Helmut Digel
Einleitung
Die modernen Olympischen Spiele, die erstmals 1896 in Athen stattfanden, sind ein globales Sportereignis, das Athleten¹ aus der ganzen Welt zusammenbringt. Deutschland hat im Laufe der Jahrzehnte eine zentrale Rolle bei der Gestaltung und Entwicklung dieser Spiele gespielt. Von der Austragung legendärer Spiele bis hin zu herausragenden sportlichen Leistungen und der Beeinflussung von organisatorischen und technologischen Aspekten hat Deutschland die modernen Olympischen Spiele maßgeblich mitgestaltet. Dieser Essay untersucht die verschiedenen Facetten dieser Bedeutung und hebt die historischen, sportlichen und kulturellen Beiträge Deutschlands hervor.
Historischer Hintergrund
Deutsche Archäologen und Wissenschaftler haben eine bedeutende Rolle bei den Ausgrabungen und der Erforschung der antiken Olympischen Spiele gespielt. Wilhelm Dörpfeld (1853-1940) war ein bedeutender deutscher Archäologe, der eng mit Heinrich Schliemann (1822-1890) zusammengearbeitet hat, dem Entdecker von Troja. Dörpfeld widmete sich auch der Erforschung der antiken griechischen Stätten, darunter Olympia. Er war maßgeblich an den systematischen Ausgrabungen und der Rekonstruktion der antiken Stadt Olympia beteiligt. Seine Arbeiten trugen dazu bei, die Struktur und die architektonischen Überreste der antiken Stätte zu identifizieren und zu dokumentieren.
Der Althistoriker und Archäologe Ernst Curtius (1814-1896) und der Architekt und Bauforscher Friedrich Adler (1827-1908) waren deutsche Wissenschaftler und Gelehrte, die ebenfalls bedeutende Beiträge zur Erforschung von Olympia geleistet haben. Curtius war für seine Arbeiten an antiken griechischen Stätten bekannt und trug zur systematischen Dokumentation und Interpretation der Überreste bei Olympia bei. Friedrich Adler war spezialisiert auf die antike griechische Kunst und Architektur und leistete wichtige Beiträge zur Identifizierung und Interpretation der archäologischen Funde in Olympia. Die deutsche Archäologische Schule in Athen spielte eine zentrale Rolle in der Erforschung der antiken griechischen Kultur, einschließlich Olympia. Diese Institution förderte nicht nur die archäologische Forschung vor Ort, sondern bildete auch zahlreiche deutsche Archäologen und Wissenschaftler aus, die dann an verschiedenen Grabungsprojekten in Griechenland, einschließlich Olympia, beteiligt waren.
Deutsche Archäologen und Forscher haben durch ihre Ausgrabungen und Forschungsarbeiten wichtige Entdeckungen in Olympia gemacht, die zur Rekonstruktion und zum Verständnis der antiken Olympischen Spiele beigetragen haben. Dazu gehören die Entdeckung des antiken Stadions, der Tempel und anderer wichtiger Bauwerke sowie die Funde von Artefakten und Inschriften, die Informationen über die Spiele, ihre Teilnehmer und die kulturellen Praktiken der Antike liefern.
Im deutschen Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts und im Kontext der aufstrebenden neuhumanistischen Bildung war die Verehrung des antiken Griechenlands weit verbreitet. Der Philhellenismus fand eine weite Verbreitung. Die Farben der bayrischen Staatsflagge, das ‚Y‘ in der Bezeichnung Bayerns oder der Ruhmestempel ‚Walhalla‘ bei Regensburg – ein Nachbau des Parthenon in Athen – legen davon Zeugnis ab. Die deutschen ‚Bildungs-Mandarine’ des Neuhumanismus, die Vertreter der ‚Weimarer Klassik‘ und einflussreiche Philosophen wie Friedrich Nietzsche (1844-1900) und der Schweizer Historiker Jakob Burkhardt (1818-1897) waren Anhänger des Philhellenismus, der Agonistik und des Agonalen Prinzips. Die Agone waren die regelgeleiteten Wettkämpfe der panhellinischen (olympischen) Spiele. Der Philhellenismus mit all seinen mythischen Überhöhungen und absonderlichen antisemitischen Auslegungen und Verweisen auf die Vorzüge spartanischer Erziehung – auch Adolf Hitler (1889-1945) verstand sich als Philhellenist – schuf Voraussetzungen für eine breite und vielschichtige Aufgeschlossenheit gegenüber den Olympischen Spiele der Neuzeit in Deutschland.
Die Forschung an der antiken Stätte Olympia dauert bis heute noch an, und deutsche Archäologen und Wissenschaftler sind weiterhin aktiv an der Erforschung und Dokumentation der antiken Überreste und ihrer historischen Bedeutung beteiligt. Internationale Zusammenarbeit zwischen deutschen und griechischen Archäologen sowie mit anderen Forschern aus verschiedenen Ländern trägt dazu bei, das Erbe der Olympischen Spiele zu bewahren und zu erforschen. Ihre Arbeit hat nicht nur zur Wiederherstellung der Geschichte und der Struktur von Olympia, sondern auch zur Aufklärung über die kulturellen und sozialen Aspekte der antiken Olympischen Spiele beigetragen.
Die frühen Jahre der modernen Spiele und die Zwischenkriegszeit
Bereits in den frühen Jahren der Modernen Olympischen Spiele war Deutschland ein bedeutender Teilnehmer. An der Seite des französischen Barons Coubertin war es auch ein Deutscher, der ganz wesentlich mit dazu beigetragen hat, dass die neuen modernen Olympischen Spiele möglich werden konnten. Der Naturwissenschaftler Willibald Gebhart (1861-1921) fand einflussreiche Unterstützer im deutschen Hochadel und gehörte neben Coubertin (1863-1937) und vier weiteren Gründungsmitgliedern zu den Männern der ersten Stunde. Die anfänglichen grundsätzlichen Vorbehalte der Deutschen Turnerschaft (DT) gegenüber dem olympischen Wettkampfgedanken wurden geschickt überwunden und bereits bei den ersten Spielen der Neuzeit in Athen 1896 machte eine deutsche Olympiamannschaft mit dem Turner Schuhmann an der Spitze mit guten Erfolgen auf sich aufmerksam.
Zur Vorbereitung der für 1916 in Deutschland geplanten Olympische Spiele wurde 1904 der ‚Deutsche Reichsausschuss für Olympische Spiele‘ (DRAfOS) gegründet. Zur Teilnahme an den vorherigen Olympischen Spielen existierten bereits temporäre ‚Komitees‘ für die Beteiligung Deutschlands. Der Erste Weltkrieg verhinderte die 1916er Spiele in Deutschland und zu den Olympischen Spielen 1920 und 1924 wurde Deutschland als Verursacher des 1. Weltkrieges nicht eingeladen. Aus dem quasi gegenstandslos gewordenem DRAfOS entstand 1917 der ‚Deutsche Reichsauschuss für Leibesübungen‘ (DRA) mit veränderten, neuen Aufgabenstellungen. Die Veranstaltungsreihe der ‚Deutschen Kampfspiele‘ wurden geschaffen und die Gründung der ‚Deutschen Hochschule für Leibesübungen‘(DHfL) in Berlin-Charlottenburg ging daraus hervor.
Der DRA verstand sich als Dachverband fast aller Verbände des damaligen deutschen Sports. Die Verbände der Arbeitersportbewegung hatten bereit 1912 einen eigenen Dachverband gegründet. Der erste Vorsitzende des DRA war der hochrangige Verwaltungsbeamte Theodor Lewald (1860-1947) und als Generalsekretär wirkte der Sportwissenschaftler, Publizist und Sportfunktionär Carl Diem (1882-1962). Im Zuge der der Veränderungen des außenpolitischen Klimas in Europa, eingeleitet durch die Außenpolitik Walther Rathenaus (1897-1922) und niedergeschrieben in den Verträgen von Rapallo und Locarno (1925) entstanden Aktivitäten zur Wieder-Zulassung Deutschlands zu den Olympischen Spielen. Dafür wurde 1925 der ‚Deutsche Olympische Ausschuss‘ (DOA) – dem Vorläufer der späteren ‚Nationalen Olympischen Komitees‘ (NOK) in Deutschland – gegründet.
Anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1928 in Amsterdam wurde Deutschland wieder in die olympische Familie aufgenommen. Die verstärkte Sportförderung in der Weimarer Republik (1918-1933), der sich entwickelnde Hochschulsport, die universitäre Ausbildung von Sportlehrkräften und der Bau von Sportstätten (Sportplätze, Turnhallen, Schwimmbäder) zahlte sich auch in sportlichen Erfolgen aus. Die Deutsche Olympiamannschaft belegte im Medaillenspiegel hinter den USA einen hervorragenden zweiten Platz. Die Wirtschaftskrisen und politischen Turbulenzen am Ende der Weimarer Republik erlaubten keine Fortsetzung der olympischen Sportentwicklung in Deutschland. Im Medaillenspiegel der Olympischen Spiele 1932 in Los Angeles sackte Deutschland auf den neunten Platz ab. Hinter den USA belegte jedoch das faschistische Italien unter der Führung Mussolinis, überraschend den zweiten Platz.
