Zur Zukunft des Trainerberufes

Der Beruf des Trainers hat vergleichsweise nur eine kurze Geschichte aufzuweisen. Von einem Beruf im Sinne einer Profession kann in vielen Sportarten erst seit wenigen Jahren gesprochen werden, in manchen Sportarten ist man davon heute noch sehr weit entfernt. Die Entwicklung des Trainerberufes war bis heute eher steinig, als das man sie als rosig bezeichnen könnte. Von einer angemessenen Besoldung konnte zu keiner Entwicklungsphase gesprochen werden. Es gab bereits sehr früh eine immer größer werdende Kluft zwischen sehr hoch bezahlten Star-Trainern und vielen gering oder gar nicht bezahlten Trainern. Die Frauen waren in dieser Entwicklung bis hin zu ihrer Diskriminierung erheblich unterrepräsentiert. Die soziale Stellung des Trainerberufes ist mit wenigen Ausnahmen völlig unzureichend. Der Beruf war schon immer mit hohen Risiken behaftet. Von einer akzeptablen und verantwortbaren sozialen Absicherung konnte über Jahrzehnte nicht gesprochen werden.

Betrachten wir die Gegenwart des Trainerberufes so zeigt sich uns ebenfalls ein äußerst heterogenes Bild. Von Kulturkreis zu Kulturkreis sind dabei sehr unterschiedliche Arbeitsbedingungen anzutreffen. Betrachten wir die 28 olympischen Sommersportarten aus einer globalen Perspektive so können wir erkennen, dass sich unter quantitativen Gesichtspunkten in fast allen Sportarten der Beruf des Trainers kaum weiterentwickelt. Besonders betroffen sind dabei die ärmeren Nationen. Unter qualitativen Gesichtspunkten werden erhebliche Mängel beklagt und betrachtet man die globale Verteilung so ist das Merkmal der Ungleichheit nicht zu übersehen. Das Aus- und Weiterbildungswesen für Trainer ist unzureichend. Die Kluft zwischen arm und reich hat sich noch erweitert. Die Risiken der Trainer haben sich noch erhöht. Wollen wir über die Zukunft des Trainerberufes sprechen, wie dies nun im weiteren der Fall sein soll, so haben wir die Vergangenheit nicht aus dem Blick zu verlieren. Wir müssen uns der gegenwärtigen Lage versichern, wir müssen die Faktoren benennen die auf die weitere Entwicklung des Trainerberufes einen Einfluss haben. Grundsätzlich kann sich die Zukunft des Trainerberufes in drei unterschiedlichen Szenarien ereignen.

Im ersten Szenario wird die Zukunft weder ideal noch besonders gefährlich sein. Die Gegenwart wird vielmehr fortgeschrieben. Alles geht seinen gewohnten Gang. Der Trainer wird nach wie vor ein Minderheitenberuf sein. In manchen Feldern wird es so gut wie keinen Trainermarkt geben, in anderen zeigen sich markt- und wettbewerbsorientierte Mechanismen. Aus- und Weiterbildung wird mehr schlecht als recht die Qualität des Berufes bestimmen. Die Besoldung der Trainertätigkeit ist unzureichend und für jüngere Generationen ist der Trainerberuf auch zukünftig nicht attraktiv.

Ein zweites Szenario zeichnet sich durch noch weniger positive Merkmale aus. Der Trainerberuf ist ein sterbender Beruf. Das Nachwuchsproblem kann kaum noch gelöst werden. Demografisch zeichnet sich die Entwicklung durch Vergreisung aus. Die Organisation von Trainerinteressen gelingt immer seltener, lediglich in den amerikanischen Profisportarten ist die Profession des Coaches attraktiv. Die Rekrutierung erfolgt aus einem Kreis ehemaliger Athleten. Erfolg ist die Grundlage der Arbeitsplatzsicherheit. In allen olympischen Sportarten kommt es zu einem Qualitätsniedergang der Trainerprofessionen, die Zahl der miteinander konkurrierenden Trainer verringert sich drastisch. Gleiches gilt allerdings auch für die Zahl der zu betreuenden Athleten. Seltene Spezialisten werden von seltenen Fachleuten betreut.

