Dem Hochschulsport kommt im Gefüge des deutschen Sports nur eine nachgeordnete Rolle zu. In der öffentlichen Kommunikation über Sport im Fernsehen, in den Tageszeitungen und beim Rundfunk erreicht der Hochschulsport kaum Aufmerksamkeit. Der Staat behandelt ihn teilweise wie eine lästige Pflichtaufgabe und die Partner aus der Wirtschaft wenden sich ihm allenfalls mäzenatisch zu, wobei durchaus ein schlechtes Gewissen dabei eine Rolle spielen könnte. An den Hochschulen selbst kann kaum von einer größeren Bedeutung dieser Institution gesprochen werden, auch dann, wenn sie oft als zentrale Einrichtung disziplinarrechtlich und organisatorisch direkt an den Präsidenten einer deutschen Universität gebunden ist. Der Hochschulsport muss sich mit einem Schattendasein begnügen. So wie viele sozialpolitisch bedeutsame Einrichtungen hat er sich mit einem Schicksal abzufinden, dass in ausdifferenzierten Wohlstandsgesellschaften immer häufiger anzutreffen ist. Bedeutsame genossenschaftlich erbrachte sozialpolitische Leistungen werden als etwas Selbstverständliches empfunden, sollten dabei noch Kosten entstehen, so möchte der Staat diese am liebsten auf jene abwälzen, die diese Kosten ohnehin nicht tragen können.
Die Bedeutung, die der Hochschulsport für unsere Universitäten, die Studierenden und deren sonstige Personengruppen und damit auch für unsere Kultur und Gesellschaft jedoch nach wie vor besitzt, kann kaum nachdrücklicher beleuchtet werden, als über eine Antwort auf die Frage, was wäre, wenn es an den deutschen Universitäten und Hochschulen keinen Hochschulsport mehr geben würde. Der Hochschulsport, so scheint mir, ist gerade aus der Position seines Schattendaseins heraus eine der bedeutsamsten Errungenschaften des deutschen Universitätslebens. Er ist gerade aufgrund seiner Selbstverständlichkeit zu jenem bedeutsamen sozialpolitischen Faktor für die Universitäten geworden, wie er heute nahezu täglich von mehr als 3 Millionen Teilnehmern erfahren und erlebt werden kann.
Aus soziologischer Sicht lassen sich vielfältige Funktionen benennen, die dem Hochschulsport zugewiesen werden und die er meines Erachtens auch auf beispielhafte Weise zu erfüllen in der Lage ist. Er ist dabei immer in zweifacher Weise wirksam. Mittelbar ist der Hochleistungssport in erster Linie Dienstleister und stellt eine ganze Reihe bedeutsamer Dienste im Interesse der Gemeinschaft den Studierenden, den Angehörigen der Hochschulen, den Bürgern und Bürgerinnen der Region, in der die Hochschule sich befindet und im weitesten Sinne der Gesellschaft, in die die Hochschule eingebettet ist, zur Verfügung. In unmittelbarer Weise ist der Hochschulsport immer Modell für etwas besseres, für eine Perspektive, für einen Wandel, für eine Herausforderung, für eine neue Aufgabe. Die mittelbare Funktion ist dabei auf das Engste mit der unmittelbaren Wirkweise des Hochschulsports verwoben. Denn es sind gerade seine Dienstleistungen, die er wie selbstverständlich anbietet, die ihn zum Modell werden lassen. Auf diese Weise ist der Hochschulsport für die Welt außerhalb der Universität eine Zeigeinstanz, er vermittelt uns, dass es alternative oder auch neue Wege gibt, die es zu gehen sich lohnt, dass es Perspektiven gibt, die realistisch sind, die umgesetzt werden können.
Ich selbst habe den Hochschulsport in eben dieser Doppeldeutigkeit erfahren und erleben können, deshalb scheint mir eine biographische Sichtweise hilfreich, um die Bedeutung des Hochschulsports zu kennzeichnen.
Ist man selbst sporttreibendes Kind oder Jugendlicher, spielt man in einer Schulauswahl, kämpft man um schulische Meistertitel, so gibt es nur bedingt Beziehungen zum Sport an Universitäten. In Deutschland ist der Universitätssport leider ohne besondere Popularität, wenngleich für mich Vereinsnamen wie USC Heidelberg oder USC München in meiner Zeit als jugendlicher Leistungssportler bereits eine bedeutsame Rolle gespielt haben. Gerade im Basketball waren diese Vereinsnamen besonderer Ausdruck von Leistungsstärke. Mannschaften mit diesen Namen setzten sich aus jungen studentischen Persönlichkeiten zusammen, die nicht selten für Kinder und Jugendliche Vorbild- und Idolfunktion einnehmen konnten.
