Doping war die Geißel des antiken Sports, Doping ist die Geißel des modernen Hochleistungssports und Doping ist insbesondere das größte Problem der modernen Olympischen Spiele; es ist nach wie vor ungelöst. Sportler und Athleten, die mittels Doping versuchen, ihre Gegner zu betrügen, verfolgen dabei die Absicht, sich einen verbotenen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, um auf diese Weise einen Sieg zu sichern, der für sie ohne den Betrug nicht möglich wäre.
Doping ist eine besondere Form des Medikamentenmissbrauchs, der nur in der Welt des Hochleistungssports anzutreffen ist. Zwar gibt es in unserem Alltag vielfältige Formen des Medikamentenmissbrauchs. Künstler putschen sich zu Höchstleistungen auf, Schmerzen werden mittels Medikamenten betäubt, und Medikamentenkonsum ohne ärztliche Applikation ist längst üblich geworden. Mittels Medikamenten versuchen auch Freizeitsportler ihr Training zu beeinflussen, ihre Schönheit zu gestalten und ihren Körper zu formen. All dies ist Medikamentenmissbrauch, der sich jedoch vom Phänomen des Dopings unter einem ganz wesentlichen Aspekt unterscheidet. Er findet in Situationen des Lebens statt, für die keine schriftlichen Regeln vereinbart und fixiert wurden. Der Missbrauch verstößt nicht gegen feste Regeln und auch nicht gegen Gesetze; ja der Gesetzgeber lässt sogar zu, dass Menschen sich durch Medikamentenmissbrauch selbst zerstören dürfen.
Anders verhält es sich beim Dopingbetrug im Sport mit dem Ziel der Leistungsmanipulation. Hier handelt es sich um „Doping“ im engeren Sinn des Wortes. Der Hochleistungssport, insbesondere der Sport wie er über Sportarten betrieben wird, konstituiert sich über jene Regeln, die die Sporttreibenden für ihre Wettkämpfe vereinbart haben. Er konstituiert sich dabei vor allem über die Maxime des Fairplay, über das Gebot der Unversehrtheit des Athleten, über das Prinzip der Gleichbehandlung, über den gegenseitigen Respekt und über Achtung der Menschenwürde. Dopende Sportler verstoßen gegen diese Maximen und Gebote. Sie stellen sich bei ihren Betrugshandlungen damit außerhalb des Systems des Sports und sie gefährden seine konstitutiven Grundlagen. Deshalb müssen sie mit aller Entschiedenheit sanktioniert werden.
Diejenigen, die für das System des Wettkampfsports und insbesondere des Hochleistungssports Verantwortung tragen, haben nicht zuletzt aus diesem Grund in aller Entschlossenheit den Dopingbetrug zu bekämpfen. Er gefährdet das regelgeleitete System des Leistungssports und beschädigt all jene, die auf ehrliche Weise im sportlichen Wettkampf um den Sieg wetteifern. Der Anti-Doping-Kampf muss deshalb von der Gewissheit geprägt sein, dass es für den modernen Hochleistungssport keine andere Maxime geben darf als die sportlichen Regeln mit deren übergeordnetem Prinzip des Fairplay, an denen sich alle Spielarten des modernen Hochleistungssports auszurichten haben.
Der Kampf gegen den Dopingbetrug muss jedoch auch von der Einsicht geprägt sein, dass der Betrug im System des Hochleistungssports als eine, wenn auch verbotene Möglichkeit, in grundsätzlicher Weise vorgegeben ist. Die selbstgesetzten Regeln können und müssen befolgt werden. Es gehört jedoch zur Logik von Regeln, dass gegen sie auch verstoßen werden kann. Insofern müssen jene, die sich für das Prinzip des Fairplay im Hochleistungssport einsetzen, leider damit leben, dass das Dopingproblem niemals endgültig gelöst werden kann. Es muss jedoch – und das ist der besondere Anspruch – in glaubwürdiger Weise bewältigt werden.
Neben der Einsicht in die Logik des Systems des Hochleistungssports gehört zu einem glaubwürdigen Anti-Doping-Kampf, dass die sauberen Athleten vor den Betrügern konsequent geschützt werden und dass Anreize geschaffen werden, dass die selbstgesetzten Regeln von allen Beteiligten gewusst, beachtet und befolgt werden. Ferner gehört dazu, dass diejenigen, die dagegen verstoßen, konsequent bestraft werden und mit solchen Sanktionen zu rechnen haben, die eine wirklich ausreichende und abschreckende Wirkung haben. Darüber hinaus muss es eine der wichtigsten Aufgaben der Verantwortlichen im Hochleistungssport sein, jüngere Athletinnen und Athleten auf die Gefahren des Dopings aufmerksam zu machen, sie vom Dopingbetrug fernzuhalten und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man auf saubere Weise Erfolge im Hochleistungssport erzielen kann.
