Die Suche nach einer Authentizität des Sports ist bislang erfolglos gewesen, wenngleich auch diese Suche eine lange Tradition aufweist. Es wurde dabei ganz offensichtlich etwas gesucht, dass es gar nicht geben kann. Das Ergebnis der Suche ist keine Authentizität – es wird vielmehr das gefunden, was bestimmte Institutionen als „ihren Sport“ bezeichnen. Die Grenzen des Begriffs „Sport“ waren schon immer unscharf gewesen und werden es auch in der weiteren Zukunft bleiben. Das Phänomen des Sports kann vermutlich kaum anders gefasst werden, als es in Anlehnung an Wittgenstein versucht wurde. Demnach sind es die Regeln, die den Sport am ehestem als eigenständiges Phänomen kennzeichnen. Als einzelne Regeln haben sie jedoch keine authentische Qualität. Es gilt vielmehr der Satz, dass die Bedeutung des Wortes „Sport“ dessen Gebrauch ist. Präziser formuliert heißt das, die Bedeutung des Begriffs „Sport“ ist der Gebrauch dieses Begriffes. Dieser Gebrauch hat sich nunmehr über mehr als zwei Jahrhunderte herausgeprägt. Er ist keineswegs beliebig doch wie jeder Sprachgebrauch unterliegt er dem Prinzip der Kreativität, d.h. die Regeln des Gebrauchs lassen sich ändern. Solche Veränderungen erfolgen auch dann, wenn dies bestimmten Gruppen nicht gefällt, d.h. wenn festgefügte Institutionen und Organisationen sich auf einen anderen Gebrauch festgelegt haben. Nur so ist zu erklären, warum wir einen weiten und engen Sportbegriff unterscheiden können, warum Menschen Aktivitäten mit dem Begriff „Sport“ umschreiben, die früher als Aktivitäten entweder nicht bekannt waren oder einen anderen Namen hatten. In gewissem Sinne verbietet es sich dabei von selbst die Frage zu stellen, ob es sich bei dem was nun Sport genannt wird, um echten oder falschen Sport handelt. Ein Sport der von allgemein gültigen Vorstellungen über das Gute, das Gerechte und das Vernünftige geleitet wird, gibt es nicht. Wer dies fordert und wünscht übersieht, dass in Wahrheit lediglich partikulare Meinungen über das Moralische gegenüber anderen Meinungen ausgezeichnet werden, ohne dass ein Prinzip benannt würde, das derartige Kennzeichnungen rechtfertigen könnte. Versuche zur Definition von Sport bergen deshalb bewusst oder unbewusst Gefahr in sich, latent als Manipulation von Macht zu wirken. Unter kulturellen und politischen Gesichtspunkten ist dieser Sachverhalt gefährlich. In einer Kultur, die nicht unwesentlich über Massenmedien geprägt wird, wird der soziale Gebrauch des Sports ohnehin nur durch ganz wenige kulturelle Manifestationen geprägt.
Wenn nun die sich wandelnden Gebrauchsweisen des Begriffs Sport über ein bestimmtes Konstrukt von Sport angehalten werden, wie dies zum Beispiel der DOSB in seiner Satzung auf der Grundlage seines Ratgebers, des Wissenschaftlichen Beirats des DSB, versucht hat, so handelt es sich dabei keineswegs um einen harmlosen Versuch einer Begriffsdefinition, sondern um einen Ausdruck kalkulierter Macht. Es steht dabei die Frage von der Definitionsgewalt im Sport zur Disposition. Indirekt wird dabei die Frage der Gemeinnützigkeit als Machtfrage behandelt. Dies gilt auch dann, wenn der DOSB selbst lediglich das Ganze als seine Begriffsdefinition für seine Zwecke versteht.
