Zum Zusammenhang zwischen Sport, Religion, gesellschaftlicher Kultur und ethnischer Herkunft

Helmut Digel

 

Zum Zusammenhang zwischen Sport, Religion, gesellschaftlicher Kultur und ethnischer Herkunft

Der Zusammenhang zwischen Sport, Religion, Ethnie und Kultur ist vielschichtig und in mancher Hinsicht auch faszinierend. Im Folgenden sollen ausgewählte Aspekte dieser Beziehung und ihre Auswirkungen auf Gesellschaft und Individuum beleuchtet werden.

Sport und Religion

Sport ist in der modernen Erlebniskultur einer der emotional am stärksten besetzten Lebensbereiche. Er verspricht Aktiven wie Zuschauern[1] Lebensvollzüge höchster Intensität. Dabei trägt der Sport nicht selten Attribute des Religiösen an sich. In den Erlebnisvollzügen breiter Massen sind die Stadien zu „Kathedralen“ und die Sieger zu „Heiligen“ geworden. Sport besitzt als Phänomen der Neuzeit eine gesellschaftlich wie individuell überaus bedeutsame Prägekraft. Er stellt Erfahrungsräume zur Verfügung, die das Lebensgefühl von Menschen prägen können und er kommuniziert orientierende Gewissheiten. Das Phänomen Sport ist damit in demselben Funktionsbereich der Gesellschaft wirksam wie Religionen und Weltanschauungen und bedarf deshalb einer Einordnung in bestehende Wertesysteme und kulturelle Deutungszusammenhänge.Es gibt Struktur- und Funktionsparallelen zwischen religiösen und sportlichen Ritualen. Beide beinhalten oft kollektive Symbole, Gesänge und ritualisierte Handlungen.

Die Verbindung zwischen Sport und Religion reicht historisch betrachtet weit zurück in die Antike. Die ältesten Formen des Sports und der Leibesübungen haben fast immer einen kultischen Ursprung. Schnelligkeitswettbewerbe und Kräftemessen bei kultischen und religiösen Festen sind seit Jahrtausenden überliefert. Tänze und sportliche Aktivitäten wurden oft durchgeführt, um Götter zu besänftigen oder um Fruchtbarkeit, gute Ernten und gutes Wetter zu erbitten. Sportliche Wettkämpfe dienen und dienten als Rituale und als symbolische Verdichtung der gemeinsamen Kommunikation über einen bestimmten Lebensbereich, sowohl kollektiv als auch individuell. Selbst die olympische Idee der modernen olympischen Spiele wurde von Pierre de Coubertin in Anlehnung an die antiken Spiele als eine Art Zivilreligion konzipiert, die er als „religio athletae“ („Religion der Muskelkraft“) bezeichnete. Obwohl Sport aus theologischer Sicht keine Religion ist, kann er als Religionsersatz dienen und bietet Möglichkeiten für Unterhaltung und Lustgewinn.

Die aufgezeigten  Verbindungen zeigen, dass Sport und religiöse Feste in vielen Kulturen als Ausdrucksformen kollektiver Identität und spiritueller Erfahrung dienen, wobei die spezifischen Ausprägungen je nach kulturellem und religiösem Kontext variieren. Während in einigen Kulturen Sport und Religion eng miteinander verwoben sind, gibt es zum Beispiel in streng buddhistischen Ländern weniger Überschneidungen.

Die Religionen selbst weisen Unterschiede in ihrem Verhältnis zum Sport auf. Mehrere Erkenntnisse liegen vor allem in Bezug auf das Verhältnis zwischen Christentum, Judentum und Sport vor. Auch der Islam wird in der kultursoziologischen Literatur in seinem Verhältnis und seiner Beziehung zum modernen Sport öfters betrachtet. Über alle übrigen Religionen liegen hingegen nur wenige Erkenntnisse vor. Bei den Beobachtungen über den Islam werden dessen verschiedene „Denkschulen“ kaum berücksichtigt. Die meisten Erkenntnisse beziehen sich auf die große Mehrheit der Sunniten. Die Minderheit der Schiiten wird meist lediglich im Zusammenhang mit dem Iran behandelt. Beim Christentum wird häufig nicht zwischen Katholiken und Protestanten und sonstigen christlichen Kirchen unterschieden, obwohl es zwischen den verschiedenen christlichen Kirchen Unterschiede in deren Beziehung zum Sport geben kann. Im Folgenden wird lediglich die Beziehung des Christentums und des Islam zum Sport etwas näher gekennzeichnet. Dabei muss sich die Darstellung mit eher allgemeinen Merkmalen begnügen.

