„Leichtathletik“ – „Schwerathletik“, eine deutsche Besonderheit

Helmut Digel     

Das Wort „Leichtathletik“ gehört bereits seit meiner Kindheit zu meinem üblichen Sprachgebrauch. Die Frage, welche Disziplinen zur Leichtathletik gezählt werden, konnte in meiner Kindheit und Jugendzeit vermutlich jedes Kind und jeder Jugendliche beantworten. Leichtathletik war Unterrichtsfach in der Schule, war Inhalt der Leibesübungen und später des Sportunterrichts und stand im Zentrum der Bundesjugendspiele. Hätte mich jemand als Jugendlicher gefragt, was man unter „Schwerathletik“ im deutschen Sprachgebrauch versteht, so hätte ich allerdings Mühe gehabt, diesen Begriff genauer zu deuten. Vermutlich wären mir die Gewichtheber in meinem Verein SV Möhringen und die Ringer in unserem Nachbarverein Plieningen eingefallen. Möhringen war damals eine Gewichtheber Hochburg und Plieningen hatte mit seinen Ringern die höchste deutsche Leistungsklasse erreicht. Heute ist davon leider nur noch wenig übriggeblieben.

Erst mit meiner Wahl zum Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) stellte sich für mich die Frage nach der Bedeutung der Begriffe, „Leichtathletik“ und „Schwerathletik“ auf eine ganz neue Weise. Ich musste bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 1993, die in Stuttgart ausgerichtet wurde, zum ersten Mal feststellen, dass der Begriff der Leichtathletik nur in ganz wenigen Ländern der Welt gebräuchlich ist und dass es die bei uns übliche Unterscheidung in Leichtathletik und Schwerathletik nur ganz selten gibt. Es handelt sich dabei wohl um eine deutsche Besonderheit.

Der für die Sportart Leichtathletik weltweit übliche Begriff lässt sich heute bei „World Athletics“ im Namen des internationalen Fachverbandes finden. „Athletics“ war das Wort, das man im Geburtsland des internationalen Hochleistungssports der Moderne, in England, für das Laufen, Werfen und Springen als Sammel- Begriff verwendete. Dieser Begriff hat sich dann sehr schnell weltweit durchgesetzt. In den USA wird allerdings bis heute mehrheitlich der Begriff „Track and Field“ für die Leichtathletik verwendet. In Schweden gebrauchte man das Wort „Fri Ideott“ (freierSport), wenn man über die Leichtathletik sprach. Nur in deutschsprachigen Ländern wird der Begriff Leichtathletik für die wichtigste olympische Sportart verwendet. ÖLV und DLV sind die Abkürzungen für den österreichischen und für den deutschen Verband. In der Schweiz nennt sich der Verband allerdings Swiss Athletics und hat sich somit dem internationalen Sprachgebrauch angepasst. Überraschend war für mich, dass in Italien „Athletica Leggera“ als Bezeichnung für diese Sportart verwendet wird. Das machte mich neugierig und so stellte sich bereits damals für mich die Frage, was sich hinter den Begriffen der Leichtathletik und Schwerathletik historisch verbirgt und wie sich dieses besondere Muster des Hochleistungssports historisch entwickelt haben.

Wie werden Leichtathletik und Schwerathletik unterschieden?

  • Leichtathletik umfasst Sportarten wie Laufen, Springen und Werfen, bei denen die natürlichen Bewegungen des Körpers im Vordergrund stehen und meist das eigene Körpergewicht bewegt wird.
  • Schwerathletik bezeichnet Sportarten, bei denen individuelle Muskelkraft und Kraftausdauer entscheidend sind, wie Gewichtheben, Ringen, Judo oder Bodybuilding.Hier geht es meist um das Heben, Ziehen oder Werfen schwerer Gewichte oder um Zweikämpfe.

Seit wann gibt es diese Unterscheidung?

 Die Begriffe wurden im deutschsprachigen Raum Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt, um die unterschiedlichen Anforderungen der Sportarten zu kennzeichnen. Der Begriff „Leichtathletik“ setzte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch, um sich vom „Volksturnen“ und später von der „Schwerathletik“ abzugrenzen. Organisatorisch wurden die Schwerathletik-Sportarten ab 1938 im Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen zusammengefasst.

