Helmut Digel
Vorbemerkung
Ein Montagabend im Februar 2025. In der Sporthalle der Realschule Marquartstein haben sich um 19.00 Uhr ein Dutzend „Montags Turner“ des TSV Marquartstein – kreisförmig angeordnet –, auf ihren Gymnastikmatten versammelt. In der Mitte des Kreises gibt Michi Heiler die Bewegungsaufgaben vor, die die versammelten Herren auszuführen haben. Michi ist ein schlankes „Leichtgewicht“. 85 Jahre alt. Hat sein ganzes Leben Sport getrieben. Seit vielen Jahren leitet er die Gruppe der „Montagsturner“ als ehrenamtlicher Übungsleiter. Mittlerweile fällt auch ihm manche Übung schwer. Doch die Standwaage, Liegestützen und einbeiniges Balancieren sind für ihn kein Problem. Mit gestreckten Beinen kommt er mit seinen Fingerspitzen noch immer an jede Stelle am Boden, die er als Ziel vorgibt. Erstaunlich viele der Turngruppe sind weder übergewichtig noch sind sie in ihrer Beweglichkeit besonders eingeschränkt. Die Lauf-und Aufwärmübungen zum Beginn der Übungsstunden machen ihnen keine Probleme und bei den Gymnastikübungen auf der Matte ist ihre Nachahmung dessen, was Michi vormacht, nahezu perfekt. Einige sind aber auch etwas schwergewichtig und das Laufen kommt eher einem Gehen gleich. Mancher kommt auch etwas später, weil ihm selbst das schnelle Gehen zu schwerfällt und er nur noch die Übungen auf der Matte für sich als geeignet empfindet. Die Mehrheit der Montagsturner hat so wie ich das 80. Lebensjahr bereits überschritten. Ich selbst tue mich – angesichts meines Übergewichts und meiner kaputten Knie und Füße – beim Warmlaufen sehr schwer und freue mich nahezu sehnsüchtig darauf, wenn wir uns endlich auf die Matte legen dürfen, um dann den Rest der Montagsturnstunde mit Übungen am Boden zu verbringen.
Am besagten Montagabend im Februar dieses Jahres liege ich auf meiner Matte und stelle fest, dass neben mir Peter liegt. Peter war schon längere Zeit der Turnstunde am Montagabend ferngeblieben. Ich hatte ihn in diesem Winter auch nicht – wie in all den Jahren zuvor – beim Skifahren auf der Steinplatte angetroffen und im vergangenen Sommer war er auch nur an einem Nachmittag bei einer unserer Mountainbiketouren mit dabei. Peter befolgte jede von Michi vorgegebene Übung sehr gewissenhaft. Wenn ihn eine Übung überforderte, machte er selbstständig mit eigenen Übungen weiter, bis er wieder den Anleitungen von Michi folgen konnte. Er war sehr konzentriert bei der Sache.
Peter hatte nur wenige Tage vor diesem Montagabend seinen 98. Geburtstag „gefeiert“ und ist somit ohne Zweifel der Alterspräsident der „Montagsturner von Marquartstein“. Neben ihm auf meiner Matte liegend, schaute ich immer wieder bewundernd zu ihm hin, wie er seine Übungen ausführt, und meine Gedanken führten zu der Überlegung, dass es doch für uns alle lohnend wäre, wenn wir von Peter erfahren würden, wie er sein Leben gelebt hat, um noch in solch einem hohen Alter Sport zu treiben und mit seinem Körper eine Eleganz auszustrahlen, wie man sie bei vielen Menschen nur ganz selten antreffen kann. Eine Woche später nach diesem besagten Montagabend besuchte ich Peter. Vor mehr als 40 Jahren hat Peter mit seiner Familie das Gesindehaus einer ehemaligen Hammerschmiede und Köhlerei als Ferienhaus erworben. Vor 25 Jahren – nach Beendigung seiner beruflichen Karriere – wurde Unterwössen sein Hauptwohnsitz.
Zu Besuch bei Peter
Betritt man das Haus, so ist man zunächst mit einer mehr als 100-jährigen Geschichte über der Eingangstür konfrontiert. Hier kann man ein Kunstwerk der dörflichen Schmiedekunst aus dem Jahr 1845 betrachten, wie sie im 19. Jahrhundert wohl des Öfteren anzutreffen waren.

„SMD“ – Stefan und Maria Daxenberger 1845
Im Haus selbst nimmt einen sofort die Ästhetik der Räume gefangen. Die einzelnen Räume, insbesondere auch die große Küche sind von einer besonders großzügigen Innenarchitektur geprägt. Überall zeigt sich eine gelungene Kombination von alt und neu, von Moderne und Tradition. Peter empfängt mich bei einer besonders angenehmen Kachelofenwärme in seiner Wohnstube, nachdem ich ihn noch bei meiner Ankunft bei Holzarbeiten im Garten überrascht hatte. Er trägt seine förstergrüne Arbeitskleidung, doch selbst in ihr ist für mich sein bemerkenswerter Kopf mit seinen wachen Augen und seinen silbergrauen Haaren, sein leicht gebückter Oberkörper und die insgesamt sehr aufrechte und stolze Körperhaltung auch in dieser Situation sehr eindrucksvoll.