Nach dem Abitur und mit Beginn des Studiums wurde der Hochschulsport für mich wie selbstverständlich zu einem wichtigen und wegweisenden Erfahrungsfeld. Als Handballspieler einer Bundesligamannschaft war es für mich wichtig, Mitglied der Uni-Mannschaft in Tübingen zu sein. Es war für mich auch wichtig, einen Platz in der Hierarchie des studentischen Handballsports in Deutschland zu finden. Wie jeder meiner Mitspieler hatte ich das Ziel, möglichst weit in der Endrunde der Deutschen Hochschulmeisterschaften zu kommen, das Finale zu erreichen und Deutscher Hochschulmeister zu werden und wie nicht wenige träumte auch ich von einem Spiel in der Studenten-Nationalmannschaft. Der Hochschulsport war aus dieser Sicht vorrangig eine Einrichtung des Spitzensports. Obmänner waren die selbstlosen Partner, die uns die Teilnahme an nationalen und internationalen Turnieren ermöglichten. Alles wurde mit bescheidenen Mitteln finanziert. Im Vergleich zum Handballsport im heimatlichen Verein war alles von Bescheidenheit, von Improvisation und von finanzieller Knappheit geprägt. Dennoch: gerade diese Voraussetzungen waren es wohl, die den Hochschulsport für Bundesligaspieler attraktiv machte, die es möglich machten, dass nahezu die gesamte Spitzenklasse des deutschen Handballsports sich bei Hochschulmeisterschaften traf. Sir Felix Schmacke, Gerd Hennige, Armin Emmrich, Archi Dümmel sind beispielhafte Namen, die stellvertretend für viele stehen. In der Hochschulmannschaft trafen sich Spieler aller Fakultäten, Juristen und Mediziner waren dort ebenso selbstverständlich anzutreffen, wie Theologen, Philosophen oder Germanisten. Der Sport war das integrative Moment, das alle zusammenführte, das Kommunikation, Geselligkeit, Reisen und internationale Begegnungen mit französischen, ägyptischen und amerikanischen Studenten ermöglichte.
Nach Abschluss meiner Examina hatte ich das Glück, an einem Institut für Sportwissenschaft als wissenschaftlicher Assistent arbeiten zu können. Systematisches Nachdenken über die Komplexität des Sports, über die Perspektiven der Sportentwicklung, über die Optimierung seiner pädagogischen und sozialen Möglichkeiten, aber auch die Frage nach der systematischen Steigerung sportlicher Leistungen waren dabei die alltäglichen Arbeitsinhalte. Angesichts dieses Alltags war es für mich ein willkommener Anlass, die Universitätsmannschaft meiner Universität im Handball trainieren, betreuen und führen zu dürfen. Auch aus dieser dritten Perspektive stellte sich für mich der Hochschulsport als etwas Besonderes dar. Da ich bereits über genügend Trainererfahrung verfügte und noch eine Vereinsmannschaft einer höheren Liga trainierte, konnte ich das Besondere aus einer sich mir eröffnenden vergleichenden Perspektive wahrnehmen. Training und Wettkampf meiner Unimannschaft waren wichtig, sie waren jedoch immer den wichtigeren Zielen, die die Spieler im Studium verfolgen, untergeordnet. Im Training selbst war selbständiges Arbeiten, Gruppentraining und vor allem das Trainingsspiel wie selbstverständlich auf der Tagesordnung. Harte Trainingsformen, insbesondere Ausdauertraining, konnte man an das Training der einzelnen Spieler in ihren Vereinen delegieren. Taktische Spielzüge konnten auf relativ einfache und schnelle Weise eingeführt und auch in Spielen selbst angewendet werden. Taktische Strategien, für deren Umsetzung man in den Vereinsmannschaften mehrere Monate benötigte, konnte man in der Universitätsmannschaft in kürzester Zeit umsetzen. Auch die Wettkampfereignisse hatten aus der Sicht des Trainers eine andere Qualität. Die Führung der Unimannschaft war sehr viel einfacher, wenngleich kontroverse Diskussionen über Taktik und Strategie nahezu eine Selbstverständlichkeit waren. Auswechseln wurde akzeptiert, Niederlagen wurden leichter verkraftet, auch dann, wenn man als Favorit im Halbfinale um die Deutsche Hochschulmeisterschaft ausschied. Die lange Fahrt von Kiel nach Tübingen im 2. Klasse Abteil der Deutschen Bundesbahn wurde dabei zur willkommenen, feuchtfröhlichen Entschädigung. Als Trainer einer Universitäts-Handballmannschaft konnte ich die kreative Seite dieses Spiels wahrnehmen, konnte das Spielerische erfahren und pflegen und konnte somit auch methodische Lehr- und Trainingswege erproben, die sich bei meinen sonstigen Tätigkeiten im Handball kaum oder gar nicht eröffneten.
