Sportsponsoring am Limit?

Nicht nur der Weltwirtschaftskrise ist es zuzuschreiben, dass immer häufiger Unternehmen ihre Marketingaktivitäten auf den Prüfstand stellen und dabei vor allem nach dem Sinn des Sponsorings fragen. Die Wirksamkeit von Sponsoringaktivitäten, die auf den Sport ausgerichtet sind, wird dabei in Frage gestellt. Dabei unterscheidet sich allerdings die Diskussion über das Sportsponsoring im Vergleich zu früheren Zeiten so gut wie nicht. Tauschen sich Experten über das Sportsponsoring aus, so gleicht diese Diskussion meist einem großangelegten Kopierwettbewerb. Lehrbuchwissen wird dabei in plakativer Weise ausgetauscht; Amerikanismen werden dabei etikettenhaft verwendet ohne dass man deren genauen theoretischen und empirischen Hintergrund kennt. Von Originalität kann nur selten die Rede sein und jene die vorgeben, sie hätten sich mit dem Phänomen wissenschaftlich auseinandergesetzt, müssen oft sehr schnell ihren Bankrott erklären, wenn man die dabei verwendeten Theorien und Methoden und ihre Forschungsergebnisse auf den Prüfstand stellt. Eine häufig theorielose Forschung mit einfallslosen Testverfahren hat allenfalls Marketingcharakter. Meist wird diese Art von „Forschung“ auch nur von Agenturen veranstaltet, deren angebliche Forschungsergebnisse vordergründig auf die Interessen der Auftraggeber ausgerichtet werden. Die Auftraggeber haben diesbezüglich freilich schon längst ihre Zweifel und stellen immer häufiger die Frage, welchen Wert solch dubiose „Forschungsergebnisse“ besitzen. Es sind also die Auftraggeber selbst, die die üblichen gestützten und ungestützten „Recall“-Verfahren mit einem Fragezeichen versehen. Die für das Marketing Verantwortlichen sind deshalb vermehrt bemüht, ihre Sponsoringaktivitäten neu einzuordnen und sie von der Last der direkten Überprüfbarkeit zu befreien. Dabei kann das Sponsoring in einer klugen Marketingstrategie durchaus einen relevanten Platz haben, vorausgesetzt man definiert seine Ziele hinreichend genau, ordnet das Sponsoringengagement in die derzeit gültige Marketingstrategie und in das damit verbundene Kommunikationskonzept ein. Ist dies der Fall, so kann ein Sponsoringengagement mit dem Vertrauen und der Akzeptanz des eigenen Unternehmens rechnen und jene, die für den Vertrieb verantwortlich zeichnen, können den Sinn des Sponsorings im Rahmen ihrer Vertriebsstrategie ermessen.

Für das Sportsponsoring muss dabei dasselbe gelten wie für alle sonstigen denkbaren Sponsoringaktivitäten. Ausgangspunkt sollte eine zielorientierte Projektplanung sein, in der man die Partner, möglichst sogar die Zielgruppen der Sponsoringaktivitäten in die Projektplanung dialogisch einbezieht. Auf diese Weise entstehen ein partnerschaftliches Miteinander und eine gemeinsame Verantwortung für die Erreichung der Ziele. Für gelungenes Sportsponsoring ist es aber auch wichtig, dass man die unerwünschten Nebenwirkungen im Planungsprozess bedenkt und darauf vorbereitet ist, wenn sie eintreten. Jede Aktivität, die auf bestimmte Ziele ausgerichtet ist, hat nicht nur jene Wirkungen, die man sich von ihr erwünscht hat. Eine Intervention in einem komplexen System, wie es beim Verkauf und Kauf eines bestimmten Produktes in der Regel vorliegt, hat immer auch zur Folge, dass Unerwünschtes eintreten kann. Nur wenn man solche Sachverhalte bei der zielorientierten Projektplanung bereits berücksichtigt, lassen sich Sponsoringprozesse erfolgreich steuern.

Ein weiterer wichtiger Aspekt erfolgreichen Sportsponsorings ist darin zu sehen, dass sich das Sponsoringengagement durch Relevanz, Klarheit und Verständlichkeit auszeichnet. Viel zu oft ist in Unternehmen ein Flickenteppich an Sponsoringaktivitäten entstanden, weil es immer wieder einzelne Personen waren, die gegenüber einem bestimmten regionalen oder nationalen Markt und gegenüber bestimmten Zielgruppen Zugeständnisse gemacht haben und dabei nicht selten Donationen und Spenden mit Sponsoringinitiativen verwechselten. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wie sie aktuell und wie sie vermutlich auch in der weiteren Zukunft anzutreffen sind,ist es mehr denn je wichtig, Spendenengagement und sozialpolitische Initiativen eines Unternehmens organisatorisch und strategisch eindeutig vom Marketing und von den Verkaufsstrategien des Unternehmens zu trennen. Es müssen mit realistischen Zielen definierte und klar abgrenzbare Sponsoringprojekte festgelegt werden, die von den Verantwortlichen für den Bereich des Marketings gemeinsam mit den Vorständen der Unternehmen getragen werden.

Die wohl wichtigste Herausforderung im Sportsponsoring wird auch in der Zukunft darin liegen, dass man den Sport mit seiner herausragenden Emotionalität als Anlass benutzt, um die Emotionen seiner Zielgruppen anzusprechen. Darin liegt die besondere und in gewisser Weise auch einmalige Chance, die das Phänomen des Sports dem Sponsoring im Gefüge des Marketings bietet. Die Kunst des Sportsponsorings liegt dabei darin, aus den Emotionen des Sports und den Emotionen der Zielgruppe „Kognitionen“ werden zu lassen, um die Bindung an eine Marke zu stabilisieren und

den Rezipienten der Sponsoringbotschaft den erwünschten Kauf des angebotenen Produkts nahezulegen. Letztlich soll damit das Produkt am Markt konkurrenzfähig bleiben. Ereignisse und Orte des Sports, deren Akteure und deren Handlungen können dabei äußerst vielfältiges und interessantes bieten:

Der Sport bietet Nähe. Der Sport bietet menschliche Wärme. Er setzt Emotionen frei. Sportliche Erlebnisse können einen Einmaligkeitscharakter haben. Sind die Erlebnisse im Sport besonders intensiv, so umarmen sich die Menschen aus Freude über den Sport. Sprechchöre und Gesänge spiegeln die Begeisterung wider, die Sportereignisse hervorrufen können.

Diese Emotionalität, die gelebte Begeisterung bei einem sportlichen Ereignis, muss der Zielpunkt jeder Sponsoringstrategie sein. Wird diese Grundlage ernst genommen, so verbietet sich eine Forderung nach kurzfristiger Wirkung eines Sportsponsoringengagements. Wer den Erfolg des Sportsponsorings über eine kurzfristige Messung im Verkauf der Ware seines Unternehmens überprüfen möchte, der hat das Instrument des Sponsorings nur unzureichend verstanden. Damit wird dieses Instrument einer Fehleinschätzung ausgesetzt, der es nicht gewachsen ist. Gutes Sportsponsoring darf sich keiner Rezepte bedienen, die von anderen für anderes entwickelt wurden. Sportsponsoringprojekte bedürfen der Innovationen, der Neuschöpfung, also einer eigenständigen Kreativität, die von Partnern verantwortet werden, die bereit sind, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen.

Letzte Bearbeitung: 28. 07. 2022