Das IOC, die internationalen olympischen Fachverbände, nationale Dachorganisationen des Sports, nationale Fachverbände und staatliche Organisationen haben mittlerweile ein System zu Bekämpfung des Dopingbetrugs aufgebaut, das von mehreren markanten Säulen getragen wird. Zum einen versucht man, des Dopingbetrugs durch ein Kontrollsystem Herr zu werden. Hierzu werden Trainings- und Wettkampfkontrollen durchgeführt. Kontrolliert werden dabei der Urin und das Blut der betroffenen Sportler. Zum zweiten wurde ein Analysesystem eingeführt. In IOC-akkreditierten Labors werden die durchgeführten Kontrollen analysiert und in Bezug auf verbotene Substanzen hin überprüft, um auf deren Grundlage den Verbänden eine Basis zu bieten, auf der ein Verfahren gegen betrügende Athleten eingeleitet werden kann. Drittens wurde ein Bestrafungssystem etabliert, das von Verbandssperren über Verbandstrafen bis hin zu Verurteilungen vor ordentlichen Gerichten führen kann. Viertens wurde ein Forschungssystem aufgebaut, in dem Naturwissenschaftler vorrangig der Frage nachgehen, welche Substanzen in welcher Weise die Leistung beeinflussen können und bei welchen Substanzen die Möglichkeit besteht, dass sie von Athleten zu Dopingzwecken missbraucht werden. Diese Forschung hat vorrangig aufklärenden und präventiven Charakter. Fünftens ist man bemüht, ein Aufklärungs- und Erziehungssystem zu entwickeln, über das zum einen präventiv das Problem des Dopingbetruges angegangen werden kann und zum anderen resozialisierend jenen Athleten ein Weg zurück zum ehrlichen Sport ermöglicht werden kann, die eines Dopingbetrugs überführt wurden.
Zur Durchsetzung und Bewältigung der Aufgaben und Herausforderungen in den jeweiligen Teilsystemen wurde die WADA, eine Welt-Anti-Doping-Agentur gegründet, in der die internationale Staatengemeinschaft gemeinsam mit den internationalen Sportverbänden bemüht ist, weltweit verbindliche Vorgaben zu entwickeln, auf die ein erfolgreicher Anti-Doping-Kampf auszurichten ist. Die gemeinsame Grundlage für alles Handeln ist dabei der Welt-Anti-Doping-Code, der zum ersten Mal im Jahr 2002 verabschiedet und bis heute immer wieder erneuert und fortgeschrieben wurde. Der Welt-Anti-Doping-Code kann als ein Meilenstein im Anti-Doping-Kampf bezeichnet werden. Gleiches gilt für das CAS, wodurch ein letztinstanzliches Schiedsgericht möglich wurde. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass in den verschiedenen Bereichen des Anti-Doping-Systems nach wie vor Probleme zu beklagen sind, deren Lösung noch immer nicht in Sicht ist. Die Beziehung zwischen Kontrolleur und Betrüger ist dabei leider noch immer viel zu häufig von einer Hase-Igel-Beziehung geprägt und immer häufiger kommt es vor, dass betrügende Sportler die aufgebauten Kontrollsysteme unterlaufen. Zu oft ist auch zu beklagen, dass nationale Rechtssysteme sich als untauglich im Anti-Doping-Kampf erwiesen haben. Zu ungleich sind noch immer die Strafen bei gleichen Delikten, wenn verschiedene Sportarten miteinander verglichen werden und viel zu wenig wird in Präventions- und Aufklärungsprogramme investiert. Auch werden in manchen Sportverbänden Kontrollen nur lasch gehandhabt oder in viel zu geringer Zahl durchgeführt.
Schließlich hat der Dopingskandal in der internationalen Leichtathletik und im Umfeld der Olympischen Spiele von Sotschi gezeigt, dass der Kampf gegen Doping sogar von denen unterlaufen werden kann, die vorgeben, für diesen Kampf verantwortlich zu sein und es noch immer möglich ist, dass ganze Staaten den Dopingbetrug ihrer Olympia- und Nationalmannschaften begünstigen können.
letzte Überarbeitung: 19.12.2018