Was ist Sport? Sport als Definitionsproblem

Beobachten wir den Sport in den verschiedenen Gesellschaften dieser Welt, so las­sen sich viele Gemeinsamkeiten beobachten. Doch gleichzeitig müssen wir auch Un­terschiede wahrnehmen, die darauf hinweisen, dass es sich bei dem modernen Sport um ein Phänomen handelt, das sich von Gesellschaft zu Gesellschaft und von Kultur zu Kultur unterscheidet. Ein Fußballspiel in Brasilien scheint auf den ersten Blick die gleichen Merkmale aufzuweisen wie ein Fußballspiel in Kenia, Indonesien oder Us­bekistan. Schauen wir jedoch etwas genauer, so lassen sich kulturelle Unterschiede erkennen. Der italienische Fußball scheint eine besondere Qualität zu besitzen. Wir sprechen vom „Catenaccio“. Der brasilianische Fußball wiederum unterscheidet sich von diesem. Ästhetik, elegantes und intelligentes Zusammenspiel sind dabei die Merkmale. Deutscher Fußball scheint hingegen eher zielstrebig, klar und betont dis­zipliniert zu sein.

Will man aus einer wissenschaftlichen Perspektive das Phänomen des Sports erfas­sen, so bedarf es einer Definition. Einer der ersten, der sich bemühte, eine Definition des Sports vorzulegen, war der Hamburger Soziologe Heinemann. Im Jahr 1980 ver­suchte er über eine Nominaldefinition Erscheinungsformen des Sports, die ihm ge­meinsam sind, zu bestimmen. Er versuchte für das, was wir als Sport bezeichnen, die konstitutiven Kriterien zu benennen. Heinemann spricht in diesem Zusammen­hang von konstitutiven Variablen des Sports. Heinemanns Definition lautete: „Sport ist körperliche Bewegung, Sport unterliegt dem Leistungsprinzip, Sport ist durch soziale Normen geregelt, Sport ist unproduktiv!“ (Heinemann, 1980, 32).

Ergänzend zu den konstitutiven Kriterien fügte Heinemann strukturprägende, einwir­kende und begleitende Variablen hinzu, weil die vier genannten Merkmale den Sport wohl konstituieren, ihn aber nicht in allen seinen Erscheinungsformen bestimmen. Strukturprägende Variablen sind dabei der Grad der Organisiertheit, die Art der Or­ganisation, der Grad der Professionalisierung und Kommerzialisierung, der Umfang der wettkampfmäßigen Ausübung. Einwirkende Variablen können der Umfang des öffentlichen Interesses, die Art und den Umfang der Berichterstattung, die finanzielle Unterstützung, das politische Interesse und das kommerzielle Interesse sein. Mit dem Begriff der begleitenden Variablen erfasst Heinemann Einflüsse wie Karriere-Chancen und Aufstiegsmuster, den Führungsstil, die soziale Struktur der Mitglieder, die Loyalitäts- und Solidaritätsanforderungen. Heinemann vertritt dabei die Annahme, dass der Einfluss dieser Variablen zu einer sozialen Differenzierung des Sports ge­führt hat. Der Sport ist demnach heute kein einheitliches homogenes Gebilde mehr. Es sollten vielmehr verschiedene Modelle des Sports unterschieden werden. Heine­mann sieht dabei neben dem „professionellen Showsport“, den „traditionellen Wett­kampfsport“, das „expressive“ und das „funktionalistische Sportmodell“ und die „tradi­tionellen Spielkulturen“.

Der Definitionsversuch von Heinemann, an dem ich selbst mitgearbeitet habe, geht im Wesentlichen auf Beratungen des Wissenschaftlichen Beirats des Deutschen Sportbundes in den Jahren 1979-1980 zurück. Dieser hat im Auftrag des Verbandes die Frage zu klären, nach welchen Kriterien Organisationen als Organisationen des Sports gedeutet werden können, um auf diese Weise einen Mitgliedsanspruch im Deutschen Sportbund erheben zu können.

Im Zuge dieser Diskussion habe ich selbst eine Modellierung des Sports vorgenom­men und dabei fünf Sportmodelle unterschieden: den Berufssport, den organisierten Wettkampfsport, den organisierten Sport ohne Wettkampfbezug, den instrumentellen Sport und den alternativen Sport.