Mein Anliegen hatte ich Peter in einem dem Treffen vorausgehenden Telefonat bereits vorgetragen, und so war Peter sofort bereit, mit mir in ein Gespräch einzutreten, das ich ganz gewiss nicht mehr vergessen werde. Wäre ich Historiker, so wäre Peter für ein „Oral- History Projekt“ über das 20. Jahrhundert ein idealer Proband. Peter verfügt über ein exzellentes Gedächtnis und sein Wissen und Erinnerungsvermögen über die politischen Zusammenhänge des vergangenen Jahrhunderts sind bemerkenswert. Das Gespräch dauerte mehrere Stunden und das, worüber Peter mit mir gesprochen hat, bin ich nun bemüht, im Folgenden möglichst sehr genau wiederzugeben.

Peter empfängt mich an der Eingangstür zu seinem historischen Anwesen
Ein erlebnisreiches Leben
Peter wurde am 11. Februar 1927 als einziger Sohn eines ehemaligen kaiserlichen Offiziers und Direktors eines Unternehmens der Reichsbahn und einer selbstbewussten Diplomlandwirtin in München geboren. Während des ersten Weltkrieges gehörte sein Vater einem Artillerieregiment an und flog mit einer „Fokker Wulf“ Aufklärungsflüge zur Leitung der Artilleriefeuer des deutschen Heeres. Nach dem Krieg studierte sein Vater Jura und danach war er in einer leitenden Funktion bei einem Unternehmen der Reichsbahn und leitete unter anderem die immer wichtiger werdende „Süddeutsche Eisenbahnreklame GmbH“. Kurz vor Ende des 1.Weltkrieges wurde sein Vater leider Opfer eines alliierten Gasangriffs, was später zu einer Leukämieerkrankung führte. Sein Vater starb im Jahr 1938. Der damals 11-jährige Peter hatte danach seinen weiteren Werdegang vor allem seiner alleinerziehenden Mutter zu verdanken, die sich durch einen außergewöhnlichen Unternehmensgeist, durch eine politische Unabhängigkeit und durch Selbstbewusstsein gegenüber den Obrigkeiten auszeichnete. Ihr Traum als Diplomlandwirtin eine Rinderfarm in einer der damaligen deutschen Kolonien aufzubauen, ging leider nicht in Erfüllung. Doch auch als Geschäftsführerin einer Marmeladenfabrik in Posen war sie bemüht, ihrem Sohn Peter die beste Ausbildung zukommen zu lassen.
Für seinen Vater und für seine Mutter gleichermaßen bezeichnend war deren besonders ausgeprägte Begeisterung für den Skilauf. Bereits im Kindesalter verbrachte Peter nahezu alle Winterwochenenden auf den Skibergen rund um den Tegernsee. Peter erinnert sich an die ersten Skiversuche auf dem Blomberg bei Bad Tölz, die er gemeinsam mit seiner Mutter unternommen hatte, und auch die Rodelfahrten auf der neu ausgebauten Rodelbahn von Bad Tölz sind ihm in bester Erinnerung geblieben.
Gemeinsam mit seiner Mutter hat Peter mit neun Jahren die Olympischen Winterspiele von 1936 in Garmisch-Partenkirchen besucht. Seine Mutter wollte unbedingt das Paarlaufen sehen und so fuhren sie damals auf gut Glück mit dem Zug nach Garmisch. In Partenkirchen fanden sie ein Übernachtungsquartier bei einem Bauern, der sie allerdings jeden Tag um 7:00 Uhr weckte, um die Bettdecken einzusammeln, da er diese tagsüber für seine Pferde benötigte.
Kindheit, Schule und Ausbildung
Nach dem Kindergarten besuchte Peter zunächst die Volksschule in Schwabing, wo – so Peter – ein eigener Dialekt gesprochen wurde und manche Schwabinger dabei wohl geglaubt haben, sie seien etwas Besseres. Dabei gab es wohl zu dieser Zeit auch noch ein „Eisenbahnerviertel“, wo wohl ebenfalls ein eigener Dialekt gesprochen wurde.
Peter erinnert sich an seinen Nebensitzer. Der hieß Esser und dessen Vater war einer der führenden Parteifunktionäre der NSDAP mit der Mitgliedsnummer zwei der NSDAP. Er war deren erster Reichspropagandaleiter. 1930 wurde er zum Präsidenten des gleichgeschalteten bayerischen Landtags ernannt.
Dem Besuch der Volksschule folgte seine Schulzeit am Max- Gymnasium München, das wohl ein altsprachliches katholisches Gymnasium gewesen ist, an dem er als einer von fünf Protestanten eine religiöse Minderheit bildete. Die beruflichen Karrieren seines Vaters und später seiner Mutter hatten zur Folge, dass Peter vom Münchner Gymnasium in das Aufbau- Gymnasium in Berlin in Kleinmachnow wechseln musste. Von dort führte sein Weg in eine ganz besondere Internatsschule, von der während des Dritten Reiches angenommen wurde, dass an dieser Schule die Elite der deutschen Gesellschaft ausgebildet wird. Vorausgegangen waren Klagen der Nachbarn, dass seine Mutter Peter nicht nationalsozialistisch erziehen würde. Seine Mutter hatte Beziehungen zu jüdischen Familien und hatte Kenntnis von deren Verfolgung. Sie brachte ihre oppositionelle Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus und ihre Verachtung gegenüber Adolf Hitler immer wieder auch gegenüber Dritten zum Ausdruck. Dies führte dazu, dass sich eines Tages die Gestapo bei Peters Mutter meldete – Peter erinnerte sich an deren lange Mäntel – und ihr mitteilten, dass sie nunmehr die Erziehung ihres Sohnes übernehmen würden. So die etwas eigenartige Erinnerung des heute 98-jährigen an einer Ereignis das mehr als 80 Jahre zurückliegt. Demnach kam auf diese Weise Peter an die berühmte Reichsschule der NSDAP in Feldafing. Diese Schule wurde am10. April 1934 als nationalsozialistische Deutsche Oberschule mit neun Klassen gegründet und am 23. April 1945 wieder aufgelöst. Die Schule war Teil des Systems der nationalsozialistischen Ausleseschulen zur Heranbildung einer Elite im Sinne des nationalsozialistischen Erziehungssystems. Nach dem Reichsausleseverfahren konnte jeder Reichsgau jährlich drei Kandidaten nach Feldafing schicken, nur Berlin und München je fünf. Das ehemalige, heute zu Appartement-Wohnungen umgebaute Schulgebäude diente als Verwaltungsgebäude für die Reichsschule. Bekannte Schüler der Schule waren unter anderen der Bankier Alfred Herrhausen, die Journalisten Jochen Steinmayr, Otto Schuster und Werner Holzer sowie Adolf Martin Bormann, der Sohn Martin Bormanns.