Meine vierte Perspektive, aus der es mir möglich war, den Hochschulsport zu beobachten, war die des Teilnehmers einer Universiade. Als Teilnehmer an mehreren Universiaden an der Seite der deutschen Studenten-Nationalmannschaft habe ich die schönsten Erlebnisse und Erfahrungen machen können, die der Sport geben kann. Die Universiade ist ohne Zweifel neben den Olympischen Spielen, neben den großen Weltmeisterschaften des Fußballs und der Leichtathletik, jenes globale Sportereignis, dem es gelungen ist, ein eigenes Markenzeichen für sich zu entwickeln. Von diesem Markenzeichen darf angenommen werden, dass es sich lohnt, dass es über das Ereignis der Universiade hinaus zur Kenntnis genommen wird. Im gewissen Sinne sind Universiaden „kleine Olympische Spiele“ und doch sind sie in der Lage, manches zu leisten, was dem großen Vorbild schon lange nicht mehr gelingt, nämlich ein humanitäres Bild des Sports zu kennzeichnen, wie man es sich heute dringender denn je wünschen muss. Schon beim Treffen der Nationalmannschaft vor der Abreise zu einer Universiade geht es ganz anders zu, wie bei den übrigen Nationalmannschaften. Jeder Athlet ist wie der andere, auch Stars gliedern sich ein. Beim anstrengenden Flug z. B. nach Kobe in Japan erhebt kein Athlet besondere Ansprüche, allenfalls wundert man sich über einige Funktionäre, die den bequemeren Platz in der Business-Klasse vorziehen und den zwei Meter großen Basketballspieler, den Hammerwerfer oder den Diskusriesen 16 Stunden eingeklemmt in der zu eng bestuhlten Touristenklasse zu einem wichtigen Sportereignis fliegen lassen. Im Athletendorf in Kobe, aber auch in Catania in Sizilien, gab es dann eine Atmosphäre, die sich tatsächlich durch das viel gepriesene, aber selten umgesetzte, Wort der internationalen Verständigung auszeichnete. Jeden Abend Musik, Diskussionen, Begegnungen, Spaß, Gelächter, Party, bei der die nigerianische Weitspringerin mit dem deutschen Sprinter sich ebenso trifft, wie der amerikanische Basketballspieler mit der russischen Fechterin. Fremdsprachenkenntnisse sind auch bei den Studenten dieser Welt nicht besonders gut ausgeprägt, doch mit Worthülsen, mit Versatzstücken und mit viel non-verbaler Kommunikation begegnen sich junge Menschen auf eine höchst interessante Weise. Die Mensa bietet wahrlich eine multikulturelle Essenserfahrung, wie man sie sonst nirgendwo auf der Welt antreffen kann und bei den Wettkämpfen ist die begeisterte Unterstützung für diejenigen Mannschaftsmitglieder, die sich im Wettkampf befinden, eine Selbstverständlichkeit für alle übrigen Athleten, gleichgültig, ob sie Fußballspieler oder Kunstturner sind. Hat man wettkampffreie Tage, sind Exkursionen auf dem Programm, man begegnet Land und Leuten, man genießt es, einmal den Sport von jener Seite kennenzulernen, wie er häufig in Büchern beschrieben wird, wie er aber immer weniger in der Realität anzutreffen ist.