Christentum und Leistungssport widersprechen sich nicht grundsätzlich, solange der Sport im Einklang mit christlichen Grundlehren und als Huldigung für Gott betrieben wird. Sind Athleten gläubige Christen, so kann ihre Religion interessante Auswirkungen auf ihr sportliches Handeln haben. Eine Studie mit 98 Leistungssportlern zeigte z.B., dass hochreligiöse Sportler weniger wettkampf- und gewinnorientiert waren, mehr Wert auf Aufrichtigkeit, Fairness und persönliche Bestleistung legten und Aberglauben und Glücksbringer ablehnten.

Auch bei der Motivation von Sportlern kann Religion eine bedeutende Rolle spielen. Für gläubige Athleten dient der Glaube als wichtige Kraftquelle und verleiht mentale Stärke, besonders in schwierigen Situationen. Fußballtrainer Jürgen Klopp bezeichnet seinen Glauben als „absolute Grundfeste“ und „Stabilisator“. Der Glaube gibt Sportlern Halt und Zuversicht im Wettkampf. Er kann als Leitlinie dienen und dem sportlichen Streben einen tieferen Sinn verleihen.

Religiöse Sportler nutzen ihren Glauben, um mit Druck, Niederlagen und anderen Herausforderungen umzugehen. Das Vertrauen in Gott kann helfen, Rückschläge zu akzeptieren und weiterzumachen. Manche Athleten sehen ihre sportliche Betätigung als eine Form der Huldigung Gottes. Dies kann zusätzlich motivieren, die bestmögliche Leistung zu erbringen.

Christliche Werte wie Fairness und Aufrichtigkeit können für religiöse Sportler besonders wichtig sein und ihr Verhalten im Wettkampf beeinflussen.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Rolle der Religion individuell sehr unterschiedlich sein kann. Während einige Athleten ihren Glauben als zentral für ihre sportliche Motivation betrachten, spielt er für andere eine untergeordnete oder gar keine Rolle. Diese und weitere Erkenntnisse unterstreichen u.a. die Notwendigkeit, in der Sportlerbetreuung zwischen nichtreligiösen, religiösen und hochreligiösen Athleten zu unterscheiden.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede der christlichen Religion und der islamischen Religion in Bezug auf eine Teilnahme im Sport

 

Die christliche und islamische Religion unterscheidet sich in Bezug auf die Teilnahme im Sport in einigen Aspekten, doch gibt es auch mehrere Gemeinsamkeiten:

Theologische Grundlagen

  • Das Christentum hat in seinen Hauptquellen keine expliziten Aussagen zum Sport. Es betrachtet Sport eher als Analogie für christliche Tugenden und Glaubenspraxis. Die christliche Lehre lehnt allerdings Wettbewerb in Bezug auf die Gottesbeziehung ab.
  • Der Koran enthält keine direkten Aussagen zum Sport, aber die Sunna (Überlieferungen des Propheten) befürwortet körperliche Betätigung. Der Prophet Muhammad empfahl und praktizierte selbst bestimmte Sportarten wie Laufen, Ringen, Reiten, Schwimmen und Bogenschießen.

Körperverständnis

  • Der Körper wird in der christlichen Lehre als „Tempel Gottes“ betrachtet, was implizit Körperpflege und -ertüchtigung einschließt.
  • Im Islam wird der Körper als Geschenk Gottes verstanden, das gepflegt und in gutem Zustand erhalten werden soll. Sport wird als Mittel zur Förderung eines gesunden Lebensstils gesehen.

Geschlechterspezifische Aspekte

  • Im Christentum gibt es generell keine geschlechtsspezifischen Einschränkungen für Sportteilnahme.
  • Auch im Islam ist Frauensport grundsätzlich erlaubt, aber in konservativen Interpretationen an Bekleidungsvorschriften und Geschlechtertrennung gebunden. Es gibt unterschiedliche Auslegungen bezüglich der Vereinbarkeit von Frauensport mit islamischen Normen.

Kulturelle Praxis

  • Von Christen wird Sport oft als Möglichkeit zur Charakterbildung und Vermittlung christlicher Werte gesehen.
  • In einigen islamischen Ländern gibt es in jüngster Zeit eine wachsende Sportbegeisterung, auch unter Frauen. Initiativen wie „Jumanistics“ in Deutschland fördern heute vermehrt ein aktives Sporttreiben unter Muslimen. Eine positive Entwicklung zur Teilnahme von Frauen im Leistungssport lässt sich auch in Katar und in Saudi-Arabien beobachten. Im Iran hat der Leistungssport von Frauen schon immer eine wichtige Rolle gespielt.

