Sport in Zeiten der Corona-Pandemie

Von der Corona-Pandemie sind in diesen Tagen alle Nationen dieser Welt betroffen. Sämtliche Lebensbereiche werden davon erfasst. Für die Welt der Arbeit gilt dies gleichermaßen wie für unsere private Welt, das kirchliche Leben, das Militär, die Erziehungs- und Bildungssysteme, den Güterverkehr und den Tourismus.  Unser Reise- und Einkaufsverhalten ist ebenfalls davon betroffen.

Das politische Handeln zeichnet sich dabei durch eine besondere Ohnmacht aus.  Die Entscheidungsmacht über das Leben der Menschen liegt in der Hand einer Expertokratie, bei der die Wissenschaft der Virologie eine zentrale Rolle spielt.  Von den Entscheidungen von Virologen ist es abhängig, was uns Politiker als neue Regeln für unser Zusammenleben vorgegeben, welche Einschränkungen von den Bürgern abverlangt werden, was erlaubt und was verboten ist. Gebetsmühlenhaft wiederholen die führenden Politiker, die Bundeskanzlerin, die Ministerpräsidenten der Bundesländer, die Gesundheits- und Innenminister die Empfehlungen der virologischen Experten. Die Fragen ob die Expertise der Virologen wissenschaftlich abgesichert ist, ob ihre Empfehlungen fundiert sind und ob ihre Handlungsanweisungen angemessen sind, können dabei von unserer Laiengesellschaft, zu der auch die Politiker gehören, nicht beurteilt und beantwortet werden. Konträre Meinungen scheinen dabei ganz offensichtlich nicht erwünscht zu sein, wenngleich auch Laien die Frage nach der statistischen Qualität der veröffentlichten Daten zur Entwicklung des Coronavirus stellen sollten. Auch muss gefragt werden ob eine Spezialwissenschaft wie die Virologie über die notwendige gesellschaftspolitische Kompetenz verfügt, um die gesellschaftspolitischen Zusammenhänge ihrer Entscheidungen angemessen zu beurteilen und ob sie selbst die medizinischen Gesamtzusammenhänge ausreichend beachten, die von ihren Empfehlungen und Entscheidungen betroffen sind. (vgl. z.B. Meinung von Dr. Wolfgang Wodarg)

Der Sport als gesellschaftliches Teilsystem ist von den Entscheidungen der Virologen aus naheliegenden Gründen nicht weniger betroffen wie viele andere gesellschaftliche Lebensbereiche. In diesen Tagen ist er nahezu bei einem Stillstand angelangt. In den Heute-Nachrichten des ZDF verzichtet man ab sofort auf die Ko-Moderation durch einen Sportjournalisten, der Sportteil in den Tageszeitungen kann klein gehalten werden und die Inhalte der Sportberichterstattung werden von sportpolitischen Kleinkriegen geprägt. Das IOC und dessen Präsident ist einmal mehr der Buhmann einiger deutscher Sportjournalisten, wenngleich dieser nichts anderes „verbrochen“ hat, als dass er mit Nachdruck darauf hingewiesen hat, dass das IOC die Frage nach der Durchführbarkeit der Olympischen Spiele in Tokyo nur auf Empfehlung und im Einvernehmen mit der WHO beantworten wird. Er lässt zurecht die WHO entscheiden, ob und wann die Olympischen Spiele abzusagen oder zu verschieben sind. Ähnlich wie Fußballtrainer Klopp vom englischen FC Liverpool Sportjournalisten darauf hingewiesen hat, dass ihre Fragen in Bezug auf das Coronavirus, die an ihn gerichtet werden, völlig unangebracht sind, ist sich IOC-Präsident Bach durchaus seiner begrenzten fachlichen Kompetenz in Bezug auf virologische Fragen bewusst. Ein Sportjournalismus, der von einer besonderen intellektuellen Begrenztheit geprägt wird, ist gerade auch in dieser Zeit völlig unangebracht.

Im Morgenmagazin erfährt man nun nicht mehr die letzten Ergebnisse von Wettkämpfen des vergangenen Tages. An deren Stelle sind die Corona-Folgen im Sportsystem getreten. Der gesamte Wettkampfsport wurde eingestellt. Die Absage bzw. die Verschiebung der Olympischen Spiele wird immer wahrscheinlicher, zumal viele Qualifikationsturniere nicht stattfinden können. Die Champions League wurde ausgesetzt und die Fußball-Europameisterschaften wurden auf das nächste Jahr verschoben. Das Doping-Kontrollsystem ist weltweit nahezu zusammengebrochen. Angesichts der Reisebeschränkungen ist eine schnelle Lösung auch nicht in Sicht. Wie nicht anders zu erwarten beklagen einige Funktionäre die bereits absehbaren ökonomischen Verluste. Ein Athletensprecher fragt nach, wer ihnen ihre Preise und Antrittsgelder und ihre Sponsoreneinnahmen aktuell und zukünftig sichern wird. Milliardenverluste werden im Fußballgeschäft an die Wand gemalt. „Geisterspiele“ werden auf ihren ökonomischen Wert hin überprüft.

Immer mehr Verantwortliche im Bereich des Sports aber auch immer mehr Sportler und Sportlerinnen werden sich der allgemeinen Situation bewusst und sind zu einem persönlichen Verzicht bereit. Schüler müssen auf den Schulsport verzichten, Trainingsabende müssen ausfallen. An die kurzweilige Geselligkeit nach einer gemeinsamen Spiel- und Übungsstunde darf man sich in diesen Tagen lediglich erinnern.

