Wie könnte eine deutsche Bewerbung für die Ausrichtung von Olympischen Spielen in Deutschland noch gelingen?

von Helmut Digel

Vorbemerkungen

Meine Skepsis gegenüber den schon seit mehreren Jahren stattfindenden Bemühungen um eine deutsche Bewerbung für zukünftige Olympische Spiele in Deutschland habe ich bereits mehrfach ausgedrückt. Meine Auffassung, dass diese Spiele mehr denn je für Deutschland erwünscht sind, wird dadurch nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil: Nachdem ich den Modernen Olympismus und die Olympischen Spiele bereits über mehr als acht Jahrzehnte habe beobachten und studieren können und an vielen dieser Spiele in Australien, in Südamerika, in Asien, in den USA und vor allem in Europa anwesend sein durfte, ist mein Wunsch nach solchen Spielen in Deutschland größer denn je. Da ich sie angesichts meines hohen Alters selbst nicht mehr erleben werde, möchte ich jedoch in meinen mir noch verbleibenden Lebensjahren alles dafür tun, dass dieser Wunsch doch noch in Erfüllung geht. Deshalb habe ich mich entschieden, mich mit diesem Essay noch einmal an die Verantwortlichen in Politik und Sport zu wenden, um die Erfüllung dieses Wunsches möglich zu machen.

Deutschland kann gemeinsam mit seinem (früheren) NOK durchaus stolz sein, was es in der Vergangenheit für die Entwicklung des modernen Olympismus und der Olympischen Spiele geleistet hat. Zu erwähnen sind Persönlichkeiten wie Willibald Gebhardt, Carl Diem, Willi Daume, Berthold Beitz und in jüngster Zeit Thomas Bach. Die Deutschen haben sich um die Olympische Bewegung zweifelsfrei verdient gemacht. Aber dieser Bonus zählt nicht für alle Zeiten. Wir hatten dreimal – 1916, 1936 und 1972 – unsere Chance, Spiele auszurichten. Doch wir haben diese Chance mit der Ausnahme der Spiele 1972 in München und Kiel teilweise nur sehr unzureichend bzw. gar nicht genutzt. Mit dieser Geschichte müssen wir leben, was meiner Ansicht nach auch heißt, dass wir Deutsche uns von der Illusion trennen sollten, der alleinige „Organisations-Weltmeister“ zu sein. Andere Nationen können auch etwas, und die Olympia-Bewerbung ist nun einmal ein weltweiter Wettbewerb, bei dem man sich hintenanstellen muss. Angesichts unserer widersprüchlichen Vergangenheit wäre somit Bescheidenheit zu empfehlen, wenn wir uns um Olympische Spiele bewerben wollen.

Vieles spricht grundsätzlich gegen eine deutsche Bewerbung um Olympische Spiele

Erschwerend kommt hinzu, dass Deutschland seit der Coronakrise und mit Beginn des russischen Terrorangriffs auf die Ukraine sich in einer Situation befindet, die eine Bewerbung um Olympische Spiele aus mehreren politischen Gründen eher verbietet, als dass sie als verantwortbar -und möglicherweise erfolgreich – erscheinen lässt. Bevor ich mich mit der Schaffung notwendiger Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung befasse, möchte ich mich der Frage zuwenden, welche politischen Sachverhalte in diesen Tagen eine deutsche Bewerbung grundsätzlich infrage stellen.
Mehrere Gründe, die im Folgenden aufgeführt werden, verdanke ich u.a. Volker Kluge, der mir erlaubt hat, diese in meinem Beitrag zu berücksichtigen. Seine Überlegungen  werden von mir geteilt und ich bin mir dessen bewusst, dass sie eigentlich derzeit gegen jegliche weitere Bewerbungsbemühungen sprechen.
Was könnte verhindern, dass eine deutsche Olympia-Bewerbung gelingt?

