Wirtschaftsfaktor Sport

WM-Brot, Panini-Bilder, WM-Trikot, Soccer-Schnitzel, Fußball-Marmelade – die Fantasie der Konsumgüterindustrie scheint grenzenlos zu sein. Bei keinem anderen Anlass kann die wirtschaftliche Bedeutung des Sports so offensichtlich klargemacht werden, wie dies bei der Fußball-Weltmeisterschaft der Fall ist. Fußball ist nicht nur der begehrteste Konsumartikel innerhalb der Sportindustrie. Er ist auch ein relevanter Teil unseres Arbeitsmarktes. Sein Einfluss auf die Medienbranche ist immens. Und mit seinen Sportanlagen ist er begehrter Partner der Bauindustrie. Will man jedoch die Bedeutung des Sports für die Wirtschaft unserer Gesellschaft etwas präziser bestimmen, stößt man auf einige Schwierigkeiten. Die amtliche Statistik ist dabei nur bedingt eine Hilfe, denn die Sportwirtschaft ist eine Querschnittsbranche, vergleichbar mit den Querschnittsbranchen „Gesundheit“ und „Tourismus“. Die relevanten Bereiche der Sportwirtschaft, so z.B. Sportartikelumsätze, Sportdienstleistungen, Werbung, Sponsoring, Medienrechte und Sportstätten sind unter statistischen Gesichtspunkten meist nur sehr unzureichend erfasst. Die Produktions-, Beschäftigungs- und Wertschöpfungserträge der Sportwirtschaft sind deshalb auch nicht direkt aus einer amtlichen Statistik ableitbar.

Satellitenkonto Sport

Aus der Sicht der Wirtschaftswissenschaften hat sich mittlerweile als sinnvoll erwiesen, derartige Querschnittsbranchen mit einem sogenannten „Satellitenkonto“ zu erfassen. Die Führung eines Satellitenkontos ist ein aufwendiges Verfahren. Das Konto wird dabei regelmäßig und umfassend aktualisiert. Empirisch verlässliche Daten bilden eine entscheidende Grundlage. Wichtig sind aber auch geschätzte Daten, die von verschiedenen Expertenpanels erhoben werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat in diesen Tagen die jüngste Aktualisierung des deutschen Sportsatellitenkontos veröffentlicht, wobei die wirtschaftliche Bedeutung des Sports in Deutschland für das Jahr 2015 beschrieben wird. Einmal mehr wird in diesem Bericht die außergewöhnlich große wirtschaftliche Bedeutung des modernen Sports für die deutsche Gesellschaft offensichtlich. Und der Sport erweist sich dabei als ein stetig wachsender Wirtschaftsbereich. In der Zeit von 2010 bis 2015 ist die sportbezogene Produktion um 4,0% gestiegen. Der sportbezogene Konsum der privaten Haushalte um 10,1%. Lediglich die Anzahl der sportbezogenen Erwerbstätigen hat sich um 9,5% reduziert (vgl. Tab. 1).

Berichtsjahr20102015Veränderung
(2010 zu 2015)
Produktion, in Mrd. Euro
sportbezogen109,8114,2+4%
% an gesamt2,3%2,1%
Bruttowertschöpfung, in Mrd. Euro
sportbezogen58,360,6+3,9%
% an gesamt2,5%2,2%
Aufkommen an Nettogütersteuren, in Mrd. Euro
sportbezogen8,49,2+9,9%
% an gesamt3,2%3,0%
Konsum der privaten Haushalte, in Mrd. Euro
sportbezogen59,165,0+10,1%
% an gesamt4,2%4,1%
Erwerbstätige, in Mio.
sportbezogen1,3721,242-9,5%
% an gesamt3,3%2,9%

Tab. 1: Ausgewählte Kennzahlen des Sportsatellitenkontos (SSK) (Angaben in jeweiligen Preisen bzw. Prozenten an der Gesamtwirtschaft)

Der Anteil am Bruttosozialprodukt, den der Sport heute erreichen kann, hat sich in einer Größenordnung um 2,2% stabilisiert. Die Branche Sport ist dabei größer als die Produktion von Metallerzeugnissen (2,0%) und größer als die chemische Industrie (1,7%). Sie weist die gleiche Größe wie das Verkehrsgewerbe auf (2,3%) (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Vergleich der Bruttowertschöpfungsanteile ausgewählter Wirtschaftsbereiche mit Ergebnissen für die Querschnittsbranchen in Deutschland (Angaben in Prozent des gesamtwirtschaftlichen Bruttoinlandsproduktes)

Im Jahr 2015 haben die privaten Haushalte Sportprodukte im Wert von 65,0 Milliarden Euro konsumiert (2010: 59,1 Milliarden Euro). Der Sportkonsum macht dabei 4,1% des gesamten Konsums der privaten Haushalte in Deutschland aus.

