Braucht der deutsche Spitzensport neue organisatorische Strukturen?

Seit den vergangenen Olympischen Spielen im August dieses Jahres liegen die relevanten Zahlen auf dem Tisch. Der Medaillenspiegel und die erreichten Finalplatzierungen können von den Verantwortlichen¹ des deutschen Sports überprüft und bewertet werden. Die „Potas- Kommission“ hat ihre vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in Auftrag gegebene Potenzial-Analyse der Olympischen Winter- und Sommerverbände vorgelegt und jeder olympischen Sportart eine „Zeugnisnote“ erteilt. Die Stiftung Deutsche Sporthilfe hat hierzu passend ihre jüngste Studie präsentiert, in der die Meinungen deutscher Spitzensportler und Spitzensportlerinnen zu den Ursachen des schwachen Abschneidens der Olympiamannschaften bei den Olympischen und Paralympischen Spielen in Tokio befragt wurden.  Ein Faktencheck ist nunmehr angebracht. Die Erfolgswahrscheinlichkeit deutscher Olympiamannschaften ist seit den Spielen in Barcelona 1992 kontinuierlich geringer geworden. Das IAT hat in seiner Auswertung der Olympischen Sommerspiele in Tokio aufgezeigt, dass Deutschland vom dritten Platz in Barcelona mit den damals erreichten 82 Medaillen auf Platz 9 mit 37 erreichten Medaillen zurückgefallen ist. Eine genauere Analyse der erreichten Finalplatzierungen (Platz 1-8) zeigt darüber hinaus, dass in einigen olympischen Sportarten in den letzten 20 Jahren eine noch erheblichere Einbuße der Erfolge zu verzeichnen ist und es immer weniger wahrscheinlich ist, dass man in diesen Sportarten den Anschluss an die Weltspitze wird halten können. Die Potenzial-Analyse zeigt vor allem, dass in den vergangenen Jahren nur ganz wenige Olympische Verbände sich um eine ausreichende Professionalisierung ihrer Arbeitsstrukturen gekümmert haben, und die notwendige organisatorische Modernisierung der Sportfachverbände nur sehr schleichend vorankommt. Die von der Deutschen Sporthochschule Köln befragten Spitzensportler Deutschlands sind mehrheitlich der Auffassung, dass es ihre finanzielle Lage ihnen nicht möglich macht, sich hinreichend auf den Sport zu konzentrieren. Die Trainingsinfrastruktur wird wohl als angemessen erachtet doch sind die befragten Athleten und Athletinnen vor allem mit ihren Trainerinnen und Trainern und deren Führungsstil eher unzufrieden. Das zukünftig erforderliche Aus – und Weiterbildungspotenzial scheint dabei erheblich zu sein. Besonders wird beklagt, dass in der deutschen Gesellschaft sportliche Leistungen wenig wertgeschätzt werden. In den jüngsten Beiträgen „Was ist zu tun – nach Tokyo“ und „POTAS – ein lernendes System?“ in „sport-nachgedacht“ wurde eine Liste der Mängel, die im deutschen Spitzensport im Allgemeinen und im deutschen Olympischen Sport im speziellen zu beobachten sind, mehrfach dargestellt. Der dringend notwendige Faktencheck, wird er sorgfältig durchgeführt, lässt somit die Alarmglocken läuten, wenn von der Zukunft des Deutschen Olympischen Sports die Rede ist. Angesichts dieser Situation kann es nicht überraschen, dass sich nun immer häufiger einige „Blitzdenker“ mit ihren „Blitzlösungen“ zu Wort melden und dabei auch die von Ihnen