Erinnern wir uns an unsere jüngsten Arztbesuche, so wissen wir, dass es wohl kaum einen Arzt gibt, dessen Arztgespräch mit uns nicht mit einer Empfehlung endet, in dem er aus präventiven, therapeutischen und pädagogischen Gründen ein regelmäßiges aktives und bewegungsorientiertes Sporttreiben nahelegt. Laufen, Schwimmen und Wandern scheinen dabei ebenso wichtig zu sein wie Gymnastik, Bewegungsspiele, Turnen und Tanzen. Die Bedeutung des Begriffs „Sport“, den der Arzt dabei verwendet, kommt dabei einem Gesundheitselixier gleich. Die positiven praktischen Erfahrungen mittels Sport sprechen dabei für sich und die positive Wirkweise des Sports ist medizinisch hinreichend belegt. Der Arzt hat dabei gewiss nicht alle Sportarten im Blick und schon gar nicht würde er an die neueste und modernste Sportvariante E-Sport denken, dessen Eintritt in die Familie des Deutschen Olympischen Sportbundes derzeit zur Disposition steht. Im Gegenteil – der intensive Smartphonegebrauch von Kindern und Jugendlichen wird als gesundheitliche Gefahr gesehen und eine aktive Teilnahme am sogenannten E-Sport würde sich alleine mit Blick auf die möglichen gesundheitlichen Gefahren dieses Sports verbieten.
Bevor solche endgültigen Schlussfolgerungen über die Aufnahme bzw. Ablehnung einer bestimmten Sportart in den Kreis der Sportorganisationen bzw. in das Sportangebot bei Olympischen Spielen zu treffen ist, ist es wünschenswert und naheliegend, dass das neue Sportphänomen, das sich selbst E-Sport nennt, näher gekennzeichnet und auf den Prüfstand gestellt wird. Mit dem Wort „E-Sport“ werden heute all jene sportlichen Wettkämpfe bezeichnet, die Menschen mit Hilfe von Computern spielen. In der Regel befinden sich dabei zwei Mannschaften mit jeweils mehreren Spielern in einem Wettkampf. Die Regeln des Wettkampfes werden durch die Software und durch externe Wettkampfbestimmungen vorgegeben. Der Wettkampfveranstalter legt dabei das Reglement fest. Neben den Mannschaftsdisziplinen gibt es auch Individualwettbewerbe. Gespielt wird auf Personalcomputern oder auf sogenannten Spielkonsolen. Die Spieler müssen über bestimmte gut ausgeprägte motorische und geistige Fähigkeiten verfügen, um in den E-Sport-Wettbewerben erfolgreich zu sein. Im Wettbewerb selbst gilt die Maxime, je schneller desto besser. Deshalb sind die meisten Spieler jüngeren Alters und Profikarrieren enden daher nicht selten bereits Mitte Zwanzig. Folgt man einer Studie der Sporthochschule Köln so müssen E-Sportler ca. 400 asynchrone Bewegungen pro Minute ausführen bzw. über sechs pro Sekunde und sie fällen ständig Entscheidungen innerhalb des komplexen Spielgeschehens. Motorisch sind vor allem Hand-Auge-Koordination, Reaktionsgeschwindigkeit und Durchhaltevermögen von Bedeutung. Räumliches Orientierungsvermögen, Spielübersicht, Spielverständnis, taktische Ausrichtung, vorausschauendes und laterales Denken zählen zu den geistigen Anforderungen. E-Sport-Wettbewerbe finden mittlerweile auf der gesamten Welt statt. Doch nur in wenigen Ländern wurden die E-Sport-Organisationen von den etablierten Sportorganisationen als Sportart anerkannt, so z.B. in den USA, Brasilien, China und Frankreich. Vom Deutschen Olympischen Sportbund wird E-Sport derzeit noch nicht als Sportart eingeordnet und anerkannt. Eine äußerst intensive Kooperation weist der E-Sport mit dem Profifußball auf. Bereits mehrere internationale Vereine des Fußballs, wie Manchester City, Paris Saint Germain, Galatasaray oder in Deutschland der VfB Stuttgart, Schalke 04, 1. FC Nürnberg, VfL Bochum, RB Leipzig, VfL Wolfsburg, 1. FC Köln haben eigne Abteilungen neben ihrem aktiven Fußballbetrieb aufgebaut.