Die klare sprachliche Trennung wie im Deutschen ist international unüblich. Im Englischen wird meist nur zwischen „athletics“ (Leichtathletik) und spezifischen Kraftsportarten (wie „weightlifting“, „wrestling“, „powerlifting“) unterschieden, aber der Sammelbegriff „heavy athletics“ ist nicht etabliert. Auch in anderen Sprachen gibt es meist keine direkte Entsprechung für „Schwerathletik“ als Sammelbegriff.

Welche Disziplinen zählen zur Schwerathletik?

 Zur Schwerathletik zählen vor allem folgende Disziplinen:

  • Gewichtheben (Reißen und Stoßen; früher auch Drücken)
  • Ringen
  • Judo und andere Kampfsportarten wie Jiu-Jitsu
  • Kraftdreikampf (Powerlifting: Kniebeuge, Bankdrücken, Kreuzheben)
  • Rasenkraftsport mit Hammerwerfen, Gewichtwerfen und Steinstoßen
  • Kraftakrobatik und Rundgewichtsjonglieren (historisch)
  • Strongman-Wettkämpfe (moderne Variante, international verbreitet)

In diesen Disziplinen wird besonders auf Muskelkraft und Kraftausdauer wertgelegt. Mixed Martial Arts (MMA) und verwandte Vollkontakt-Kampfsportarten wie Kickboxen oder Muay Thai werden heute oft ebenfalls als Disziplinen der Schwerathletik betrachtet, wenn der Fokus auf Kraft und physischer Dominanz liegt.

Der Begriff „Schwerathletik“ hat sich im Laufe der Zeit deutlich gewandelt:

  • Schon bei den antiken Olympischen Spielen wurden die Disziplinen unterschieden: Leichtathletik umfasste Lauf- und Sprungwettbewerbe, während Schwerathletik für Kraftsportarten wie Ringen und Faustkampf stand.
  • Mit dem Aufkommen des modernen Sports im 19. Jahrhundert und der Abgrenzung zum Turnen wurde „Schwerathletik“ im deutschsprachigen Raum als Sammelbegriff für Kraftsportarten wie Gewichtheben, Ringen und später auch Judo etabliert.
  • Ab etwa 1880 entstanden Schwerathletikvereine, und 1891 wurde der Deutsche Athletik-Sportverband gegründet, der diese Disziplinen organisierte. Die Abgrenzung zur Leichtathletik (Laufen, Springen, Werfen) wurde deutlicher, wobei Schwerathletik zunehmend die Sportarten mit besonderem Fokus auf Muskelkraft und Zweikampf bezeichnete.
  • Heute wird der Begriff weiterhin vor allem im deutschsprachigen Raum verwendet.

„Schwerathletik“ entwickelte sich somit vom antiken Sammelbegriff für Kraftdisziplinen über die Institutionalisierung im 19./20. Jahrhundert zum heute vor allem im deutschsprachigen Raum gebräuchlichen Begriff für Kraft- und Kampfsportarten.

 Welche Disziplinen gehören zur Leichtathletik?

 Die Disziplinen der Leichtathletik werden in die Gruppen Lauf, Gehen, Sprung und Stoß/Wurf eingeteilt. Mehrkämpfe bestehen aus mehreren Disziplinen aus allen unterschiedlichen Gruppen – außer Gehen. Zur Gruppe „Lauf“ gehören der Sprint, die Mittelstrecken, die Langstrecken, der Straßenlauf, der Crosslauf, der Hürden- und Hindernislauf und die Staffelwettbewerbe. Zur Gruppe des Gehens gehören Straßengehen und Bahngehen. Zu den Sprüngen gehören die Vertikalsprünge und die Horizontalsprünge, zur Gruppe Stoß und Wurf gehören Kugelstoßen, Diskuswurf, Hammerwurf und Speerwurf. In der Gruppe Mehrkampf werden der Siebenkampf der Frauen und der Zehnkampf der Männer angeboten.