Die Wiedereingliederung Deutschlands in die Olympische Bewegung markierte zunächst hoffnungsvoll den Beginn einer neuen Ära, in der Deutschland wieder eine wichtige Rolle im internationalen Sport spielen konnte. Die Weimarer Republik -insbesondere die Zeit zwischen 1925 und 1929 – bot einen guten Nährboden für die Entwicklung des Sportes, der Sportlehrerbildung und auch für die entstehende Sportwissenschaft in Deutschland.
Diese Ära wurde jedoch durch die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 und vor allem durch den von Deutschland verschuldeten Zweiten Weltkrieg abrupt beendet. Die Epoche des NS-Regimes war durch – bis dahin unvorstellbare – ‚Zivilisationsbrüche‘ und zugleich durch eine ‚erschreckende Modernität‘ gekennzeichnet. Beides hatte Einflüsse auf das Sportverständnis und die Sportentwicklung jener Zeit.
Die Spiele von Berlin 1936
Die Bewerbung um die Ausrichtung der Olympische Sommerspiele in Berlin und die Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen fand im Rahmen eines Olympischen Kongresses 1930 in Berlin statt und die Entscheidung zur Austragung wurde am 13.Mai 1931, am Sitz des IOC in Lausanne gefällt. Anfänglich hatten sich zwölf Städte beworben (darunter auch Frankfurt/M., Köln und Nürnberg). 1931 blieben davon noch vier Bewerbungen übrig und es kam zu einer Stichwahl zwischen Barcelona und Berlin. Die der Mehrheit der IOC-Mitglieder entschied sich für Berlin. Mit der Vergabe der Sommerspiele nach Berlin war auch das Vorrecht verbunden, die Olympischen Winterspiele auszutragen. Diese fanden im Februar 1936 in Garmisch-Partenkirchen statt. Diese Vorgeschichte gilt es zu bedenken, denn nicht die Nazis holten die Olympischen Spiele nach Deutschland, wie manche noch heute glauben. Die universalistische, auf Friedenserziehung und Völkerverständigung ausgerichtete Olympische Idee war ihnen suspekt und entsprach nicht ihrer rassistischen und nationalistischen Ideologie.
Am 24. Januar 1933 wurde das Deutsche Organisationskomitee (OK) gegründet, anfangs unter der Schirmherrschaft des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg (1847-1934), nach dessen Tod übernahm der Reichskanzler Adolf Hitler am 13.November 1934 die Schirmherrschaft. Das Organisationskomitee wurde – entgegen den Statuten des IOC – dem Reichsministerium des Innern (RMI; W. Frick, 1877-1946) und dem Reichsministerium für Propaganda und Volksaufklärung (RMVP; J. Goebbels, 1897-1945) unterstellt.
Die Austragung der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin wurden zunächst als ein besonders eindrucksvolles, nachhaltig prägendes Ereignis in der Geschichte der Olympischen Spiele wahrgenommen. Diese Spiele waren die ersten, die umfassend im Fernsehen übertragen wurden und setzten neue Maßstäbe in Bezug auf die Organisation und den Einsatz moderner Technologien. Die Spiele von 1936 waren jedoch auch – wie keine Spiele zuvor – politisch aufgeladen, da sie von der nationalsozialistischen Regierung zur Selbstdarstellung und Propaganda genutzt wurden. Die deutsche Bevölkerung nahm die Spiele mit Begeisterung auf. Trotz der politischen Instrumentalisierung waren die Spiele sportlich herausragend, perfekt organisiert und beeinflussten die olympische Bewegung nachhaltig.
Im Medaillenspiegel der Olympischen Winterspiele 1936 belegten die deutschen Teilnehmer den zweiten Platz hinter Norwegen und bei den Sommerspielen 1936 in Berlin sogar den ersten Platz vor den USA. Die propagandistischen Effekte nach ‚innen‘ und ‚außen‘ beruhten auf sportlichen Erfolgen und einer erstmaligen systematischen Auswahl und Förderung von Athleten zur Vorbereitung auf die olympischen Wettkämpfe. Daraus gingen wesentliche Impulse für die Entwicklung der Trainingsmethodik und Trainingswissenschaft hervor.
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute
Die Rückkehr Deutschlands in die olympische Gemeinschaft nach dem zweiten Weltkrieg war von großen politischen Konflikten begleitet und war geprägt durch Phasen der ‚Restauration‘ im Westen, durch einen ‚radikalen Neubeginn‘ im Osten, durch den Einfluss der Besatzungsmächte, durch die Gründung von zwei deutschen Staaten 1949, durch den einsetzenden ‚Kalten Krieg‘. Literaten bezeichnen diesen ‚Krieg‘ -der nicht bloß ‚kalt‘ blieb- als den letzten ‚deutsch-deutschen Krieg‘ (vgl. C. Hein 2019). Die Besatzungsmacht der DDR -die Sowjetunion – nahm 1952 erstmalig, und verbunden mit einem Bruch ihrer bisherigen Sportpolitik, sehr erfolgreich an den Olympischen Spielen in Helsinki teil. Das beeinflusste die Sportentwicklung in der DDR erheblich.
Die Spaltung Deutschlands führte zunächst zu zwei unterschiedlichen Nationalen Olympischen Komitees, denen eine Entsendung von Sportlern erst bei den Olympischen Spielen im Jahr 1952 gestattet wurde. An den Spielen 1952 in Helsinki nahmen jedoch nur Sportler aus der BRD teil.
Nachdem über mehrere Olympiaden hinweg seitens des IOC nur eine gemeinsame deutsche Olympiamannschaft für die Spiele zugelassen wurde (1956; 1960; 1964) gingen ab den Olympischen Sommerspielen 1968 in Mexiko und bis zu den Olympischen Spiele in Seoul 1988 zwei deutsche Olympiamannschaften an den Start. Die Erfahrungen und Erfolge der DDR bei den Auswahlwettbewerben zur Bildung gesamtdeutscher Olympiamannschaften führten in der politischen Führung der DDR zu der Einsicht, dass der olympische Hochleistungssport ein hervorragendes Gebiet zur Gewinnung internationaler Anerkennung, zur Herausbildung einer nationalen DDR-Identität, zur Darstellung systemischer Leistungsfähigkeit des Sozialismus und zur Selbstbehauptung eines kleinen Landes gegenüber der BRD sein kann. Dieser – volkswirtschaftlich gesehen, preiswerte und gleichzeitig doch sehr teure Ansatz -wurde über zwei Jahrzehnte hinweg konsequent ausgebaut. Das Sportsystem der DDR wurde im globalen Maßstab sehr erfolgreich, wurde ‚bewundert‘, nachgeahmt und als modellhaftes Vorbild betrachtet. Vielleicht fand gerade weil dieses Teilsystem so erfolgreich war nach 1990 eine totale Delegitimation statt.
Nach der Wiedervereinigung im Jahr 1990 ging bei den Olympischen Spielen in Barcelona zum ersten Mal wieder eine gemeinsame deutsche Olympia- Mannschaft an den Start. Eine Mannschaft die scheinbar kumulierend an die Erfolge der ehemaligen DDR und der BRD bei Olympischen Spielen anknüpfen konnte. Diese hoffnungsvollen Erwartungen erfüllten sich jedoch nicht. Seit diesem Zeitpunkt ist es für Deutschland immer schwieriger geworden, sich gegenüber der internationalen Konkurrenz bei Olympischen Spielen zu behaupten und die einstmals herausragende Stellung unter den fünf stärksten Olympischen Nationen zu verteidigen. In den letzten Jahrzehnten ist eine ‚Abwärtsspirale‘ bezüglich der sportlichen Erfolge aber auch hinsichtlich der gesellschaftlichen Akzeptanz des Hochleistungssports in Deutschland zu erkennen. Gegenwärtig (2024) ist Deutschland bemüht im Medaillenspiegel noch einen Platz unter den ersten zehn Teilnehmernationen zu erreichen.
Herausragende Athleten und Leistungen
In den Jahren 1920, 1924 und 1948 durften deutsche Sportler nicht an Olympischen Spielen teilnehmen, da infolge des Ersten und Zweiten Weltkrieges Deutschland vom IOC ausgeschlossen bzw. noch nicht wieder aufgenommen worden war. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die olympische Tradition Deutschlands durch das in Bonn im September 1949 wiedergegründete und durch das IOC anerkannte NOK für Deutschland weitergeführt.