Ich war dabei bemüht, mit den gewählten Begrifflichkeiten einer semantischen Ver­wirrung entgegenzutreten, wie sie von einigen Sportwissenschaftlern verursacht wur­de und die leider auch sehr schnell den Alltagssprachgebrauch erreicht hat.

Den ersten sprachlichen Sündenfall hatten dabei die so genannten Freizeitsportpropagandisten zu verantworten, die mit dem Begriff „Freizeitsport“ einen Gegensatz zu dem in den Vereinen üblichen Leistungs- und Wettkampfsport erzeugen wollten. Dabei wurde übersehen, dass mit Ausnahme des Berufssports der gesamte übrige Sport sich in der Freizeit der Menschen ereignet. Wenn man überhaupt den Begriff Freizeitsport zukünftig verwenden möchte, so müsste beachtet werden, dass nahezu sämtlicher Sport, der dabei gemeint ist, leistungs- und/oder wettkampforientiert ist. Nicht weniger hilfreich war die Einführung des Begriffs des „Gesundheitssports“ (Balz, 1993), die nicht selten unter der Absicht erfolgte, den so genannten „Sportar­ten-Sport“ unter gesundheitstheoretischen Gesichtspunkten zu diskreditieren. Allein die Diskussion über das Phänomen der Gesundheit hätte freilich nahegelegt, dass hier eine besondere Vorsicht von Nöten ist, zumal der mittlerweile üblich gewordene weite Gesundheitsbegriff und seine Ausrichtung auf die Idee des Wohlbefindens eine Berücksichtigung sozialmedizinischer Gesichtspunkte dringend erforderlich macht. Darüber hinaus ist die Frage, welcher Sport gesund macht, die Gesundheit erhält oder präventiv zu welchem gesundheitspolitischen Zweck eingesetzt werden kann und welcher Sport krank macht, Verletzungsgefahren in sich birgt und zu hohe Kos­ten erzeugt, nicht ausreichend wissenschaftlich geklärt ist, um über den Begriff Ge­sundheitssport ein ideologisches Konzept in der Diskussion über den Sport einzufüh­ren, das kaum tragfähig ist.

Als ärgerlich und wenig hilfreich muss auch die besondere Berücksichtigung des Begriffs „Bewegung“ in Verbindung mit dem Sportbegriff bezeichnet werden. Mittler­weile ist es im deutschen Sprachgebrauch längst üblich geworden, immer dann, wenn man bei begrifflichen Präzisierungsfragen nicht weiterkommt, auf die Begriffstriade „Bewegung, Spiel und Sport“ zurückzugreifen. In didaktischen Diskus­sionen in Bezug auf den Schulsport würden einige Didaktiker gerne das Fach bereits umbenennen. Sie sprechen dann von „Bewegungserziehung“. Der Begriff des Sports wird in solchem Kontext nur noch im Ausnahmefall dis­kutiert. Dabei ist es offensichtlich, dass der weite Begriff der Bewegung in Bezug auf die Frage der Kennzeichnung des Phänomens Sport kaum weiterhilft. Vielmehr ist es klar, dass es genau um die Frage geht, welcher Teil der menschlichen Motorik mit dem Begriff des Sports zu fassen ist und welcher Teil zu Recht vom Phänomen des Sports zu separieren ist. Kopf-, Augen-, Hand-, Körper-, Bein- und Fußbewegungen, Mimik und Gestik werden nur unter ganz bestimmten Bedingungen zu Bewegungen des Sports, das heißt auf der Grundlage von Konventionen können Bewegungen Sportbewegungen sein. Liegen diese nicht vor, so kann wohl kaum von Sport ge­sprochen werden.

In diesem Zusammenhang müsste auch interessieren, dass diese sprachliche Ver­wirrung im englischen und französischen sportwissenschaftlichen Sprachgebrauch so nicht anzutreffen ist. Im angelsächsischen Sprachraum beschränkt sich der Begriff „Sport“ auf wettkampforientierte Sportarten, die sich durch codifizierte Regeln aus­zeichnen. Mit dem Begriff „physical activity“ werden hingegen Aktivitäten wie Wan­dern, Schwimmen oder Radfahren gefasst, die keinen Wettkampfgedanken bei ihrer Ausübung aufweisen. Im französischen Sprachgebrauch werden hingegen „pratique sportive“, „sport de haut niveau“ und „pratique physique“ unterschieden, wobei der Gebrauch der beiden ersten Begriffe dem englischen Gebrauch des Begriffs „sports“ entsprechen.