Die fünfte Perspektive eröffnete sich mir dadurch, dass ich als Sportwissenschaftler mit dem ADH, der Dachorganisation des Hochschulsports, in vielfältiger Weise kooperieren konnte und dabei dessen Bildungsarbeit und konzeptionelles Denken etwas genauer beobachten konnte. Darüber hinaus konnte ich als Referent bei zwei Universiade-Kongressen in den Dialog mit internationalen Experten des Hochschulsports eintreten. Aus der Perspektive des Sportwissenschaftlers war der Hochschulsport immer eine höchst zwiespältige Institution. Auf einer politischen links-rechts Achse wurde er am äußersten linken Rand angesiedelt, was aber nicht mehr und nicht weniger bedeutete, als dass der Hochschulsport ein Garant für avantgardistisches Denken war. Manches ist heute dabei verloren gegangen, doch es gibt noch genügend Impulse, denen es zu wünschen wäre, dass sie von den Sportorganisationen aufgenommen würden. Der Hochschulsport war gerade aus intellektueller Sicht ein Trendsetter, ein Frontrunner, ein Wegbereiter. Er war ein Sensorium für Probleme der Sportentwicklung und er war immer auch so etwas wie eine kleine Denkfabrik für neue methodische Lehrwege in nahezu allen Sportarten. Seine Schriftenreihe ist ein bleibendes Dokument für diese besondere Leistung. Manches war dabei weit über das Ziel hinaus geplant und vielleicht auch über das Ziel hinausgeschossen. Dem neuen war und ist man immer aufgeschlossen, wobei es auch wünschenswert gewesen wäre, dass man sich gegenüber manchem Neuen, aber meist auch modischen Trend eine kritische Distanz bewahrt hätte. Manches sozialpolitische Engagement verkehrte sich in egoistisches Gruppendenken, wobei der privilegierte Status der Studierenden in unserer Gesellschaft im Vergleich zu anderen benachteiligten Gruppen oft aus dem Blick geraten ist. Solche Einschränkungen müssen auch für die avantgardistische Frauenpolitik beachtet sein, wenn man sie einer abschließenden Bewertung unterziehen möchte. Ich selbst habe die Diskussionen mit dem ADH immer als lebendig, als mutig, als erfrischend erlebt. Hier wurde nicht taktiert, es wurde nicht nach Machtkriterien ein Konsens angestrebt, den später keiner mehr zu verantworten gedachte. Manche Diskussion war dabei langatmig, anstrengend, ärgerlich. Doch in der Widerspenstigkeit der Partner lag der besondere Reiz der Wissenschafts- und Bildungsarbeit, die den ADH ausgezeichnet hat und hoffentlich auch weiterhin auszeichnen wird.
Schließlich konnte ich den ADH und den Hochschulsport aus der Perspektive eines Leichtathletik-Funktionärs beobachten. Leichtathletik ist eine der Kernsportarten des ADH. Bei den Universiaden ist die Leichtathletik ebenso das Zentrum, wie bei den Olympischen Spielen und auch hier gibt es eine Sichtweise, die den Hochschulsport als etwas Besonderes kennzeichnet. Aus der Perspektive eines Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes lassen sich dabei jedoch nicht nur positive Aspekte erkennen. Leichtathletik ist in der alltäglichen Praxis des Hochschulsports eher etwas Problematisches geworden. Hochschulsporttrainingsgruppen, die die Leichtathletik in ihrer gesamten inhaltlichen Breite treiben, sind kaum noch an deutschen Universitäten anzutreffen. Auf den Leichtathletik-Anlagen der Universitäten ist es vielerorts sehr still geworden. Studentische Leichtathleten und Leichtathletinnen trainieren in ihren Heimatvereinen. Eine Teilnahme an einer Deutschen Hochschulmeisterschaft hat nach wie vor für Leichtathleten und Leichtathletinnen eine besondere Bedeutung, doch eine systematische Vorbereitung in der und durch die Heimatuniversität findet meist nicht statt. Die Deutschen Hochschulmeisterschaften der Leichtathletik waren international offene Meisterschaften, als man solche Konzepte noch nicht einmal in Gedanken in anderen Fachverbänden zu planen bereit war. Begegnung und Verständigung finden bei diesen Deutschen Hochschulmeisterschaften im wahrsten Sinne des Wortes statt. Die deutsch-französische Freundschaft wird dabei ebenso gepflegt, wie die Freundschaft zu anderen Nachbarstaaten. Fragt man erfolgreiche Leichtathleten, warum sie trotz ihres vollen Terminkalenders den Termin der Deutschen Hochschulmeisterschaften in der Leichtathletik wahrgenommen haben, verweisen ihre Antworten nahezu übereinstimmend auf den sozialintegrativen Aspekt, auf das Atmosphärische und auf die Gelassenheit und solidarische Beziehung der Studierenden untereinander, die bei diesen Meisterschaften erlebt und genossen werden können. Noch deutlicher kommt dies bei den Universiaden zum Ausdruck. Viele Weltklasse-Athleten wie Heinz Weis, Florian Schwarthoff, Nico Motchebon oder Melanie Paschke haben immer wieder darauf hingewiesen, dass ihre Teilnahme bei der Universiade für sie etwas Besonderes ist. Hier wird nicht nach Preisgeldern oder Startgeld gefragt, hier wird nicht Kritik geübt, dass man sich an den Fahrtkosten zu beteiligen hat, dass die Ausrüstung nicht völlig kostenlos zur Verfügung gestellt werden kann. Im Zentrum der studentischen Beurteilung steht vielmehr die Anerkennung und die Wertschätzung der besonderen Form der Begegnung. Top-Athleten haben hier ganz ohne Zweifel eine immer seltener werdende und gerade deshalb immer wichtiger werdende Möglichkeit, in eine besondere Kultur zwischen Jugendlichkeit und Erwachsensein einzutreten, die es sonst auf der Welt nirgendwo gibt. Es ist deshalb auch kaum überraschend, dass mancher erfolgreiche Spitzenathlet den Beginn seiner Erfolgskarriere auf die Teilnahme bei Universiaden zurückführt. Es ist auch nicht überraschend, dass selbst jene Athleten, die bereits die größten Erfolge im internationalen Sport erreicht haben, gerne zu Universiaden reisen, auch dann, wenn sie dort nur an einem Show-Wettkampf teilnehmen. Frankie Fredericks war von seiner Teilnahme bei der Universiade in Sizilien ebenso begeistert, wie Gail Devers und für sie alle war es wichtig, an der besonderen Begegnungswelt von Studierenden aus mehr als 100 Ländern teilnehmen zu können.