In der deutschen olympischen Geschichte traten zeitweise, bedingt durch die politischen Umstände nach dem Zweiten Weltkrieg, auch mehrere deutsche Mannschaften gleichzeitig an, das Saarland und die deutsche Mannschaften BRD 1952, gesamtdeutsche Mannschaften 1956, 1960 und 1964, die DDR und die BRD mit jeweils eigenen Mannschaften von1968 bis 1988. Auch nachdem 1968 die DDR mit eigener Mannschaft teilnehmen durfte, wurde die bundesdeutsche Mannschaft bis einschließlich 1976 weiterhin als Deutschland („GER“) geführt (bzw. in den Sprachen der gastgebenden Länder auch als „D“, „ALE“, „ALL“). Nur in den 1980er Jahren kam „FRG“ zum Einsatz. Im Widerspruch zu den tatsächlich verwendeten Bezeichnungen verwendet die Internetseite des IOC derzeit jedoch zwei zusätzliche Bezeichnungen für die Zeit von 1956 bis 1976;
- Die deutsche Mannschaft mit dem olympischen Länderkürzel „GER“ (bis 1952 und nach 1988) – 283 Goldmedaillen, 287 Silbermedaillen, 292 Bronzemedaillen
- Die gesamtdeutsche Mannschaft mit dem olympischen Länderkürzel „EUA“ (1956–1964) – 36 Goldmedaillen, 60 Silbermedaillen, 41 Bronzemedaillen
- Die Mannschaft der Bundesrepublik Deutschland mit dem olympischen Länderkürzel „FRG“ (1968–1988) – 67 Goldmedaillen, 82 Silbermedaillen, 94 Bronzemedaillen
- Die Mannschaft der Deutschen Demokratischen Republik mit dem olympischen Länderkürzel „GDR“ (1968–1988) – 192 Goldmedaillen, 165 Silbermedaillen, 162 Bronzemedaillen
- Die Mannschaft aus dem Saarland mit dem olympischen Länderkürzel „SAA“ (Sommer 1952) – keine Medaille.
1906 wird dabei nicht hinzugerechnet. 1952 wurde Deutschland nur durch bundesdeutsche Sportler vertreten. Die DDR boykottierte diese Spiele in Helsinki, weil sie mit einer eigenen Mannschaft antreten wollte. Die Spiele 1980 in Moskau wurden durch politischen Druck aus den USA durch die Bundesrepublik Deutschland boykottiert und in einer Art Revancheaktion erfolgte auf Druck der Sowjetunion ein Boykott der Spiele 1984 in Los Angeles durch die DDR und weiterer sozialistischer Staaten.
Deutschland hat im Laufe der Jahrzehnte viele herausragende Athleten hervorgebracht, die bei den Olympischen Spielen glänzten. Zu den bemerkenswertesten gehören Carl Schuhmann, der bei den ersten modernen Spielen 1896 vier Goldmedaillen gewann, und der legendäre Armin Hary, der 1964 in Rom über 100m für die damalige Bundesrepublik Deutschland die bei Sommerspielen wohl wichtigste Goldmedaille im Sprint gewann. Birgit Fischer ist eine der erfolgreichsten Olympionikinnen aller Zeiten und die erfolgreichste Kanutin in der Geschichte der Olympischen Spiele. Sie gewann insgesamt acht Goldmedaillen (und vier Silbermedaillen) in den Jahren 1980 bis 2004 bei sechs aufeinanderfolgenden Olympischen Spielen. Ihre Vielseitigkeit und Ausdauer im Kanusport haben sie zu einer Legende gemacht. Isabell Werth und Rainer Klimke sind mit mehr als sechs Goldmedaillen die erfolgreichsten Olympischen Dressurreiter. Robert Harting dominierte den Diskuswurf bei den Olympischen Spielen 2012 in London. Mit einem außergewöhnlichen Wurf im letzten Versuch sicherte er sich die Goldmedaille und feierte mit seiner charakteristischen Geste des „Harting Rings“ einen der eindrucksvollsten Siege in der Geschichte dieser Disziplin. Harting war auch bekannt für sein Engagement abseits des Sports und setzte sich – allerdings nicht immer ganz glaubwürdig – für einen sauberen Sport und Anti-Doping-Maßnahmen ein. Fabian Hambüchen gewann die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking, die Silbermedaille 2012 in London und bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro die Goldmedaille am Reck. Er war bekannt für seine technische Perfektion und seine Fähigkeit, unter Druck zu glänzen. Hambüchen hatte eine langjährige Karriere im Kunstturnen und war über viele Jahre eine herausragende Figur im deutschen Sport. Magdalena Neuner war eine der erfolgreichsten Biathletinnen Deutschlands und gewann bei den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver zwei Goldmedaillen (Einzel und Massenstart) sowie eine Silbermedaille (Verfolgung). Sie wurde für ihre außergewöhnliche Schießgenauigkeit und ihre Fähigkeit, unter Wettkampfdruck herausragende Leistungen zu erbringen, bewundert. Noch erfolgreicher waren die Biathleten Rico Groß und Sven Fischer, die jeweils vier Goldmedaillen gewonnen haben. Die erfolgreichsten Wintersportlerinnen waren jedoch Natalie Geisenberger mit sechs Goldmedaillen im Rodeln und Claudia Pechstein mit fünf Goldmedaillen im Eisschnelllauf.
Aus Anlass der ersten olympischen Spiele in Deutschland soll aber auch nochmals an die besonders herausragenden Momente, Leistungen und Erfolge von Jesse Owens bei den Spiele 1936 in Berlin erinnert werden. Owens, der für die USA antrat, präsentierte seine Leistung – vier Goldmedaillen im Sprint und Weitsprung – vor den Augen des nationalsozialistischen Regimes und wurde dadurch zu einem Symbol für die Überlegenheit des sportlichen Geistes über politische Ideologien. Seine Freundschaftsgesten gemeinsam mit seinem deutschen Freund und Gegner Lutz Long haben in Zeiten eines zunehmenden Rassismus, wie weltweit wieder zu beobachten ist, eine herausragende Bedeutung.
Mit den Erfolgen deutscher Turner, Leichtathleten, Schwimmer, Skiläufern und Biathleten bis hin zu den Erfolgen in Mannschaftssportarten wie Fußball, Handball, Basketball und vor allem Hockey haben deutsche Athleten und Athletinnen immer wieder Medaillen für ihr Land und Anerkennung für ihre sportliche Exzellenz erreichen können.
Deutschland hat in den letzten 125 Jahren bei den Olympischen Spielen eine Vielzahl an Goldmedaillen gewonnen, sowohl bei den Sommer- als auch bei den Winterspielen. Eine vollständige Auflistung aller Goldmedaillengewinner wäre zu umfangreich, daher sollen nur einige herausragende Athleten und Athletinnen und deren Erfolge aus verschiedenen Epochen herausgestellt werden.
1920er Jahre
Lina Radke (1928, Amsterdam): Gold im 800 Meter Lauf
1950er Jahre
Heinz Fütterer (1956, Melbourne): Gold in der 4×100 Meter Staffel
1970er Jahre
Rosi Mittermaier (1976, Innsbruck): Gold im Slalom und Abfahrtslauf
Ulrich Wehling (1972, Sapporo): Gold in der Nordischen Kombination
Klaus Wolfermann (1972, München): Gold im Speerwurf
1980er Jahre
Michael Groß (1984, Los Angeles): Mehrere Goldmedaillen im Schwimmen (200 Meter Freistil, 100 Meter Schmetterling)
Katarina Witt (1984, Sarajevo und 1988, Calgary, jeweils Gold im Eiskunstlauf
1990er Jahre
Birgit Fischer (1992, Barcelona): Gold im Kajak-Einer (K1) und Kajak-Zweier (K2)
Markus Wasmeier (1994, Lillehammer): Gold im Super-G und Riesenslalom
2000er Jahre
Britta Steffen (2008, Peking): Gold im 50 Meter und 100 Meter Freistil Schwimmen
Claudia Pechstein (2002, Salt Lake City): Gold im 3000 Meter und 5000 Meter Eisschnelllauf
2010er Jahre
Maria Höfl-Riesch (2010, Vancouver): Gold in der Abfahrt und Kombination.
Deutschland bei den Winterspielen
Deutschland hat auch bei Olympischen Winterspielen sehr viel mehr Erfolge als bei Sommerspielen erzielt und gehört noch bis heute zu der drei führenden Olympischen Wintersportnationen. Besonders erwähnenswert ist die Dominanz im Rodeln und Bobfahren sowie im Biathlon und Skispringen. Athleten wie Georg Hackl im Rodeln, die deutschen Bob- Teams und die Biathleten wie Magdalena Neuner und Laura Dahlmeier haben Deutschland auf internationaler Bühne äußerst erfolgreich vertreten.
Nach der erfolgreichen Rolle als Gastgeber der Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen hat Deutschland immer wieder die Absicht verfolgt zum zweiten Mal Olympische Winterspiele in Deutschland auszutragen. Die jüngste Bewerbung Deutschlands mit München und Garmisch-Partenkirchen ist 2012 an einem Volksentscheid der bayerischen Bevölkerung gescheitert, die sich gegen die Durchführung Olympischer Winterspiele in Deutschland ausgesprochen hat. Die Folgen des mittlerweile überall in der Welt zu beobachtenden Klimawandels, der vor allem auch zu einer Erwärmung der Alpen geführt hat, macht mittlerweile die Durchführung von Olympischen Winterspielen zu einem äußerst riskanten und schwierigen Unterfangen. Da die bayerischen Alpen von der Erwärmung und dem Klimawandel besonders betroffen sind, ist zu erwarten, dass die schon seit Jahrzehnten sich nach oben verschiebender Schneegrenze dazu führen wird, dass eine für einen längeren Zeitraum ausreichende Naturschneegrundlage in den bayerischen Alpen immer seltener vorhanden sein wird. Eine deutsche Bewerbung für zukünftige Olympische Winterspiele wird dadurch zu einer äußerst fraglichen Angelegenheit. Vermutlich werden Winterspiele nur noch in Höhenlagen um 2000 m mit einer gewissen Schneesicherheit durchführbar sein. Diese für zukünftige Olympische Winterspiele erforderlichen Bedingungen werden allerdings nur an ganz wenigen hochgelegenen Orten auf der Welt zur Verfügung stehen.