Bei den Laufdisziplinen werden die Streckenlängen der Bahnwettbewerbe in Metern und die der Straßenwettbewerbe in Kilometern angegeben. Im Straßenlauf variieren die Streckenlängen je nach örtlichen Gegebenheiten meist zwischen etwa drei und zwölf Kilometern und die Laufstrecken verlaufen teilweise auch auf guten unbefestigten Wegen. Crossläufe finden mit ähnlichen Streckenlängen, jedoch im Gelände mehr oder weniger abseits von Wegen und typischerweise nur im Winterhalbjahr statt.

Disziplinen der Schüler[1], Jugend und Senioren

Entsprechend dem mit dem Alter zunehmenden Leistungsvermögen der Kinder und Jugendlichen und dem abnehmenden Leistungsvermögen der Senioren werden die Lauf- und Wurfdisziplinen angepasst. Abhängig von der Altersklasse können die Sprintstrecken auf 50 oder 75 statt 100 Meter sowie 300 statt 400 Meter verkürzt sein. Die Langstrecke wird teilweise nur über 2000 Meter, die Hürdenläufe über 60 oder 80 Meter, der Hindernislauf über 1500 oder 2000 Meter und der Straßenlauf über 5 Kilometer ausgetragen. Beim Hürdenlauf wird zusätzlich die Höhe der Hürden reduziert. In allen Wurfdisziplinen werden die Gerätegewichte angepasst. Eine eigenständige Wurfdisziplin ausschließlich für die Kinderaltersklassen ist der Ballwurf. In der„Kinderleichtathletik“ wird eine kindgemäße Übungsauswahl und entsprechende Wettkampfausschreibungen bereitstellt.

Sie sehen weitere „Wurfvarianten“ bis hin zum „Drehwurf“ vor ebenso wie  vielfältige Sprung- und Laufvarianten.

(Quelle: https://www.leichtathletik.de/wettkaempfe/kinderleichtathletik)

Der Gewichtwurf hingegen ist den Seniorenklassen vorbehalten, ebenso der Standweitsprung. Mehrkämpfe werden in anderen Zusammenstellungen mit weniger Disziplinen durchgeführt, beispielsweise alsDreikampf. Im Weitsprung wird die erreichte Weite bei den Kindern nicht vom Absprungbalken, sondern vom genauen Absprungpunkt innerhalb einer Zone gemessen. Besonders anspruchsvolle Disziplinen, die sich an den „Regeln“ für Erwachsene orientieren, wie beispielsweise Hindernislauf, Dreisprung, Stabhochsprung oder Hammerwurf, werden erst ab einem Mindestalter von 12 oder 16 Jahren angeboten.

Die Altersklasseneinteilung ist bis zum 15. Lebensjahr jährlich “aufsteigend“, bei den älteren Jugendlichen sowie in den Mannschaftswettbewerben, wie Staffelläufen oder Mannschaftsmehrkampf, werden je zwei Jahrgänge zusammengefasst. Bei den Senioren ab dem 30. Lebensjahr verläuft die Einteilung jeweils in Fünfjahresgruppen. Dabei ist anzumerken, dass in der Leichtathletik nicht das tatsächliche Lebensalter, sondern der Jahrgang entscheidend ist. Das heißt, ein Jugendlicher, der am 1. Januar Geburtstag hat, ist in der gleichen Altersgruppe wie derjenige, der in diesem Jahr erst am 31. Dezember Geburtstag feiert.

In Sporthallen steht für die auf der Geraden gelaufenen Sprintstrecken meistens eine 60 Meter lange Bahn (plus Auslauf) zur Verfügung, in großen Hallen zu Trainingszwecken auch ein 100-Meter-Sprintkanal. Die Länge der Sprint- und Hürdensprintstrecken ist daher auf 60 Meter beschränkt. Längere Hürden- und Hindernisläufe können auf der normalerweise 200 Meter langen Rundbahn nicht ausgetragen werden, da die Kurven zu sehr überhöht sind. Die Langstreckenläufe reichen bis zu 5000 Meter maximal, in Deutschland in der Regel bis 3000 Meter. Auch Staffellaufwettbewerbe werden auf der Rundbahn ausgetragen.

Die meisten Hallen besitzen vier Rundbahnen, einige große Hallen, die auch international genutzt werden, sechs Bahnen.

