Afrikanische Impressionen

1991: Ich habe den Auftrag, einen zehntägigen IAAF-Fortbildungslehrgang für afrikanische Leichtathletiktrainer¹ in Ghana zu evaluieren. Ich wohne in einem First-Class Hotel in Accra: europäischer Besitzer, beste europäische Küche, freundliches Personal. Wie es in Afrika fast überall üblich ist: mit Ausnahme eines weißen Hotelmanagers nur schwarzes Personal auf der einen und nur weiße Gäste auf der anderen Seite. Beim Frühstück herrscht europäische Geschäftsatmosphäre. Müsli und Cornflakes sind auch hier in Ghana in derartigen Hotels mittlerweile die Regel. Importierte Butter aus Frankreich, Marmelade und Honig aus Belgien. Vermutlich sind nur Ananas, Bananen, Papaya und Melonen jene Produkte, an denen die Ghanaer selbst verdienen. Gebildete kritische Europäer mögen diesen Zustand beklagen. Doch fast alle besseren Hotels in Afrika sind auch heute noch „europäische Inseln“ in einer fremden Welt.

Dennoch: welch eine Veränderung im Vergleich zum Jahr 1978, als ich zum ersten Mal Ghana besuchen konnte.
1978: Sämtliche Grenzen des Landes waren damals noch verschlossen. Beim Grenzübergang von Togo nach Ghana glich Ghana einer Festung. Das Land war fest in der Hand der Militärs. Ein Staatssekretär des Innenministeriums von Ghana hatte mich mit seinem neuen Mercedes mit getönten Scheiben, Air-Condition und Stereoanlage in meinem Hotel in Lome‘, der Hauptstadt von Togo abgeholt, wo ich an einer Entwicklungshilfemaßnahme des Auswärtigen Amts beteiligt gewesen war. Vom Internationalen Handballverband und von der Deutschen Botschaft in Togo hatte der ghanaische Politiker, der an einer steilen Sportkarriere in einer olympischen Sportart interessiert war, erfahren, dass ich mich für drei Wochen in Togo aufhalte. Deshalb veranstaltete er einen Sichtungslehrgang auf einem asphaltierten Parkplatz vor dem Fußballstadion von Accra. Provisorisch wurde ein Kleinfeld auf diesem Platz aufgezeichnet und gemäß den Regeln des internationalen Handballverbandes wurden auch zwei Tore aufgebaut. Über 30 junge Männer und Frauen hatte der Staatsekretär zu diesem Lehrgang eingeladen und meine Aufgabe sollte es sein, eine Frauen- und eine Männernationalmannschaft aus der Gruppe dieser Sportlerinnen und Sportler zu sichten und zu nominieren.
Der Staatssekretär brachte mich also nach Accra, wo es meine Aufgabe sein sollte, bei einem Wochenendlehrgang die erste Handballnationalmannschaft für die Sportnation Ghana zu rekrutieren, um dem Staatssekretär als ersten Präsidenten des neu gegründeten ghanaischen Handballverbandes einen Zugang in die Gremien und zu den Pfründen des Internationalen Handballverbands (IHF) zu ermöglichen.
Bereits an der Staatsgrenze wurde mir klar, in welch schwieriger wirtschaftlicher Situation sich Ghana zu diesem Zeitpunkt befand. Die Armut der ghanaischen Bevölkerung war nicht zu übersehen. Die Regale in den Läden der Geschäftsleute waren leer. Auf den Straßen gab es nur wenig zu kaufen. Die für alle afrikanischen Städte heute üblichen Märkte, in denen es alles zu kaufen gibt, waren zum Zeitpunkt meines Besuches nahezu menschenleer und vor allem fehlte es an allem, was die Bürger von Accra zum Leben benötigten. Mein Hotel war wohl ehemals eines der besten Hotels von Accra. Doch zu diesem Zeitpunkt glich es einem verlassenen Schiff. Ich war der einzige ausländische Gast. Die Speisekarte war gefüllt mit
Namen klangvoller Speisen. Doch sehr schnell stellte sich heraus, dass nichts davon serviert werden konnte. Weder gab es warmes Essen noch die auf der Karte ausgewiesenen Getränke waren zu erhalten. Nur dank der Beziehungen des damaligen Staatssekretärs und zukünftigen Handballpräsidenten war meine Versorgung sichergestellt.
Das erste Ziel und die eigentlich wichtige Aufgabe dieser Lehrgangsmaßnahme stellten sich sehr schnell als nicht lösbar heraus. Der Handballsport war zu diesem Zeitpunkt in Ghana eine völlig unbekannte Sportart, so wie dies in allen afrikanischen Staaten über Jahrzehnte der Fall war, in denen in der Vergangenheit Großbritannien als Kolonialmacht die britische Sportkultur den bestehenden Stammeskulturen überstülpte. In den Ländern, in denen Frankreich als Kolonialmacht geherrscht hatte, war hingegen der Handballsport schon seit langem bekannt und hatte zu diesem Zeitpunkt auch bereits ein hohes Niveau erreicht. An dieser Situation hat sich bis heute kaum etwas geändert. Die Teilnehmerlisten bei den Handball-Weltmeisterschaften der IHF in der jüngeren Zeit machen deutlich, dass die englischsprachigen Nationen Afrikas im internationalen Handball noch immer nur eine äußerst nachgeordnete Rolle spielen. Während Nationen wie Tunesien, Algerien, Marokko und Ägypten mittlerweile teilweise zur Weltspitze dieser Sportart gerechnet werden müssen.