erwünschte massenmediale Aufmerksamkeit erhalten. “Sport braucht ein eigenes Ministerium“ – „Neues Spiel mit der Supersport GmbH“, so lauten aktuelle Überschriften im Tagesspiegel und in der FAZ. Der Ruf nach einem eigenständigen Sportministerium ist dabei ebenso wenig neu wie der Wunsch, dass alle Belange des deutschen Spitzensports in einer „Sport Deutschland Leistungssport GmbH“ zusammengeführt werden. Beide Forderungen können wohl auf den ersten Blick als bedenkenswert angesehen werden, doch was bislang als Begründung vorgelegt wurde und bezogen auf die Probleme, die dadurch gelöst werden sollen, sind die bisherigen Vorschläge, die mit diesen Forderungen verbunden sind, weder sinnvoll noch tragfähig. Stellt man die Forderung nach einem Sportministerium auf den Prüfstand, so muss man fragen, was in der bisherigen arbeitsteiligen Struktur zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem Deutschen Olympischen Sportbund mit seinen Olympischen Fachverbänden unzureichend, bzw. nicht tragfähig gewesen ist. Immerhin wird nahezu einstimmig von allen Kritikern der bestehenden Sportstrukturen darauf hingewiesen, dass die finanziellen Mittel, die das Bundesministerium des Innern dem Olympischen Sport in Deutschland bereitgestellt hat, mehr als ausreichend gewesen sind, und dass Geld allein kein ausreichendes Medium ist, um olympische Medaillen zu gewinnen. Es wird meist auch darauf hingewiesen, dass es vielmehr ein effizient gesteuertes Leistungssportsystem geben muss.  Wem die im Grundgesetz garantierte subsidiäre Beziehung zwischen Staat und Sport wichtig und wegweisend ist, der kann meines Erachtens kein Interesse daran haben, dass diese Beziehung zu Gunsten des Staates verändert wird. Autonome Sportorganisationen sind in unserem demokratischen Gemeinwesen ein außergewöhnlich bedeutsamer Wert, der ohne Grund nicht aufgegeben werden darf. Darüber hinaus ist zu fragen, was mit Namensänderungen, die häufig einem Etikettenschwindel gleichkommen, erreicht sein kann, wenn damit die haushaltspolitische Position des Ressorts „Sport“ weder gestärkt noch unabhängiger sein kann. Ein „Bundesministerium für Sportfragen“ hätte vermutlich in einer Bundesregierung einen sehr viel geringeren Einfluss als wenn sich ein Bundesminister des Inneren mit einer starken Abteilung „Sport“ für die Belange des Sports einsetzt. Gleiches gilt für eine Ansiedlung des Sportressorts im Bundeskanzleramt. Die Annahme, dass ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin sich für die Lösung der Probleme des Sports stärker engagieren kann und darf als dies bei seinem bzw. ihrem Engagement für Fragen der Kunst, Wissenschaft und Kultur der Fall ist, muss zu Recht infrage gestellt werden. Die „Wirksamkeit“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung innerhalb der Bundesregierung müsste für jene Warnung genug sein, die den Sport aus dem Ressort des Bundesministeriums des Inneren ausgliedern möchten. Wobei sich ohnehin zuallererst die Frage stellt, ob wir in unserem demokratisch verfassten Bundesstaat einem Staatsport noch weiter die Tür öffnen möchten, die möglicherweise ohnehin bereits zu weit geöffnet ist. 