Die kurze Geschichte des E-Sports geht einher mit der Geschichte des Computerspiels. Als ein wichtiger Ausgangspunkt kann das „Tennis for Two“ des Amerikaners William Higinbothan aus dem Jahr 1958 gesehen werden. Die weitere Entwicklung des E-Sports ist auf das Engste mit der kommerziellen Entwicklung der Computerspiele verbunden. Bereits 1980 veranstaltete Atari über drei Monate einen Space-Invaders-Wettkampf mit über 10.000 Teilnehmern. 1981 wurde in den USA das U.S. National Video Game Team gegründet. Es war die erste professionelle Videospiel-Mannschaft. Twin Galaxies war dabei ihr Veranstalter. Die Spiele wurden im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt. 1984 wurde dann die erste Weltmeisterschaft ausgespielt. In Deutschland wurde 1982 in Eigeninitiative die von Atari unterstützte Atari-VCS-Bundesliga gegründet. Es wurde ein überregionaler Wettbewerb etabliert und ein Deutscher Meister in Disziplinen wie „Space Invaders“, „Asteroids“, „Defender“ oder „Pac-Man“ ermittelt. Nach dem sich der Markt in Richtung Home- und Personalcomputer entwickelte und Atari die Unterstützung aufkündigte, verlor die VCS-Bundesliga an Bedeutung. Der japanische Videospiel und Spielekonsolenhersteller Nintendo veranstaltete seine erste Weltmeisterschaft 1990 in den USA und Mitte der 90er Jahre organisierte der Videoverleih Blockbuster zusammen mit dem Spielemagazin GamePro ebenfalls Computerspiel-Weltmeisterschaften. Auf diese ersten Wettkampfversuche folgten zwischen 1995 und 1999 die sogenannten LAN-Partys. Sie wurden dadurch möglich, dass die Computertechnik sich ganz wesentlich verbesserte. Die Hardware-Preise für Computer waren drastisch gesunken bei gleichzeitigem Anstieg der Leistungsfähigkeit. Bis zu 2.000 Spieler haben sich dabei in großen Hallen versammelt und LAN-Partys waren wichtige Bestandteile einer neuen Jugendkultur, die jedoch nur sehr kurzfristig wirksam sein konnte. Mit der Verbreitung von Internetanschlüssen wurden die örtlichen Begegnungen in globale Wettkämpfe überführt. So entstanden um das Jahr 2000 die ersten größeren europäischen E-Sport-Ligen und es entstanden auch die ersten E-Sport-Mannschaften, sogenannte Clans.. In Deutschland waren dies die Mannschaften Ocrana, die 1996 gegründet wurde und SK Gaming, pod virtual gaming und StarComa, die 1997 zu den ersten Clans gehörten, die über längere Zeit erfolgreich waren. Teilweise sind sie auch heute noch aktiv. Die bekanntesten E-Sport-Spiele dieser Zeit waren Doom und Quake. Ein Vorreiter des E-Sports ist vor allem Südkorea. Dort werden Computerspiele vorrangig auf dem PC gespielt. Das 1998 von Blizzard Entertainment entwickelte Strategiespiele StarCraft wurde dabei zum populärsten Computerspiel in Südkorea. Im Jahr 2000 wurde mit der Korean e-Sports Association der erste nationale Dachverband gegründet. In Seoul wurden folgerichtig auch die ersten World Cyber Games ausgetragen. Bereits 2003 kämpften die E-Sportler zum ersten Mal um den Electronic Sports World Cup in Frankreich. Diese Wettkämpfe finden seitdem jährlich statt. Der Durchbruch des Online-Spielens mit Spielkonsolen kam mit der Einführung von Xbox Live 2002 auf der Xbox von Microsoft. Dort übernahm das Spiel Halo 2 eine führende Rolle und prägte den Konsolensport für viele Jahre. 2005 war die CPL World Tour der größte E-Sport-Wettkampf. Preisgelder in Höhe von einer Million US-Dollar wurden dabei ausgelobt. Der beste Spieler erhielt 252.000 US-Dollar. In der weiteren Entwicklung wird E-Sport immer häufiger in bestehende Sportveranstaltungen integriert. So in die Asian Indoor Games. Mittlerweile wurden in Südkorea mehr als 200.000 Arbeitsplätze geschaffen, die mit E-Sport in Verbindung stehen und mit über 10 Millionen Südkoreanern hat bereits jeder fünfte einmal das Spiel StarCraft gespielt. Finalspiele der größten StarCraft-Ligen werden in Südkorea von mehr als 100.000 Zuschauern besucht. Auch in Europa werden diese Turniere für die Zuschauer immer attraktiver.