Trotz der nach wie vor vorhandenen Unterschiede zeigen beide Religionen eine grundsätzliche Offenheit gegenüber Sport solange er der Gesundheit, Entspannung und körperlichen Ertüchtigung dient und nicht im Widerspruch zu religiösen Werten steht.

Angesichts unterschiedlicher Einstellungen der Religionen in Bezug auf den menschlichen Körper ist die Frage naheliegend, ob dies auch Einfluss hat auf den weit verbreiteten Dopingbetrug im Sport und auf die Durchführung von Doping- Kontrollen (Urinabgabe, Blutabgabe, Entnahme von Haarproben).

Religion hat bislang keine oder nur eine sehr geringe direkte Bedeutung bei der Durchführung von Dopingkontrollen selbst gehabt, aber sie kann eine wichtige Rolle bei der Prävention und Bekämpfung von Doping im Sport spielen. Religion kann als moralische Instanz dienen und Sportler vom Doping abhalten. Im Islam wurde beispielsweise eine Fatwa gegen Doping erlassen, die als präventive Maßnahme wirkt. Die religiöse Überzeugung kann dabei stärker sein als gesetzliche Verbote. Karam Lahcen, ein ehemaliger Boxer, argumentiert, dass eine Fatwa im Islam einen größeren Einfluss hat als ein Gesetz, da sie die grundsätzliche Denkweise beeinflusst. Lahcen betont, dass die Sensibilisierung durch Religion wirkungsvoller sein kann als herkömmliche Aufklärungsmethoden.

Werte wie Fairness und Aufrichtigkeit können das Verhalten von Sportlern im Wettkampf beeinflussen und sie vom Doping abhalten. Sowohl das Christentum als auch der Islam betonen die Wichtigkeit eines gesunden Körpers und Geistes und schließen damit jegliche Form von Doping aus.

Obwohl Religion bei der eigentlichen Durchführung von Dopingkontrollen keine Rolle spielt, kann sie als „präventives Instrument“ und moralischer Kompass dienen, um Doping im Sport zu bekämpfen. Die Blutabnahme bei Dopingkontrollen stellt für die meisten Religionen kein grundsätzliches Problem dar. Allerdings können in einigen Fällen religiöse Überzeugungen oder kulturelle Praktiken zu Bedenken führen.Die Zeugen Jehovas lehnen Bluttransfusionen ab, haben aber in der Regel keine Einwände gegen kleine Blutentnahmen für medizinische Tests oder Dopingkontrollen. Im Islam gibt es generell keine Verbote gegen Blutentnahmen. Allerdings könnten während des Fastenmonats Ramadan Bedenken auftreten, da das Fasten auch das Verbot von Blutabnahmen einschließen kann. Das jüdische Gesetz erlaubt Blutentnahmen zu medizinischen Zwecken, einschließlich Dopingkontrollen.

Bei der Durchführung von Dopingkontrollen wird in der Regel Rücksicht auf religiöse und kulturelle Sensibilitäten genommen. Athleten haben das Recht, eine Vertrauensperson zur Kontrolle mitzubringen, was etwaige religiöse Bedenken abmildern kann. Zudem besteht bei Urinproben die Möglichkeit, auf einer Kontrollperson des gleichen Geschlechts zu bestehen, was für einige religiöse Gruppen von Bedeutung sein kann. Es ist wichtig zu betonen, dass die Anti-Doping-Organisationen bemüht sind, die Kontrollen so durchzuführen, dass sie für alle Athleten, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit, akzeptabel sind. In den meisten Fällen können etwaige Bedenken durch offene Kommunikation und gegenseitiges Verständnis gelöst werden.

Sport und Ethnizität

Sport bietet eine einzigartige Plattform für interkulturelle Begegnungen und Integration. Die Sportethnologie untersucht, wie kulturelle, soziale und ethnische Unterschiede Sporterfahrungen und -teilnahmen beeinflussen. Dabei kann gezeigt werden, wie die Entwicklung des Sports in verschiedenen Ländern von kulturellen Faktoren beeinflusst wird:

  • Jüdischer, islamischer oder christlicher Glaube beeinflussen die Einstellung zur Körperlichkeit anders als Buddhismus oder Hinduismus.
  • Ethnische und religiöse Unterschiede können prägend für die jeweilige Sportausübung bzw. für die Wahl einer bestimmten Sportart sein.
  • Soziale Erfahrungen aus verschiedenen Lebenswelten eröffnen unterschiedliche Zugänge zum Sport.