Geopolitik: Eine deutsche Bewerbung käme zur denkbar schlechtesten Zeit. Wenn man Frau Baerbock glauben darf, befinden wir uns mitten in einem Krieg. Indirekt sind wir in der Tat allein durch unsere Waffenlieferungen ein „kriegsführender Staat“. Wir teilen uns zwar dieses Merkmal und die damit verbundenen Lasten mit Nordamerika, Großbritannien und mit der EU, aber viele Staaten des „globalen Südens“ sind gegen uns. „Russland ist ein Feind“ (China damit vermutlich auch), hat der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev verkündet, der prinzipiell von einem „WIR“ ausgeht: „Wir müssen jetzt den Gürtel enger schnallen“ und den „Mut haben, Europa zu retten“. (FAZ, 2.1.2025, S. 8). Wenn wir uns darauf einlassen würden, wäre nicht nur die Olympische Bewegung für eine sehr lange Zeit gespalten. Vielleicht müssen wir uns dann sogar Gedanken machen, uns selbst zu retten.

Außenpolitik: Zu Recht empfinden viele die Doppelmoral unserer Regierung und vor allem der Medien als unerträglich. Während jede Drohne, die Russland erreicht, begrüßt wird und der eigentliche Kriegsverlauf in der Ukraine „klein geredet“ wird, kann man unser Verhalten gegenüber dem palästinensischen Volk nur als Schande bezeichnen, obwohl wir täglich mit entsetzlichen Bildern und glaubhaften Berichten über Völkermord und ethnische Säuberungen konfrontiert werden. Diese Heuchelei untergräbt jedes ehrliche Empfinden für das jüdischen Volk, zu dem wir allein schon durch unsere Geschichte verpflichtet sind. Diese Solidarität haben jedoch Rechtsradikale wie Netanjahu, dem sich die deutsche Politik nahezu bedingungslos unterordnet, einfach nicht verdient.

Ökonomie:  Deutschland nimmt angeblich zurzeit noch Platz drei der wirtschaftlich stärksten Staaten der Welt ein. Die Nachrichten, die von den Wirtschafts-Weisen kommen, sagen jedoch etwas anderes: Es gibt kaum Zuwachsraten, die Insolvenzen nehmen zu, die Kurzarbeit steigt rapide, Wirtschaftsunternehmen prüfen ihren Weggang aus Deutschland bzw. haben diesen sogar schon vollzogen und die Sozialsysteme sind überlastet (siehe Erhöhung der Krankenkassen-Beiträge). Investoren, die sich für den „Wirtschaftsstandort Deutschland“ interessieren, gibt es mit der Ausnahme von Tesla (Elon Musk) kaum noch. Projekte wie Intel, Northvolt oder TSMC („Silicon Saxony“) lassen auf sich warten bzw. haben sich trotz staatlicher Milliarden-Förderung bereits erledigt.
Die politische Großwetterlage wirkt sich schon seit längerer Zeit auf das Kaufverhalten aus. Selbst für Touristen ist Deutschland kein interessanter Markt mehrDie Stimmung der deutschen Bevölkerung ist wegen der politischen und ökonomischen Unwägbarkeiten in einem noch nie dagewesenen „Tief“, sodass viele Menschen einfach andere Sorgen haben, als sich für eine Olympia-Bewerbung zu erwärmen, selbst wenn diese Spiele noch in weiter Ferne liegen.

Innenpolitik: Momentan bewegen wir uns im Bund und in den Ländern auf glattem bis brüchigem Eis. Die Regierungsbildungen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg haben gezeigt, wie schwierig es heutzutage ist, noch stabile Koalitionen herzustellen. Die Konstellation wird am 23. Februar zwar anders sein, aber die Existenz einer starken AfD ist eine Realität, zu der im Osten noch das BSW kommt. Der Gastbeitrag von Elon Musk kurz vor Weihnachten in der „Welt“ ist ein deutliches Signal mit der Folge, dass in der CDU längst darüber nachgedacht wird, ob man nicht auch mit der AfD regieren könnte. Die Beteuerungen von Friedrich Merz und die Gegenmeinung des neuen Chefredakteurs der „Welt“, Jan Philipp Burgard, sind dabei wohl nicht als glaubhaft zu bezeichnen.