Die vom zukünftigen Präsidenten des ghanaischen Handballverbandes eingeladenen Sportlerinnen und Sportler hatten aus naheliegenden Gründen keinerlei Vorerfahrungen im Handball. Die meisten waren Sportlehrer und Sportlehrerinnen und zuvor hatten sie meist Basketball, Netzball oder Fußball gespielt. Ihre versuchten Torwürfe glichen eher Wurfversuchen beim Basketball, gleiches galt für das Dribbling und die Pässe. Sehr schnell wurde mir klar, dass der erste Wochenendlehrgang allenfalls ein Ereignis sein konnte, bei dem die jungen Sportlerinnen und Sportler Spaß und Freude an einem neuen Spiel kennen lernen konnten und bei dem es vor allem darum ging, diesen jungen Menschen die wichtigsten Regeln des Handballspiels aufzuzeigen, dass vor allem jene, die das Spiel mit ihren Schülern und Schülerinnen in der Schule spielen wollen, bereits entsprechende Vorkenntnisse aufwiesen. Die Rückmeldungen der Teilnehmer haben mir gezeigt, dass dieses bescheidene Ziel bei dem Wochenendlehrgang durchaus erreicht wurde. Die Teilnehmer wurden neugierig auf weitere Versuche des Handballspielens und einige verfolgten die Absicht, nach ihrer Rückkehr nach Hause und in ihre Schulen, mit einem regelmäßigen Handballtraining für Schüler und Schülerinnen zu beginnen. Wenige Monate später erhielt ich einen Dankesbrief, in dem einer der Teilnehmer über die Gründung des ersten ghanaischen Handballclubs, der „Accra-Long Fingers“ berichtete. Den angestrebten vollen Erfolg mit dieser Lehrgangsmaßnahme hatte jedoch der Staatssekretär erreicht. Aus naheliegenden Gründen konnte er sich selbst zum ersten Präsidenten des Handballverbandes Ghana ernennen und sein Verband wurde auf diese Weise noch im Jahr 1978 Mitglied im Internationalen Handballverband (IHF). Der kostenlose Zugang zu allen Handballweltmeisterschaften und zu den Handballturnieren bei den Olympischen Spielen stand ihm nunmehr offen.
Seit diesem schillernden „Handball-Wochenende“ in Accra im Jahr 1978 kann Ghanas Handball durchaus auf eine bemerkenswerte Entwicklung verweisen. Die „Black Hands“ nehmen als Nationalmannschaft sowohl bei den Turnieren der Männer als auch der Frauen des afrikanischen Handballverbandes regelmäßig teil und die Handball Association of Ghana ist 2023 Gastgeber der nächsten afrikanischen Handballmeisterschaften. Allein in der Greater Accra Handball Assoziation spielen elf Mannschaften in der Männer- und neun Mannschaften in der Frauenliga. Die Spielerinnen und Spieler sind bei der Feuerwehr, bei der Polizei oder in Gefängnissen beschäftigt. Auch die Mannschaften der Universitäten spielen für die weitere Entwicklung des Handballs in Ghana eine zentrale Rolle.