Aus ethnologischer Sicht gibt es zwischen den in unserer Welt existierenden Kulturen teilweise erhebliche Unterschiede in Bezug auf das Handlungsfeld „Sport“. In Bezug auf Trainingsmethoden und Lernstile kann u.a. folgendes beobachtet werden:

Westliche Kulturen bevorzugen Teamwork und Gruppenarbeit, eine Kombination aus Theorie und Praxis, Formen des Experimentierens, ein „Learning by doing“ und aktive Lernmethoden.

Östliche Kulturen und Kulturen des Südens hingegen setzen eher auf Vorlesungen,  theoretische Wissensvermittlung, Einzelarbeit, Praktizieren vorgegebener Techniken und passive Lernmethoden.

In Westlichen Kulturen wird die direkte Kommunikation bevorzugt. Hingegen ist in Osteuropa/Orient/Asien/Afrika/Südamerika eine Präferenz zur indirekten Kommunikation, zu nonverbalen Signalen, zum Lesen „zwischen den Zeilen“ zu beobachten.

In individualistischen Kulturen ist die Pädagogik auf die Betonung von Lob, das Lernen durch Exploration und auf aktive und gleichberechtigte Partizipation ausgerichtet. Während in kollektivistischen Kulturen bloßstellende Kritik, Lernen durch Instruktion und rollenkonforme Teilnahme üblich sind.

Die ethnische Zugehörigkeit und ethnische Hintergründe können die Sportpraxis auf vielfältige Weise beeinflussen. Sie prägen u.a. die Einstellung zum Sport und die Art der Sportausübung. Unterschiedliche Kulturen bringen einzigartige Sporttraditionen und -stile hervor. Religiöse und kulturelle Vorstellungen beeinflussen Aspekte wie Sportbekleidung und Körperpräsentation. Ethnische Gruppen entwickeln oft auch spezifische Rituale, Feiern und Symbole im Sport.

 Sozioökonomische Faktoren

Der sozioökonomische Status, der oft mit ethnischer Zugehörigkeit korreliert, wirkt sich auf die Sportbeteiligung aus. So gehören z.B. in Deutschland Migrantinnen und Migranten überproportional häufig zu sozioökonomisch benachteiligten Gruppen. Dabei gibt es Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen.Nur 18% der weiblichen jungen Migrantinnen sind derzeit in Sportvereinen vertreten, verglichen mit 51% der männlichen Einwandererjugendlichen. Die ethnische Zugehörigkeit verstärkt offensichtlich geschlechtsspezifische Unterschiede in der Sportpartizipation. Migrantinnen aus Südosteuropa, Afrika, Südamerika und Asien sind in deutschen Sportvereinen deutlich unterrepräsentiert und unterschiedliche kulturelle Normen und Wertvorstellungen können die Sportbeteiligung von Frauen und Mädchen zusätzlich einschränken.

 Soziale Identität und Gruppenprozesse

Sport fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl und ermöglicht den Ausdruck individueller und kollektiver Identitäten. In Mannschaftssportarten zeigt sich dies durch spezifische Rituale vor Spielen (Wimpel- Übergabe, Münzwurf, Einmarsch der Mannschaften, Vereinshymnen, Nationalhymnen etc.), durch besondere Feiern und Jubelgesten (Torjubelrituale, Fangesänge, Abschlussdinner, Jubiläumsfeiern etc.) und durch die Verwendung kultureller Symbole (Vereinslogo, Fahnen, Schals) und durch die immer zahlreicher werdenden Merchandising Produkte.

Diese Vielfalt kann die Zusammenarbeit und das Verständnis zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen fördern.

Integration durch Sport

Sport hat ein großes Potenzial für soziale Integration. Er schafft Begegnungen zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft. Unterschiede in kultureller, religiöser oder herkunftsspezifischer Hinsicht können dabei in den Hintergrund treten. Sport fördert Respekt, der über die bloße Wertschätzung der Leistung hinausgeht. Sport bietet eine Plattform für Integration, kann aber auch zur Abgrenzung dienen.Sportvereine, insbesondere bewusst interkulturell ausgerichtete Vereine, können die Integration fördern und interethnische Sozialbeziehungen stärken. Von einer bestimmten Ethnie dominierte Sportvereine entstehen hingegen oft als Reaktion auf Ausgrenzungserfahrungen oder zur Stärkung der eigenen kulturellen Identität.