Peter erinnert sich noch an einen sehr guten Russisch- Lehrer, der damals ihn und sieben seiner Mitschüler im Wahlfach Russisch ausgebildet hatte, was ihm nach seinem „Not Abitur“, das er mit 17 Jahren ablegte, bei seinem späteren „Reichsarbeitsdienst“ sehr zugutekam. Mit seinen Russischkenntnissen war er einer der wenigen, die sich mit den russischen Kriegsgefangenen verständigen konnten.
Für Peter, der schon als Kind im Kindergarten und in der Volksschule seine Begeisterung für den Sport dank seiner elterlichen Vorbilder entdeckt hatte, war der Besuch der Reichsschule der NSDAP in Feldafing ein Sporterlebnis der ganz besonderen Art. Sport wurde in diesem Internat ganz großgeschrieben. Der Unterricht von 500 auserwählten Schülern fand in beschlagnahmten Villen, deren Besitzer Juden gewesen sind, in schönster Lage am Starnberger See statt. Das größte Haus war das „Adolf-Hitler-Haus“, wo die Schüler gemeinsam das Essen eingenommen haben. „Sitzen bleiben“ konnte man in dieser Schule nicht. Wenn jemand die von ihm erwarteten Leistungen nicht erbrachte, wurde er relegiert. So unter anderem Peters Schulfreund Esser, der trotz seines hochrangigen NSDAP- Vaters, die angestrebten schulischen Leistungen nicht erbrachte und deshalb die Schule wieder verlassen musste. Täglicher Sport, Wehrsport und mehrstündiger Sportunterricht gehörten in dieser Schule zum Pflichtprogramm. Dazu zählten leichtathletische und turnerische Wettkämpfe ebenso wie das Rudern und die Einführung in das Segeln, den Tennissport, das Tauchen. Eine Einführung in das Golfspiel musste angesichts des Mangels an Golfbällen scheitern, für deren Kauf es keine Devisen gab. Aber auch militärische Ertüchtigung und Wehrsport standen auf dem Lehrplan, und die pädagogische Ausrichtung des Sportprogramms war geprägt von einer besonderen Gewichtung von Disziplin und Ordnung. Peter meinte hierzu, dass zu dieser Zeit das meistgesprochene Wort von ihm und seinen Mitschülern „Jawoll“ gewesen sei. Peter hatte im Feldafing als Schüler einen guten Ruf. Er brachte jedoch nicht den Mut gegenüber den Brigadeführer Görlitz auf, sein Anliegen vorzutragen, dass er vom „braunen“ Feldafing wegwollte. Mit dem Einzug des Jahrgangs 1927 erledigte sich dieses Problem von selbst. Denn Peter wurde Luftwaffenhelfer bei der Flak in Posen.
Der 2. Weltkrieg und die Nachkriegszeit
Für Peter kam es geradezu einer Befreiung gleich, als er nach Ende des Zweiten Weltkrieges eine Dolmetscherstelle bei der amerikanischen Armee in München antreten konnte. Ende Mai 1945 meldete er sich in der Lothstraße in München bei einem Oberfeldarzt namens Krämer, der 40 Lazarette in Bayern zu betreuen hatte und Peter musste für die dafür zuständigen amerikanischen Offiziere die Übersetzungsarbeiten erledigen. Zuvor hatte er sich gemeinsam mit seiner Mutter entschieden, dass er auf die Anerkennung seines Notabiturs verzichtet, da die Voraussetzung für die Anerkennung eine einjährige Teilnahme bei den Trümmer- Aufräumarbeiten gewesen wäre. Da seine Mutter und er dringend auf Einkünfte angewiesen waren, entschied Peter sich für eine Anstellung als Dolmetscher bei der amerikanischen Armee. Für seinen weiteren beruflichen Werdegang war diese Entscheidung wohl seine glücklichste. Peter schwärmt noch heute von den amerikanischen Offizieren, allen voran Captain Mekowsky. Er nennt ihn „eine Seele von einem Menschen“. Peter musste schnell erkennen, dass sein Schulenglisch für seine Tätigkeit nur bedingt eine Hilfe war. Er kann wohl heute noch ganze Passagen aus Shakespeares „Macbeth“ auswendig aufsagen, doch den Slang der amerikanischen Soldaten verstand er anfangs nicht einmal bruchstückhaft. Deshalb empfahl ihm der amerikanische Captain ihn ständig zu fragen, wenn er etwas nicht verstand. Und tatsächlich sprach Peter nach wenigen Monaten perfekt Amerikanisch. Peter meint, dass Captain Mekowsky jener Mensch gewesen sei, der ihn zum ersten Mal als gleichwertigen Menschen betrachtet habe. Zuvor sei er immer nur ein „Jawoll Sager“ gewesen.