Die aktuelle Mängelliste zur Situation des Spitzensports in Deutschland und die Resultate des Fakten-Checks zu den aktuell vorliegenden Erkenntnissen legen strukturelle und organisatorische Veränderungen des deutschen Spitzensports dringend nahe. Im Gegensatz zu der Forderung nach einem „Ministerium des Sports“ ist die Forderung zur Gründung einer „Leistungssport GmbH Deutschland“ deshalb sehr viel eher nachvollziehbar und bedarf meines Erachtens einer äußerst sorgfältigen Überprüfung. Die Stärken und die Schwächen einer derartigen GmbH müssen gegeneinander abgewogen werden und es muss vor allem auch die Frage gestellt werden, welche Ziele mit dieser GmbH verfolgt werden sollen und mit welchem Personal und mit welcher Ausstattung diese GmbH die weitere Entwicklung des deutschen Hochleistungssports steuern soll. Auch die Frage nach den beabsichtigten und unbeabsichtigten Nebenwirkungen einer derartigen GmbH in Bezug auf die bestehenden organisatorischen Strukturen muss sorgfältig beantwortet werden. 

Es macht dabei durchaus Sinn, sich an Steuerungsmodellen zu orientieren, wie sie derzeit in erfolgreichen Hochleistungssportnationen existieren. Der 2006 vorgelegte Vergleich der acht erfolgreichsten Leistungssportnationen, der damals im Auftrag des BMI durchgeführt wurde, konnte bereits verdeutlichen, wie hilfreich es sein kann, wenn man sich bei der weiteren Entwicklung des deutschen Hochleistungssports an den Best-Practice-Beispielen seiner Konkurrenten orientiert und diese zumindest in die eigenen Überlegungen einbezieht. Die Idee einer deutschen Leistungssport GmbH basiert vor allem auf der Vorstellung, dass die Entwicklung des Hochleistungssports zentral gesteuert werden muss, und dass die Entscheidungsbefugnisse dieser Organisation vom Dach bis zur Basis in den Vereinen und Trainingsgemeinschaften reichen müssen. Vergleichbare Organisationen gibt es in den USA, Australien, England, Frankreich, Italien, China und in jüngster Zeit auch in kleineren Sportnationen wie Österreich und Schweiz. Ist in der Schweiz oder in Österreich die Dimension der Leistungssport GmbH, mit der der nationale Leistungssport gesteuert wird noch relativ klein, so müsste in Bezug auf Deutschland bei der Einführung einer „Leistungssport GmbH Deutschland“ von einer durchaus gewaltigen Dimension dieser Steuerungsinstanz gesprochen werden. Orientierungspunkte könnten dabei Frankreich, England und Australien sein. Die Leistungssport GmbH Deutschland könnte als 100-prozentige „Tochter“ des Bundesministers des Innern gedacht werden und sie würde vermutlich einen Etat in der Größenordnung von einer halben Milliarde Euro pro Jahr bewirtschaften. Im Zentrum ihrer Arbeit würde die Spitzensportförderung der durch die Potenzial-Analyse ausgewählten Athletinnen und Athleten, bzw. Mannschaften stehen, für die derzeit 300 Millionen € aufgewendet werden. Der GmbH sollten auch die Förderstellen bei der Bundeswehr, Bundespolizei und Zoll unterstellt sein ebenso wie die 18 Olympiastützpunkte, das IAT, das FES, das BISP sowie das wissenschaftliche Verbundsystem, das dringend noch zu verbessern und zu ergänzen ist. Wäre darüber hinaus die GmbH noch für die Umsetzung der nationalen Strategie für Sportgroßveranstaltungen sowie für eine mögliche Olympiabewerbung des NOK´s für Deutschland verantwortlich, so wird deutlich, dass diese GmbH der größte Arbeitgeber des Sports in der Bundesrepublik Deutschland sein würde. 

Auf dem ersten Blick scheint der Vorschlag zu einer „Spitzensport GmbH Deutschland“ äußerst reizvoll zu sein. Bei einem zweiten Blick und bei einer genaueren Analyse stellen sich uns jedoch viele Fragen, die keineswegs einer schnellen Beantwortung zugeführt werden können, deren Beantwortung jedoch notwendig ist, soll die neue GmbH tatsächlich erfolgreich ihre Arbeit aufnehmen können. 

Zunächst und vor allem muss gefragt werden, ob der Gründung einer Leistungssport GmbH eine ausreichend differenzierte Problemanalyse zur aktuellen Situation des deutschen Hochleistungssports zu Grunde liegt und welche Probleme dabei mit einer nationalen GmbH gelöst werden können. Würde eine fundierte Problemanalyse durchgeführt werden, so müsste man dabei sehr schnell erkennen, dass die meisten Probleme, die heute den deutschen Hochleistungssport belasten, von der geplanten GmbH nicht gelöst werden können. Es wird sich viel mehr herausstellen, dass die Lösung der meisten Probleme sich eines nationalen Zugriffs entziehen und es sich dabei vorrangig um Probleme handelt, die im deutschen Sportsystem von den Turn – und Sportvereinen und von den Fachverbänden gelöst werden müssen. Dies gilt vor allem für das gravierendste Problem, das die zukünftige Entwicklung des deutschen Hochleistungssports entscheidend beeinflussen wird, für die Sicherung des Nachwuchs in den verschiedenen olympischen Sportarten. Aber auch die Lösung des Problems einer qualitativ anspruchsvollen Betreuung der Talente, die Absicherung von Doppelkarrieren oder die Frage nach einer ausreichenden Integration von Migranten in das deutsche Hochleistungssportsystem wird vermutlich nicht von einer zentralen Steuerungsinstanz gelöst werden können. Für eine unabhängige Problemanalyse zur aktuellen Situation des Hochleistungssports in Deutschland, die ausreichend differenziert, aber dennoch auch praxisnah und transparent durchzuführen ist, wird eine große Anstrengung erforderlich sein. Es wird hierzu außersportliche Expertise und eine fundierte sportwissenschaftliche Begleitung erforderlich sein. 