Wurfdisziplinen sind außer Kugelstoßen in der Halle in der Regel selten möglich. Es gab einige wenige Wettkämpfe im Diskuswurf, zum Beispiel in Berlin (ISTAF – Indoor). Würfe entfallen daher auch beim Mehrkampf, so dass bei den Männern nur ein Siebenkampf und bei den Frauen ein Fünfkampf durchgeführt wird.

Ehemalige Disziplinen

In der Vergangenheit gab es weitere Disziplinen, die heute nicht mehr oder nur noch sehr selten bei Wettkämpfen ausgetragen werden. Dazu gehören andere Laufdistanzen, wie z. B. der Langstreckenlauf über 7500 Meter, der 25-km-Straßenlauf, der Hürdensprint über 200 Meter oder die Männerstaffel von 4-mal 1500 Meter. Des Weiteren sind Staffelläufe mit unterschiedlicher Länge für die einzelnen Staffelläufer zu nennen, wie z. B. die „Schwedenstaffel“ (400 – 300 – 200 – 100 m) oder die „Olympische Staffel“ (400 – 200 – 200 – 800 m). Bei den Wurfdisziplinen gab es früher als weiteres Wurfgerät den Schleuderball. Bis in die 1920er Jahre hinein gab es mit den heute noch gebräuchlichen Wurfgeräten Speer, Diskus und Kugel auch beidhändiges Werfen bzw. Stoßen. Dabei warf der Athlet eines der Geräte zunächst mit der einen, dann mit der anderen Hand und beide Weiten wurden addiert. Im Sprungbereich wurden auch Wettbewerbe im Standweitsprung – also ohne Anlauf – durchgeführt. Heute gibt es den Standweitsprung nur noch bei den höheren Altersklassen im Seniorensport.

Wie ist die Deutscher Schwerathletik als Verband organisiert?

 Der Deutsche Schwerathletikverband spielte eine zentrale Rolle in der Organisation und Entwicklung der Schwerathletik in Deutschland. Bereits ab 1891 wurden nationale Verbände gegründet, die Kraftsportarten wie Ringen, Gewichtheben und Rasenkraftsport vereinten und nationale wie internationale Wettkämpfe organisierten.

Im Laufe der Zeit wurden diese Verbände mehrfach umbenannt und strukturell angepasst, besonders nach politischen Umbrüchen. Ab 1933 wurde der Verband als „Deutscher Schwerathletikverband“ Teil des nationalsozialistischen Sportsystems und verlor seine Eigenständigkeit.

Schwerathletik nach 1945

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1949 der Deutsche Athleten-Bund (DAB) als Dachverband für die Schwerathletik in Westdeutschland neu gegründet und vereinte die Sportarten Ringen, Gewichtheben, Tauziehen, Rundgewichtsjonglieren, Judo/Jiu-Jitsu sowie Rasen- und Kunstkraftsport.

In den 1950er Jahren organisierte der DAB gemeinsam mit der ostdeutschen Abteilung Schwerathletik gesamtdeutsche Meisterschaften und internationale Teilnahmen, bis 1955 auch mit Athleten aus der DDR. In dieser Zeit wurden neue Wettkampfformen und Meisterschaften eingeführt, etwa im Rasenkraftsport.

Im Laufe der Jahrzehnte kam es zu Umstrukturierungen und Ausdifferenzierungen: Einzelne Sportarten wie Ringen und Gewichtheben gründeten eigene Fachverbände und trennten sich organisatorisch vom DAB, der damit an Bedeutung als übergreifender Schwerathletikverband verlor.

Der Verband prägte jedoch maßgeblich den Wiederaufbau, die Organisation und die Entwicklung der Schwerathletik-Disziplinen in der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg:

  • In den 1950er und 1960er Jahren wurden neue Wettkampfformen eingeführt und bestehende Disziplinen organisatorisch weiterentwickelt.
  • Ab den 1970er Jahren begannen sich die einzelnen Sportarten zunehmend zu verselbstständigen und gründeten eigene Fachverbände, um ihre Interessen eigenständig zu vertreten.
  • Ein markantes Beispiel ist die Auflösung des Bayerischen Schwerathletikverbands 1975, bei der das Vermögen anteilig an die neuen Fachverbände überging und jede Sportart einen eigenen Verband gründete, etwa für Rasenkraftsport, Gewichtheben und Ringen.