Deutsche Beiträge zur Entwicklung des modernen Olympismus
Das IOC wurde in Paris ins Leben gerufen, und seine Gründung legte den Grundstein für die Wiederbelebung der Olympischen Spiele in der modernen Zeit. Neben dem Ideengeber, dem Franzosen Pierre de Coubertin, muss aber auch Deutschland als eine der Nationen genannt werden, die die Gründung des IOC im Jahr 1894 von Beginn an tatkräftig unterstützt haben und das bei dem ersten Olympischen Spielen der Neuzeit eine deutsche Olympiamannschaft erfolgreich teilgenommen hat.
Willibald Gebhardt gehörte dem Gründungsvorstand der ersten Olympischen Spiele der Moderne an und war IOC- Mitglied von 1896 bis 1909. Willibald Gebhardt gilt als Begründer der olympischen Bewegung in Deutschland. Für die Olympischen Spiele 1896 in Athen, 1900 in Paris und 1904 in St. Louis errichtete er gegen den Widerstand in der deutschen Turnerschaft „Komitees“, um die Teilnahme deutscher Sportler an diesen Spielen zu ermöglichen. Er war gleichsam „Chef de Mission“ der ersten deutschen Olympiamannschaften. Bei den Zwischenspielen 1906 in Athen gehörte Gebhardt ebenfalls zur deutschen Olympiadelegation. Der „deutsche Coubertin“ gründete im März 1904 das erste ständige Nationale Olympische Komitee, den Deutschen Reichsausschuss für Olympische Spiele (DRAfOS), dessen erster Geschäftsführer er wurde. 1897 war der Fechter Gründungsmitglied des ersten deutschen Fechterbundes gewesen. Willibald Gebhardt starb 1921 nach einem ungeklärten Verkehrsunfall. Seine Impulse und Leistungen waren lange Zeit in Vergessenheit geraten. Eine Anerkennung erfolgte erst mehr als 70 Jahre nach seinem Tod durch die Einrichtung nach ihm benannter Institutionen zur Förderung von Erziehung und Werten im Sport.
Danach spielte vor allem Carl Diem als wohl wichtigster deutscher Olympischer Funktionär in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine zentrale Rolle. Er war Sportfunktionär, Sportpädagoge und Sportpolitiker gleichermaßen. Sein Leben war ausgerichtet auf die Olympischen Spiele in Berlin 1936. Er war maßgeblich an der Organisation der Spiele beteiligt, die sowohl für Deutschland als auch für die Geschichte der Spiele insgesamt von großer Bedeutung waren. Diem setzte sich auch für die Einführung des Olympischen Fackellaufs ein, der zu einem symbolträchtigen Teil der Olympischen Tradition wurde. Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges spielte Diem als Rektor der Deutschen Sporthochschule eine zentrale Rolle für die weitere Entwicklung des Olympismus in Deutschland. In den Folgejahren wurde seine Rolle im Dritten Reich überwiegend kritisch diskutiert. Es entwickelte sich ein „Historikerstreik“, wobei seine Position als „nationalsozialistischer Sportführer“ unter dem Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten bis in diese Tage hinein kritisch zur Diskussion gestellt wird.
Willi Daume war von 1972 bis 1991 Präsident des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland. Er spielte eine entscheidende Rolle bei der Organisation der Olympischen Spiele von München 1972, die durch das tragische Attentat auf die israelische Mannschaft überschattet wurden. Daume war auch Mitglied des Exekutivkomitees des IOC und arbeitete aktiv an der Förderung des Sports und der weltweiten Verbreitung der Olympischen Bewegung mit. Die von ihm als junger Sportler vor allem beim Handballspiel gemachten Erfahrungen,sein Wirken in den deutschen und internationalen Sportorganisationen und die besonderen Olympischen Spiele 1972 wurden zu seinem Lebenswerk. Er trug mit bemerkenswerten Schriften zur Weiterentwicklung der Philosophie des modernen Olympismus bei. Bei seinem selbstlosen Engagement für deutsche Spiele mit einem weltoffenen Gesicht, mit einer eigenen Ästhetik und mit einer außergewöhnlichen Gastfreundschaft vernachlässigte er seinen beruflichen Werdegang als Unternehmer.
Willi Daume war ein Visionär und Macher, der vieles vorgedacht und auf den Weg gebracht hat. Ohne ihn und seine spezifische Persönlichkeit, namentlich sein Faible für Kunst, Kultur und Wissenschaft, wäre es womöglich nie zur Gründung eines „Olympischen Instituts“ und damit einer späteren „Deutschen Olympischen Akademie“(DOA) gekommen.Der Sport war sein Leben. Ist von Willi Daume die Rede, verbindet sich sein Name fast wie von selbst mit der Sache, für die er stand. Er bewährte sich in beinahe allen Führungspositionen, die der organisierte Sport in der Bundesrepublik zu bieten hatte, wobei er stets zwei, meist mehrere hochkarätige Aufgaben gleichzeitig wahrnahm.
Willy Daume wurde am 24. Mai 1913 in Hückeswagen geboren. 1921 wird er Mitglied im Turn- und Sportverein Eintracht Dortmund. Erste „olympische Erfahrungen“ sammelt er 1928, als er mit seinem Vater die Olympischen Spiele in Amsterdam besucht. 1932 reist er auf eigene Faust zu den Spielen nach Los Angeles. Er ist vielseitig sportlich aktiv, unter anderem als Leichtathlet sowie als Torwart im Handball. 1936 nimmt er als Mitglied der deutschen Basketball-Mannschaft an den Spielen in Berlin teil. Von 1932 bis 1938 studiert er Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft und Jura in Leipzig. Nach dem Tod des Vaters übernimmt er die Führung der elterlichen Eisengießerei in Dortmund. Von 1938 bis 1940 muss er seinen Militärdienst in Oberschlesien und Polen leisten. 1945 wird er noch einmal zum Volkssturm eingezogen.
Seine Karriere als Sportfunktionär beginnt er Anfang der vierziger Jahre als Jugendwart und Vorsitzender der Handballabteilung von Eintracht Dortmund. 1944 wird er Gaufachwart für Handball in Westfalen. 1947 übernimmt er den Vorsitz des Westdeutschen Handballverbandes, bevor er zwei Jahre später zum Gründungspräsidenten des Deutschen Handball-Bundes aufsteigt. Dieses Amt übt er bis 1955 aus, um dann zum Ehrenpräsidenten ernannt zu werden.
1949 wird er der erste Schatzmeister des NOK für Deutschland. Im Dezember 1950 – Willi Daume ist 37 Jahre alt – wählt man ihn an die Spitze des neu gegründeten Deutschen Sportbundes (DSB), dessen Präsident er zwei Jahrzehnte bleibt.1961 übernimmt er in Personalunion auch die Führungsposition im NOK, die er bis 1992 ausübt. In dieser langen Zeit zeichnen Daume herausragende Leistungen und Erfolge aus, von denen hier nur ganz wenige hervorgehoben werden sollen: Die Bewerbung Münchens um die Olympischen Spiele 1972 geht auf seine Idee und Initiative zurück. Als Präsident des Organisationskomitees gestaltet er „heitere Spiele“ im Sinne eines „Gesamtkunstwerkes“, so dass ihn der brutale Terroranschlag auf die israelische Mannschaft umso härter treffen muss.