Aus der Sicht von heute ist zu konzidieren, dass sich die Modellierungsversuche in Bezug auf die Frage, was das Phänomen des Sports im Wesentlichen prägt, nur be­dingt weiterhelfen. Vielmehr muss man erkennen, dass alle nominalen Definitions­versuche und damit die durch Hauptmerkmale eines gewählten Sportbegriffs gesteckten Grenzen durch neue Sportformen sehr schnell überschritten werden kön­nen. Nominaldefinitionen müssen deshalb ständig revidiert werden. Es gibt Sportfor­men ohne ausgeprägte körperliche Bewegungen, wie z. B. Schach. Der spielerische Grundzug und damit das Merkmal Spiel als Gegenwelt zur Arbeit ist im Profisport nur bedingt zu erkennen. Dem Freizeitsport und dem Rehabilitationssport fehlen zumin­dest teilweise die Merkmale der Wettkampfleistung und des Leistungsvergleichs. Ei­ne organisatorische Eigenständigkeit muss nicht zwingend erforderlich sein. Sport ist z. B. eingebunden in das Bildungs- oder in das Gesundheitswesen. Wir müssen des­halb erkennen, dass Definitionen offensichtlich keine Wesenserkenntnis liefern kön­nen. Sie sind nicht in der Lage, das Wesen eines komplexen Phänomens aufzu­schlüsseln. Bei den Definitionen handelt es sich um konventionelle Ausdrucksfestle­gungen, die ihre Brauchbarkeit und Bedeutung innerhalb eines theoretischen Modells erlangen.

Mittlerweile liegen viele Beiträge zur Konstitutionsproblematik des Sports und zur Gegenstandsbestimmung der Sportwissenschaft vor. Neben phänomenologischen sind es vor allem systemtheoretische Betrach­tungen, in denen in Anlehnung an Luhmann der Code des Systems des Sports zu entschlüsseln versucht wurde. Für Stichweh (1990) dient das Ge­gensatzpaar „Leistung – Nicht-Leistung“ als binärer Code des Sportsystems. Für Schimank (1988) müssen hingegen „Sieg – Niederlage“ als binärer Code des Sports verstanden werden und dieser ist für die Ausdifferenzierung des Sports verantwort­lich. Stichweh weist jedoch darauf hin, dass genau dieser Code nicht geeignet sei, das Besondere des modernen Sports, dessen Einheit und dessen Ausdifferenzierung zu erklären. Vergleichbare Interpretationen finden sich bei Becker (1987), Cachay (1990) und Bette (1999). Für Gebauer (2002) zeichnet sich das Kulturgut Sport durch drei Eigenschaften aus, die bis in die griechische Antike zurückreichen. Es geht um Gleichheit (jeder hat die gleichen Ausgangschancen), zum zweiten wird ein besonde­rer Individualismus gelebt, es kommt auf den Einzelnen an, und schließlich geht es um Freiheit, denn jeder kann den Sport ausüben, den er möchte. Die Karrieren im Sport kommen für die Athleten einem Drama gleich, beginnend mit einer symboli­schen Geburt und endend mit einem symbolischen Tod. In ähn­licher Weise haben mehrere Philosophen und Sportwissenschaftler das Phänomen des Sports zu fassen versucht. Es fällt dabei auf, dass bei all diesen Versuchen ein Gebrauch des Begriffs „Sport“ zu erkennen ist, der mit dem Phänomen des „moder­nen Sports“ einhergeht. Die Modernität des Sports hat ihren Ausgangspunkt im eng­lischen Sport des 17. Jahrhunderts. Der moderne Sport ist dabei an die Idee des Wettkampfes gebunden, wobei mindestens zwei Parteien auf der Grundlage verein­barter Regeln miteinander konkurrieren. Für den modernen Sport gilt die Bedingung, dass der Wettkampf sich durch eine offene Chancengleichheit auszuzeichnen hatte. Ausgegrenzt werden in dieser künstlichen Welt des modernen Wettkampfsports alle Unterschiede, die außerhalb dieser künstlichen Welt existieren. Innerhalb der Welt des modernen Wettkampfsports haben also nur jene Fähigkeiten und Fertigkeiten zu gelten, die die Wettkämpfer mitbringen, um sich im fairen Wettkampf mit dem Gegner zu messen.