In Deutschland ist E-Sport im vergangenen Jahrzehnt immer populärer geworden. Die Zahl der E-Sportler wird auf 1,5-4,5 Millionen geschätzt. In Europa werden 22 Millionen dem E-Sport zugeordnet. An den World Cyber Games 2005 haben ungefähr 1.250.000 Spieler teilgenommen und in der Electronic Sports League sind nach eigenen Statistiken über 4,4 Millionen registriert, von denen über 1,9 Millionen Spieler aktiv sind. E-Sport ist seit seinen Anfängen ein professioneller Sport und es gibt professionelle E-Sportler in Nordeuropa, Nordamerika und in vielen Teilen Asiens. Frauen sind im E-Sport unterrepräsentiert. Beachtet man die Rangliste der Stars, so können sich dort nur Männer mit überdurchschnittlich hohen Jahreseinnahmen ausweisen. Organisierte Mannschaften und Vereine heißen im E-Sport „Clan“. Viele Clans sind lediglich eine Sammlung von Personen. Es gibt aber auch Clans als eingetragene Vereine, Personen und Kapitalgesellschaften. Alleine in Deutschland soll es rund 40.000 Clans geben. Die wichtigsten Disziplinen im E-Sport sind Echtzeitstrategiespiele, Ego-Shooter und Sportsimulationen. Der Professionalisierungsgrad der Disziplinen ist abhängig von der Anzahl der aktiven Spieler, der Unterstützung der Computerspielhersteller, der Sponsoren und der Wettkampfveranstalter. Derzeit sind Counter-Strike: Global Offensive, Dota 2, League of Legends and StarCraft II die populärsten Computerspiele. League of Legend wird im Modus 5:5 gespielt, StarCraft II wird meist als Individualsport praktiziert. Bei allen diesen Wettkämpfen benötigen die E-Sportler eine qualitativ anspruchsvolle Ausrüstung. Computermäuse, Headsets oder Gamepads werden für diese Wettkämpfe teilweise speziell angefertigt. Das Training der E-Sportler richtet sich nach den speziellen Anforderungen der Spiele. Meist übernimmt der Mannschaftskapitän auch die Rolle des Trainers. Mit „Bootcamp“ werden Trainingslager bezeichnet, in denen die Taktiken für bevorstehende Wettkämpfe perfektioniert werden. Die Wettkampfstrukturen des E-Sports sind für Außenstehende kaum zu verstehen, da es möglich ist, dass ein Spieler während einer Spielsaison an mehreren Turnieren und Ligen teilnimmt. Die Electronic Sports League (ESL) ist mit 7,8 Millionen aktiven Spielern die größte ihrer Art. Die ESL Pro Series gelten in Deutschland als E-Sport Bundesliga. Ähnlich wie im Schach wird auch im E-Sport eine Rangliste geführt (Ladder). Sie dient zur Qualifikation für professionelle Ligen und Turniere.