Insgesamt wandelte sich der Deutsche Schwerathletikverband nach 1949 von einem zentralen Dachverband hin zu einer Struktur, in der die einzelnen Schwerathletik-Disziplinen eigenständige Fachverbände bildeten und organisatorisch unabhängig wurden.

Den Deutschen Athleten-Bund (DAB) als klassischen Dachverband für Schwerathletik gibt es heute nicht mehr; er löste sich 1972 auf.

Heute sind an dessen Stelle eine Vielzahl von einzelnen Fachverbänden getreten, die teilweise olympisch sind. Die Mehrheit gehört jedoch der Gruppe der nicht olympischen Verbände an. Zu nennen sind die folgenden Verbände: der Bundesverband Deutscher Gewichtheber, der deutsche Karateverband, der Deutsche Judo-Bund, der Deutsche Boxsport-Verband, der Deutsche Ringer- Bund, die Deutsche Taekwondo Union, der Deutsche Ju – Jutsu Verband, der Deutsche Rasenkraftsport- und Tauziehverband, der Verband für das Kickboxen („WAKO Deutschland e.V.“). Jeder diese Verbände ist jeweils Mitglied seines internationalen Fachverbandes. Einige davon sind eigenständige olympische Disziplinen. Folgt man den Bestand Erhebungen des DSB beziehungsweise des DOSB so sind die aus dem Schwerathletikverband entstandenen neuen Sportarten in ihrer Mitgliederentwicklung erheblichen Fluktuationen unterworfen. In der Bestandserhebung 2024 sind die einzelnen Sportarten mit folgenden Mitgliedszahlen ausgewiesen. Zum Vergleich werden daneben die erhobenen Daten aus den Jahren 2014, 2004 und soweit vorhanden 1975 dargestellt:

Die Mitgliederzahlen der so genannten Schwerathletiksportarten lassen keine eindeutige Tendenz erkennen, wenngleich es bemerkenswert ist, dass die neu hinzugekommenen asiatischen Sportarten hohe Mitgliedszahlen aufweisen, hingegen die traditionellen deutschen Kraftsportarten eher stagnieren oder Mitglieder verlieren.

Exkurs: Erinnerungen eines Leichtathleten und Handballspielers, die damals immer mal wieder auch „Schwerathleten“ waren

„1962 wurde ich – damals noch unter dem Dach des „Schwerathletik-Verbandes“ – in Kassel Deutscher Juniorenmeister im Steinstoßen in der Wettkampfklasse „Mittelgewicht“ (DAS waren noch Zeiten – Limit war max. 75 kg Körpergewicht!).

Meine Weite mit dem 15 kg-Stein: 9,48 m. Damit wäre ich sogar in der WK „Halbschwergewicht“ noch „Meister“ geworden, denn da war die Siegesweite 9,05 m.

Bei der „Männerwertung“ (ebenfalls im „Mittelgewicht“) wurde ich dann um 2 cm geschlagen „nur“ Vizemeister.

Die Meldung zu den Meisterschaften war „kurios“:

Ein Schwerathlet aus unserem Verein traf mich eines Tages im Training und berichtete, dass er gerade 4. im Steinstoßen bei den hessischen Meisterschaften geworden war (auch „Mittelgewicht“). Ich fragte nach der Weite und er berichtete stolz 6,98 m. Meine Antwort: „Das mach ich mit links!“ Schon war eine Wette „geboren“: Er holte den Stein – und ich stieß links 7,05 m. Das hatte Folgen: Der Vorsitzende unserer Schwerathleten-Abteilung hat mich umgehend für die Deutschen Meisterschaften gemeldet (ging damals so!)

Ich muss allerdings gestehen, dass ich meine „Leistungsfähigkeit“ mit dem Stein kannte, weil ich regelmäßig mit unsren Turnern/Leichtathleten an „Bergfesten“ in der Region (Feldberg, Loreley, Rauenthal) teilgenommen habe (diese „Feste“ waren immer entspannt und FRÖHLICH!) und im Mannschaftsmehrkampf musste auch „Stein“ gestoßen werden …

Meine „Steinstoß-Karriere“ habe ich aber nicht fortgesetzt. Es blieb bei diesem einzigen „Auftritt“ – ich hatte die „etablierten“ Steinstoßer Deutschlands, die stets den Sieg unter sich ausgemacht hatten, schon genug „geschockt“. 