Dank seiner guten amerikanischen Sprachkenntnisse wurde Peter dann sehr schnell in der Verwaltung der amerikanischen Besatzung in der Tegernseer Landstraße angestellt. Er leistete Dolmetscherarbeiten für die Zeitung „Stars and Stripes“, die ihr Büro neben dem deutschen Museum hatte. Sein Verdienst mit 300 Reichsmark im Monat reichte damals nur für das Allernötigste. Nahezu alle mussten sich auf einen blühenden Schwarzmarkt-Handel einlassen. Jeder der etwas „draufhatte“- so Peter- versuchte dabei günstige Geschäfte zu machen. Peter erwies sich in dieser Zeit sehr schnell als ein kluger Kaufmann, der wusste, wie man Geschäfte macht. Deutscher Tabak in 50 g Packungen kosteten fünf Mark. Auf dem Schwarzmarkt konnte er 50 RM erzielen. Ein DKW- Motorrad war das Resultat eines weiteren sehr gelungen Tauschgeschäfts. Wenn man besondere Medikamente benötigte, so brauchte man die besten Beziehungen zu den Amerikanern, denn Penicillin gab es z.B. nur für „Gewinner“ und nicht für „Verlierer“. Bei der amerikanischen Armee arbeitete Peter bis zum Herbst 1945. Die amerikanischen Kampftruppen wurden nach Hause geschickt, und es folgte nun die Zeit der amerikanischen Besatzung in der amerikanischen Zone.
Textilkaufmann Peter Wittkow
Peter hatte zuvor und danach viele gute Ideen und er weist darauf hin, dass man als Mann dabei nur wenig Konkurrenz hatte, denn die meisten Männer waren im Krieg gefallen oder waren in Gefangenschaft. Peter sah sich sehr schnell im Zentrum eines gerade beginnenden Wirtschaftswunders, das auch für ihn großartige Chancen eröffnete. Für Peter war es damals ein Handikap, dass man erst mit 21 Jahren als geschäftsfähig galt. Dies führte dazu, dass er sich zunächst für eine Anstellung bei der Nähgarnfabrik Ackermann mit Sitz in Göggingen bei Augsburg und in Heilbronn bewarb. Er besuchte die Nähmaschinenkurse und studierte ein paar Semester am Textil-Technikum in Reutlingen. Im Gegensatz zu heute hatte die Textilbranche nach dem Zweiten Weltkrieg eine besondere Blütezeit, Garne und Stoffe hatten Hochkonjunktur. Bei der Firma Ackermann arbeitete Peter fünf Jahre als Vertriebsleiter und Reisevertreter. Ihm wurde der damals schon sehr berühmte „Käfer“ von Volkswagen als Dienstwagen gestellt.

Sein erster „Käfer“
Mit seinem kaufmännischen Talent erkannte Peter sehr schnell, dass er sich selbstständig machen sollte, wenn er einen noch größeren Anteil am wirtschaftlichen Wachstum dieser Zeit erreichen möchte. So gründete er eine Handelsagentur und begann den Handel mit französischen und italienischen Stoffen und Tüchern. Er spezialisierte sich auf Wolle. Die damals noch überall vorhandenen Tuch- und Mantelfabriken und Schneiderstuben waren seine Kunden und später waren dann die großen Konfektionshäuser seine Partner. In Deutschland gab es damals allein in der West-Zone 43 Tuchfabriken. Heute ist davon nur noch eine übrig geblieben.
In dieser Zeit begann auch die Freundschaft mit Herbert Frey, dessen Textilunternehmen in München mit dem Namen „Lodenfrey“ weltberühmt werden sollte. Peter war Handelsvertreter für die Produkte von Frey. Damals erhielt er noch 3 % Provision für jeden verkauften Lodenmantel. Das Tor zu seinem großen Wohlstand, den Peter später erreichen konnte, öffnete sich in den ersten Nachkriegsjahren durch seine guten Beziehungen zu der amerikanischen Besatzungsmacht und durch seine guten amerikanischen Sprachkenntnisse.

Zeitlos modern
Frey hatte den berühmten „Dufflecoat“ in seinem Angebot und Peter verkaufte bereits im ersten Jahr an die Amerikaner 43.000 dieser besonderen Mäntel. Mit diesem Auftrag machte er von heute auf morgen einen Gewinn von 100.000 DM. Der Einstieg in dieses Geschäft war jedoch mit großen Problemen verbunden, denn die Amerikaner hatten einen Preis von 40 $ pro „Dufflecoat“ vorgegeben, der sich für „Lodenfrey“ jedoch angesichts der Kosten für eine Produktion in München, als viel zu niedrig erwies. Peter fand jedoch einen Ausweg aus der zunächst unlösbar erscheinenden Situation. In Prato in der Toskana gab es zu dieser Zeit sehr viele kleinere Textilunternehmer und dort wurde auch die preisgünstigste Wolle in Europa verarbeitet. Prato war damals noch das Zentrum der italienischen Stofffabriken. Die Fabriken von Prato waren zu einer Kooperation mit „Loden Frey“ bereit und verlangten nach der Währungsreform für den Meter Stoff fünf DM. Peter vereinbarte mit ihnen, dass sechs DM in Rechnung gestellt wurden, damit ihm als Händler eine angemessene Provision blieb. Die Provision wurde ihm in bar und in Lire ausbezahlt.