Für unsere Gesellschaft sind die jüngsten Tage und die zukünftigen Wochen ein einmaliges Experiment. Das menschliche Zusammenleben wird auf einen Prüfstand gestellt, die Angst vor einem drohenden Lagerkoller ist durchaus berechtigt und die Einschränkung der Mobilität bis hin zur Ausgangssperre hat eine ganz neue Abhängigkeit der Menschen zueinander zur Folge.

Werden Entscheidungen getroffen, so lassen sich beabsichtigte Folgen aber immer auch unbeabsichtigte Folgen beobachten. Dies ist auch in diesen Tagen der Fall. Manche Sportgaststätte klagt über einen Besucherrückgang. Gleichzeitig kann aber ein Boom in der Fitnessindustrie beobachtet werden. Besonders gefragt sind Hometrainer und Fitnessgeräte. Die Spielekonsole von Nintendo mit dem Spiel „Ring Fit Adventure“ wird zum Spekulationsobjekt. Von 80€ ist der Preis mittlerweile auf 280€ gestiegen. Fitnessartikel werden so knapp wie Klopapier.

Zwischenmenschliche Konflikte in Familien und Partnerschaften sind absehbar. Auf engem Raum lebend werden bei einer Ausgangssperre zwischenmenschliche Beziehungen auf eine besonders schwierige Bewährungsprobe gestellt. Die Zeit kann jedoch auch eine ganz besondere Zeit zur Besinnung werden. Dies gilt auch für den Sport. Die Entwicklung des Sports hat sich verlangsamt. Sein ökologischer Fußabdruck, wie überhaupt die Corona-Pandemie den gefährlichen Klimawandel in positiver Weise beeinflusst, wird sich merkbar verringern. Zum ersten Mal wird dem organisierten Sport genügend Zeit gegeben, über sich selbst nachzudenken. Das was den Sport auszeichnet kann mit einem völlig neuen Bewusstsein wahrgenommen werden. Hatte in der Vergangenheit die Frage: „Was wäre, wenn es keinen Sport gäbe?“ allenfalls eine gewisse rhetorische Qualität, so können wir in diesen Tagen die Antwort auf diese Frage jeden Tag an unserem eigenen Leib erfahren:

  • Durch den Sport können Menschen kurzweilig aktiv und passiv unterhalten werden.
  • Der Sport kann den Menschen interessante Erfahrungen und Erkenntnisse, Spaß und Freude vermitteln.
  • Der Sport hat einen wichtigen pädagogischen Auftrag. Er bildet und erzieht Kinder und Jugendliche und ermöglicht lebenslanges Lernen.
  • Sport kann einen wichtigen Beitrag zur Sozialisation der Menschen leisten. Er kann das Gemeinschaftsgefühl stärken, Sozialkontakte fördern und Kommunikation ermöglichen. Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft wird durch ihn gefördert.
  • Sport kann in positiver Weise zur Gesundheit des Menschen beitragen, ermöglicht ein besonderes Wohlbefinden und er bietet uns eine wirksame Prävention.
  • Der Sport kann auch bei vielen sozialen Problemen Hilfen bereitstellen. Bei der Resozialisierung jugendlicher Strafgefangener, bei Drogenproblemen und beim Problem der Arbeitslosigkeit hat sich Sport als eine besondere Hilfe bewährt.
  • Mittels Sport können sich Nationen und Gesellschaften auf positive Weise präsentieren. Für junge Nationen ist dies von besonderer Bedeutung.
  • Der Sport leistet auch einen Beitrag zur Ausbildung des Militärs.
  • Für viele Menschen stiftet der Sport neuen Lebenssinn. Er ist eine sinnvolle Freizeitgestaltung. Er kann die Lebensqualität erhöhen und eröffnet Wege zur Individualität des Menschen, zu dessen positiver Selbsteinschätzung und zu dessen Selbstwertgefühl.
  • Für viele Menschen sichert der Sport ihren Lebensunterhalt. Er hat eine besondere berufliche Qualität aufzuweisen. Er kann ein Instrument für einen sozialen Aufstieg sein.
  • Der Sport ist mittlerweile auch ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor. Seit Anteil am Bruttosozialprodukt ist beachtlich.
  • Ein besonderes Merkmal des Sports ist seine Internationalität. Im Sport begegnen sich Menschen über alle Grenzen hinweg auf friedliche Weise. Er kann damit einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung leisten.

Die Multifunktionalität des Sports ist ohne Zweifel beachtlich. In diesen Tagen allerdings kann der Sport keine dieser Funktionen in angemessener Weise erfüllen. Er ist in seiner Wirkweise zum Stillstand gekommen.

Trotz all seiner möglichen wichtigen Funktionen wurde und wird für die Menschheit ganz offensichtlich, dass der Sport für das Überleben der Menschheit keine besondere Notwendigkeit darstellt, so wie dies ja in der Geschichte der Menschheit bereits über viele Jahrtausende der Fall war.

Für die Verantwortlichen des Sports ist es aber gerade deshalb besonders bedeutsam, dass sie sich der positiven Möglichkeiten des Sports in diesen Tagen nachhaltig versichern. An den Fenstern vieler italienischer Häuser konnte und kann man Banderolen mit folgender Aufschrift lesen: „Tutto andra bene“ – „Alles wird wieder gut“.  Während einer Krise sollte man sich bereits auf die Zeit nach der Krise besinnen.  Für diese Zeit kann der Sport für die Menschen wieder einen außergewöhnlich bedeutsamen Beitrag leisten. Er muss sich dabei nur seines Auftrages bewusst sein.

Verfasst: 17.03.2020