Dem eigentlichen Problem, so scheint es, werden diese Definitionsversuche jedoch nicht gerecht. Die Entwicklung des Sports vollzog sich im Sinne einer prozessualen Differenzierung. Der Prozess der funktionalen Ausdifferenzierung des Sports führt zu einer Vervielfältigung seiner Erscheinungsformen. Unter sprachlichen Gesichtspunk­ten führte dies zu einer Ausweitung seiner Semantik. Vor allem aber führte dieser Prozess dazu, dass der Sport zu dem wohl herausragendsten Massenphänomen industrieller Gesellschaften werden konnte. Dabei kann sowohl von einer „Versportlichung“ unserer Gesellschaft als auch von einer „Entsportlichung“ des Sports gespro­chen werden. Bei der Versportlichung des Sports ist es das Regelkonzept des Sports, was auf immer mehr Bewegungsaktivitäten übertragen wird. Auf diese Weise entstehen immer mehr neue Sportarten. Zur Versportlichung gehört aber auch, dass der Sport in aller Munde ist, zum Synonym der Bewegungskultur wird, aller Orten angetroffen werden kann, zu­nehmend kommerziell ist, alle Menschen erreicht und immer entschiedener abhängig wird von neuen Technologien. Der Begriff der Entsportlichung verweist hingegen darauf, dass mit dem Gebrauch des Sportbegriffs immer weniger klar wird, was mit Sport gemeint ist, dass neben dem regelorientierten Konzept, zumindest im Alltags­sprachgebrauch, Aktivitäten hinzukommen, die man mit dem Begriff des Sports fasst, die jedoch nicht mehr die ursprünglichen Merkmale des Sports aufweisen.

Fassen wir den Prozess der funktionalen Ausdifferenzierung mit den Begriffen der Versportlichung und Entsportlichung des Sports, so sind freilich die begrifflichen Probleme nicht gelöst. Es wird vorgegeben, als ob man wisse, wo die Grenzen des­sen sind, was man als Sport bezeichnet. Gerade beim Gebrauch des Begriffes Versportlichung nimmt man an, das „Authentische des Sports“ zu kennen. Die Suche nach der Authentizität des Sports hat in der Sportwissenschaft und in der Theorie der Leibeserziehung wohl Tradition. Sie ist jedoch bislang nicht gelungen. Es wurde et­was gesucht, was es gar nicht bzw. so nicht geben kann. Das Ergebnis dieser Suche ist keine Authentizität. Es wird vielmehr das gefunden, was bestimmte Institutionen als ihren Sport bezeichnen. Es liegt somit die Annahme von der Uneinheitlichkeit des Sports nahe. Diese Feststellung wird gestützt, wenn wir den Wandel des Sports selbst beobachten und dabei erkennen, dass es dabei schon immer unscharfe Gren­zen gegeben hat.

Das Phänomen des Sports kann deshalb vermutlich kaum anders gefasst werden, als es uns in Anlehnung an Wittgenstein (1969) und dessen philosophische Untersu­chungen nahegelegt wird. In einer Analogie zu Wittgensteins Überlegungen über den Spielbegriff kann dabei auch das Phänomen des Sports mit dem Familienbegriff nä­her gekennzeichnet werden. Der Sport lässt sich demnach nicht wesensmäßig kennzeichnen, Sport wird vielmehr durch seine Familienähnlich­keit zusammengehalten und dies läuft über wechselnde Merkmale von einem Muster zum nächsten. Folgt man Wittgensteins Spielanalogie, so kann behauptet werden, dass sich die Kennzeichnung bestimmter Handlungen als Sport nicht unabhängig von Sportlern und den Institutionen des Sports ereignet. Als reines Regelverzeichnis wäre der Sport leer, wenn man ihn nicht mit seiner Sportpraxis in Verbindung bringen würde. Bei solchen Fällen, in denen ein völlig neuer Sportwettkampf eingeführt wird, stellt man fest, dass viele Züge so oder ähnlich schon in anderen Sportarten gespielt wurden. Mitglieder einer Familie können sich grundlegend unterscheiden, Familien­ähnlichkeit ist aber dennoch vorhanden.