Seine vielleicht größte Niederlage erleidet er im Mai 1980, als sich das NOK entgegen Daumes ausdrücklicher Empfehlung dem politischen Druck beugt und für einen Boykott der Spiele in Moskau votiert. Damit hat er keine Chance mehr auf die Spitzenposition im Internationalen Olympischen Komitee (IOC), als dessen Vizepräsident er von 1972 bis 1976 fungierte. Statt seiner wird Juan Antonio Samaranch gewählt. 1981 steht er als Organisator des Olympischen Kongresses in Baden-Baden im Blickpunkt. Zu dessen wichtigen Weichenstellungen zählt vor allem die Öffnung der Spiele für professionelle Athletinnen und Athleten. An dieser Entwicklung hat Daume auch als Vorsitzender der Zulassungskommission des IOC (von 1976 bis 1991) ganz entscheidenden Anteil. 1991 scheidet Daume aus dem IOC aus und wird Ehrenmitglied. Ein Jahr später erhält er den Olympischen Orden in Gold. In Nachfolge von Josef Neckermann war Daume in den „Wendejahren“ von 1989-1991 auch Vorsitzender der von ihm 1966 angeregten „Stiftung Deutsche Sporthilfe“. Seit Anfang der achtziger Jahre engagiert sich Daume für die Gründung eines Deutschen Olympischen Instituts (DOI). Dessen Eröffnung am Kleinen Wannsee in Berlin erlebt er am 24. Mai 1993. Es ist sein achtzigster Geburtstag. Am 20. Mai 1996 stirbt Willi Daume in München. Seine Beisetzung erfolgt in Dortmund
Bertholt Beitz war ein einflussreicher deutscher Industriemanager und Philanthrop. Seine Verbindung zum IOC war durch seine Rolle als Vorsitzender des Lenkungsausschusses des Deutschen Sportbundes (DSB) geprägt, bevor er später als Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) für Deutschland zu einem langjährigen IOC- Mitglied ernannt wurde. Beitz war begeisterter Segler und Ruderer. Für die Olympischen Spiele 1972 in München leitete er im Organisationskomitee den Segelsportausschuss. 1972 begann auch seine Karriere als Sportfunktionär: Beitz wurde Mitglied im Nationalen und Internationalen Olympischen Komitee (IOC), dessen Vizepräsident er von 1984 bis 1988 war. Er engagierte sich für den wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Austausch mit der Sowjetunion. Gegen den Boykott der Spiele 1980 protestierte er vergebens, doch als es 1988 darum ging, UdSSR und DDR von einem erneuten Olympiaboykott abzubringen, verhandelte Beitz lange und erfolgreich im Sinne der olympischen Idee. Das IOC ernannte ihn 1988 zum Ehrenmitglied auf Lebenszeit. Zusammen mit seiner Frau Else rettete er während des 2. Weltkriegs als junger Öl-Manager in Polen Hunderte jüdischer Zwangsarbeiter aus den Deportationszügen, indem er sie als unentbehrlich für die Industrie einstufte. Beitz sprach jahrzehntelang nicht über diese Rettungstaten. Sie wurden erst 1973 bekannt, als ihn die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem zum „Gerechten unter den Völkern“ erklärte – eine Auszeichnung, die 2006 auch seine Frau erhielt. Nach dem Krieg wurde Beitz einer der einflussreichsten Männer der deutschen Wirtschaft. Als Generalbevollmächtigter des Krupp-Konzerns gestaltete er den Wiederaufstieg des Großunternehmens. Die Krupp-Stiftung schüttete unter seiner Leitung über 600 Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke aus wurde dabei auch viele Entwicklungshilfe Projekte, insbesondere in Südamerika zu Gunsten der Sport Entwicklung.
Dr.Thomas Bach ist ein ehemaliger deutscher Fechter und Olympiasieger, der eine bemerkenswerte Karriere im Sport und in der Sportverwaltung hinter sich hat. 1991 wurde er in das IOC berufen, in dem Dr. Bach verschiedene Positionen inne hatte, bevor er 2013 zum Präsidenten des IOC gewählt wurde. Bach war über mehrere Jahre der Vorsitzende der IOC Athleten Kommission und es gibt aus meiner keinen anderen Funktionär, dem ich selbst in meiner jahrzehntelangen Funktionärskarriere begegnet bin, der sich mehr um die Belange der Athletinnen und Athleten gekümmert hat und dem die Nähe zu den Athleten das wichtigste ist. Vor dem Hintergrund seiner eigenen Erfahrungen als Olympiasieger kennt keiner die Belange der Athleten so gut wie Bach. Umso ärgerlicher ist es, dass er als IOC-Präsident ausgerechnet auf diesem Gebiet sich ständig mit einer von den Medien angefeuerten kenntnislosen Kritik und der Kritik eines – mit olympischen Belangen völlig unerfahrenen – „Athletensprechers“ aus Deutschland und dessen Organisation auseinander zu setzen hat.
Als IOC-Präsident hat Bach sich für die Reform und Weiterentwicklung der Olympischen Bewegung eingesetzt, insbesondere durch Initiativen zur Förderung von Ethik, Nachhaltigkeit und Inklusion im Sport. Zu seinen Verdiensten zählt auch die paritätische Beteiligung von Frauen und Männern sowohl in der Führung im IOC als auch auf Seiten der Athletinnen und Athleten bei Olympischen Spielen. Die Modernisierung des Olympischen Programms ist seine wichtigste Herausforderung. Sie hat sich spätestens bei den Spielen in Los Angeles 2028 zu bewähren. Den dafür notwendigen finanziellen Hintergrund hat Bach durch seine Erfolge im Bereich der Finanzierung zukünftiger Olympischer Spiele ermöglicht. Die finanzielle Zukunft der Olympischen Spiele ist dank der abgeschlossenen Kooperationen mit Sponsoren und Medienunternehmen langfristig gesichert. Thomas Bachs Führungsrolle im IOC hat zu mehreren wichtigen Entscheidungen geführt, darunter die Modernisierung des Bewerbungsverfahren der Olympischen Spiele durch seine Agenda 2020 und 2020+5 und der organisatorischen Bedingungen zukünftiger Olympischer Spiele. Unter seiner Führung ist es dem IOC gelungen, seine – durch Führungsschwäche und durch mehrere, von IOC Mitgliedern verursachten Korruptionsfälle – lang anhaltende und gravierende Krise zu überwinden und mit den neu eingeführten Compliance-Regeln und einer engagierten Ethikkommission den Weg in eine bessere IOC-Zukunft zu eröffnen.
Als weitere ehemalige und aktuelle IOC-Mitglieder können noch Walter Tröger, Michael Mronz und verschiedene deutsche Mitglieder der IOC- Athleten Kommission erwähnt werden, die in zeitlich begrenzten Amtszeiten die Interessen der Athletenschaft vertreten haben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass deutsche IOC-Mitglieder im Laufe der Zeit verschiedene wichtige Rollen gespielt haben, angefangen von der Gründung und Organisation der Olympischen Spiele bis hin zur Förderung von Bildung, Entwicklung und Frieden durch den Sport. Ihre Beiträge haben die Olympische Bewegung geprägt und zur Entwicklung der Spiele in der modernen Ära beigetragen.
Die Deutsche Olympische Akademie
Die Deutsche Olympische Akademie Willi Daume (DOA) ist hervorgegangen aus dem Deutschen Olympischen Institut (DOI) und dessen Erweiterung um den Aufgabenbereich des Kuratoriums Olympische Akademie und Olympische Erziehung des vormaligen NOK für Deutschland. Ihre Gründung wurde mit einem Festakt am 4. Mai 2007 im Goethe-Haus der Stadt Frankfurt am Main vollzogen.
Die DOA ist der Förderung des Sports in seinen unterschiedlichen Ausprägungen und insbesondere der Olympischen Idee verpflichtet.
So beschäftigt sie sich mit Sinn- und Grundsatzfragen der Olympischen Bewegung und ihren vielfältigen historischen, politischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Aspekten und verfolgt dabei ebenso einen wissenschaftlichen Anspruch wie das Ziel einer breiten öffentlichen Wirkung.
Zu den Aufgaben der DOA zählen die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen und Bildungsangeboten, die Erarbeitung von Stellungnahmen zu aktuellen und übergreifenden Fragen des olympischen Sports, Maßnahmen und Projekte zur Olympischen Erziehung, die Entwicklung von Arbeitsmaterialien für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler, die Herausgabe von Publikationen, die Beratung des DOSB und anderer Organisationen sowie der Mitglieder der DOA und die Realisierung von Ausstellungen und Wettbewerben. Der Olympique Day, der Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ und das olympische Jugendlager sind weitere Aufgabengebiete der DOA.
Deutschland als Gastgeber
Deutschland hat bis heute – trotz seiner großartigen olympischen Vergangenheit – nur dreimal die Ehre gehabt, die Olympischen Spiele auszurichten. Die Spiele von 1936 in Berlin, obwohl politisch umstritten, stellten einen Meilenstein in der Geschichte der Spiele dar. Die Winterspiele im gleichen Jahr in Garmisch-Partenkirchen gehören zu den am besten organisierten Winterspielen ihrer Zeit und wurden von herausragenden Leistungen der teilnehmenden Athletinnen und Athleten geprägt.
Die Spiele von 1972 in München wurden durch das tragische Attentat überschattet, bleiben aber auch wegen ihrer organisatorischen Leistung, ihrer außergewöhnlich gekonnten ästhetischen Gestaltung und den bewundernswerten sportlichen Leistungen und Erfolgen in nachhaltiger Erinnerung.
Diese Erfolge zeigen die Vielfalt und Stärke des deutschen Sports bei den Olympischen Spielen über verschiedene Disziplinen und Jahrzehnte hinweg. Sie spiegeln auch die Bedeutung wider, die der Sport in der deutschen Gesellschaft und Kultur hat, indem er olympische Werte wie Fair Play, Respekt und Solidarität fördert.
Deutsche Architekten und olympische Sportstätten
Die Architektur der Olympiabauten spielt eine wesentliche Rolle bei den Olympischen Spielen, indem sie die Identität der Gastgeberstadt und die Innovationskraft im Bereich der Baukunst widerspiegelt. Hierbei sind einige der bedeutendsten ikonischen Olympiabauten zu erwähnen,die in den vergangenen 120 Jahren von deutschen Architekten geplant und gebaut wurden:
Olympische Sommerspiele 1936 in Berlin
Olympiastadion Berlin
Architekt: Werner March
Das Olympiastadion ist das zentrale Bauwerk der Spiele 1936 und ein Beispiel für die monumentale Architektur der NS-Zeit. Es fasst bis zu 110.000 Zuschauer und wurde für Leichtathletikwettbewerbe und die Eröffnungs- und Schlussfeier genutzt.