In ganz anderer Weise kann über ein drittes Szenario nachgedacht werden. Der Trainerberuf hat sich als akademischer Beruf etabliert. Seine Besoldung entspricht den übrigen akademischen Berufen. Außenbild und Anerkennung des Berufes in der Gesellschaft stehen nicht mehr im Widerspruch zueinander. In jeder olympischen Sportart gibt es einen ausreichenden Wettbewerb zur Qualitätssicherung der erforderlichen Standards. Die Internationalisierung des Berufes ist weit fortgeschritten. Austausch von Trainerwissen gehört zur Normalität. Ausländische und inländische Trainer sind kaum noch unterscheidbar.

Abb. 1: Zukunftsszenario des Trainerberufs

Werden die drei Szenarien zur freien Auswahl angeboten so fällt die Entscheidung leicht. Schwieriger ist jedoch die Frage zu beantworten, was zu tun ist, damit ein positives Zukunftsszenario für den Trainerberuf wahrscheinlicher werden kann. Auf diese Frage möchte ich abschließend mit ein paar Vorschlägen eingehen. Nicht jeder scheint dabei auf den ersten Blick realistisch zu sein, zumal ein produktiver Pessimismus für die Weiterentwicklung des Trainerberufes durchaus angebracht ist. Dennoch glaube ich, wenn die Herausforderungen des Trainerberufes von vielen Seiten angegangen werden, sich die Wahrscheinlichkeit zur positiven Veränderung ganz wesentlich erhöhen lässt und eine bessere Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann.

Abb. 2: Beteiligte am Zukunftsszenario

Abb. 2: Beteiligte am Zukunftsszenario

Zunächst sind dabei die Trainer gefordert. Zum zweiten geht es aber auch darum, dass die Athleten ihren Beitrag zur Weiterentwicklung des Trainerberufes leisten. Die Verbände und die Sportorganisationen sind im weitesten Sinne gefordert, aber auch die Partner der Wirtschaft, die Massenmedien und die, die bislang vom Sport so umfassend profitieren, haben einen Beitrag zu erbringen, will man die positive Zukunft der Trainer im Blick haben.