Streitkultur: Sie ist in unserer Gesellschaft – bis hinein in Regierungskreise – schon seit längerer Zeit eine „Katastrophe“. Die gegenseitigen Beschimpfungen lassen einen sachlichen Meinungsbildungsprozess kaum noch zu. Würde und Anstand? – zunehmend eine Fehlanzeige! Der aggressive Tonfall überträgt sich auch auf die Gesellschaft, wie die Vorfälle zu Silvester zum wiederholten Male deutlich zeigten. Auch im Straßenverkehr ist das schon längst zu bemerken.

Wettbewerb: Ein deutscher Bewerber begibt sich in einen internationalen Wettbewerb, bei dem „Arroganz“ und „erhobener Zeigefinger“ von Seiten der Politik und des Sports gegenüber Andersdenkenden alles andere als förderlich sind. Es gibt genügend andere aussichtsreiche Kandidaten, und es ist einfach Unsinn zu glauben, dass Europa 2036 oder 2040 „wieder mal dran“ ist, nur weil vorher die Spiele in Los Angeles und Brisbane stattfanden. Das IOC kennt keine territoriale Reihenfolge, vielmehr vergibt es die Spiele dorthin, wo sie willkommen sind. Was Länder und Kontinente betrifft, so zählen sicherlich Indien, Afrika (Ägypten, Marokko, Senegal, Südafrika), Katar und Saudi-Arabien mit zu den Favoriten. Letztlich wird wohl der Vermarktungsgedanke eine große Rolle spielen, aber auch eine IOC-freundliche Stimmung. Und da hat Deutschland gegenwärtig vermutlich die schlechtesten Karten.  Wir wären bei einer Bewerbung wohl eher in der Rolle eines Außenseiters.

Sicherheit: Man muss nicht an München ‘72 erinnern, um zu wissen, dass es keine Garantie für sichere Olympische Spiele gibt. Zuletzt hat die Polizei in Magdeburg bewiesen, dass wir Probleme mit Großveranstaltungen haben und trotz vorhandener Kontrollmethoden Menschen in Gefahr bringen. Was ist die Alternative? Strengere Strafen, wie Frau Faeser und Herr Wissing meinen? Und wenn ja, wie streng? Es wird ja bereits heute schon akzeptiert, dass Menschen, die ein Messer gezückt haben, von der Polizei getötet werden dürfen, wenn sich diese in einer Notwehrsituation befunden hat.

Berlin als mögliche deutsche Bewerberstadt: Berlin stellt sich schon seit einigen Jahren als geradezu „unregierbar“ dar. Nicht nur die „alternative Szene“ hat ganze Stadtteile fest im Griff, und die Einrichtung von „Böllerverbotszonen“ ermutigt eine radikalisierte Jugend offenbar erst recht, Grenzen zu überschreiten. Der Regierende Bürgermeister, ein gelernter Versicherungskaufmann, ist überfordert. In Berlin reiht sich zurzeit Baustelle an Baustelle, und jede Woche kommen neue hinzu; wie der riesige Wasserrohrbruch vor einigen Tagen in der Seestraße, während die alten Baustellen unvollendet stehenbleiben. Alle Baustellen zusammen genommen würden eine Länge von Tausenden von Kilometern ergeben. Berlin – eine Sportstadt: schon lange nicht mehr!

Leistungssport: Das Gleiche trifft auf „Sport-Deutschland“ zu, wie sich der deutsche Sport mit einer fürchterlichen Sprachschöpfung seit einigen Jahren selbst nennt. Deutschland gehört nicht mehr zu den sportlichen Großmächten. Das DDR-Erbe ist schon längst aufgebraucht. Aber auch die Bundesrepublik konnte nicht an das sportliche Niveau der 1970er- und 1980er-Jahre anknüpfen. Ganze Sportarten (neben Leichtathletik auch Schwimmen, Fechten, Ringen, Segeln, Boxen, Schießen und sogar Rudern) erreichen nur noch bescheidene Erfolge. Am besten stehen noch manche Spielsportarten da. Selbst im Wintersport, wo wir bisher führend waren, geht es seit einigen Jahren eher bergab, so z.B.im Eisschnelllauf, Eiskunstlauf, Biathlon und sogar im Rennrodeln, Skispringen und in der Nordischen Kombination. Die Gründe liegen auf der Hand: Dilettantismus, schlecht bezahlte Trainer und Ausruhen auf verwelktem Lorbeer.