Sport als Identifikationsmedium

Sport dient in fast allen Nationen als Instrument zur Schaffung und Stärkung nationaler Identität. Sportliche Erfolge werden dabei zum „Wertmesser für die Leistungsfähigkeit politischer Systeme“. Athleten und Mannschaften fungieren als Repräsentanten der Nation, mit denen sich Bürger identifizieren können. Nationale Symbole wie Flaggen und Hymnen verstärken die Identifikation zwischen Sportlern und Fans.

 Dabei tragen mehrere Faktoren zur nationalen Repräsentation durch Sport bei. Staatliche Investitionen in den Spitzensport legitimieren die nationale Vereinnahmung von Erfolgen. Die aktive und passive Teilhabe der Bevölkerung am Sport fördert die Identifikation und die mediale Berichterstattung und Übertragungen verstärken das Gemeinschaftsgefühl.

Nationale Repräsentationsstrategien durch Sport können sich in verschiedenen Kulturen auf vielfältige Weise unterscheiden. So dient z.B. in Neuseeland Rugby als Kernstück der kulturellen Identität und des nationalen Stolzes. In Kenia und in Äthiopien ist dies vor allem die Leichtathletik. Indien nutzt Cricket als soziales Bindeglied zur Vereinigung von Menschen unterschiedlicher Herkunft. In Indien wurde Cricket, ursprünglich von den Kolonialherren eingeführt, zu einem Symbol des nationalen Stolzes umgedeutet. Australien Football spiegelt die Einwanderungsgesellschaft Australiens wider. In den USA gelten Basketball, American Football und Baseball als Teil der nationalen Identität. Kanada sieht hingegen im Eishockey einen wesentlichen Bestandteil der kanadischen Identität. In Brasilien verschmelzen Karneval und Fußball zu einem einzigartigen Ausdruck nationaler Kultur. Asiatische Länder integrieren traditionelle Kampfkünste in ihre Sportkultur, z.B. Wushu und Tai Chi in China, Sumo und Karate in Japan. In Malaysia zeigen sich deutliche Präferenzen für bestimmte Sportarten je nach ethnischer Zugehörigkeit: Inder bevorzugen Hockey, Chinesen Basketball und Tischtennis, Malaien Fußball und Kampfsportarten. Dabei beeinflussen islamische, buddhistische oder hinduistische Glaubensrichtungen die Einstellung zur Körperlichkeit und damit zum Sporttreiben.

Diese unterschiedlichen Strategien zeigen, wie Sport als Instrument zur Stärkung nationaler Identität und kultureller Repräsentation in verschiedenen Kulturen genutzt wird, wobei historische, religiöse und gesellschaftliche Faktoren eine entscheidende Rolle spielen.

Schlussfolgerungen

Die hier vorgelegte Studie zeigt, dass Sport, Religion, Ethnie und Kultur eng miteinander verwoben sind. Sport bietet eine einzigartige Plattform für interkulturellen Austausch und Integration, während religiöse und kulturelle Hintergründe die Sportausübung und Wahrnehmung beeinflussen. Für eine effektive Sportförderung und -betreuung ist es wichtig, diese Zusammenhänge zu verstehen und zu berücksichtigen. Die ethnische Vielfalt im Sport bringt sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. Sprachbarrieren und kulturelle Missverständnisse können die Teilnahme erschweren. Gleichzeitig bietet Sport die Möglichkeit, kulturelle Akzeptanz zu fördern und Vorurteile abzubauen. Die ethnische Zugehörigkeit beeinflusst somit nicht nur die individuelle Sportpraxis, sondern auch die Strukturen und Dynamiken im organisierten Sport. Eine bewusste Gestaltung inklusiver Sportangebote und die Sensibilisierung für kulturelle Unterschiede sind wichtig, um die positiven Potenziale des Sports für Integration und interkulturellen Austausch zu nutzen.

Letzte Bearbeitung: 6.April 2025

Themenzuordnung: Sportentwicklung, Religion und Sport

 

[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird gelegentlich auf „gendergerechte“ Sprachformen – männlich weiblich, divers – verzichtet. Bei allen Bezeichnungen, die personenbezogen sind, meint die gewählte Formulierung i.d.R. alle Geschlechter, auch wenn überwiegend die männliche Form steht.