Es gibt somit keinen absolut ersten Sport, so wie es auch kein absolut erstes Spiel gibt. Dennoch sind es die Regeln, die dem Sport am ehesten als ein eigenständiges Phänomen kennzeichnet. Ich habe dies mit meinen Beiträgen zu einer Theorie der Sportregeln zu erfassen versucht. Meine Regel­typologie sollte dabei einen geeigneten Rahmen bieten. Als einzelne Regeln haben die Sportregeln keine authentische Qualität. Es gilt vielmehr der Satz, dass die Be­deutung des verbalen Etiketts Sports sein Gebrauch ist. Präziser formuliert heißt dies: „Die Bedeutung des Begriffes Sports ist der Gebrauch dieses Begriffes!“ (Digel, 1995, 10).

Dieser Gebrauch hat sich in der Geschichte ausgeprägt. Er ist keineswegs beliebig wie jeder Sprachgebrauch unterliegt er jedoch dem Prinzip der Kreativität, d.h. die Regeln des Gebrauchs lassen sich ändern. Solche Veränderungen erfolgen auch dann, wenn dies bestimmten Gruppen, Institutionen oder Organisationen nicht ge­fällt, weil sich diese auf einen bestimmten Gebrauch festgelegt haben. Nur so ist zu erklären, warum wir einen weiten und engen Sportbegriff unterscheiden können, wa­rum Menschen Aktivitäten mit dem Begriff Sport umschreiben, die früher als Aktivitä­ten entweder nicht bekannt waren oder einen anderen Namen haben.

In gewissem Sinne verbietet es sich dabei von selbst, die Frage zu stellen, ob es sich bei dem, was Sport genannt wird, um guten Sport oder bösen Sport handelt. Einen Sport, der von allgemein gültigen Vorstellungen über das Gute, das Gerechte und das Vernünftige geleitet wird, gibt es nicht. Wer dies fordert und wünscht, übersieht, dass in Wahrheit lediglich partikulare Meinungen über das Moralische gegenüber anderen Meinungen ausgezeichnet werden, ohne dass ein Prinzip bekannt würde, das derartige Kennzeichnungen rechtfertigen könnte. Die Gebrauchsweise des Beg­riffes Sports kann deshalb nicht über ein Konstrukt von Sport festgehalten werden. Versuche zur endgültigen Definition von Sport müssen deshalb scheitern. Jede Formalisierung der Grenzlinien ist deshalb unnötig und allenfalls gefährlich.

Derartige Bemühungen verbieten sich vor allem aus einem wichtigen Grund. Definiti­onen haben zum Ziel, einen Sachverhalt als unveränderbar festzulegen. Angesichts der Charakteristik des Sachverhalts und angesichts der Charakteristik des Mediums, mit dem der Sachverhalt erörtert werden soll, ist dies jedoch prinzipiell nicht möglich. Alle wissen, wie sich unsere Sprache in den vergangenen Jahren verändert hat, wie sie sich in diesen Tagen verändert und wir wissen auch, dass sie sich zukünftig ver­ändern wird. Gleiches gilt für unseren alltäglichen Sprachgebrauch. Das, auf was sich die Sprache bezieht, der Sport, verändert sich jedoch gleichermaßen. Der Sport ist kein naturgegebenes, gleichsam gottgegebenes Phänomen, er wird vielmehr von Menschen gemacht und kann deshalb auch von Menschen verändert werden und genau dies findet nahezu täglich statt.

Es ist anzunehmen, dass diese Schlussfolgerungen als ernüchternd wahrgenommen werden, möglicherweise auch Unzufriedenheit und Kritik zur Folge haben. Eine resignative Haltung in Bezug auf das zu diskutierende Problem sollte daraus jedoch nicht abgeleitet werden. Vielmehr eröffnen sich auf der Grundlage dieser Schlussfol­gerungen genau jene Chancen, wie sie beispielsweise der Deutsche Sportbund bei seiner Phänomenbestimmung des Sports wahrgenommen hat. Der Gebrauch des Begriffs „Sport“ unterliegt wohl ebenso einem Wandel wie sich auch das Phänomen des Sports verändert, dennoch können wir im Konsens mit anderen für Probleme, die zu lösen sind, einen festen Gebrauch vereinbaren, Gebrauchsregeln fixieren und uns dabei in dem jeweiligen Anwendungsbereich orientieren. Wollen wir die ökonomische Bedeutung des Sports bestimmen, so gilt dies gleichermaßen wie für die Bedeutung seiner pädagogischen, sozialen oder politischen Bedeutung.

Literatur kann beim Autor angefragt werden.

Letzte Bearbeitung: 20.04.2020