Olympisches Dorf 1936, Dallgow-Döberitz (Elstal)
Architekten: Werner March und Walter March
Das Olympische Dorf diente der Unterbringung der Athleten und umfasste verschiedene Wohngebäude, ein Gemeinschaftshaus und Sporteinrichtungen. Es liegt westlich von Berlin.
Reichssportfeld 1936
Architekt: Werner March
Das Reichssportfeld umfasst das Olympiastadion, das Olympische Schwimmstadion, das Maifeld und andere Sporteinrichtungen. Es war das Zentrum der sportlichen Aktivitäten der Olympischen Spiele 1936.
Olympisches Schwimmstadion 1936
Architekt: Werner March
Das Olympische Schwimmstadion, ebenfalls Teil des Reichssportfeldes, bot Platz für 18.000 Zuschauer und wurde für Schwimmwettbewerbe, Wasserspringen und Wasserball genutzt.
Olympische Sommerspiele 1972 in München
Olympiapark München
Architekten: Günter Behnisch und Frei Otto
Der Olympiapark umfasst mehrere ikonische Bauten, die durch ihre innovative Zeltarchitektur und Leichtbauweise bekannt sind. Zu den Hauptbauwerken gehören:
Olympiastadion München
Das Stadion, bekannt für sein Zeltdach, bot Platz für Leichtathletikwettbewerbe und Fußballspiele. Es fasst rund 69.000 Zuschauer.
Olympiahalle 1972
Eine multifunktionale Halle für verschiedene Veranstaltungen, einschließlich Turnen und Handball, mit einer Kapazität von ca. 12.000 Zuschauern.
Olympiaturm 1972
Ein 291 Meter hoher Fernsehturm, der neben seiner technischen Funktion auch als Wahrzeichen des Olympiaparks dient und eine Aussichtsplattform bietet.
Olympisches Schwimmstadion 1972
Diese Anlage umfasst Schwimmbecken und Sprunganlagen und bot Platz für Schwimmwettbewerbe.
Deutsche Architekten waren nicht nur für den Bau deutscher olympischer Anlagen verantwortlich. Sie wurden auch im Ausland mit dem Bau olympischer Bauten beauftragt. Neben dem Berliner Olympiastadion hat Werner March auch das Olympiastadion in Kairo gebaut. Das Architekturbüro Kohlbecker aus Gaggenau im Schwarzwald bekam 20 elften Zuschlag für den Bau der Olympischen Schanze im russischen Sotschi. Die Architekten Fichtner GmbH & Co. KG (ein deutsches Ingenieurbüro) bauten aus Anlass der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang das Alpensia Sliding Center. Das Sliding Center wurde für Bob-, Rodel- und Skeleton-Wettbewerbe genutzt und zeichnet sich durch seine moderne Konstruktion aus.
Diese Olympiabauten, die von deutschen Architekten entworfen wurden, repräsentieren verschiedene Stile und Epochen, von der monumentalen Architektur der 1930er Jahre bis zu den innovativen, leichten Strukturen der 1970er und den modernen Anlagen der jüngeren Vergangenheit. Die hier genannten Architekten und ihre Werke haben maßgeblich zur kulturellen und architektonischen Bedeutung der Olympischen Spiele beigetragen und bleibende Wahrzeichen geschaffen.
Auch seit der Fußball- WM 2006 sind deutsche Architektenteams weltweit gefragt: RKW und HPP aus Düsseldorf, Schulitz aus Braunschweig, allen voran aber von Gerkan, Marg und Partner (gmp) Hamburg/Berlin/Aachen, die inzwischen als Marktführer gelten. Weit über 60 Stadien haben sie entworfen, zwei Dutzend sind realisiert oder im Bau, ob in Europa, Afrika, Nahost, China oder Südamerika. Und meist sind es dann die funktionalsten, elegantesten und schönsten Arenen, mit denen sich die Städte schmücken können. Fragt man nach den Gründen, so geraten immer die besonderen Tragwerke ins Blickfeld. Die entstehen bei gmp meist in Zusammenarbeit mit den Ingenieuren Schlaich, Bergermann und Partner aus Stuttgart. Als Tandem haben sie Standards gesetzt. Ihre Seiltragwerke, mit denen sie die größeren Stadien überspannen, „betören“ durch ihre Fragilität und Leichtigkeit und sind an Materialeffizienz kaum zu übertreffen.
Technologische und organisatorische Innovationen
Deutschland hat auch in technischer und organisatorischer Hinsicht bedeutende Beiträge zu den Olympischen Spielen geleistet. Die Olympischen Spiele 1936 in Berlin waren die ersten, die im Fernsehen übertragen wurden, was die Art und Weise der Berichterstattung revolutionierte. Die Spiele 1972 in München setzten neue Standards in Bezug auf Infrastruktur, Sicherheit und Medienberichterstattung. Die Einführung des ersten offiziellen olympischen Maskottchens „Waldi“, und die Nutzung moderner Computertechnologie zur Ergebnisverarbeitung waren wegweisend. Das Moderne Stadiondesign und der Olympiapark in München, entworfen von den Architekten Behnisch, Frei Ottound Auer, gelten als Meilenstein in der Architektur von Sportstätten, gleiches gilt für das Olympia Design und für die wegweisenden Piktogramme von Otl Aicher.
Die Rolle des Sports in der deutschen Gesellschaft
In Deutschland hat der Sport eine lange Tradition und eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Die systematische Leibeserziehung wurde von den Philanthropinen in Deutschland erfunden (GutsMuths in Schnepfenthal/Thüringen). Jahn`s Turnen wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts schul-und unterrichtsfähig. Und in den 20 er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden an den deutschen Universitäten ‚Institute für Leibesübungen‘ (IfL) zur Absicherung des Studentensports und zur Ausbildung von ‚Turnphilologen‘ eingerichtet. Die Leibesübungen und der Sport wurden in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts in den deutschen Universitäten ‚wissenschaftsfähig‘ in Lehre und Forschung. Der Sport dient nicht nur der körperlichen Ertüchtigung, sondern auch der Förderung von Werten wie Fairness, Teamgeist und dem internationalen Austausch. Die Olympischen Spiele spiegeln diese Werte wider und Deutschland hat durch seine Teilnahme und Organisation dieser Spiele dazu beigetragen, diese Ideale weltweit zu verbreiten.
Politische Instrumentalisierung und Widerstände
Die Olympischen Spiele wurden immer wieder auch für politische Zwecke instrumentalisiert. Dies zeigt sich besonders deutlich an den Spielen von 1936 in Berlin und in Garmisch- Partenkirchen, die vom nationalsozialistischen Regime zur Selbstdarstellung genutzt wurden. Die Spiele 1972 in München wurden von einem tragischen Terroranschlag überschattet, der die politische Dimension der Spiele erneut in den Vordergrund rückte. Dennoch hat Deutschland auch gezeigt, wie die Spiele zur Überwindung politischer Barrieren beitragen können. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der deutschen Teilung nahmen beide deutsche Staaten (BRD und DDR) ab den 1960er Jahren separat an den Spielen teil. Dies bot eine Plattform für sportliche Höchstleistungen, für systemische Auseinandersetzungen und einen indirekten Dialog zwischen den beiden deutschen Staaten.
Nachhaltigkeit und Zukunftsperspektiven
Ein weiteres wichtiges Thema, das Deutschland in den Fokus der Olympischen Spiele gerückt hat, ist die Nachhaltigkeit. Die geplanten Winterspiele 2022 in München, obwohl letztlich nicht realisiert, waren ein Beispiel für die Bemühungen, umweltfreundliche und nachhaltige Spiele zu planen. Diese Initiativen zeigen Deutschlands Engagement für die Zukunft der Olympischen Bewegung und die Bewältigung globaler Herausforderungen wie die des Klimawandels.
Der deutsche Beitrag zu Ethik und Governance im Sport
Deutsche IOC-Mitglieder haben auch zur Stärkung der ethischen Standards und zur Förderung der „Good Governance“ im Sport beigetragen. Durch ihre Teilnahme an Komitees, Ausschüssen und Entscheidungsgremien haben sie zur Entwicklung von Richtlinien und Regulierungen beigetragen, die die Integrität und Fairness im internationalen Sport sicherstellen sollen.
Beiträge zur Paralympics-Bewegung
Deutschland war auch maßgeblich an der Entwicklung der Paralympischen Spiele beteiligt. Die ersten Paralympischen Spiele fanden 1960 in Rom statt, aber der Vorläufer dieser Spiele, die Stoke Mandeville Games, wurden maßgeblich durch den deutschstämmigen Neurologen Sir Ludwig Guttmann ins Leben gerufen.