Ich selbst habe die Ghanaer während dieser Lehrgangsmaßnahme als äußerst freundliche Gastgeber erlebt. Dankbar nahmen sie jede Hilfe an. Während meiner Lehrgangsarbeit konnte ich einen beispiellosen Lerneifer der Teilnehmer beobachten, konnte sehen wie problemlos Mädchen und jungen Frauen und Männer im Sport miteinander kommunizierten spielten und wetteiferten. Dennoch: meine Eindrücke waren eher oberflächlich, für mich blieb nur eine skizzenhafte Vorstellung von Ghana zurück.

 

1991 hatte ich nun erneut die Möglichkeit dieses Land zu besuchen. Ich befand mich ebenfalls wie damals in einer privilegierten Position. Ich konnte Menschen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen Ghanas begegnen, in interessante Diskussionen eintreten und vielfältige Erfahrungen austauschen. Ghana 1991, das war ein Ghana, das sich in einer bewundernswerten Aufbruchsstimmung befand. Die Märkte waren voll von Waren, fest in der Hand der Marktfrauen. Schon damals kamen bereits viele Waren aus China. Das Straßenbild wurde vermehrt geprägt von japanischen Fahrzeugen: Toyota, Nissan und Mitsubishi dominierten den Automarkt. Neue Hotels waren gebaut worden. Und man hoffte auf ausländische Investitionen. Ghana war damals das Musterland der Weltbank. Doch nicht alles funktionierte so wie es funktionieren sollte. Die Löhne der großen Mehrheit der ghanaischen Bevölkerung waren nach wie vor sehr niedrig. Was insbesondere der Sport und jene Sportarten zu spüren hatten, die nicht so populär waren wie das Fußballspiel. Fußball war und ist Ghanas Sportart Nummer eins. Die Fußballstars erreichten schon damals höchste Bekanntheitsgrade vom kleinsten Dorf bis hinein in die Großstadt.

Während meiner Evaluierungstätigkeit 1991 fand an einem Sonntagnachmittag ein Fußballländerspiel zwischen Ghana und dem afrikanischen Nachbar Sierra Leone statt. Es ging um die Qualifikation zur Teilnahme an den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona. Der Ausverkauf des Nationalstadions war schon viele Tage vor dem Spiel gesichert. Während des Spiels wurden die „Schwarzen Meteors“ von mehr als 50.000 Zuschauern frenetisch angefeuert. Im Stadion herrschte eine unglaubliche Atmosphäre. Beim ersten Tor Ghanas wurde ich gleich von drei Schwarzen gleichzeitig umarmt, die neben mir auf der Tribüne saßen. Noch euphorischer war die Stimmung als das 2:0 gelang. Doch nicht weniger überraschend war die Depression, die dann eintrat, als dem Gegner der Anschlusstreffer gelang und damit mit 2:1 ein Entstand feststand, der jedoch bedeutete, dass Ghana die Qualifikationsrunde nicht überstanden hatte. Der Sieg kam somit einer Niederlage gleich. Gedemütigt ging die große Masse der Zuschauer nach Hause. Ich selbst war wie überall in Afrika der Gefahr ausgesetzt, meinen Geldbeutel im Gedränge der Fußballfans zu verlieren. Einer von ihnen hatte bereits seine Hand an meiner Geldbörse. Meine ghanaischen Freunde waren bemüht mich abzuschirmen, um weiteren Versuchungen vorzubeugen. Der Star an diesem Abend war einmal mehr ein deutscher Trainer. Bernd Fischer war damals der Trainer der Nationalmannschaft von Sierra Leone. Er konnte mit erhobener Faust das Stadion verlassen. Am nächsten Tag waren wie nicht anders zu erwarten in allen Tageszeitungen von Ghana äußerst kritische und aggressive Kommentare über das Spiel zu lesen. Wie es der Zufall wollte hatte der ghanaische Fußballverband seinen deutschen Trainer der Nationalmannschaft wenige Tage zuvor entlassen und nun war es nahe liegend, dass die Presse seine Wiedereinsetzung forderte.

