Die Bedeutung Afrikas für die Entwicklung der modernen Olympischen Spiele

von Helmut Digel

Afrika hat im Laufe der Geschichte der modernen Olympischen Spiele eine zunehmend wichtige Rolle eingenommen. Obwohl der Kontinent mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert war, hat er durch sportliche Erfolge, kulturellen Einfluss und die Förderung der olympischen Werte wesentlich zur Entwicklung und Globalisierung der Spiele beigetragen. Dieser Essay untersucht die Beiträge Afrikas zur olympischen Bewegung, beleuchtet historische, sportliche, politische und kulturelle Aspekte und zeigt auf, wie der Kontinent die Olympischen Spiele bereichert hat.

Historische Entwicklung und erste Beteiligung

Die Teilnahme der meisten afrikanischen Länder an den Olympischen Spielen begann relativ spät, hauptsächlich aufgrund der Kolonialgeschichte und der damit verbundenen politischen und wirtschaftlichen Barrieren. Eine Ausnahme macht dabei lediglich Ägypten, das als erstes afrikanisches Land bereits an den Olympischen Spielen 1906 in Athen teilnahm.
Südafrikas NOK, das „South Africa Sports Confederation and Olympic Committee“, wurde 1991 gegründet und im gleichen Jahr vom IOC anerkannt. Die Vorgänger-Körperschaft war die “South African Olympic and Empire Games Association”, bzw. deren Nachfolgerin, die “South African Olympic and Commonwealth Association”. Als britische Kolonie nahm Südafrika an den Olympischen Spielen 1904 in St.Louis teil. Seit diesem Zeitpunkt wurden südafrikanische Athleten¹ zu allen Sommerspielen bis 1960 entsandt, ebenso zu den Winterspielen 1960. 1962 wurde Südafrika wegen seiner Apartheidpolitik von den Olympischen Spielen ausgeschlossen. Nach Beendigung des Apartheidsystems 1991 wurde das Land wieder in die Olympische Familie aufgenommen und nimmt seit 1992 wieder an Olympischen Spielen teil.
Die große Mehrheit der afrikanischen NOKs wurden im Zeitraum von 1950 -1960 gegründet und sie entsenden seit dieser Zeit ihre Olympiamannschaften vorrangig zu Olympischen Sommerspielen, (mit Ausnahme des Boykotts der Spiele in Montreal 1976). Die Anzahl der Athletinnen und Athleten die an Winterspielen teilnehmen ist nach wie vor äußerst gering.

Der erste afrikanische Athlet, der bei den Olympischen Spielen antrat, war der Südafrikaner Reggie Walker, der 1908 in London eine Goldmedaille im 100-Meter-Lauf gewann. Dieser Erfolg markierte den Beginn einer langsamen, aber stetigen Integration Afrikas in die olympische Bewegung.

Insbesondere nach dem Ende der Kolonialzeit und der Erlangung der Unabhängigkeit vieler afrikanischer Staaten in den 1960 er Jahren nahmen immer mehr afrikanische Länder an den Spielen teil.. Die zunehmende Beteiligung Afrikas trug damit ganz wesentlich zur Diversifizierung der Teilnehmer und zur Globalisierung der Olympischen Spiele bei.

Heute sind die erfolgreichsten Nationen Afrikas bei Olympischen Spielen die Länder

  • Kenia (113 Medaillen, davon 106 in der Leichtathletik und 7 beim Boxen);
  • Nigeria (25 Medaillen, davon 13 in der Leichtathletik, 6 beim Boxen, 3 beim Fußball, 2 beim Gewichtheben und 1 beim Taekwondo);
  • Marokko (23 Medaillen, davon 19 bei der Leichtathletik, 4 beim Boxen);
  • Südafrika (86 Medaillen, davon 29 in der Leichtathletik, 19 beim Boxen, 18 beim Schwimmen, 6 beim Tennis, 8 beim Radsport, 3 beim Rudern und jeweils eine Medaille beim Schießen, Kanusport, Triathlon und Rugby seven);
  • Ägypten (38 Medaillen, davon 14 beim Gewichtheben, 8 beim Ringen, 4 beim Boxen, 4 beim Taekwondo, 2 bei Karate, 2 beim Wasserspringen, 2 beim Judo und jeweils eine beim Fechten und im Modernen Fünfkampf);
  • Äthiopien (58 Medaillen, davon 58 in der Leichtathletik).