Die Bruttowertschöpfung des Sports betrug im Jahr 2015 61 Milliarden Euro. Den größten Anteil an der Bruttowertschöpfung haben dabei die öffentlichen und personenbezogenen Dienstleistungen, die auch in der Zeit zwischen 2010 bis 2015 den größten Anstieg mit 4% aufweisen. An der sportspezifischen Wirtschaft sind neben den öffentlichen und privaten Dienstleistungen fast alle Wirtschaftsbereiche unserer Gesellschaft beteiligt. Das Handelsgewerbe, das Verkehrsgewerbe, das Baugewerbe, das produzierende Gewerbe, Banken, Versicherungen, Immobilienwesen und unternehmensbezogene Dienstleister, Informations- und Kommunikationsdienstleister – sie alle haben einen Anteil an der sportspezifischen Wertschöpfung. Bei der Gesamtwertschöpfung von 61 Milliarden sind die Anteile der Dienstleistungen mit 26,2 Milliarden Euro, des Handelsgewerbes mit 7,7 Milliarden Euro, des Verkehrs- und Gastgewerbes mit 6,0 Milliarden Euro, des Baugewerbes mit 4,6 Milliarden Euro besonders relevant (vgl. Abb. 2).

Abb. 2: Anteile der Wirtschaftsbereiche an der sportspezifischen Bruttowertschöpfung in Deutschland (Angaben in Mrd. Euro in jeweiligen Preisen bzw. Prozent an der gesamten sportbezogenen Bruttowertschöpfung)

Arbeitsmarkt Sport

Der Sport mit einer Vielfalt an Organisationen und Institutionen ist längst auch zu einem relevanten Faktor in der Arbeitsmarktpolitik geworden. Die Branche Sport weist dabei 1.242 Tausend Erwerbstätige auf, was einem Anteil am Arbeitsmarkt von 2,9% entspricht. 517.400 arbeiten dabei in öffentlichen und privaten Dienstleistungsbetrieben. 206.600 im Handel, 237.000 im Verkehr- und Gaststättengewerbe, 91.300 im Baugewerbe und 59.500 im produzierenden Gewerbe (vgl. Abb. 3).

Abb. 3: Anteile der Wirtschaftsbereiche an der sportspezifischen Beschäftigung in Deutschland (Angaben in Tsd. Erwerbstätige bzw. Prozent an der gesamten sportbezogenen Beschäftigung)

Sportkonsum privater Haushalte

Für Mitglieder privater Haushalte ist ein Blick auf den Sportkonsum von besonderem Interesse, wie er im Satellitenkonto 2015 ausgewiesen wird. Die Sportart mit den meisten Aktiven in der erwachsenen Bevölkerung ist dabei das Schwimmen, gefolgt vom Radsport, Laufen, Wandern, Fitness, Bowling und Kegeln, Gymnastik, Fußball, Gesundheitssport und Tanzen. Im Vergleich zum Jahr 2010 können dabei das Schwimmen, Fitness, Bowling und Kegeln, Gymnastik und Fußball eine eher wachsende Bedeutung aufweisen, hingegen werden dem Wandern und dem Gesundheitssport Bedeutungsverluste diagnostiziert (vgl. Tab. 2).

Ranking 2015 (2010) nach Aktiven in der erwachsenen Bevölkerung (+16 Jahre)SportartAktive in % der erwachsenen Bevölkerung 2015 (2010)Organisationsgrad in % der aktiven Erwachsenen 2015
1 (2)Schwimmen37% (31%)3%
2 (1)Radsport34% (34%)1%
3 (4)Laufen/ Joggen25% (25%)3%
4 (3)Wandern24% (27%)3%
5 (5)Fitness24% (17%)6%
6 (6)Bowling/ Kegeln20% (16%)2%
7 (8)Gymnastik17% (14%)24%
8 (11)Fußball14% (11%)26%
9 (9)Gesundheitssport12% (14%)8%
10 (13)Tanzen12% (11%) 14%

Tab. 2: Sportaktivität in der erwachsenen Bevölkerung (16 Jahre und älter)

 

Die deutsche Gesellschaft scheint dabei durchaus eine sportliche Gesellschaft zu sein, denn immerhin 56,9% betreiben mindestens einmal in der Woche Sport und nur 18,4% sind „Sportmuffel“ (vgl. Abb. 4).