Fußball ist ganz offensichtlich auch in Ghana ein sehr „kurzfristiges Geschäft“. Wer Erfolg hat ist immer der König. Das galt vor allem für den deutschen Trainer Pfister, der mit der U 16 Nationalmannschaft Ghanas Weltmeister geworden war und seitdem der ungekrönte „König von Accra“ gewesen ist. Fußball in Ghana ist Profifußball wie er mittlerweile überall in Afrika anzutreffen ist. Die Spieler sind Voll-Profis, beschäftigt bei Banken, bei Brauereien oder bei staatlichen Institutionen. Alle Fußballmannschaften trainieren fast täglich. Dennoch sind ihre Lebens-und Arbeitsbedingungen völlig anders als man sie sich in Europa vorstellen kann. Da der Lehrgang, den ich zu evaluieren hatte, in den Örtlichkeiten stattfand, wo auch die Fußballnationalmannschaft Ghanas trainierte, konnte ich ihr Training nahezu täglich beobachten. Die Arbeit des Trainers und das Training der Nationalmannschaft war vorbildlich. Die Trainingsbedingungen waren jedoch eher miserabel. Kaum ein Spieler einer C-Klasse- Mannschaft in Deutschland wäre bereit unter diesen Bedingungen zu trainieren. Eher noch schlechter waren die Bedingungen für die Leichtathleten in Ghana und für alle sonstigen olympischen Sportarten.
Winneba, das ist eine Stadt 80 km von Accra entfernt, direkt am Meer gelegen, geprägt von den umliegenden Fischerdörfern mit ihren Fischerfamilien. Winneba gilt als die Schulstadt Ghanas. Man sieht in ihr auch die Sporthauptstadt Ghanas. Es gab dort u. a. das „Special College“, in dem die Lehrer für die Sekundarstufe II in den Bereichen Kunst, Leibeserziehung und Hauswirtschaft ausgebildet wurden. Für die Durchführung einer Fortbildungsveranstaltung war Winneba geradezu ein idealer Ort. Für mich als Europäer war dieser Ort jedoch eine fremde Welt, auch dann, wenn die Gastgeber bemüht waren, den Aufenthalt aller anwesenden Europäer möglichst angenehm zu gestalten. Täglich wurde ein Mittagessen serviert, das für Afrikaner typisch ist, von den Europäern jedoch meist nur am Anfang ihres Aufenthaltes einigermaßen geschätzt wird: Fufu, Maniok, Reis, Hühnerfleisch, bei dem man nicht sicher war wie frisch es ist und getrockneter Fisch: das ist die tägliche Nahrung der Mehrheit jener Bewohner, die direkt an der Küste leben. Wenn man täglich eine Schale Reis, einen kleinen Hühnerschlegel und Maniok serviert bekommt, so lässt jedoch die Begeisterung für diese besondere Art von afrikanischer Küche bei Europäern sehr schnell nach.
Im Ausbildungscollege für Leibeserziehung werden Sportlehrer in einem dreijährigen Programm für ihre Tätigkeit an den staatlichen Schulen Ghanas ausgebildet. Das Curriculum des Instituts ist an angelsächsische Vorgaben angelehnt. Meine Evaluation fiel in die Zeit des Semesteranfangs dieses Instituts. Die Studienanfänger wurden mit einem großen Fest empfangen und aus Anlass des Studienanfangs gab es ein großes Wettkampfereignis, dem viele Bürgerinnen und Bürger von Winneba beiwohnten.