Olympiageschichte: Das Thema „Berlin 1936“ werden wir nicht los, egal, ob wir uns für 2036, 2040 oder später bewerben. Es gibt auch keinen Grund, diese Geschichte aus unserem Gedächtnis zu streichen oder gar umzuschreiben. Im Gegenteil: einerseits setzten die Spiele von 1936 Maßstäbe, andererseits ist der Missbrauch durch Hitler nicht zu bestreiten. Da hilft nur Ehrlichkeit. Die Idee, die Hall of Fame nachträglich zu „entnazifizieren“ ist dabei wohl kaum tauglich. Sie ist lediglich eine verzichtbare Symbolpolitik.

Vermutlich könnten noch weitere Gründe benannt werden, die gegen eine deutsche Bewerbung für zukünftige Olympische Spiele sprechen. Allein die hier vorgetragenen Gründe sind meines Erachtens erschlagend. Und wer auch immer sich für eine zukünftige deutsche Bewerbung dennoch einsetzen möchte, muss sich mit diesen Gründen auseinandersetzen.

Mein historisches Bewusstsein und meine soziologischen Studien legen mir jedoch die Annahme nahe, dass politische und gesellschaftliche Systeme einem Wandel unterliegen, dass die Werte einer Gesellschaft sich wandeln können und sich immer wieder auch gewandelt haben und die Situationen von heute und von gestern nicht notwendigerweise auf die Situationen von morgen schließen lassen. Diese Erkenntnis ermöglicht mir einen grundsätzlichen Optimismus in Bezug auf die Lösungsfähigkeit von modernen Gesellschaften, wenn sie in Probleme geraten sind. Dem wissenschaftlichen Fortschritt, der Vernunft und einer verantwortungsvollen, kommunikativen Kompetenz kommt in modernen Gesellschaften dabei eine grundlegende Bedeutung zu. Im Vertrauen darauf ist es für mich möglich – trotz der vielen Gründe, die in solch schwierigen Zeiten gegen eine deutsche Olympiabewerbung sprechen – im Folgenden Vorschläge zu unterbreiten, um eine deutsche Bewerbung möglich zu machen.

Zwei zu bearbeitende Maßnahmen

Soll eine zukünftige Bewerbung des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland – bekanntlich seit Mai 2006 integriert in den DOSB – um die Ausrichtung von Olympischen Spielen in Deutschland erfolgreich sein, so müssen notwendigerweise zwei Maßnahmen, auf die ich nachfolgend eingehe, unterschieden und bearbeitet werden.

Zum einen– vorrangig und grundlegend- müssen Maßnahmen zur Sicherung einer deutschen Bewerbung durchgeführt werden.

Zum zweiten bedarf es daraufhin vielfältiger Maßnahmen zur inhaltlichen Ausgestaltung der deutschen Bewerbung.

Zur Sicherung der deutschen Bewerbung sind m. E. folgende Schritte erforderlich:

  1. Durch einen Beschluss auf einer außerordentlichen DOSB- Mitgliederversammlung wird die Fusion zwischen dem damaligen DSB und dem damaligen NOK rückgängig gemacht, so dass mit dem „NOK für Deutschland“ wieder die entscheidende Institution neu entsteht, die für eine erfolgreiche Kommunikation mit dem IOC und für die Bearbeitung einer erfolgreichen Bewerbung um Olympische Spiele grundlegend und entscheidend ist. Der dann „neue“ DSB ist gehalten, alle NOK-Projekte und zielführende Maßnahmen im Rahmen seiner Zuständigkeiten und Möglichkeiten unterstützend zu begleiten.
  2. Es wird beim IOC sofort das Anliegen einer deutschen Bewerbung offiziell nach den Vorgaben des IOC eingereicht und gegenüber dem IOC offiziell bekundet, dass man bereit ist, in den vorbereitenden Dialog für eine endgültige Bewerbung einzutreten.
  3. In der ersten NOK-Mitgliederversammlung wird ein Bewerbungsprozess über einen offenen Zeitraum beschlossen, der mindestens drei Austragungszeitpunkte von möglichen Olympischen Sommerspielen beinhaltet und der mit dem Jahr 2040 beginnt. Gleichzeitig wird bei dieser Mitgliederversammlung beschlossen, dass man während dieses Zeitraums und auch über diesen Zeitraum hinaus sich zukünftig nicht um Olympische Winterspiele bewerben wird, weil diese unter den Bedingungen des fortschreitenden Klimawandels als nicht mehr sinnvoll für eine Austragung in Deutschland angesehen werden.
  4. In der ersten Mitgliederversammlung wird darüber hinaus eine Entscheidung getroffen, welche Stadt im Zentrum der Deutschen Olympia Bewerbung zu stehen hat. Auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse über mögliche Chancen der derzeit sich zu Wort gemeldeten Interessenten wird eine verbindliche Vorentscheidung zu der deutschen Bewerbung hinsichtlich der Austragungsorte getroffen: Das NOK für Deutschland wird sich mit Berlin, der Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland, beim IOC um die Ausrichtung von Olympischen Sommerspielen bewerben. Die Olympischen Wettbewerbe des Reitsports werden in Aachen ausgetragen, die Segelsportwettbewerbe in Kiel und in den Olympischen Mannschaftssportarten Handball, Fußball, Basketball, Hockey und Volleyball werden die Spiele der Vor-und Zwischenrunde in den am besten geeigneten Arenen in allen Bundesländern Deutschlands durchgeführt; alle Spiele um Medaillenränge finden in Berlin statt. Das zentrale „Dorf“ für die Athletinnen und Athleten befindet sich in Berlin. Der Senat von Berlin hat den Bau einer zukünftigen neuen Wohnanlage zu garantieren.
  5. Die neue Führung des NOK für Deutschland tritt sofort in einen konstruktiven Dialog mit allen demokratischen Parteien des deutschen Bundestages ein, mit dem Ziel, dass es zu einer geschlossenen Willenserklärung des deutschen Bundestages kommt, um eine deutsche Bewerbung politisch abzusichern. Hierzu sind Garantieerklärungen zur notwendigen Finanzierung der Bewerbung und der Durchführung von Olympischen Spielen in Deutschland herbeizuführen.
  6. Im Dialog mit dem deutschen Bundestag wird vertraglich vereinbart, dass sich das NOK für Deutschland bei seiner Bewerbung für Olympische Spiele in Deutschland auf das Mandat des deutschen Bundestages verlassen kann und es deshalb in unserer parlamentarischen Demokratie auch keiner weiteren Volksabstimmung bedarf.
  7. Über eine einstimmige Beschlussfassung des Deutschen Bundestages wird sichergestellt, dass ein weiteres „Buhlen“ mehrerer Bundesländer um die Ausrichtung von Olympischen Spielen unterbleibt. Es würde eine erfolgreiche Bewerbung eher stören als befördern und zudem eine unnötige Verschwendung von Steuergeldern bedeuten. Allein schon aus diesen Kostengründen ist das „Buhlen“ sofort zu beenden.

Zur inhaltlichen Ausgestaltung einer deutschen Bewerbung für zukünftige Olympische Spiele habe ich in früheren Publikationen in meinem Online-Magazin „sport-nachgedacht.de“ mehrere Vorschläge unterbreitet, die auch heute noch relevant sind. Angesichts der Dringlichkeit der zu lösenden Probleme wären unter anderem folgende Maßnahmen zu empfehlen:

  1. Das NOK für Deutschland fordert gemeinsam mit dem Deutschen Sportbund die sofortige Einführung einer täglichen Bewegungszeit von mindestens 30 Minuten sowie die schrittweise Einführung eines verpflichtenden fünfstündigen Sportunterrichts an den öffentlichen und privaten Schulen Deutschlands. Die Mitglieder des DSB verpflichten sich, für diese Ziele in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen verschiedene förderliche Maßnahmen durchzusetzen. Die Landessportbünde bzw. Landessportverbände werden im Schulterschluss mit dem Deutschen Sportlehrerverband (DSLV) und dessen Landesverbänden sowie mit der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (DVS) und den Sportwissenschaftlichen Instituten in Deutschland gegenüber den für den Schulsport zuständigen Ministerien und den Landesparlamenten vorstellig und dokumentieren dabei auch die millionenfache Unterstützung ihrer Mitglieder aus dem Bereich ihrer Vereine und Verbände. Hierzu können öffentliche Kundgebungen, Demonstrationen, Memoranden und weitere Aktionen gehören. Auf Bundesebene bemühen sich der DSB und das NOK gegenüber der Bildungsministerkonferenz (Bildungs-MK), der Wissenschaftsministerkonferenz (Wissenschafts-MK) und der Sportministerkonferenz (SMK) sowie dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft mit vergleichbaren Aktivitäten die gesteckten Ziele zu erreichen.
  2. Die Bildungsministerkonferenz (Bildungs-MK) und das Bundesministerium des Innern und für Heimat erweitern in Abstimmung mit der Deutschen Schulsportstiftung (DSSS) und dem Land Berlin das bestehende Programm JUGEND TRAINIERT FÜR OLYMPIA & PARALYMPICS mit dem Ziel, es zu einem verpflichtenden Wettbewerb für alle Schulen zu machen. Die Bildungs-MK und das Bundesministerium des Innern und für Heimat schaffen gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden die hierfür erforderlichen personellen und finanziellen Voraussetzungen.
  3. Die Bildungs-MK und die Wissenschafts-MK starten eine Initiative zur Aufwertung und Anerkennung des Berufs der Trainer und Trainerinnen. Mit Unterstützung des Bundesministers des Innern und für Heimat werden von DSB und NOK neue Gehaltsstrukturen für Trainerinnen und Trainer eingeführt.
  4. An einer der Berliner Universitäten wird ein Lehrstuhl für „Olympische Philosophie und Theorie“ mit einer ordentlichen Professur eingerichtet.
  5. Die Bildungs-MK verabschiedet gemeinsam mit der Wissenschafts-MK eine Ausbildungsinitiative zu Gunsten fachlich qualifizierter Sportlehrkräfte.
  6. Das Ministerium des Innern und für Heimat entwickelt und finanziert in Kooperation mit den Ländern und den Kommunalen Spitzenverbänden einen neuen „Goldenen Plan“ zur Sanierung bestehender und bedarfsgerechter Errichtung neuer Sportstätten und berücksichtigt dabei auch städteplanerische Aspekte.
  7. Die Sportministerkonferenz startet gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden eine Initiative zur Entwicklung kommunaler/regionaler Sportentwicklungspläne.
  8. Das NOK für Deutschland begibt sich aktiv auf die Suche nach Alleinstellungsmerkmalen, durch die sich zukünftige Olympische Spiele in Deutschland auszeichnen sollen. Hierzu werden Ideenwettbewerbe ausgeschrieben.
    Zu deren Vorbereitung wird ein Kreativ-Team berufen, dem Experten aus den Bereichen Kunst, Musik, Architektur, Literatur, Design und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit spezifischen Expertisen angehören.
  9. Das NOK entwickelt gemeinsam mit der Bundesregierung ein Programm zur Steigerung der personellen Vertretung der deutschen Interessen in den internationalen Sportorganisationen.
  10. Das NOK für Deutschland und der Deutsche Sportbund entwickeln auf der Grundlage einer kommunikationswissenschaftlichen Expertise neue Kooperationsformen mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, mit dem deutschen Verlagswesen und der Printpresse zu Gunsten einer angemessenen Repräsentanz des modernen Olympismus in den deutschen Massenmedien und vor allem auch in Bezug auf die Repräsentanz des Olympismus in den sozialen Medien.

Grundsätzlich sollte es bei der inhaltlichen Ausgestaltung einer zukünftigen Olympischen Bewerbung vor allem unter kreativen Gesichtspunkten keine Grenzen geben. Vielmehr sollte die Ausgestaltung sich durch Flexibilität und Offenheit auszeichnen, so dass sie auch neuen Herausforderungen, die man heute vielleicht noch gar nicht erkennen kann, gerecht werden kann.

Letzte Bearbeitung: 25. 1. 2025