Einige Nationen können auch bereits über eine mehrfache Teilnahme bei Olympischen Winterspielen verweisen. Insgesamt steigt nahezu stetig die Anzahl der Sportarten, in denen afrikanische Athleten und Athletinnen erfolgreich sind, ohne dass Afrika seine traditionelle Dominanz in der olympischen Kernsportart Leichtathletik und in der wichtigsten Kampfsportart – dem Boxen – verliert.

Sportliche Erfolge und ihre Bedeutung

Die sportlichen Erfolge afrikanischer Athleten haben maßgeblich zur Sichtbarkeit und Anerkennung des Kontinents in der olympischen Gemeinschaft beigetragen. Als Sportler mit bemerkenswerten sportlichen Leistungen, die zu den olympischen Höhepunkten zu zählen sind, Salam beispielhaft genannt werden genannt werde:

  • Abebe Bikila (Äthiopien): Abebe Bikila gewann 1960 in Rom die Goldmedaille im Marathonlauf, barfuß laufend, und wiederholte seinen Erfolg 1964 in Tokio. Seine Siege symbolisierten den Aufstieg Afrikas auf der globalen Bühne und inspirierten viele junge Athleten auf dem Kontinent. Besonders bemerkenswert war Bikilas Erfolg, weil er den Wettkampf in Rom barfuß bestritt.
  • Kipchoge Keino (Kenia): Der kenianische Läufer Kipchoge Keino gewann 1968 in Mexiko-Stadt Gold im 1.500-Meter-Lauf und Silber im 5.000-Meter-Lauf. Seine Leistungen ebneten den Weg für Kenias anhaltenden Erfolg in den Mittel- und Langstreckenläufen.
  • Haile Gebrselassie (Äthiopien): Haile Gebrselassie dominierte in den 1990er und 2000er Jahren die Langstreckenläufe und gewann zwei olympische Goldmedaillen im 10.000-Meter-Lauf. Er dominierte die Strecken von 3000 m bis zum Marathonlauf und stellte dabei insgesamt 26 Weltrekorde auf. Seine Erfolge trugen zur weltweiten Anerkennung der äthiopischen Läufertradition bei. Haile Gebrselassie war nicht nur als Läufer erfolgreich. Er ist auch ein erfolgreicher Geschäftsmann geworden, engagierte sich als Präsident des äthiopischen Leichtathletik-Verbandes, er ist Botschafter für die NGO „Light for the World“ und unterstützt zahlreiche Projekte wie zum Beispiel den Bau von Schulen in ländlichen Gegenden oder Anpflanzungen von Bäumen. Seit 2023 gehört er dem Stiftungsrat der von Karlheinz Böhm gegründeten Stiftung „Menschen für Menschen“ an.

Haile Gebrselassie beim Besuch einer von „Menschen für Menschen“ gebauten Schule.

  • Hicham El Guerrouj (Marokko) – Ein Mittel- und Langstreckenläufer, der als einer der besten Mittelstreckenläufer aller Zeiten gilt und zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen und vier Weltmeistertitel gewonnen hat.
  • Catherine Ndereba (Kenia) – Eine herausragende Langstreckenläuferin, die zweimalige Silbermedaillengewinnerin im Marathon bei den Olympischen Spielen war und zweimal die Martin Weltmeisterschaft gewann.
  • David Rudisha (Kenia) – Ein Mittelstreckenläufer, der den Weltrekord über 800 Meter hält und zweimal Gold bei den Olympischen Spielen in London 2012 und Rio de Janeiro 2016 gewonnen hat.
  • Samuel Kamau Wanjiru (Kenia) – Ein Marathonläufer, der Gold bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking gewann.
  • Caster Semenya (Südafrika) – Doppel-Olympiasiegerin über 800 m in London 2012 und Rio de Janeiro 2016. Sie stand und steht im Zentrum der Diskussionen über die Frage, ob und wie Angehörige des sog. „Dritten Geschlechts“ aktuell und zukünftig bei Leichtathletik-Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen teilnehmen können.
  • Kenenisa Bekele (Äthiopien) – Olympiasieger in Athen 2004 und Doppelolympiasieger in Peking 2008 und mehrfacher Weltmeister über 5000 und 10000 m. Die Cross- WM gewann er allein sechs Mal und er ist damit einer der erfolgreichsten Leichtathleten aller Zeiten.