Eine nahe liegende zweite Frage richtet sich an den bestehenden „Bereich Leistungssport“ im noch existierenden DOSB. Wäre dieser Bereich möglicherweise ausbaubar und in vergleichbarer Weise aufzuwerten wie dies für die geplante Leistungssport GmbH der Fall ist? 

Neben einer GmbH könnte auch das Geschäftsmodell einer Aktiengesellschaft überprüft werden. Es stellt sich somit die Frage nach den Vor- und Nachteilen der jeweiligen Geschäftsmodelle für eine zukünftige Steuerungsinstanz des deutschen Hochleistungssports. Soll die zukünftige GmbH eine nachgeordnete „Tochter“ einer Behörde sein, so ist zu bedenken, dass sie damit auch immer einem (partei)-politischen Kalkül unterworfen ist. Bei der Suche nach einem Modell könnte auch die Deutsche Fußball Liga GmbH interessant sein. Nach wie vor stellt sich für mich jedoch dabei auch die Frage, ob es nicht zu einer „Wiedergeburt“ eines selbstständigen NOK kommen sollte, das mit den in der Leistungssport GmbH Deutschland beschriebenen Rechten und Pflichten zu kennzeichnen ist und in dem sämtliche Belange des deutschen Spitzensports sportpolitisch verantwortet werden. Dieses NOK wäre dann auch wieder der legitime Vertreter gegenüber dem IOC. 

Als kritische Frage wird sich auch die Frage nach dem zukünftigen Personal einer Leistungssport GmbH Deutschland stellen. Das bestehende Leistungssportpersonal hat sich nur in Teilen als kompetent und geeignet erwiesen und die Frage nach dem zukünftigen Personal ist deshalb so schwierig zu beantworten, weil es an qualitativ anspruchsvollen Ausbildungseinrichtungen für das deutsche Leistungssport-Personal mangelt. 

Weitreichend ist die Frage nach der Zukunft des DOSB, wenn eine Leistungssport GmbH bestehen würde, die als 100-prozentige „Tochterbehörde“ des Bundesministers des Innern arbeitet. Wird damit die subsidiäre Beziehung zwischen Staat und autonomen Sport aufgegeben wie sie jedoch uns vom Grundgesetz vorgegeben wird? Welche Aufgaben verbleiben beim DOSB und wie wird die Bearbeitung dieser Aufgaben finanziert?  

Diese Frage müsste eigentlich sehr schnell beantwortet werden, weil die weitere Verfolgung des Projekts einer Leistungssport GmbH in der Realität einer Entmachtung des DOSB gleichkommt, und jener Präsident, der in diesen Tagen zum DOSB Präsidenten gewählt werden soll, bereits bei seiner Wahl erkennen müsste, dass es für die bestehende Organisationsform des DOSB keine Zukunft gibt. 

Ganz grundsätzlich muss man sich die Frage stellen, welche zukünftige Arbeitsteilung zwischen den kommunalen, regionalen und nationalen Sportstrukturen und deren Aufgaben im deutschen Sport bestehen sollen. Soll der Schulsport, der Freizeit – und Gesundheitssport und im weitesten Sinne der gesamte „Breitensport“ eine Angelegenheit und damit vor allem ein alleiniger Verantwortungsbereich  der Länder und damit der Landesministerien und der Landessportbünde sein  und bei übergreifenden Aufgaben der Sportministerkonferenz der Länder im Zusammenwirken mit der Konferenz der Landessportverbände sein und soll lediglich der Hochleistungssport in Abstimmung mit einem Bundesministerium in der Verantwortung einer nationalen Organisation liegen, so würde sich möglicherweise die Frage nach einer Auflösung des DOSB nach Gründung der „Leistungssport GmbH Deutschland“ stellen. 