Peter erinnert sich daran, wie er gemeinsam mit seiner Mutter im Flugzeug mit Reisetaschen, vollgepackt mit Lire- Scheinen nach Deutschland zurückgeflogen ist. Dort wechselten sie die Lire in die deutsche Währung ein, was bei den Banken damals willkommen gewesen ist, da der immer beliebter werdende Italien- Tourismus eine ständige Nachfrage nach der italienischen Lire hervorgerufen hatte.
Heute ist das ehemalige italienische Textilzentrum Prato völlig in der Hand von China. Es gibt mittlerweile mehr als 3700 chinesische Textilbetriebe. In Prato lebten 2014 ca. 200000 Einwohner. Davon waren damals bereits 50.000 Chinesen. In Prato gibt es eine der größten „China Town“ der Welt.
Peter musste noch während seiner beruflichen Karriere den Niedergang der Textilindustrie in Deutschland beobachten und miterleben. In der Tuchfabrik Oehlert in Neustadt an der Weinstraße machte er als junger Mann ein Volontariat. Diese Tuchfabrik hat über Jahrzehnte von ihren Aufträgen des Militärs gelebt und bewarb die produzierten Tücher mit dem Begriff des „Generaltuchs“. Peter erkannte nach dem verlorenen Krieg sehr schnell, dass es für eine Produktion ausschließlich für das Militär keine Zukunft gab. Hatte Oehlert während des Zweiten Weltkrieges mehr als 400 Mitarbeiter, so musste die Firma bereits 1969 schließen. Peter richtete deshalb rechtzeitig seinen Vertrieb auf Uniformen aus, die die Polizei benötigte und er ist stolz, dass er die ersten Reiterstaffeln der Polizei nach dem Zweiten Weltkrieg mit neuen Uniformen ausgestattet hat.
Die Amerikaner haben fünf Jahre lang „Dufflecoat“ Kontingente in derselben Größenordnung gekauft. Die amerikanische Kundschaft kam aus allen Luftwaffen-Stützpunkten der US-Armee in Europa und das Oktoberfest in München war für Peter ein jährlicher Verkaufshöhepunkt. Der Verkaufserfolg – so weiß Peter es zu erzählen – ist

Auf Reisen
nicht zuletzt dem Film „Der Dritte Mann“ zu verdanken, der im Jahr 1948 in der Kanalisation von Wien spielt und wo Orson Wells, bekleidet mit einem „Dufflecoat“, die Hauptrolle spielt. Die Romanvorlage dieses Filmes schrieb Graham Green, und das Drehbuch stammte von Carol Read. Dieser Schwarz- Weiß- Film war bereits damals ein Welterfolg und machte den „Dufflecoat“ zu einem Symbol einer neuen Kleidungskultur. Selbst eine in Stein gehauene Skulptur weiß von diesem Erfolg zu berichten.

„Dufflecoat“-in Stein gemeißelt
Auf der Grundlage dieses besonderen Anfangserfolges führte Peter gemeinsam mit einer Sekretärin und einem Korrespondenzbüro sehr erfolgreich seine Handelsagentur für Tuche und Wolle bis zum 31. Dezember 1999.
Am 8. Oktober 1968 heiratete Peter seine Frau Trude in Salzburg und gründete eine Familie, die für ihn bis heute seinen Lebensmittelpunkt darstellt.
Peters Persönlichkeit zeichnet sich durch ein besonderes kaufmännisches Talent aus, wie es heute wohl nur noch ganz selten anzutreffen ist. Dank seiner Ideen und seiner fleißigen Arbeit hat er sich einen beachtlichen Wohlstand ermöglicht, der ihm den Zugang zu vielen Annehmlichkeiten des Lebens eröffnete. Peter hat vom damaligen amerikanischen Marschallplan und dem daraus resultierenden deutschen „Wirtschaftswunder“ ohne Zweifel einen beachtlichen Anteil abbekommen. Er hat einen sozialen Aufstieg aufzuweisen, wie er nur selten angetroffen werden kann. Profiteure des Marshallplans waren jedoch nicht nur fleißige und kreative Kaufleute wie Peter. Auch mancher führende Nationalsozialist wusste seine Privilegien auch in der Nachkriegszeit zu sichern. Peters Schulfreund, Ernst Esser, der Sohn von Hermann Esser, dem Duz-Freund von Hitler, folgte den Pfaden seines Vaters. War Hermann Esser u. a.auch Beauftragter für Fremdenverkehr des Dritten Reiches und Münchner NS- Stadtrat und war dabei unter anderem verantwortlich für die Reisen in der Organisation „Kraft durch Freude“ so wurde sein Sohn Chef des „Amtlichen Bayerischen Reisebüros“ (ABR) und danach Geschäftsführer der „Touropa“.