Abb. 4: Häufigkeit des Sporttreibens in der Bevölkerung über alle Sportarten (Angaben in Prozent, Berichtsjahr 2015)

Als ein überraschender Befund kann die Aussage gesehen werden, dass Frauen in Deutschland über fast alle Lebensphasen hinweg häufiger regelmäßig Sport treiben als Männer (vgl. Abb. 5). Besonders groß sind dabei die Differenzen bei der Altersgruppe 40-49 Jahre. Hingegen sind sie in den Altersgruppen 16-19 Jahre, bzw. 60-64 Jahre nahezu ausgeglichen.

Abb. 5: Anteil der regelmäßig Sporttreibenden an der jeweiligen Altersgruppe in der Bevölkerung im Altersverlauf nach Geschlecht (min. 1x pro Woche Sport, unabhängig von der Sportart) (Angaben in Prozent, Berichtsjahr 2015)

Im Jahr 2015 haben die privaten Haushalte in Deutschland 56 Milliarden für ihre aktive Sportausübung ausgegeben. Auf Sportbekleidung und Sportschuhe fallen dabei 14,1% (7,9 Milliarden Euro) und auf Sportausrüstung und -geräte 23,2% (13,0 Milliarden Euro). Ein relevanter Ausgabenfaktor sind aber auch Eintrittsgelder und Beiträge für Sportveranstaltungen (20,1% = 11,3 Milliarden Euro) (vgl. Abb. 6).

Abb. 6: Aggregiertes Konsummuster für die aktive Sportausübung (Angaben in Milliarden Euro bzw. Prozent am gesamten aktiven Sportkonsum, Berichtsjahr 2015)

Die Ausübung der verschiedensten Sportaktivitäten ist mit sehr unterschiedlichen Kosten verbunden. Als relativ teuer erweist sich das Fitnesstraining, mit Ausgaben in Höhe von 7,67 Millionen Euro im Berichtjahr. Gefolgt vom Radsport, Wandern, Reiten, Schwimmen und Skifahren. Selbst Laufen und Joggen sind nicht kostenlos sondern weisen eine Größenordnung von 2,176 Millionen Euro Ausgaben auf. Danach folgen Tanzen, Gymnastik und Bowling (vgl. Abb. 7).

Abb. 7: Ausgaben der privaten Haushalte (Bevölkerung 16 Jahre und älter) zur aktiven Sportausübung (Angaben in Millionen Euro, Berichtsjahr 2015)

Im Satellitenkonto Sport wurden auch die Aufwendungen erfasst, die die privaten Haushalte zugunsten passiver Sportausübung bzw. für ihr Zuschauerinteresse am Sport aufzuwenden haben. Insgesamt erreicht dieses Ausgabenfeld im Jahr 2015 eine Größenordnung von 8,8 Milliarden Euro. Die höchsten Ausgaben entfallen dabei auf das Pay-TV (23,3% = 2,0 Milliarden Euro). Von Relevanz sind auch Spenden an Vereine, Eintritte zu Sportveranstaltungen und die Verpflegung und Unterkunft bei Sportveranstaltungen.

Für das passive Sportinteresse der privaten Haushalte spielen nur einige Sportarten eine wichtige Rolle. Fußball ist dabei die Sportart, die das größte Sportinteresse hervorrufen kann. Danach folgen mit deutlichem Abstand die Mannschaftssportarten Basketball, Eishockey und Handball. Überraschend wenig Sportinteresse hat der Motorsport aufzuweisen. Aber auch die größte Mehrheit der olympischen Sportarten kann nur nachgeordnete Plätze in der Rangliste der Sportarten einnehmen, die für private Haushalte von passivem Interesse sind (vgl. Abb. 8).

Abb. 8: Ausgaben der privaten Haushalte (Bevölkerung 16 Jahre und älter) zur passiven Sportausübung/Sportinteresse (Angaben in Millionen Euro, Berichtsjahr 2015)

Sportstättenbau und Betrieb von Sportstätten

Neben dem Sportkonsum ist es vor allem der Sportstättenbau und der Betrieb der Sportstätten, die das Satellitenkonto Sport prägen. Immerhin liegt die wirtschaftliche Bedeutung der Sportstätten in Deutschland stabil bei etwa 24,5 Milliarden Euro. Für den Zeitraum 2010 bis 2015 hat sich dabei der Bau von Sportstätten als rückläufig erweisen, hingegen sind die Betriebskosten für die bestehenden Sportstätten erheblich angestiegen (5%). Folgt man den Schätzungen des Satellitenkontos, so gibt es in Deutschland 229,4 Tausend Sportstätten. Wobei nur noch in wenigen Kategorien der Sportstätten ein Zuwachs zu beobachten ist. Dies gilt für Hallen für Paintball/Lasertag, für Flugplätze für Hängegleiter und für Fitness-Center. Hingegen sind die Skianlagen rückläufig. Dies gilt für Seilbahnen und Skipisten und Skiloipen gleichermaßen (vgl. Tab 3 und Abb. 9).