Es ist zu empfehlen, dass unabhängig von der Gründung einer Leistungssport GmbH Deutschland die Frage nach der zukünftigen Aufgabenstellung des DOSB gestellt wird. Wirft man einen Blick auf das Organigramm der DOSB Geschäftsstelle so ist unschwer zu erkennen, dass innerhalb des DOSB ein vielfältiger Aufgabenkatalog bearbeitet wird, wobei die Frage gestellt werden muss, ob all diese Aufgabenfelder relevant sind, ob ihre Bearbeitung angemessen erfolgt und was dabei die nachweisbaren Resultate der Arbeit sind. Auffällig ist, dass der Bereich Leistungssport und dessen Vorstand lediglich einen Platz unter drei weiteren Vorstandsbereichen einnimmt und dabei im Vergleich zum Bereich Sportentwicklung geradezu als nachgeordnet zu bezeichnen ist. Mit der Fusion von DSB und NOK und der Neugründung des DOSB im Jahr 2013 hat der Olympische Sport im Allgemeinen und der Spitzensport im speziellen ganz offensichtlich im Organisationsgefüge des deutschen Sports sportpolitisch und personell an Einfluss verloren. Hingegen deuten die Namen der Unterabteilungen im Vorstandsbereich „Sportentwicklung“ darauf hin, dass man sich im DOSB mit Fragen beschäftigt, die gesellschaftspolitisch von großer Relevanz sind, bei denen jedoch gefragt werden muss, wer im Gesamtsystem des deutschen Sports für die Bearbeitung dieser Fragen zuständig ist. Die Arbeitsbereiche „Bildung und Engagement“, „Diversity“, „Geschlechtergleichstellung“, „Inklusion“, „Integration“, „Breiten- und Gesundheitssport“, „Sportstätten, Umwelt und Nachhaltigkeit“, „Verbandsentwicklung“ werden u.a. mit Mitarbeiter-Stellen im Organigramm der Geschäftsstelle ausgewiesen. Ähnliche oder oft auch  die gleichen Arbeitsbereiche werden  in den Organigrammen der meisten Landessportbünde ausgewiesen. Für beide Organisationsebenen stellt sich somit die Frage, wodurch sich die jeweiligen Arbeitsbereiche unterscheiden und welche Resultate bei der ganzjährigen Bearbeitung der genannten Themenbereiche erzielt werden. 

Die Beobachtungen zur internen Organisation und Aufgabenzuschreibung des DOSB und der schon seit längerer Zeit bestehenden Verdoppelung von Arbeitsaufgaben im Verhältnis zwischen den Landessportbünden und dem DOSB legen nahe, dass Überlegungen zu einer Neuorganisation des Hochleistungssports in Deutschland zu kurz greifen, wenn sie lediglich die organisatorischen Strukturen des Hochleistungssports auf der Ebene des Bundes im Blick haben. Es ist ganz gewiss richtig, wenn man derzeit prioritär eine organisatorische Reform des Hochleistungssports im Blick hat. Diese gelingt jedoch nur, wenn die organisatorische Komplexität des gesamten deutschen Sportsystems beachtet wird und wenn eine Reduktion der Komplexität in allen Teilbereichen des Systems angestrebt wird. Seit der Gründung des DSB am 10. Dezember 1950 in Hannover hat im deutschen Sport ein Prozess funktionaler Ausdifferenzierung stattgefunden, der einerseits zwingend notwendig war, andererseits aber immer häufiger wildwüchsige Strukturen zur Folge hatte. Neben dringend notwendigen organisatorischen Strukturen sind auch manche unnötigen Strukturen und Fehlentwicklungen zu konstatieren, deren Rücknahme dringend geworden ist. 

Der in diesen Tagen aktuell überall erkennbare Wille zur Reform sollte deshalb von einer Bereitschaft geprägt sein,  alle bestehenden organisatorischen Strukturen des deutschen Sports auf den Prüfstand zu stellen. Dem Hochleistungssport muss dabei ohne Zweifel höchste Aufmerksamkeit zukommen. Doch eine Leistungssport GmbH Deutschland kann nur gelingen, wenn sie in eine Gesamtstruktur eines Sportsystems Deutschland eingebunden ist, das sich in all seinen Bereichen und Untergliederungen durch Transparenz und Professionalität auszeichnet. 

¹ Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf „gendergerechte“ Sprachformen – männlich weiblich, divers – verzichtet. Bei allen Bezeichnungen, die personenbezogen sind, meint die gewählte Formulierung i.d.R. alle Geschlechter, auch wenn überwiegend die männliche Form steht.

Letzte Bearbeitung: 21.November 2021