Helmut Digel
Für den Zusammenhalt von Industriegesellschaften hat die Institution der Familie nach wie vor eine herausragende Bedeutung. Gemeint ist damit eine durch Abstammung oder Geschlechtsgemeinschaft in Verbindung stehende Gruppe von Menschen. Zu einer Familie gehörten ursprünglich nur die durch Abstammung blutsverwandten Individuen. Zu Beginn der Zivilisation war es vorwiegend die Mutter, die das Haupt der Familie bildete, während der Vater der Familie eher fernblieb, so dass er in manchen Fällen gar nicht als Blutsverwandter seiner Kinder betrachtet wurde. Eine derartige Auffassung der Familienverwandtschaft wird noch heute in einigen Stammeskulturen ausgeübt. Längst ist jedoch das Matriarchat durch das Patriarchat ersetzt worden, und das Institut der monogamen oder polygamen Ehe wurde rechtlich begründet. Stellt man sich die Frage, durch welche besondere Qualität die Institution der Familie sich auszeichnen soll, so geben uns frühere Lexika neben den genannten definitorischen Merkmalen eindeutige Antworten. So wird in Meyers Konversationslexikon aus dem Jahre 1889 darauf hingewiesen, dass durch die Natur der menschlichen Lebensverhältnisse die Familienmitglieder auf ein „gegenseitiges Zusammenhalten und Unterstützen“ und auf einen „besonders freundschaftlichen und liebevollen Verkehr angewiesen“ sind. Die Grundsätze, welche in dieser Beziehung für das Familienleben maßgebend sind, gehören zumeist der Moral und der Religion an, da die Bedeutung der Familie eine vorwiegend sittliche ist.