Welterkundung
Eine Kombination von beruflichen und privaten Interessen führten Peter in so interessante Länder wie Japan, China, Vietnam, Indonesien, Hongkong, Neuseeland und Malaysia. Gemeinsam mit seiner Frau war er Gast bei bedeutsamen kulturellen Ereignissen überall auf der Welt. Der Besuch von Spielcasinos, das Wohnen in Hotels in der gehobenen Klasse, der Genuss von Michelin gekrönten Mahlzeiten gehörten ebenfalls dazu wie die Teilnahme bei Film- und Theater-Uraufführungen. Golf- Reisen führten ihn nach Fort Lauderdale und Südafrika, und bei einem Besuch von Bali hätte er am liebsten dort ein Unternehmen für Rundflüge gegründet.
Über all die Jahre ist Peter dabei auch ein Sammler gewesen, und so zeigt er mir seine Fotografien, seine Grußkarten von seinen Reisen, seine Einladungen zu Empfängen und seine Eintrittskarten Sportveranstaltungen, zu Bällen und zu Musicalpremieren. Nach seiner Karriere als Amateurfotograf drehte Peter von seinen Reisen auch viele Tonfilme. In kleinen Alben hat er all seine Erinnerungsstücke sorgfältig aufbewahrt. Die folgenden Bilder können nur einen kleinen Einblick in eine kulturgeschichtlich bemerkenswerte Sammlung seiner Memorabilien aus den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts geben:

Blick auf das Dammkar von der Mittenwalder Hütte aus
Doch auch dieses interessante und intensive Leben war von Rückschlägen nicht verschont. Peter berichtete von einer lebensgefährlichen Krebserkrankung, von der er im Alter von 70 Jahren betroffen war. Nach einer Fehlbehandlung war er dankbar, dass nachdem Chirurgen sein Leben nach einer fünfstündigen Operation an der LMU in München gerettet hatten, diese ihm nach dieser Operation eine Lektion mit auf den Weg gegeben haben, die er äußerst gründlich gelernt hat: Er musste erkennen, dass die Ursache seiner Blasenkrebserkrankung in den Jahren der amerikanischen Besatzung zu suchen ist, wo in München das Rauchen zu einer Modeerscheinung geworden war. Rauchen war in dieser Zeit für viele Menschen ein Statussymbol. Peter meint, dass es damals wohl „schick“ gewesen sei, wenn man amerikanische Zigaretten rauchte. Seine Mutter und seine Frau seien ebenso wie er selbst ein Opfer dieser Mode geworden. Nach seiner Erkrankung und nach seiner Operation in München hätte er nun aber eine Lehre für sein gesamtes weiteres Leben erhalten: Rauchen sollte für uns alle immer ein Tabu sein.
Im Januar 2000 wechselte er auf eigenen Beschluss in den Ruhestand und zog in sein schönes Anwesen in Unterwössen.
Peters Frau wohnt in ihrer Münchner Wohnung. Peters Sohn lebt mit seiner Familie in Ingolstadt. Doch hat er gemeinsam mit seinem Vater entschieden, dass das wunderbare Anwesen in Unterwössen, von der Familie weitergeführt wird. Peter lebt nun die meiste Zeit allein in diesem großen Anwesen und versorgt sich weitgehend selbst. Lediglich die Nachbarschaftshilfe Organisation „Regenbogen“ der Gemeinde Unterwössen ist ihm behilflich mit ihren einmal in der Woche angebotenen Fahrten, bei denen Peter seine Einkäufe erledigen kann. Der Sohn mit seiner Familie erweckt das Haus am Daxenberg meist während der Schulferien mit neuem Leben.
Die Berge und der Sport – lebenslange Begleiter
Nach Peters biografischer Erzählung musste ich ihn mit Fragen zu jenem Anlass wieder zurückbringen, der meinem Besuch zu Grunde lag. Ein eingehender Anruf war hierbei die geeignete Unterbrechung. Durch Peters auf „laut“ gestelltes Telefon konnte ich an einer interessanten Unterredung teilnehmen. Eine Dame von der DLRG rief Peter an, um sich bei ihm für eine Spende zu bedanken, die dieser der Lebensrettungsgesellschaft zu Beginn des Jahres gemacht hatte. Als Peter der Dame sein Alter nannte, kam es zu einer interessanten Fortführung des Gesprächs über die Bedeutung des Schwimmens in Peters Leben. Gemeinsam bedauerten wir die Situation des Schwimmunterrichts in den Schulen, sprachen über das Risiko der vielen Nichtschwimmer und Peter konnte seine Enttäuschung nicht verbergen, dass in Unterwössen vor wenigen Jahren das Hallenbad ebenfalls geschlossen wurde, nachdem er dort regelmäßig seine Bahnen geschwommen war.
Peter hat neben seiner Arbeit sein ganzes Leben lang Sport getrieben. Im „Dritten Reich“ wurde er mehrfach mit dem „HJ- Sportabzeichen“ ausgezeichnet. Er war viele Jahre Mitglied des Turnvereins Jahn München. Seit 40 Jahren ist er Mitglied des TSV Marquartstein und den Montagsturnern und Mountainbikern aus Unterwössen und Marquartstein gehört er seit mehr als 25 Jahren an. Das Sportabzeichen des DSB bzw. des DOSB hat er bereits 45-mal überreicht bekommen. Ebenso wurde er auch mit der goldenen Ehrennadel des Bayerischen Landessportverbandes ausgezeichnet.