Bestand insgesamt20102015Veränderung (2010 bis 2015)
SportstättenAnzahl229.500229.4000%
SportwegeKilometer373.500378.700+1,4%

Tab. 3: Sportstätten und Sportwege in Deutschland insgesamt von 2010 bis 2015 (Angaben in absoluten Einheiten bzw. Kilometern bzw. Veränderungen in Prozent)

 

Abb. 9: Sportstätten in Deutschland mit starker Entwicklung von 2010 bis 2015 (Veränderungen in Prozent)

Die Ausgaben für die Sportstätten weisen erhebliche Unterschiede auf. Kommunale Sportstätten und Fitness-Center sind insgesamt mit den höchsten Ausgaben verbunden. Bei Sporthallen, Bädern, Sportplätzen und Fitnesscentern ist auch weiterhin mit hohen Ausgaben zu rechnen.

Sportsponsoring, Werbung und Medienrechte

Eingangs wurde aufgezeigt, wie begehrt eine Fußball-Weltmeisterschaft für die Realisierung von Werbeinteressen der Konsumgüterindustrie sein kann. Bei der Bewertung der wirtschaftlichen Bedeutung des Sports sind deshalb in den vergangenen Jahrzehnten die Bereiche Sportsponsoring, Werbung und Medienrechte immer bedeutsamer geworden. Im Jahr 2015 lag deren Bedeutung bei etwa 4,5 Milliarden Euro. Dies bedeutete einen Anstieg von mehr als 14% im Vergleich zum Jahr 2010. Entgegen der naheliegenden öffentlichen Meinung zum Sportsponsoring liegt der Schwerpunkt des Sponsorings im Breitensport. Er weist im Jahr 2015 eine Größenordnung von 1,4 Milliarden Euro auf. Der Spitzensport hingegen erreicht lediglich 0,9 Milliarden Euro. Fußball ist dabei diejenige Sportart, die mit großem Abstand am meisten von den Ausgaben für Sponsoring und Medienrechte profitieren kann. Vom Kuchen der Sponsoringausgaben kann sich Fußball einen Anteil von 59,8% und vom Kuchen der Medienrechte einen noch wesentlich höheren Anteil von 92,5% abschneiden. Alle anderen Sportarten zusammen können z.B. bei den Medienrechten nur 7,5% der Ausgaben akquirieren (vgl. Abb. 10, 11, 12).

Abb. 10: Ausgaben für Sponsoring (inkl. Aktivierung), Medienrechte und Werbung im Bereich Sport (Angaben in Milliarden Euro in jeweiligen Preisen bzw. Prozent an Gesamtausgaben)

Abb. 11: Sponsoring-Ausgaben (ohne Aktivierung) der Unternehmen an Sportorganisationen im Breiten- und Spitzensport (Angaben in Milliarden Euro in jeweiligen Preisen bzw. Prozent an den Gesamtausgaben)

Abb. 12: Ausgaben für Sponsoring (ohne Aktivierung) und Medienrechte nach Sportart (Angaben in Prozent an den Gesamtausgaben, Berichtsjahr 2015)

Ein ähnliches Ungleichgewicht wiederholt sich, wenn wir einen Blick auf die Nutzungsanteile einzelner Sportarten am TV-Konsum haben. Fußball erreicht im Jahr 2017 einen Anteil von 42% des gesamten TV-Sportkonsums. Von den Olympischen Sommersportarten können lediglich Leichtathletik (3%), Radsport (3%), Tennis (2%) einen relevanten Anteil erreichen. Im Wintersport sind es Biathlon (6%), Ski Alpin (3%) und Ski Nordisch (2%), die zu erwähnen sind. Alle übrigen olympischen Sportarten finden im deutschen Fernsehen so gut wie nicht statt (vgl. Abb. 13).