Darüber hinaus gab es viele weitere talentierte Sportler aus Afrika, die bei den Olympischen Spielen erfolgreich waren.
Diese Erfolge afrikanischer Sportlerinnen und Sportler haben dazu beigetragen, Afrika als wichtigen Akteur im internationalen Sport zu etablieren und das Interesse und die Beteiligung der afrikanischen Bevölkerung an den Olympischen Spielen zu steigern. Für die jungen Nationen, die oft erst sehr spät in ihre Unabhängigkeit von ihrem ehemaligen Kolonialherren entlassen wurden, hat der olympische Sport – bis in die heutigen Tage hinein – eine äußerst wichtige Rolle beim Aufbau einer nationalen Identität, beim so genannten „Nation Building“, gespielt. Wie in kaum einer anderen Region der Welt dienen dabei herausragende sportliche Erfolge von afrikanischen Athleten und Athletinnen der nationalen Repräsentation ihrer Herkunftsstaaten, die nicht selten noch bis heute – verursacht durch die Willkür der Kolonisatoren – konfliktträchtige ethnische und territoriale Strukturen aufweisen.

Politischer Einfluss und Sportdiplomatie

Afrika war intensiv bemüht, seine Rolle und seinen Einfluss in Bereichen der Sportdiplomatie und in (sport)-politischen Bewegungen innerhalb der Olympischen Bewegung auszuweiten. Einige Schlüsselaspekte umfassen:

Boykotte und politische Statements

Afrikanische Länder haben sich an verschiedenen Boykotten beteiligt, die die Spiele beeinflussten. Ein bemerkenswertes Beispiel war der Boykott der Olympischen Spiele 1976 in Montreal durch 28 afrikanische Länder als Protest gegen die Teilnahme Neuseelands, das zuvor Sportbeziehungen zum Apartheid-Regime in Südafrika unterhielt. Dieser Boykott betonte die Rolle des Sports als Plattform für politische und soziale Anliegen.

Einfluss im IOC

Persönlichkeiten aus Afrika, wie Lamine Diack aus Senegal und Sam Ramsamy aus Südafrika, haben wichtige Positionen im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) innegehabt und zur Gestaltung der olympischen Bewegung mehr oder weniger positive Beiträge eingebracht. Ihr Einfluss hat geholfen, die Interessen und Perspektiven der afrikanischen Länder innerhalb der olympischen Strukturen zu vertreten.
Afrikanische IOC-Mitglieder spielten allerdings in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur eine positive Rolle. Mehrere Mitglieder waren an den Korruptionsskandalen beteiligt, die bei der Vergabe von Olympischen Spielen an Gastländer mehrfach zu beklagen waren. Mehrere afrikanische IOC- Mitglieder wurden von der Ethikkommission des IOC suspendiert. Teilweise wurden sie auch zu hohen Strafen vor ordentlichen Gerichten verurteilt, so unter anderem der ehemalige IAAF Präsident Diack. Heute stellt Afrika mehr als 15 IOC-Mitglieder. Hervorzuheben sind dabei vor allem die weiblichen IOC- Mitglieder aus Äthiopien (Dagmawit Berhane), Zimbabwe (Kirsty Coventry), und Marocco (Nawal el Moutawakel). Spielten früher die männlichen IOC-Mitglieder aus Afrika eine dominante Rolle, so stellt heute das weibliche Geschlecht die Mehrheit der afrikanischen Mitglieder. Bei der erfolgreichen Durchführung des IOC- Refuge Programms arbeitet Afrika unter anderem mit der ehemaligen kenianischen Marathonlegende Thekla Loroupe² in den Führungsgremien des IOC mit und afrikanische Flüchtlinge stellen einen großen Anteil des IOC Flüchtlingteams.