„Sport ist nicht gleich Sport“: das musste ich immer wieder feststellen, wenn ich über meine Beobachtungen und Erfahrungen in Afrika nachdenke. Einmal mehr wurde dies in Winneba deutlich. Viele von der IAAF geplanten Ausbildungsinhalte für Leichtathletiktrainer stellten sich sehr schnell als problematisch, teilweise sogar als grotesk heraus. Wassergymnastik als Rehabilitationsmaßnahme für Athleten war bereits deshalb schon als irrelevant zu bezeichnen, weil die Mehrheit der Teilnehmer nicht schwimmen konnte. Doch selbst dann, wenn sie über dieses Können verfügen würden, muss davon ausgegangen werden, dass Wassergymnastik angesichts des Wassermangels in einem Land wie Ghana keine Perspektive haben kann. Eine Vorlesungseinheit über Ernährung macht einmal mehr deutlich, welch geringe Kenntnisse wir Europäer über die Lebensumstände der Afrikaner besitzen. So wurde in abstrakter Weise empfohlen, welche Bestandteile eine ideale Sportnahrung haben sollte. Es wurde jedoch nicht geprüft, welche Nahrungsgewohnheiten und Ernährungsmöglichkeiten in Afrika derzeit üblich bzw. möglich sind. In einem Gespräch mit einem älteren Ghanaer wurde ich aufgeklärt, dass die „normalen Bürger“ weder zum Frühstück, noch zum Mittagessen, noch zum Abendessen Getränke zu sich nehmen. Aus der Sicht der ärmeren Leute ist trinken ein Luxus. Lediglich Gebildete, insbesondere jene, die es sich leisten können, trinken mittlerweile Kaffee und Tee. Deshalb ist es auch problematisch, den ghanaischen Sportlern einen Weg aufzuzeigen, wie sie zu einer regelmäßigen Substitution jener Mineralien kommen können, die sie bei ihrem Training und bei ihren sportlichen Wettkämpfen verbrauchen. Der deutsche Trainer Pfister, der bemüht war gegenüber dem Fußballverband Ghanas durchzusetzen, dass jeder Fußballprofi pro Tag eine Ananas kostenlos erhalten sollte, ist damals mit seinem Vorschlag nur auf Widerstand gestoßen. Für ghanaische Funktionäre war solch ein Wunsch nicht verständlich. Es war für sie nicht einsichtig warum dies für den Profifußball in Ghana notwendig sein soll.
Besonders eindrucksvoll waren für mich die Gespräche, die ich am Rande dieses Lehrgangs in Winneba mit Menschen führen konnte, die dank ihres hohen Alters auf eine große Lebenserfahrung zurückblicken konnten, wie sie heute auch in Afrika nur noch selten anzutreffen ist. Da war zum Beispiel Edward, einer der bekanntesten Trainer Afrikas. Während des Zweiten Weltkrieges studierte er in England, war einer der ersten ausgebildeten schwarzen Leibeserzieher, ein Trainer der ersten Stunde. Er hatte nicht nur in der Leichtathletik große Erfolge aufzuweisen. Mittlerweile war er nahezu 80. Seine englische Ausbildung hat ihn geprägt, Bescheidenheit, Fair Play und vor allem ein fundiertes Wissen zeichneten ihn aus. Die Gespräche mit ihm verdeutlichten die schwierige Geschichte Ghanas und die besonderen Probleme, mit denen Ghana seit dessen Unabhängigkeit zu kämpfen hatte. Selbstkritisch erzählte er wie schön die Stadt Accra noch vor der Unabhängigkeit, also zu Zeiten der britischen Kolonialmacht, gewesen ist. Die Briten hatten damals die Gebiete aller ghanaischen Stämme beherrscht. Er bedauerte wie wenig seitdem unternommen wurde, diese Schönheit zurückzugewinnen. Selbstkritisch sprach er vom Verfall der eigenen Stammeskulturen, selbstkritisch bilanzierte er auch den Identitätsverlust, dem breite Bevölkerungsschichten der Großstädte unterliegen.

Bei der Abschlussveranstaltung des Fortbildungsseminars war es ihm vergönnt, die Schlussansprache zu halten. Selten wurde mit einem derart eindrucksvollem und philosophisch begründetem Plädoyer zu Gunsten einer humanen Leibeserziehung, den Absolventen des Lehrgangs ein Auftrag mit auf den Weg gegeben, den es von den Teilnehmern zu beherzigen galt. Ich habe mir damals gewünscht, dass die afrikanischen Trainer, die den Fortbildungslehrgang bestanden hatten, den Worten dieses großen Vorbilds folgen würden.

¹ Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf „gendergerechte“ Sprachformen – männlich weiblich, divers – verzichtet. Bei allen Bezeichnungen, die personenbezogen sind, meint die gewählte Formulierung i.d.R. alle Geschlechter, auch wenn überwiegend die männliche Form steht.

Letzte Bearbeitung: 17.1.2023