Auf den „Bergfesten“ war es ohnehin lustiger! 

Für das Sportabzeichen muss man damals beim Steinstoßen in der Summe zweier Stöße (einmal mit rechts und einmal mit links) 9 m erreichen – ich war immer schon mit einem „Rechtsstoß“ fertig. Auch das war immer mit viel Spaß verbunden.

 Wie ist die deutsche Leichtathletik als Verband organisiert?

Als deutscher Verband für Leichtathletik wurde am 29. Januar 1898 in Berlin zunächst die „Deutsche Sportbehörde für Athletik“(D.S.B.f.A.) gegründet und 1908 bei gleichzeitiger Umbenennung in „Deutsche Sportbehörde für Leichtathletik“ von einem Bund der Vereine in einen Bund der (Landes-)Verbände umgewandelt.

Noch bis 1933/34 waren in einigen Fällen die regionalen Fußball-Verbände des DFB für Leichtathletik-Veranstaltungen auf regionaler und lokaler Ebene zuständig; so führte zum Beispiel der Norddeutsche Fußball-Verband im selben Jahr 1908 in Kiel erstmals die norddeutschen Meisterschaften durch. Bis 1933 gab es im Verband einen Leichtathletik-Ausschuss, dessen Vorsitzender Sitz und Stimme im NFV-Vorstand hatte. Im Süden gab es 1927 eine förmliche Fusion zweier Verbände zum Süddeutschen Fußball- und Leichtathletik-Verband. Auch heute noch gibt es eine organisatorische Kooperation zwischen der Leichtathletik und dem Fußballsport, so zum Beispiel im „Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen e.V. (FLVW).

Im Jahr 1933 wurde im Zuge der Gleichschaltung des deutschen Sports die Sportbehörde in Deutscher Leichtathletik-Verband umbenannt und schließlich 1935 in das Reichsfachamt Leichtathletik unter der Leitung von Karl Ritter von Halt überführt. Bereits 1946 gab es wieder deutsche Meisterschaften, aber der DLV wurde erst 1949 unter der heutigen Bezeichnung in München wiedergegründet, während es zuvor noch Hoffnung auf einen gesamtdeutschen Verband gegeben hatte. Als Geschäftssitz wurde Kassel festgelegt, 1973 wurde der Sitz nach Darmstadt verlegt. Am 24. November 1990 vereinigte sich der DLV mit dem Leichtathletikverband der DDR (DVfL). 2017 gehörten ihm mehr als 815.000 Mitglieder an, die sich auf fast 7.600 Vereine verteilten. Der DLV ist der sechstgrößte Fachverband im Deutschen Olympischen Sportbund. Er ist untergliedert in zwanzig Landesverbände. Diese bilden den Verbandsrat mit weitgehenden Kontrollrechten (u. a. Budgetrecht).

Geführt wird der Verband von einem Aufsichtsrat aus sechs gewählten gleichberechtigten Mitgliedern, ergänzt durch weitere Persönlichkeiten „für besondere Aufgaben“. Die Rolle des Aufsichtsratsvorsitzenden gleicht der Rolle  der ehemaligen Präsidenten des Verbandes. Die Hauptamtlichkeit steht unter der Leitung eines dreiköpfigen „Vorstandes“ mit einem „Vorstandsvorsitzenden“ an der Spitze.

Dem Vorstand steht eine Geschäftsstelle mit ca. 40 Mitarbeitern zur Unterstützung zur Verfügung.

Die DLV-Werbe- und Lizenzrechte werden von der Deutschen Leichtathletik Marketing GmbH vermarktet, die auch die wichtigen DLV-Veranstaltungen ausrichtet.

Letzte Bearbeitung: 13. Juni 2025

Themenzuordnung: Sportentwicklung

 

 

 

[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird gelegentlich auf „gendergerechte“ Sprachformen – männlich weiblich, divers – verzichtet. Bei allen Bezeichnungen, die personenbezogen sind, meint die gewählte Formulierung i.d.R. alle Geschlechter, auch wenn überwiegend die männliche Form steht.