Wie bei jedem Sport ist auch im E-Sport neben der Regelbefolgung die Möglichkeit des Regelverstoßes gegeben. Der Begriff „cheating“ verweist auf manipulierte Konfigurationen, versteckte Befehle der Spieleentwickler oder zusätzliche Programme die benutzt werden, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Werden Cheater überführt so drohen ihm vergleichbare Strafen wie im übrigen Sport. Angesichts der Anforderungen an die Spieler, die in professionellen Ligen an sie gestellt sind, kann es kaum überraschen, dass auch im E-Sport ein Dopingproblem vorhanden ist. Bereits 2015 gestand der kanadische Spieler Friesen das Amphetamin Adderall zu sich genommen zu haben und er verdächtigte weitere Spieler des Drogenmissbrauchs. Deshalb werden mittlerweile auch stichprobenartig Dopingtests bei E-Sport-Meisterschaften durchgeführt und die internationale E-Sport-Federation ist Mitglied der Welt Anti-Doping Agentur. Die Professionalisierung des E-Sports und dessen steigende Popularität führte sehr schnell zur Gründung nationaler und internationaler Verbände mit dem Ziel, den E-Sport weltweit zu fördern. Der erste nationale E-Sport-Verband wurde im Jahr 2000 in Korea gegründet. Dieser ist auch Mitglied des Koreanischen Olympischen Komitees. Der Deutsche E-Sport-Bund, der am 11. Dezember 2004 gegründet wurde, existiert seit 2011 faktisch nicht mehr. Seit November 2017 gibt es den eSport-Bund Deutschland (ESBD), der aber noch keine konkreten Tätigkeiten aufweist. Ziel des Verbandes ist es, vom DOSB als Sportfachverband anerkannt zu werden. Seit 2008 gibt es die Internationale E-Sport-Federation. Sie weist mit Stand 2017 46 Mitglieder auf und gehört mittlerweile der internationalen Organisation „SportAccord“ an. Ihr Ziel ist es E-Sport als olympischen Sport im Sommer- oder Winterprogramm der Olympischen Spiele zu etablieren.
In der Öffentlichkeit wird die Bedeutung des E-Sports kontrovers diskutiert. Häufig wird dabei angenommen, dass es sich beim E-Sport um den Umgang mit virtuellen Waffen handelt und nicht der sportliche Wettkampf im Vordergrund steht. Bedenken gegenüber dem E-Sport werden auch wegen möglicher oder tatsächlicher negativer Folgen von übermäßigem Computerkonsum ausgesprochen. E-Sport und Internetabhängigkeit wird dabei zueinander in Beziehung gesetzt. Die Berichterstattung über den E-Sport findet meistens online statt. „readmore“ ist eine der größten deutschsprachigen E-Sport-Seiten. Auch eine eigene Fernsehsendung konnte der E-Sport in Deutschland schon einmal für sich beanspruchen – GIGA eSports, die am Wochenende über aktuelle E-Sport Wettbewerbe berichteten, ihren Betrieb aber 2009 wieder einstellten. Bei großen Events werden Videostreams angeboten. Die Spiele einzelner Sportler werden dabei von über 10.000 Zuschauern gleichzeitig verfolgt. Das Internetportal von sport1.de führt E-Sport als eigene Sportart und berichtet regelmäßig über Ereignisse aus diesem Bereich.