Abb. 13: Nutzungsanteile einzelner Sportarten am TV-Konsum 2017, Jahresmittelwerte in % (Mediaperspektiven 04/2018, S. 116)

Fußball mit Sonderstellung

Die letzten Daten machen deutlich, dass bei einer Kennzeichnung des „Wirtschaftsfaktor Sport“ der Fußballsport eine Sonderstellung einnimmt. Es kann deshalb auch kaum überraschen, dass der Fußball ein spezifisches Interesse der Sportökonomie hervorruft und diese Sportart wohl auch als einzige einer Einzelanalyse unterzogen wird. Das BMWi hat hierzu bereits 2015 interessante Befunde veröffentlicht. In der Fußballstudie wird gezeigt, wie eng die Entwicklung der Erlöse im Profi-Fußball mit der Entwicklung der Massenmedien verbunden ist. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wird das Produkt Fußball von einer noch immer wachsenden Zahl von Produzenten hergestellt. Hierzu gehören die Würstchenverkäufer im Stadion ebenso wie Automobilhersteller. Im Jahr 2010 wurde Fußball von den privaten Haushalten mit einem Wert von elf Milliarden Euro konsumiert.  5,5 Milliarden Euro wurden dabei von Fußballspielern für die Ausübung ihrer Sportart ausgegeben und 14 Millionen Zuschauer brachten dieselbe Summe für ihre passive Beteiligung auf. Die öffentliche Hand spielt für die Finanzierung des Fußballs eine wesentliche Rolle. So wurden im Jahr 2010 neben 1,11 Milliarden Ausgaben der privaten Haushalte und 1,7 Milliarden von Unternehmen für Sponsoring 4,2 Milliarden von der öffentlichen Hand für den Bau und den Betrieb von Fußball- und Sportstätten ausgegeben. Fußball ist jene Sportart, die mit großem Abstand die meisten Zuschauer an sich binden kann. Von 100 Zuschauern besuchen 20 Fußballspiele. Handball erreicht lediglich vier, Basketball zwei und der Radsport wenig mehr als einen Zuschauer (vgl. Abb. 14).

Abb. 14: Top 10-Sportarten nach dem Anteil der Bevölkerung, die als Zuschauer Geld für diese Sportart ausgibt (passive Sportkonsumenten)
(SSK Berichtsjahr 2010, eigene Darstellung & Berechnung)

Entsprechend hoch sind auch die privaten Konsumausgaben für den Fußball (11,1 Milliarden Euro). Ähnlich hohe Ausgaben können nur der gesamte Gesundheitssport oder der gesamte Schneesport erreichen.

Ausblick

Das Satellitenkonto Sport der deutschen Volkswirtschaft für das Jahr 2015 ist aus sportpolitischer Sicht ein bedeutsames Dokument. Es macht deutlich, dass Sport schon seit langem nicht mehr „die schönste Nebensache der Welt“ darstellt. Der moderne Sport ist vielmehr ein relevantes Subsystem einer modernen Gesellschaft, das sich in einem vielfältigen und interessanten Austausch zu anderen gesellschaftlichen Teilsystemen befindet. Sport und Wirtschaft, Sport und Medien, Sport und Gesundheitssystem, Sport und Bildung, Sport und Militär – die Assoziationen, an die man heute in Verbindung mit dem System Sport zu denken hat, scheinen unendlich zu sein. Längst weist der Sport seine eigenständigen funktionalen Differenzierungen auf und für viele ist die Komplexität des Sports unüberschaubar geworden. Umso mehr stellt sich die Frage nach der Führung und Steuerung dieses Systems. Es stellt sich auch die Frage nach der Verantwortung für die Ausprägungen und Entwicklungen, die sich innerhalb dieses Systems ereignen. Die wirtschaftliche Bedeutung, wie sie im Satellitenkonto des Sports zum Ausdruck gebracht wird, ist ohne Zweifel eine zentrale Legitimationshilfe für den Bestand und für die Weiterentwicklung des modernen Sports. Haben in der Vergangenheit die Verantwortlichen des organisierten Sports in Bezug auf dessen ökonomische Bedeutung eher aus einer Haltung der Minderwertigkeit oder gar der Bedeutungslosigkeit gehandelt und argumentiert, so kann das Satellitenkonto durchaus mit Stolz aus der Sicht der Nichtregierungsorganisationen des Sports betrachtet werden. Es kann Selbstbewusstsein stärken doch gleichzeitig ist ein ganz neues Verantwortungsbewusstsein gefordert, will man zukünftig die ökonomische Bedeutung des Sports sichern und weiterentwickeln.

Quellen:

Verfasst: 12.06.2018