Mit vier Jahren stand er zum ersten Mal auf Skiern und bereits im neunten Lebensjahr beherrschte er den Parallelschwung. Er erlernte ihn bei einem Skikurs in Sestriere. Das Skifahren begleitete ihn bis zu seinem 96. Geburtstag und er würde diese Leidenschaft gerne auch heute noch fortführen. Doch sein Sohn hat ihm mittlerweile wohl zurecht seinen PKW „entzogen“, und so bleibt ihm seit zwei Jahren nur noch das Montagsturnen in Marquartstein. Jahrzehntelang fuhr er Ski auf allen Pisten der Welt. In Whistler Mountain in Kanada genoss er die Abfahrten ebenso wie in Davos, Arosa, Lech oder in Lac de Tignes. Gletschertouren führten ihn unter anderem auf das Jungfraujochmassiv.
Mit seiner Mutter machte er als Kind die ersten Skiurlaube. Auf der Zugspitze war er als Jugendlicher nahezu an jedem Wochenende und er freut sich noch heute, dass er mit seinen schnellen Parallelschwüngen seinem Vater mit seinen Hickoryskiern und dessen Stemmschwungtechnik auf und davon gefahren ist. Er erinnert sich an die Blechspitzen, die man nach einem Ski- Bruch auf die Ski schraubte, und er weiß von vielen Touren zu berichten, bei denen die Felle immer wieder abgesprungen sind und das „Tourengehen“ noch sehr mühsam gewesen ist. Zur Vorbereitung der Ski- Saison hat er die Skigymnastik in der Jahn Turnhalle in München jedes Jahr von neuem besucht. Als Schüler erlebte er ein Skilager am Hahnenkamm und heute noch berichtet er begeistert über seine erste Streifabfahrt im Kriegswinter 43/44. Peter war auch als Skilehrer für den Schülerjahrgang 1929 tätig, so unter anderem in Alpbach in Tirol. Peter erzählt mir mit strahlenden Augen von einer Tour im Monte Rosa-Massiv, die er gemeinsam mit seinem Sohn mit zwei Freunden im Frühsommer gemacht hat und bei der sein Sohn zum ersten Mal mit ihm auf Tourenskiern von einem Viertausender abgefahren ist, um danach am Nachmittag im Lago Maggiore zu baden. Zur Feier dieses Ereignisses und dieser besonderen Leistung erlaubte Peter seinem Sohn zum ersten Mal ein Glas Wein.

Der Piz Palü – Juni 1958
Die Chiemgauer Alpen sind längst auch zu seiner sportlichen Heimat geworden. Über mehrere Jahrzehnte war er mit seinen Skiern und seiner Saisonkarte im ganzen Skigebiet von Kitzbühel, in Sankt Johann und auf der Steinplatte unterwegs. Hochgern, Hochplatte Hochfelln und der Geigelstein hat er als begeisterter Tourengeher bereits mehrfach bestiegen. Auf eine Überquerung des Wilden Kaisers und auf die Besteigung des „Barre des Ecrins“ (4102 m) in den französischen Alpen ist er besonders stolz. Der Piz Palü (3900m) und das Breithorn(4164m) sind zwei weitere Gipfel der Walliser Alpen, die er bestiegen hat.
Die Werdenfelser Alpen mit dem Karwendelgebirge und dem Zugspitzmassiv waren ihm in all den Jahren immer sehr vertraut. Er erinnert sich an Touren auf die „Viererspitze“ und auf die Frühjahrsabfahrten im Dammkar mit dem mit seiner Familie befreundeten Partenkirchner Chefarzt Dr. Neureuther, dessen Sohn Christian damals noch ein Kind war und dieser später, wie auch dessen Sohn Felix, durch ihre Erfolge im Skisport zu „Berühmtheiten“ wurden.
Das Bergsteigen und Touren gehen mit und ohne Skier in den europäischen Alpen waren ohne Zweifel Peters besondere sportliche Leidenschaft. Ein Auszug aus seinem privaten Gipfelbuch kann uns hier nur einen ersten Einblick geben:
Von Zermatt auf das Breithorn, von Arosa auf das Weißhorn, Gornergrat, Parsenn, Küblis, Cevedale, Königsspitze, Samoarhütte, Lüsenser Fernerkogel, Hintere Schwärze, Dammkar, Glungetzer, Marmolata, Schlern, Peitlerkofel, große Karwendel Tour, vom Jungfraujoch ins Lötschental, Seiser Alm, Val di midi, Elmauer Tor, Berg Athos und nicht zuletzt der Jakobsweg nach Compostela

Gipfelblick mit Christian Neureuther: Stuibenkopf (1942m) bei Garmisch
Im Jahr 2007 führte ihn seine Bergleidenschaft in das Himalaya Gebirge. Er gehörte dabei dem DAV Summit Club an, mit dem er durch China und Tibet reiste. Peter erinnert sich an den Besuch von Lhasa, eine Fahrt über die Permafrostböden und das Nomadenland, die Besichtigung von Gyantse und den „Königlichen Gipfel“.
Er erinnert sich auch an die Leichtathletik Stunden bei einem Lehrer namens Schickedanz, der jede einzelne Leistung in den verschiedenen leichtathletischen Disziplinen ganz genau dokumentierte. Im Kugelstoßen -so Peter – war er mit seinen Leistungen nicht zufrieden. Auch die 3000 m Langstreckenläufe hat er nicht in bester Erinnerung, doch die „Schulolympiade“ war für ihn immer wieder von neuem ein besonderes schulisches Ereignis.