Die hier nur sehr skizzenhaft versuchte Kennzeichnung des E-Sports mit dessen besonderen Merkmalen macht deutlich, dass sich die E-Sport-Wettkämpfe mit ihren Spielern, den Anforderungen die an die Spieler gestellt sind, der Organisation der Wettkämpfe, der Vorbereitung der Athleten auf Wettkämpfe und der Regelstrukturen der verschiedenen Sportdisziplinen des E-Sports durchaus mit anderen Sportarten vergleichen lassen. Befürworter des E-Sports weisen deshalb darauf hin, dass es manche Sportart innerhalb der Organisation des DOSB gibt, die sich gar nicht oder nur unwesentlich vom E-Sport unterscheiden, weshalb der ESBD deshalb einen berechtigten Anspruch erhebt, Mitglied im Deutschen Olympischem Sportbund zu sein. Meist wird dabei der Vergleich mit dem Schachsport gesucht, da dieser seit Gründung des Deutschen Sportbundes 1950 Mitglied in der Dachorganisation des Sports ist. Repräsentanten des deutschen olympischen Sports weisen hingegen darauf hin, dass dieser Vergleich nicht trägt, denn zuletzt wegen dieser Sondermitgliedschaft wurden für Neuaufnahmen neue Regeln definiert, nachdem vermehrt Organisationen eine Mitgliedschaft im deutschen Sport beantragt hatten, deren Aktivitäten nur eine äußerst geringe Familienverwandtschaft mit allen übrigen Aktivitäten aufzuweisen hatten, so z.B. der Deutsche Hunderennverband. Diese Situation führte im Jahr 1981 zum Beschluss des Hauptausschusses des Deutschen Sportbundes über Aufnahmerichtlinien, in denen die sportlichen Voraussetzungen über eine Aufnahme geregelt wurden. Drei Punkte wurden dabei besonders hervorgehoben.
- Die Ausübung der Sportart muss eine eigene sportartbestimmende motorische Aktivität eines jeden zum Ziel haben, der sie betreibt. Diese eigenmotorische Aktivität liegt insbesondere nicht vor bei Denkspielen, Bastel- und Modellbautätigkeiten, Zucht von Tieren, Dressur von Tieren ohne die Einbeziehung der Bewegung des Menschen.
- Die Ausübung der eigenmotorischen Aktivitäten muss Selbstzweck der Bestätigung sein. Dieser Selbstzweck liegt insbesondere vor bei Arbeits- und Alltagsverrichtungen und rein physiologischen Zustandsveränderungen des Menschen.
- Die Sportart muss die Einhaltung ethischer Werte wie z.B. Fair Play, Chancengleichheit, Unverletzlichkeit der Person und Partnerschaft durch Regeln und/oder ein System von Wettkampfklasseneinteilung gewährleisten. Dies ist nicht gegeben insbesondere bei Konkurrenzhandlungen, die ausschließlich auf materiellen Gewinn abzielen oder die eine Körperverletzung bei Einhaltung der gesetzten Regeln beinhalten.
Die Dachorganisation des deutschen Sports nimmt mit dieser Aufnahmeordnung ein Recht in Anspruch, was meines Erachtens von niemandem dieser Organisation abgesprochen werden kann. Als eingetragener Verein entscheidet die Organisation selbst wer Mitglied dieses Vereins sein soll und darf. Folgt man diesen sportlichen Voraussetzungen bei der Entscheidung eines Aufnahmeantrages über den E-Sport so kann der ablehnende Bescheid des DOSB gegenüber dem Aufnahmeantrag des ESBD durchaus nachvollzogen werden. Die Frage welchen Sport Vereine unserer Gesellschaft anbieten sollen lässt sich meines Erachtens sogar noch sehr viel entschiedener beantworten. Aufgrund der Erfahrungen des Nachkriegs-Deutschland, aus den Erfahrungen der Weimarer Zeit und den schlimmen Erfahrungen der NS-Zeit hatten die Gründungsväter des Sports 1950 ein neues Selbstverständnis für die Organisationen des Sports gefordert. Zu diesem Selbstverständnis gehört eine strikte parteipolitische weltanschauliche Neutralität und