„Sportentwicklungshilfe“

Der afrikanischen Politik und den Repräsentanten der afrikanischen olympischen Bewegung ist es in den vergangenen Jahrzehnten – auch in Kooperation mit den „Olympic Solidarity Programes“ des IOC – äußerst erfolgreich gelungen, nahezu jährlich Investitionen in Millionenhöhe zugunsten der Strukturen des afrikanischen Sports zu sichern. Dabei haben sich mehrere reiche Industrienationen in meist nicht sehr selbstloser Weise an der Förderung des Sports in Afrika beteiligt. Frankreich war dabei besonders in seinen ehemaligen afrikanischen Kolonien aktiv, wie zum Beispiel im Senegal, in der Elfenbeinküste, in Madagaskar. Großbritannien richtete seine UK-Sports-Politik auf die englischsprachigen Staaten Afrikas, wie z.B. Kenia, Sambia, Nigeria, Ghana etc. Mehrere skandinavische Staaten, aber auch Deutschland, (seit dem Beginn der deutschen Entwicklungshilfepolitik unter Minister Erhardt Eppler), betätigten sich mit Maßnahmen zu Sport-Entwicklungshilfe. So wurden unter anderem Projekte zum Aufbau des Unterrichtsfaches Sport, zur Ausbildung von Übungsleitern und Trainern und zur Entwicklung von sportwissenschaftlichen Instituten finanziell gefördert. Der Verfasser dieses Essays war in vielen Maßnahmen des BMZ und des AA über mehrere Jahrzehnte Als Referent und Gutachter beteiligt, so u.a. in Marokko, Ghana, Togo, Senegal, Ägypten, Madagaskar, Simbabwe, Nigeria und Israel.

Konkurrent auf diesem Gebiet war auch bis zur Wiedervereinigung die DDR, die – wie dies zur Zeit der Sowjetunion üblich war – sich zur kooperativen Hilfe gegenüber den befreundeten kommunistischen Partner- Staaten Afrikas dazu verpflichtet sah.
Bereits vor dem Ende der Sowjetunion und der DDR spielte in Afrika allerdings zunehmend China eine entscheidende Rolle in der sportbezogenen Entwicklungszusammenarbeit. Sie hält bis heute an. In vielen afrikanischen Nationen hat China mittlerweile ehemalige westliche Partner mit einer gezielten Interessenpolitik verdrängt. Fast sämtliche Sport- Infrastrukturen, die in den letzten Jahrzehnten in Afrika entstanden sind, sind chinesischer Herkunft. So wie in den meisten afrikanischen Staaten die neuen Flughäfen von chinesischen Unternehmen mit chinesischen Arbeitskräften gebaut wurden, so wurden auch fast sämtliche Nationalstadien, die für die Identität der jungen Nationen sehr wichtig sind, von chinesischen Konsortien erstellt und meist werden sie auch noch bis heute von diesen betrieben. Für China ist der Sport zum wirkungsvollsten und kostengünstigsten Medium seiner expansiven Politik zur Förderung seiner Absatzmärkte für chinesische Produkte in Afrika geworden.
Neben staatlichen Kooperationsprojekten zur Entwicklung der Sportstrukturen in Afrika haben auch die Entwicklungsprojekte der internationalen Sportfachverbände einen bedeutsamen Beitrag zum Aufbau der heute existierenden Sportstrukturen Afrikas geleistet. Dies gilt vor allem für die Ausbildung von Übungsleitern, Trainern, Kampfrichtern und „Internationalen Technischen Delegierten“ (ITOs). Aber auch in der Fortbildung von Sportjournalisten wurde eine wichtige Hilfe erbracht. Allein die IAAF wendete über Jahrzehnte einen Großteil seiner Einnahmen zur Förderung der Leichtathletik in Afrika auf. Hierzu bediente sich dieser Verband sog. Regionaler Entwicklungszentren (RDCs) in Nairobi, Kairo und Dakar. Als Mitglied der politisch äußerst einflussreichen  „Development Commission“ der IAAF war ich über zwei Jahrzehnte als Dozent und Gutachter mit verantwortlich für die dort angebotenen Programme. Besonders eindrucksvoll war für mich dabei ein Friedensprojekt von Tegla Loroupe, die mit er Gründung einer „Friedenschule“ und einem jährlich durchgeführten „Friedenslauf“ ihrer „Peace Foundation“ bemüht war, die sich im Hochland Kenyas wegen umstrittener Weiderechte und wegen andauernden Viehdiebstahls in kriegerischen Auseinandersetzungen befindenden Stämme, zu befrieden und zu einem Dialog zusammen zu führen. In meiner sportbezogenen Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika war es für mich das bewegendste Erlebnis, mehrtägiger Gast des Stammes der „Pokots“ und von Teglas mehr als 20-köpfigen Familie zu sein und vom Stammesältesten die Symbole der Stammeszugehörigkeit „Kopfschmuck“, „Speer“, „Schild“ und einen „Melkschemel“ überreicht zu bekommen.

