Weise für sportliche-, kulturelle-, Erziehungs-,Freizeit- und Unterhaltungsaktivitäten genutzt. Der Olympiapark ist nach wie vor eine besondere touristische Attraktion Koreas. Er wird täglich im Durchschnitt von 14.000 Gästen besucht. Im Park gibt es vielfältige Sport-, Kultur- und Freizeitangebote. Der „Skulpture Garden“ weist eine große Kollektion moderner Skulpturen von Künstlern aus 66 Ländern auf. Die „Jamsil Area“, in der während der Spiele die meisten Sportwettkämpfe stattgefunden haben, hat mittlerweile eine infrastrukturelle Erneuerung aufzuweisen wie überhaupt die Spiele von Seoul für verschiedene koreanische Transformationsprozesse mithilfe der neuen Sportinfrastrukturen eine wichtige Unterstützung bedeutet haben und auch noch heute bedeuten. Das Olympiastadion wird heute noch regelmäßig als Nationalstadion für Fußballspiele genutzt. Es ist das Heimstadion des Fußball Clubs „Seoul E-Land“, und jährlich ist dieses Stadion auch in den Internationalen Seoul- Marathon mit einbezogen. Derzeit wird das Stadion renoviert und modernisiert. Die „Han River Area“ existiert ebenfalls noch. Sie wurde mit neuen Grünvierteln versehen und erhielt mittlerweile eine bessere Transportinfrastruktur.
Die Geschichte von den „weißen Olympischen Elefanten“ wird vermutlich auch noch in den nächsten Jahren erzählt werden. Sind Vorurteile zu Stereotypen erstarrt, so haben sie meist eine lange Lebensdauer. Und es muss ja auch hinzugefügt werden, dass Vorurteile immer auch einen Aspekt empirischer Realität abbilden. Das zeigen auch die Befunde der IOC Studie über die Nutzung der Olympischen Sportstätten in den vergangenen 125 Jahren. Hinzukommt, dass auch diese Studie methodische Mängel aufweist wie sie allerdings wohl kaum bei vergleichbaren Studien zu vermeiden sind. Fragen zur Reliabilität, Validität und Objektivität können in Bezug auf diese Studie von wissenschaftlichen Experten gestellt werden. Der Kernbefund dieser Studie kann jedoch meines Erachtens damit nicht in Frage gestellt werden. Die öffentliche Meinung über die Nachhaltigkeit Olympischer Spiele und deren Sportstätten bedarf dringend einer Revision. Sie ist von Vorurteilen geprägt, die einer genaueren empirischen Überprüfung nicht standhalten. Die Studie kann auch als ein Beleg gedeutet werden, dass der moderne Olympismus mit seinen Olympischen Sommer- und Winterspielen über seine Sportanlagen und über seine weiteren Olympischen architektonischen Einrichtungen ein Fundament besitzt, das durchaus als stabil zu bezeichnen ist. Auf dieses Fundament können auch noch zukünftige Spiele bauen und die Studie kann als eine „Motivationsstudie“ bezeichnet werden, mit der zukünftige Interessenten für die Ausrichtung Olympischer Spiele motiviert werden, sich auf der Grundlage der nachahmenswerten historischen Beispiele um die Ausrichtung ökonomisch und wirtschaftlich nachhaltiger Olympische Spiele zu bewerben.
Exkurs zum Schluss dieses Essays
Am letzten Wochenende folgte ich einer Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung, um über das Thema „Zum Zusammenhang zwischen Sport und Politik“ vor 25 Stipendiaten zu sprechen, die in ihrem Studium in den unterschiedlichsten Fächern an deutschen Universitäten von dieser Stiftung finanziell unterstützt werden. Aus naheliegenden Gründen begann ich meine Ausführungen mit einer kurzen Befragung über Herkunft, Werdegang und aktuelle Stellung und Auftrag des deutschen IOC-Präsidenten Dr. Bach. Die Antworten der Stipendiaten waren dabei von einer großen Unkenntnis über die Herkunft, den Werdegang und der gegenwärtigen Position dieser Person gekennzeichnet. Fünf der Stipendiaten konnten mit dem Namen „Thomas Bach“ gar nichts verbinden. Die sportlichen Leistungen, die Dr. Bach in seiner olympischen Karriere erreicht hat, sind fast allen Stipendiaten nicht bekannt, und mit der Position von Dr. Bach als IOC-Präsident verbinden die meisten Stipendiaten eher negative Assoziationen wie „Korruption“, „autokratische Führung“, „Kommerzialisierung des Sports“, „moralisch zwielichtig“, „verantwortlich für die Ausrichtung von Olympiaveranstaltungen an zweifelhaften Orten“, “unkommunikativ“, „altes Eisen“, „eher umstritten“. Auf die Frage, worauf ihre Meinung bzw. auf welchen kommunikativen Grundlagen ihre Meinung über den IOC-Präsidenten Bach basiert, verweisen die Stipendiaten auf „Sportmedien“, „Tagesthemen“, „öffentliche Berichterstattung“, „Recherchebeiträge der ARD“, „Rede bei Eröffnungsfeier“, „Austausch mit Sportlern“. Auf eine persönliche Begegnung oder gar auf ein Gespräch mit Dr. Bach konnte keiner der Stipendiaten verweisen.
Für mich ist diese kleine Befragung einmal mehr ein Beleg für einen kritischen gesellschaftspolitischen Sachverhalt. Die Öffentliche Meinung über die Olympischen Spiele, über den Olympismus und über das IOC sind von Agenturberichten, von der Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien und von der Pressearbeit in den wichtigsten Tageszeitungen abhängig. Wird dort vorurteilsbefangen und ohne ausreichende Recherche über die Olympischen Sachverhalte berichtet, so ist eine vorurteilsbefangene öffentliche Meinung über diese Sachverhalte die zwangsläufige Konsequenz, die für den Olympismus und dessen Entwicklung in Deutschland weitreichende Folgen hat.
Letzte Bearbeitung: 2.Juni 2022
¹ Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf „gendergerechte“ Sprachformen – männlich, weiblich, divers – verzichtet. Bei allen Bezeichnungen, die personenbezogen sind, meint die gewählte Formulierung i.d.R. alle Geschlechter, auch wenn überwiegend die männliche Form steht.