Der Beitrag der DDR
Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) – der zweite deutsche Staat in der Zeit von 1949 bis 1990 – hatte ohne Zweifel eine große Bedeutung für die Entwicklung des olympischen Sports und die modernen Olympischen Spiele. Die Bedeutung ist dabei in erster Linie auf die herausragenden Erfolge von Athletinnen und Athleten zurückzuführen. Die Erfolge beruhten auf einer systematischen Sichtung und Förderung sportlicher Talente in den olympischen Sportarten, auf die sich die DDR konzentrierte.
Große internationale Anerkennung in der Zeit während der Existenz der DDR – und auch danach – fand die wissenschaftlich fundierte und auf berufliche Könnerschaft ausgerichtete Ausbildung von Sportlehrkräften, von Übungsleitern und Trainern.
Der Schulsport in der DDR -der Sportunterricht in allen Schulformen und auf allen Klassenstufen, die an allen Schulen existierenden Schulsportgemeinschaften und die gut organisierten, mit dem Unterricht abgestimmten Schulsportwettbewerbe – war wissenschaftlich durch eine multidisziplinäre Schulsportforschung fundiert. Bewährungsanalysen zur Unterrichtsqualität und empirischen Untersuchungen zur ‚Physischen Entwicklung der jungen Generation‘ erlaubten eine faktenbasierte Steuerung des Schulsports. Die Einrichtung von ‚Schulschwimmzentren‘ und von ‚Schwimm-Lagern‘ in den Ferien, führten dazu, dass es praktisch keine Nichtschwimmer unter den Schulabsolventen gab.
Die berufsbezogene Sportlehrerbildung an den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen war auf pädagogisch-methodische Könnerschaft ausgerichtet. Turnusmäßig fanden verpflichtende Weiterbildungen für Sportlehrkräfte statt. Die Inhalte des Schulsports bestanden aus didaktisch aufbereiteten Schulsportarten. Die Denunzierung diese Inhaltlichkeit als ‚affirmatives Sportartenprogramm‘ ist schlicht falsch. Für die Ausbildung und Weiterbildung von Sportlehrkräften wurden didaktische Lernmaterialien für nahezu sämtliche olympischen Sportarten entwickelt, die auch international höchste Anerkennung gewinnen konnten. Das allgemeinbildende Schulsportsystem war nicht direkt – was häufig unterstellt wird – aber mittelbar mit dem Fördersystem des Leistungssports in der DDR verbunden. Eine wichtige Schnittstelle war das ‚ESA-System‘ (Einheitliche Sichtung und Auswahl). Vor allem Sportstudenten führten in den Schulen relativ einfache motorische Tests und anthropometrische Messungen durch, um sportliche Talente zu sichten.
Gleiches gilt für die Ausbildung von Sportjournalisten und für die Ausbildung von Sportmedizinern mit Facharzt-Status. Der Sportmedizinische Dienst (SMD) übernahm in allen Kreisen Beratungsfunktionen. Die DDR investierte erheblich in ihr Sportsystem, um international erfolgreich zu sein. Dies beinhaltete die systematische Förderung und das Training von Athleten von klein auf aber auch deren soziale Absicherung nach der Beendigung von Sport-Karrieren.
Das Land führte ein umfassendes Netzwerk von 25 Kinder-und Jugend-Sportschulen (KJS) für ca.10.000 Schüler ein und in nahezu allen Kreisen entstanden Trainingszentren (TZ) für die olympischen Fördersportarten. An diesen TZ trainierten regelmäßig ca. 70.000 Kinder unter professioneller Anleitung von gut ausgebildeten Diplomsportlehrern.
Die DDR war im Medaillenspiegel bei Olympischen Spielen sehr erfolgreich und etablierte sich als eine der führenden Sportnationen der Welt, obwohl sie in Bezug auf Größe und Bevölkerungszahl als ein kleines Land gelten konnte, umso mehr erreichten ihre großen Erfolge internationale Aufmerksamkeit.
Ein dunkles Kapitel der DDR-Sportgeschichte ist die systematische Anwendung von Dopingprogrammen. Die Sportfunktionäre der DDR setzten auf wissenschaftlich unterstütztes Doping, um die Leistungsfähigkeit ihrer Athleten zu steigern und damit die Medaillenausbeute zu maximieren. Dieses staatlich organisierte Dopingprogramm wurde teilweise auch ohne das Wissen der Athleten durchgeführt und hatte für viele von ihnen langfristige gesundheitliche Folgen. Das „Minderjährigen-Doping“ markiert einen ethischen, pädagogischen und staatsrechtlichen Tiefpunkt in dieser Entwicklung. Ähnliche Vorgänge in der BRD und im internationalen Vergleich entschuldigen diese anhaltenden, staatlich tolerierten Verstöße auch gegenüber DDR-Recht nicht.
Die DDR nutzte den Sport sehr gezielt und bewusst als ein politisches Instrument, um internationale Anerkennung und Prestige zu erlangen. Dies war besonders wichtig in der Zeit des Kalten Krieges. Die sportlichen Erfolge der DDR wurden in dieser Zeit als Beweis für die Überlegenheit des sozialistischen Systems präsentiert.
Dank der großen Erfolge ihrer Athleten und Athleten spielten DDR-Sportfunktionäre auch in vielen internationalen Sportorganisationen eine aktive und teilweise auch führende Rolle und trugen zur weiteren Entwicklung der Regeln fast alle olympischen Sportarten bei. Die DDR war auch bekannt für ihre fortschrittlichen Trainingsmethoden und ihre systematische Herangehensweise an die unterschiedlichsten Problemstellungen des Sports und deren Lösung.
Viele der von der DDR entwickelten Trainings- und Förderkonzepte beeinflussten später, und einige noch immer die Praktiken in mehreren Ländern Asiens, Afrikas und Südamerikas und trugen ganz wesentlich zu einer naturwissenschaftlichen und methodischen Professionalisierung des internationalen Sports bei.
Die DDR war in vieler Hinsicht eine Nation mit einer lebendigen sportlichen Alltagskultur. Der Sport spielte eine zentrale Rolle im gesellschaftlichen Leben. Der Staat nutzte den Sport, um die Bevölkerung zu mobilisieren und zu motivieren. Er förderte sehr gezielt auch den Breitensport und die Integration des Sports in das Bildungssystem, was eine breite Basis für die Identifikation der Bürger mit den Erfolgen der Spitzensportler schuf.
In der DDR gab es mehrere einflussreiche Sportfunktionäre, die eine bedeutende Rolle in der Olympischen Bewegung spielten. Zu den wichtigsten gehören:
Manfred Ewald, Präsident des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) von 1961 bis 1988, Chef des Nationalen Olympischen Komitees der DDR. Manfred Ewald war der bekannteste ‚Sportführer‘ der DDR, er war machtbewusst und durchsetzungsstark. Seine schillernde und widersprüchliche NS-Vergangenheit wurde zu DDR-Zeiten vollständig ‚beschwiegen‘. Durch die (fast) vorbehaltlose Unterstützung im Politbüro der SED wurde Ewald zu einer zentralen Figur im DDR-Sportsystem und hatte maßgeblichen Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Sports in der DDR. Ewalds rücksichtsloser Führungsstil und sein kompromissloses Engagement für den Spitzensport machten die DDR zu einer der erfolgreichsten Sportnationen der Welt. Die Grenzen seiner Macht wurden Ewald durch die Volksbildungsministerin der DDR -Margot Honecker- gezeigt. Ihr Veto verhinderte die Einrichtung von Spezial-Kindergärten und Grundschulen für die sogenannten ‚Frühsportarten‘ (z.B. Eiskunstlauf; Rhythmische Sportgymnastik) , die Einführung des von Ewald gewünschten ‚schulfreien Samstag‘ und beendete die Schulsportlehrer-Ausbildung an der DHfK in Leipzig zu Beginn der 70er Jahre. Die durch seine Alkoholkrankheit bedingten Verhaltensauffälligkeiten -auch im internationalen Sportverkehr – führten zu seiner vorzeitigen Amtsenthebung. Seine Nachfolger – Klaus Eichler und Martin Kilian – blieben im Vergleich zu M.Ewald ‚blasse‘ und machtlose Führungspersonen.
Manfred Ewald war einer der Hauptverantwortlichen für das gesamte, staatlich abgesicherte und sportmedizinisch gesteuerte Dopingprogramm im Hochleistungssport der DDR. Ewalds Unterstützung des ‚Minderjährigen-Dopings‘ in den Trainingszentren der Kinder-und Jugend Sportschulen (KJS) markiert einen kriminellen Tiefpunkt im Rahmen der internationalen betrügerischen Dopingpraktiken im Sport. Das ‚Minderjährigen-Doping‘ beinhaltet gravierende und fortgesetzte Verstöße gegen Gesetze der DDR: Seine Beteiligung am Dopingprogramm führte nach der Wende zu strafrechtlichen Verfolgungen und einer Verurteilung wegen Körperverletzung durch Doping.
Prof. Dr. Horst Röder, Chef de Mission der DDR- Delegationen bei den Sommer- und Winterspielen 1976, 1980 und 1988. Im Hauptberuf hatte er eine Professur für Theorie und Praxis des Trainings an der DHFK Leipzig inne. Als langjähriger Vizepräsident des DTSB war er mit verantwortlich für das staatlich verordnete Doping im DDR- Leistungssport.