Das IOC hat zur Vorbereitung aller Olympischen Spiele, die in der jüngeren Vergangenheit stattgefunden haben, vielen afrikanischen Athletinnen und Athleten  Scholarships gewährt. Gleiches gilt für die Vorbereitung von „Sport Leaders“. Den bisherigen Höhepunkt der „Olympic Solidarity Unterstützung“ hat die Vorbereitung auf die Spiele in Paris 2024 erreicht

Kultureller Einfluss und Diversität

Die kulturelle Vielfalt Afrikas hat die Olympischen Spiele auf vielfältige Weise bereichert und damit auch zur Förderung der olympischen Werte beigetragen:

  • Eröffnungs- und Schlusszeremonien: Afrikanische Länder haben durch ihre kulturellen Darbietungen bei Eröffnungs- und Schlusszeremonien der Olympischen Spiele die reiche und diverse Kultur des Kontinents präsentiert. Diese Präsentationen trugen dazu bei, das globale Publikum für die kulturelle Vielfalt und das künstlerische Erbe Afrikas zu sensibilisieren.
  • Förderung des Sports: Afrika hat zahlreiche Sportarten gefördert, die in den Regionen Afrikas populär sind, so u.a. Fußball, Leichtathletik und Boxen. Diese Sportarten haben durch die Teilnahme und Erfolge afrikanischer Athleten bei den Olympischen Spielen an Bedeutung gewonnen und zu ihrer globalen Popularität beigetragen. In der über Jahrzehnte als wichtigste olympische Sportart geltenden Leichtathletik haben Athletinnen und Athleten aus Kenia, Äthiopien, Eritrea, Uganda, Südafrika, Marokko, Sudan etc. die Laufwettbewerbe bei Olympischen Spielen dominiert. Aber auch im Boxen hat Afrika eine beeindruckende Präsenz gezeigt, wobei vor allem Länder wie Kamerun, Nigeria und Algerien auf internationaler Ebene große Erfolge erzielen konnten. Im Fußball haben afrikanische Nationen wie Kamerun, Marocco, Ghana, Nigeria, Ägypten und Südafrika nicht nur bei mehreren Olympischen Turnieren eine wichtige Rolle gespielt. Gleichzeitig sind viele afrikanische Länder mit ihren Möglichkeiten zum Höhentraining begehrte Orte für Langzeitaufenthalte von Athleten und Athletinnen aus aller Welt.
  • Förderung des Olympismus: Afrika ist einer jener Kontinente, in denen die Ideen von Coubertin und dessen Philosophie des modernen Olympismus am intensivsten gepflegt werden. Derzeit existieren 42 Nationale Olympische Akademien. In ihnen finden regelmäßig Vortragsreihen über die Geschichte der Olympischen Spiele und über die Werte des Olympismus statt. Fortbildungsmaßnahmen im Bereich des Sport- und Finanzmanagement gehören ebenfalls zum Angebotsrepertoire. Besonders gepflegt und beachtet wird der jährliche „Olympic Day“ in Afrika und die Akademien organisieren auch Baumpflanzungen und „Rubbish Collections“, um ein Vorbild im Bereich des Umweltschutzes abzugeben. In Südafrika gibt es ein „Olympic Studies Center“ in Kooperation mit der Universität von Stellenbosch, wo Bachelor und Masterstudiengänge mit dem Schwerpunkt Sport studiert werden können.

Herausforderungen und Chancen

Trotz der bemerkenswerten Erfolge und Beiträge steht Afrika vor zahlreichen Herausforderungen, die seine Rolle in der olympischen Bewegung beeinflussen.

Viele afrikanische Länder haben mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, die die Entwicklung und Förderung von Sportinfrastrukturen und -programmen einschränken. Diese Barrieren wirken sich auf die Vorbereitung und Teilnahme afrikanischer Athleten an den Olympischen Spielen aus.
Politische Unruhen und Konflikte in einigen Teilen Afrikas haben die sportliche Entwicklung behindert und teilweise auch immer wieder zurückgeworfen. Dadurch wurde die Teilnahme an internationalen Wettbewerben erschwert. Viele afrikanische Staaten gelten bis heute als „politisch instabil“. Wie in vielen anderen Teilen der Welt haben auch in Afrika Doping-Skandale und Korruptionsvorwürfe-und delikte die Integrität des Sports beeinträchtigt und das Vertrauen in die sportlichen Institutionen untergraben. Besonders davon betroffen waren in jüngster Zeit auch jene Leichtathletik-Nationen, von denen man bislang angenommen hatte, dass sie dank ihrer Höhenlage ihre sportlichen Höchstleistungen ohne medikamentöse Manipulation in fairer Weise erbringen

Trotz dieser Herausforderungen bietet Afrika auch enorme Chancen für die Zukunft der Olympischen Spiele.Mit einer jungen und wachsenden Bevölkerung verfügt Afrika über ein enormes Potenzial an sportlichen Talenten, die gefördert und entwickelt werden können. Investitionen in Sportprogramme und -infrastrukturen können dazu beitragen, dieses Potenzial zu nutzen, um eine noch erfolgreichere Teilnahme der Länder Afrikas an den Olympischen Spielen möglich zu machen.