Hochschulsport, Dienstleistung und Modell, das war der Ausgangspunkt dieses Essays. Aus sechs Perspektiven habe ich versucht, die besondere Bedeutung des Hochschulsports zu kennzeichnen. Gewiss war in jeder Perspektive auch zu erkennen, dass der Hochschulsport Merkmale des Unprofessionellen in sich birgt. Manches ist bruchstückhaft, ja stümperhaft. Der Hochschulsport kann durchaus auch problematischer Teil einer Schmarotzerkultur sein und der Hochschulsport hat auch bei den Universiaden längst einige bedenkliche Schattenseiten aufzuweisen. Auch die wissenschaftliche Arbeit war nicht selten pseudo-wissenschaftlich, modisch und wenig konsequent. Die Umweltdiskussion über den Sport wurde nicht weniger heuchlerisch geführt, wie das in unserer Gesellschaft insgesamt anzutreffen ist. Gewiss ist es auch problematisch, wie wenige Repräsentanten der Universitäten eine Beziehung zum Hochschulsport gefunden haben. Dies gilt für die meisten Präsidenten und Rektoren der deutschen Universitäten und Hochschulen ebenso, wie für die Dekane und die Professoren in den Fakultäten. Die eigenwillige politische Organisation des Hochschulsports zeigt ebenfalls schon seit langem deutliche Schwächen und insbesondere der Wettkampfsport wird nicht selten durch hausgemachte Fehler unübersehbar gefährdet und findet an vielen Universitäten schon gar nicht mehr statt. Die Liste der Mängel könnte fortgeführt werden. Selbst dann, wenn sie sehr lang würde, würde das Besondere des Hochschulsports meines Erachtens damit nicht in Frage zu stellen sein. Was wäre, wenn es keinen Hochschulsport gäbe, das ist die Frage, die es zu beantworten gilt. Die Studenten, die jeden Abend ein Angebot unterbreitet bekommen und damit einen sinnvollen Ausgleich zu ihren intellektuellen Leistungen in ihrem Studium finden können, die Professoren, die in einer Sportgruppe über die Fakultäten hinaus sich einmal in einer Weise verständigen können, wie dies in den Gremien der Universitäten nicht möglich ist, die Bediensteten, die einen wichtigen Ausgleich für ihre oft sehr unangenehmen Belastungen in der täglichen Arbeit durch die Teilnahme am Hochschulsport erreichen können, die Hochschulsportler, die gemeinsam mit ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen über die Vorrunde und die Zwischenrunde das Finale einer Deutschen Hochschulmeisterschaft haben erreichen können und die Spitzensportler, die bei Universiaden die deutschen Universitäten haben repräsentieren dürfen, sie alle geben eine angemessene Antwort auf diese Frage. Dem Hochschulsport ist deshalb eine kontinuierliche Modernisierung zu wünschen. Das Schattendasein, in dem er sich zur Zeit befindet, hat dabei den Vorteil, dass im Schatten Spektakuläres verändert werden kann, ohne dass man dabei zu früh von einer vorschnellen Kritik, vom Rampenlicht der Öffentlichkeit geblendet wird. Mut zur Veränderung und Übernahme von Verantwortung, das sind deshalb jene Fähigkeiten, die den Verantwortlichen im Hochschulsport auch zukünftig zu wünschen sind. Kommen sie zum Tragen, so wird der Hochschulsport auch weiterhin ein unverzichtbarer, zentraler Bestandteil des öffentlichen Lebens sein.
Verfasst: 30.06.1998