Heinz Schöbel, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees der DDR 1955 – 1973, Mitglied des Präsidiums des DTSB, Mitglied des IOC 1966-1980. Ehrendoktor der DHFK Leipzig. Autor der Publikation: Olympia und seine Spiele. Berlin 1964.
Dr. Thomas Köhler, Vize- Präsident des DTSB. Er war nach seinem Doppelolympiasieg im Rodeln einer der hohen DDR- Sportfunktionäre. 1984 und 1988 war er bei den Olympischen Spielen in Sarajevo und Calgary Chef de Mission. Als DTSB- Funktionär war er vor allem für den Hochleistungssport verantwortlich. Nach der Wende war er der einzige hohe DDR-Funktionär der in seinem Buch „Zwei Seiten der Medaille“ das flächendeckende Dopingsystem der DDR gestand. Dies geschah seiner Ansicht nach mit dem Wissen der Athletinnen und Athleten und in das DDR- Dopingsystem waren auch Minderjährige eingebunden.
Rudi Hellmann, Abteilungsleiter Sport im ZK und NOK-Vizepräsident. Hellmann war verantwortlich für die Koordination der olympischen Aktivitäten und die Vertretung der DDR in internationalen Sportgremien. Er arbeitete vorrangig daran, die DDR international anzuerkennen und zu integrieren. Seine diplomatischen Fähigkeiten halfen der DDR, ihre sportpolitischen Ziele auf internationaler Bühne zu erreichen.
Günther Heinze, Vizepräsident des DTSB. Heinze war an der Planung und Umsetzung von Sportentwicklungsstrategien beteiligt und unterstützte die Integration wissenschaftlicher Methoden in den Trainingsprozess. Seine Arbeit trug zur hohen Effizienz und dem Erfolg des DDR-Sportsystems bei.
Dr. Lothar Kolditz, Sportwissenschaftler und Funktionär im DTSB.
Kolditz war ein führender Wissenschaftler im Bereich der Sportmedizin und Trainingswissenschaften und spielte eine zentrale Rolle in der Entwicklung des systematischen Trainingsprogramms der DDR.
Seine Forschung und Methodik beeinflussten maßgeblich die sportlichen Erfolge der DDR-Athleten.
Die DDR hatte zahlreiche erfolgreiche Athletinnen und Athleten, die bei den Olympischen Spielen herausragende Leistungen erbracht haben. Einige der bekanntesten und erfolgreichsten sollen hier erwähnt werden:
Gustaf Adolf Schur („Täve“). Täve Schur war mit Abstand der populärste Sportler der DDR. Er wurde allein neun Mal zum „Sportler des Jahres der DDR“ gewählt. Schur war der erste Deutsche Radsportler der 1958 Straßenweltmeister wurde und ein Jahr später seinen Titel verteidigen konnte. Eines der schwersten damaligen Radrennen, die „Friedensfahrt“ gewann Schur zum ersten Mal 195. Er holte sich später einen weiteren Gesamtsieg und erreichte neun Etappensiege. Seine Popularität ist nicht zuletzt auf seine Bescheidenheit und Hilfsbereitschaft zurückzuführen. Von 1998-2002 war Täve Schur Mitglied des Deutschen Bundestages. Sein Sohn Jan ist ebenfalls ein erfolgreicher Radsportler. Er wurde Olympiasieger im Mannschaftszeitfahren.
Helmut Recknagel. Helmut Recknagel aus Steinbach-Hallenberg in Thüringen war der erste deutsche Olympiasieger im Skispringen. Bei dein Winterspielen 1960 in Squaw Valley errang er die Goldmedaille und war Fahnenträger der der gesamtdeutschen Mannschaft. Recknagel gewann dreimal (1958,1962,1963) die prestigträchtige, deutsch-österreichische Vierschanzentournee.
Karin Janz (Turnen: Zwei Goldmedaillen, zwei Silbermedaillen und eine Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Bekannt für ihre exzellente Leistung am Stufenbarren und Sprung.
Kornelia Ender (Schwimmen): Vier Goldmedaillen und eine Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal. Setzte mehrere Weltrekorde und dominierte die Freistil- und Schmetterlingsdisziplinen.
Marita Koch (Leichtathletik): Goldmedaille im 400-Meter-Lauf bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau. Hielt lange Zeit den Weltrekord über 400 Meter und stellte mehrere weitere Weltrekorde auf.
Renate Stecher. Die Leichtathletin Renate Stecher lief als erste Frau die100Meter unter elf Sekunden. Sie wurde dreifache Olympiasiegerin, lief 17 Weltrekorde und wurde fünffache Europameisterin.
Uwe Hohn. Der Neuruppiner Uwe Hohn stellte 1984 in Berlin eine Speerwurf-Weltrekord mit 104 Metern auf. Das führte zu Regeländerungen beim Speerwurfgerät.
Karin Balzer (Leichtathletik): Goldmedaille im 80-Meter-Hürdenlauf bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio und eine Bronzemedaille im 100-Meter-Hürdenlauf bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Bekannt für ihre herausragende Technik und Geschwindigkeit.
Katarina Witt (Eiskunstlauf): Goldmedaillen bei den Olympischen Winterspielen 1984 in Sarajevo und 1988 in Calgary. Berühmtheit erlangte sie durch ihre künstlerischen und athletischen Leistungen auf dem Eis.
Klaus Köste (Turnen): Goldmedaille im Pferdsprung bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Bekannt für seine exzellente Technik und Eleganz in der Ausführung.
Waldemar Cierpinski (Leichtathletik, Marathon): Goldmedaillen im Marathonlauf bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal und 1980 in Moskau. Einer der wenigen Athleten, der zwei aufeinanderfolgende olympische Marathons gewann.
Udo Beyer (Leichtathletik, Kugelstoßen):
Goldmedaille im Kugelstoßen bei den Olympischen Spielen 1976 in Monteal. Hielt mehrere Weltrekorde und dominierte die Kugelstoß-Szene in den 1970er und 1980er Jahren.
Roland Matthes (Schwimmen):
Vier Goldmedaillen und zwei Silbermedaillen bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko-Stadt und 1972 in München. Bekannt als einer der besten Rückenschwimmer aller Zeiten, stellte zahlreiche Weltrekorde auf.
Diese Athletinnen und Athleten repräsentierten die DDR mit beeindruckenden Leistungen und trugen erheblich zur sportlichen Dominanz des Landes bei den Olympischen Spielen bei. Viele ihrer Rekorde und Erfolge blieben für Jahre oder Jahrzehnte bestehen, was ihre Bedeutung und ihren Einfluss auf den internationalen Sport unterstreicht.
Die genannten Funktionäre und deren Arbeit trugen ebenfalls dazu bei, die DDR zu einer der führenden Sportnationen der Welt zu machen. Ihr Einfluss reichte von der nationalen Sportpolitik bis hin zur internationalen Anerkennung und Integration der DDR in die olympische Bewegung. Jedoch bleibt ihre Rolle im systematischen Dopingprogramm ein umstrittenes und kritisches Kapitel der DDR-Sportgeschichte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die DDR mit ihren Athletinnen und Athleten und mit ihren Sportfunktionären in der Zeit von 1950 bis 1990 einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der modernen Olympischen Spiele hatte. Während die sportlichen und organisatorischen Erfolge bewundernswert waren, bleibt die systematische Anwendung von Doping eine stark kritisierte und kontroverse Praxis, die langfristige Auswirkungen auf die Wahrnehmung der DDR-Sportgeschichte hatte auch bis heute noch immer nicht überwunden ist.
Die Zukunft der deutschen Olympiabeteiligung
Deutschland kann auch in Zukunft eine bedeutende Rolle bei den Olympischen Spielen einnehmen. Mit einer starken Tradition im Wintersport und kontinuierlichen Erfolgen in den Sommerspielen so wie bei den Paralympics bleibt Deutschland ein führender Akteur in der olympischen Bewegung. Die fortlaufende Entwicklung von Talenten und die Investition in sportliche Infrastruktur und Ausbildung sichern Deutschlands Position in der internationalen Sportszene.
Die Bedeutung Deutschlands für die Entwicklung der modernen Olympischen Spiele war und ist vielfältig und tiefgreifend. Von historischen und politischen Einflüssen über herausragende sportliche Leistungen bis hin zu technologischen und organisatorischen Innovationen hat Deutschland maßgeblich zur Gestaltung der Olympischen Spiele beigetragen. Die Herausforderungen und Erfolge, die Deutschland in den letzten 100 Jahren erlebt hat, spiegeln die komplexe und oft widersprüchliche Natur der Olympischen Bewegung wider. Der Beitrag Deutschlands war und ist ein wesentlicher Bestandteil der olympischen Geschichte und ein Beispiel für die transformative Kraft des Sports.
Letzte Bearbeitung: 12. Juli 2024
¹ Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird gelegentlich auf „gendergerechte“ Sprachformen – männlich weiblich, divers – verzichtet. Bei allen Bezeichnungen, die personenbezogen sind, meint die gewählte Formulierung i.d.R. alle Geschlechter.