Die verschiedenen Lagen des Schwimmens beherrschte er schon im Kindesalter. Mit 14 Jahren wurde er mit dem „Rettungsschwimmerabzeichen“ ausgezeichnet, nachdem er einen guten Schwimmunterricht in der Reichsschule genossen hatte, was leider – so Peter – heute keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
Den Golfsport hat er gemeinsam mit seiner Frau betrieben, und er erinnert sich an ein „Hole in One“ seiner Frau auf der Golfanlage in Kössen. Dort wurde seine Frau mit dieser Leistung in der „Hall of Fame“ verewigt.
Das Fliegen war seine besondere Leidenschaft
Das Fliegen war für Peter etwas ganz Besonderes. In der Schule in Feldafing wurden sie im Segelfliegen ausgebildet. Doch Peter hat an seine A- Prüfung im Segelfliegen und an die Ausbildung zum Segelfliegen keine guten Erinnerungen, denn damals musste man die Segelflugzeuge mit einem Gummiseil und einem Katapult in die erwünschte Höhenlage befördern.
Das Flugzeug musste hierzu vor jedem Übungsflug immer wieder von neuem einen steilen Hang nach oben geschoben werden. Diese körperliche Anstrengung war bei den Schülern mehr als verpönt und so beschloss seine Segelfluggruppe sich für die Ausbildung im Motorflug anzumelden. Den Motorflugschein konnte man allerdings erst seit 1955 wieder erwerben.
Peter verfügt nun schon seit über 30 Jahren über eine Fluglizenz und konnte mittlerweile fünf verschiedene Flugzeuge gemeinsam mit einem Freund sein Eigen nennen. Einen Sommer lang sind sie zunächst mit einem Einsitzer für 900 DM geflogen.
Danach kauften sie einen Zweisitzer Marke Eigenbau für 12.000 €. Dieser hatte noch keinen Anlasser und war nur ganz bescheiden instrumentalisiert. Nach zwei Jahren verkauften sie das Flugzeug zum selben Preis, wie sie es eingekauft hatten, um dann einen fabrikneuen Fünf- Sitzer des Typs „Jodel“ zu erwerben. In Peters Flugbuch für Motorflieger aus dem Jahr 1958 sind über 1000 Flüge mit mehr als 58.000 Flugminuten über all seine Jahre als Pilot ausgewiesen. Sehr penibel hat Peter die Nummer jedes Fluges, das Datum, die Abflug- und Landezeiten, den jeweiligen Flugzeugführer, die Anzahl der Begleiter, das Flugzeugmuster und den Zweck des Fluges festgehalten.
Aktives Leben als Grundlage für ein langes Leben
Auf meine Frage, ob sein bisheriges Leben sich durch eine besondere Askese ausgezeichnet hat, konnte er nur schmunzeln. Während seiner Schulzeit sei er allerdings gegenüber jeglichem Alkohol – und Nikotingenuss konsequent abstinent gewesen. Alkohol gab es weder zu Hause noch bei den sportlichen Aktivitäten. Erst im Erwachsenenalter, und nachdem er es sich finanziell auch leisten konnte, gehörte ein Glas Rotwein aus den besten Lagen zu seinen kulinarischen Genüssen. Sein ganzes Leben habe er sich allerdings ganz normal ernährt. Weder eine vegane noch eine vegetarische Ernährungsweise standen dabei für ihn zur Diskussion. Gemeinsam mit seinen Montagsturnern genießt er eine gebratene Ente mit Rotkraut und einem guten Glas Rotwein bei der Jahresabschlussfeier im Hofwirth in Marquartstein, im Stammlokal seiner Turner.
Das eigentliche Geheimnis für seine noch immer vorhandene Fitness und sein gesundheitliches Wohlbefinden – das ist für Peter eine ausgemachte Sache – sind seine täglichen 20-minütigen Gymnastikübungen, auf die er an keinem Morgen verzichten möchte. Die bei meinem Besuch vor seinem Haus angetroffene Frühlingsblumen- Wiese wird ihm hoffentlich noch viele Jahre dabei begleiten.
Das Gespräch mit Peter hat mich sehr beeindruckt. Unsere Gesellschaft ist heute u.a. auch auf der Suche nach sportlich aktiven Vorbildern für die Jugend, die es allerdings nur noch selten gibt. Es war ganz gewiss eine gute Idee, als Verantwortliche des bayerischen Sports Peter gebeten haben, das Gymnasium in Marquartstein zu besuchen, um den Schülern seinen sportlichen Werdegang zu erzählen. Vor zwei Jahren hat dieser Besuch stattgefunden. Leider musste nicht nur Peter erkennen, dass in einer Welt der „sozialen“ Medien, in einer Zeit, wo Schüler die meiste Zeit eines Tages mit ihrem Smartphone oder an ihren Spielkonsolen verbringen, die Erzählungen eines sportlichen Vorbilds allenfalls ein Tropfen auf einem heißen Stein bedeuten können. Manche Lehrer und viele Schüler wussten weder über die Existenz und Bedeutung des Deutschen Sportabzeichens Bescheid noch hatten sie besondere Kenntnisse über die unterschiedlichen Sportangebote, die es heute für junge und alte Menschen in unserer Gesellschaft gibt. Für Peter führte der Besuch am Gymnasium eher zu einer Frustration, die er nicht noch einmal erleben möchte.
Seine sportliche Vorbildfunktion bleibt davon jedoch unberührt. Für jeden jüngeren wäre es wünschenswert, wenn auch er eine vergleichbare schöne bewegungsaktive Zukunft erleben könnte, wie sie Peter mit seinem erfüllten Leben uns zeigen kann.
Letzte Bearbeitung: 23. April 2025