  1. Mein erster Vorschlag richtet sich an die Trainer, denen ich zurufen möchte, dass sie endlich ihr Selbstmitleid beenden sollen und selbst aktive Agenten ihrer Zukunft werden. Der Trainerberuf benötigt dringend eine politische Komponente der Selbstverwaltung und der politischen Interessensvertretung. Trainergewerkschaften dürfen keine Utopie sein. Gemeinsame Interessensvertretung und die Solidarität der Trainer untereinander können nach wie vor entscheidende Lösungsfaktoren für viele Probleme sein. Trainer sollten auch an Konkurrenz und Wettbewerb innerhalb ihres Berufes interessiert sein. Protektionismus verhindert eine wünschenswerte Professionalisierung. Offene Ausschreibungen von Trainerstellen erzeugen einen Trainermarkt. Die Öffnung des Trainermarktes gegenüber dem Ausland führt zu einer qualitativen Steigerung der beruflichen Kompetenzen. Im Eigeninteresse muss der Trainer an höchster Qualifizierung und kontinuierlicher Fortbildung interessiert sein. Deshalb müssen sich die Trainer selbst für eine akademische Ausbildung einsetzen. Bachelor- und Masterstudiengänge für Trainer müssen eine Selbstverständlichkeit werden – ohne dabei zu verkennen, dass die Akademisierung nicht notwendigerweise die praktischen Probleme des Trainerberufs löst. Doch die gesellschaftliche Anerkennung erfolgt durch Akademisierung und sie bedeutet ein wichtiges Vehikel zur Etablierung des Trainerberufes in unserer Gesellschaft. Die Trainer haben sich für die Gleichberechtigung für Mann und Frau im Bereich des Trainerberufes einzusetzen. Sie haben zu akzeptieren, dass bei gleicher Qualifikation Frauen bevorzugt Trainerpositionen einnehmen können. Nur auf diese Weise kann die derzeitige Ungleichheit zwischen Mann und Frau über einen relativ kurzen Zeitraum ausgeglichen werden.
  2. Athleten haben sich als Lobby des Trainerberufes zu organisieren. Es liegt an ihnen, dass es auch zu einer angemessenen Besoldung der Trainer kommen kann. Dabei muss erwartet werden, dass bei besonders hohen Dotierungen sportlicher Erfolge durch Dritte, Athleten einen Teil dieser Dotierungen an einzelne Trainer beziehungsweise an Trainerstiftungen weitergeben. Trainerstiftungen müssen einen wichtigen Beitrag zur sozialen Absicherung der Trainer leisten, da dieser Beruf logischerweise an ein besonderes Erfolgsrisiko gebunden sein muss, so wie auch der Erfolg des Athleten mit Risiken einhergeht, die nur teilweise planbar sind.
  3. Verbände haben die Rolle des Trainers konstitutionell abzusichern. Den Trainern sollte eine Mitbestimmung in den Führungsgremien der Sportorganisation zugesichert werden. Die Haushalte der Sportfachverbände sollten durch einen spezifischen Traineretat geprägt sein, in dem auch deren soziale Absicherung berücksichtigt wird. Darüber hinaus haben sich die Verbände gegenüber der Politik dahingehend zu engagieren, dass Mittel zur Besoldung von Trainern in ausreichender Höhe bereitgestellt werden.
  4. Den Massenmedien kommt eine erhebliche Verantwortung in Bezug auf die Aufklärung über den Trainerberuf zu. Wenn der Trainerberuf als gesellschaftlich anerkannter Beruf eine öffentliche Würdigung erhält kann erwartet werden, dass er zukünftig auch für jüngere Generationen ein perspektivischer Beruf mit Zukunftsaussicht darstellt. Die massenmediale Darstellung der sportlichen Höchstleistung hat diesem Faktor Rechnung zu tragen.
  5. Schließlich sollten sich jene Repräsentanten der Wirtschaft, die über ihr Sportsponsoring-Engagement auf die sportlichen Erfolge der Athleten ausgerichtet sind, auch der Weiterentwicklung des Trainerberufes verpflichtet fühlen. Hierzu könnten Halbtagesstellen zur Verfügung gestellt werden, um auf diese Weise den Professionalisierungsprozess des Trainerberufes voranzutreiben. Viele Trainer betreiben heute ihren Beruf nebenamtlich oder oft auch nur ehrenamtlich. Die eigentliche Professionalisierung hin zur vollen Hauptamtlichkeit könnte über Anstellungen bei Wirtschaftspartnern einen wesentlichen Impuls erhalten.
  6. Die Regierung und das Parlament einer Nation sind schließlich gefordert, wenn es um die Reform des Trainerberufes geht. Tarifliche Vereinbarungen sind erforderlich, Mindestlöhne sind zu garantieren und die soziale Absicherung bedarf gesetzlicher Regelungen. Umschulungsmaßnahmen müssen darüber hinaus eröffnet werden.

Investitionen in die Entwicklung des Trainerberufes sind Investitionen in die Konkurrenzfähigkeit einer Nation bei zukünftigen Olympischen Spielen. Wer sportliche Erfolge absichern möchte hat zunächst und vor allem die Standards für einen gesellschaftlich anerkennten Beruf des Trainers in den Blick zu nehmen.

Verfasst: 28.10.2015

Erstveröffentlichungin : Zeitschrift Leistungssport 1/2016, 46. Jahrgang, S. 5-7.