eine organisatorische Einheit des Sports kann es nur geben, wenn man sich auf ein gemeinsames Selbstverständnis einlässt. Zu diesem Selbstverständnis gehört die Berufung auf den ideellen und gemeinnützigen Charakter des Sports. Der Sport soll sich somit als etwas soziales und pädagogisches verstehen. Zweitens gehört zu diesem Selbstverständnis die Betonung der Bedeutung des Sports für Gesundheit und Wohlbefinden, in einer Welt, die zunehmend von Bewegungsmangel und Bewegungsarmut geprägt ist. Drittens wird das Selbstverständnis von Vertrauen, Fairness und Solidarität geprägt. Viertens sind es die erzieherischen Wirkungen, die ein aktiver Sport insbesondere auf Kinder und junge Menschen haben kann. Schließlich ist es fünftens die Bindung seiner Idee und seiner Praxis an ein Verständnis vom Menschen, das seine Würde und Unverletzlichkeit betont, sein Bedürfnis nach Bewegung, Spiel, Gesundheit, Gemeinschaft aber auch Leistung und Wettkampf ernst nimmt. Damit ist die Vorstellung verbunden, dass er freiwillig und ohne Zwang betrieben werden soll. Ommo Grupe hat als Vizepräsident des Deutschen Sportbundes diese Merkmale für ein besonderes Selbstverständnis des deutschen Sports in viele Beratungen des DSB eingebracht. Sie haben die Charta des deutschen Sports ebenso geprägt wie die groß angelegten gesellschaftlichen Erklärungen des DSB im vergangenen Jahrhundert. Meines Erachtens sind die sportlichen Voraussetzungen aus der Aufnahmeordnung des DOSB und die Kennzeichnung eines sportlichen Selbstverständnisses für deutsche Sportorganisationen nach wie vor aktuell. Vor diesem Hintergrund kann eine Ablehnung eines zukünftigen Aufnahmeantrages von den Verantwortlichen des organisierten deutschen Sports nach wie vor verantwortet werden. Auch eine Aufnahme in den Kanon der olympischen Sportarten ist meines Erachtens vor diesem ideellen Hintergrund nicht angebracht. Der DOSB und das IOC sollten sich dabei jedoch hüten, dem E-Sport-Bund und dessen sportlichen Aktivitäten den Charakter von Sport abzusprechen. Weder ist es Sache des DOSB noch des IOC zu definieren was in unserer Gesellschaft als Sport gilt und was nicht, noch verfügen sie über die abgrenzenden Kriterien, um eine glaubwürdige Entscheidung diesbezüglich herbeizuführen. Das hier diskutierte Selbstverständnis, des im Deutschen Olympischen Sportbund organisierten olympischen Sports ist für den DOSB und für das IOC hingegen als ein Mahnmal zu betrachten. Die Aufnahme des Schachsports in die Familie der Sportarten des Deutschen Olympischen Sportbundes kann als kleiner Sündenfall verziehen werden, auch wenn ganz offensichtlich ist, dass diese Sportart den selbstgestellten Kriterien nicht gerecht wird. Sehr viel problematischer ist es hingegen, wenn in vielen Sportarten gegen das Gesundheitsgebot verstoßen wird, wenn Fairness und Solidarität durch Betrug, Doping und Eigennutz ersetzt wird, wenn die erzieherischen Wirkungen dem Belieben einzelner Sportgruppen überlassen wird. Auch die Frage des Selbstzwecks der eigenmotorischen Aktivitäten steht vor dem Hintergrund der gesteigerten Zweckhaftigkeit vieler Sportarten auf dem Prüfstand. Die Frage über Aufnahme oder Ablehnung einer neuen Sportart bedarf deshalb einer sehr viel intensiveren Diskussion als jemals zuvor. Es bedarf einer Diskussion über das Selbstverständnis jener, die über Aufnahme und Ablehnung entscheiden. Sie zu führen wird nicht nur von den Antragstellern erwünscht. Die Mitglieder des DOSB und des IOC müssen hingegen ein noch viel größeres Interesse daran haben.
Verfasst. 22.01.2018