Afrikas kulturelle Vielfalt und die teilweise sehr reichen Traditionen einiger afrikanischer Nationen bieten der internationalen olympischen Bewegung eine einzigartige Gelegenheit, die Olympischen Spiele zu bereichern und die globale Bedeutung der Spiele zu verstärken.

Afrika kann eine führende Rolle bei der Förderung nachhaltiger Praktiken und Innovationen im Sport einnehmen. Initiativen zur Förderung von Umweltbewusstsein und sozialer Verantwortung können die olympische Bewegung in eine zukunftsfähige Richtung lenken. Gleichzeitig kann eine umfassende Förderung des afrikanischen Sports positive Auswirkungen auf Gesundheit und Bildung, Gewaltprävention, auf soziale Inklusion und nicht zuletzt auf die Gleichberechtigung der Geschlechter in den afrikanischen Gesellschaften haben.
Für ganz Afrika wäre es ein besonderes Signal des Aufbruchs, wenn eines ihrer Nationalen Olympischen Komitees die ersten olympischen Spiele Afrikas ausrichten könnte. Noch bedeutsamer könnte es sein, wen
mehrere afrikanische Staaten gemeinsam die ersten olympischen Spiele Afrikas über alle bestehenden sprachlichen, religiösen und ethnischen Differenzen hinweg organisieren könnten. Die Ausrichtung der ersten Olympischen Jugendspiele im Senegal im Jahr 2026 kann hierzu gewiss ein erster Anfang sein. Doch auch dabei zeigt sich, dass Afrika nach wie vor auf eine umfassende Kooperation und Hilfe mit den reichen Industrienationen der nördlichen Hälfte unseres Globus angewiesen ist. An Ihnen, aber auch an einer darauf ausgerichteten Politik des IOC wird es liegen, ob der afrikanische Traum von länderübergreifenden ersten Olympischen Sommerspielen auf ihrem Kontinent möglich sein und in Erfüllung gehen wird.

„Barfuß-Fußball“ von Mädchen in Afrika – Eine Chance

Dies ist wohl mit ein Grund warum das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einmal mehr die „Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit“ (GIZ) beauftragt hat, ein Regionalvorhaben „Sport für Entwicklung in Afrika“ durchzuführen. Mit einem Budget von 10,34 Millionen € (2022-2025) werden dabei die Partnerländer Tansania, Senegal, Kenia, Kamerun und Gambia betreut.

Fazit

Afrika hat eine bedeutende Rolle in der Entwicklung der modernen Olympischen Spiele gespielt. Durch sportliche Erfolge, politischen Einfluss, kulturellen Reich  tum und die Bewältigung zahlreicher Herausforderungen hat der Kontinent zur Globalisierung und Diversifizierung der Olympischen Spiele beigetragen. Während Afrika weiterhin mit wirtschaftlichen, politischen und sozialen Barrieren konfrontiert ist, bieten die jungen Bevölkerungen und der kulturelle Reichtum enorme Chancen für die Zukunft der olympischen Bewegung. Indem Afrika seine Stärken nutzt und seine Herausforderungen meistert, wird es weiterhin eine wesentliche Rolle dabei spielen, die Olympischen Spiele inklusiver, nachhaltiger und repräsentativer für die globale Gemeinschaft zu gestalten.

Letzte Bearbeitung: 20.6.2024

¹ Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf „gendergerechte“ Sprachformen – männlich, weiblich, divers – verzichtet. Bei allen Bezeichnungen, die personenbezogen sind, meint die gewählte Formulierung i.d.R. alle Geschlechter, auch wenn überwiegend die männliche Form steht.

² Zu ihren sportlichen Erfolgen und ihrem Kampf als „Friedensstifterin“ siehe https://www.on.com/de-de/stories/tegla-loroupe-creating-paths-of-peace